Mit dem Missverständnis liegst du nicht ganz unrichtig. Es ist jedoch kein Missverständnis, sondern gerade ein Knackpunkt mittelalterlicher Frömmigkeit und Theologie, der kritisiert wird. Maria IST altgläubig insofern Miterlöserin, als sie beim strengen Weltenrichter, ihrem Sohn, aufgrund familiärer Bande vorsprechen und ihn erweichen kann. DAS verdunkelt jedoch die Gnade, die der Sohn uns in Leben und Tod erwiesen hat und der Vater durch die Auferstehung und Erhöhung zur Rechten des Vaters bestätigt hat.

Mit der Bitte, das liegt nahe. So bekennen auch die Lutherischen im 21. Artikel des Augsburger Glaubensbekenntnisses: "Vom Heiligendienst wird von den Unseren so gelehrt, daß man der Heiligen gedenken soll, damit wir unseren Glauben stärken, wenn wir sehen, wie ihnen Gnade widerfahren und auch wie ihnen durch den Glauben geholfen worden ist; außerdem soll man sich an ihren guten Werken ein Beispiel nehmen, ein jeder in seinem Beruf." Heilig ist übrigens jeder, der im Glauben verstorben ist. Denn der Glaube an Christus heiligt den Menschen zum ewigen Leben.

Danach folgt die Begründung, warum man sie nicht anrufen soll: "Aus der Hl. Schrift kann man aber nicht beweisen, daß man die Heiligen anrufen oder Hilfe bei ihnen suchen soll. "Denn es ist nur ein einziger Versöhner und Mittler gesetzt zwischen Gott und den Menschen, Jesus Christus" (1.Tim 2,5). Er ist der einzige Heiland, der einzige Hohepriester, Gnadenstuhl und Fürsprecher vor Gott (Röm 8,34). Und er allein hat zugesagt, daß er unser Gebet erhören will. Nach der Hl. Schrift ist das auch der höchste Gottesdienst, daß man diesen Jesus Christus in allen Nöten und Anliegen von Herzen sucht und anruft: "Wenn jemand sündigt, haben wir einen Fürsprecher bei Gott, der gerecht ist, Jesus" ( 1. Joh 2,1)" Außerdem kommt hinzu, dass zwar eine Unterscheidung versucht wurde zwischen Anbetung und Anrufung zu unternehmen. Problematisch bleibt dabei, dass es sich um Gespräch mit dem empirisch nicht Wahrnehmbaren handelt und insofern nicht vom Gespräch mit Gott unterscheidbar ist.