Ich (Mädchen, 14 Jahre) bin aktiv dabei.
Durch den "zivilen Ungehorsam" der überregional stattfindenden Freitags-Demos ist das öffentliche Interesse deutlich größer, als wenn regionale Demos an verschiedenen Tagen in der Freizeit stattfänden.
Was den Unterrichtsausfall an Freitagen betrifft:
Meine Mitstreiter*innen und ich holen den versäumten Unterrichtsstoff in einer freiwilligen privaten Arbeitsgemeinschaft jeden Sonnabend (also direkt nach der Friday-Demo) nach. Dabei haben wir Unterstützung von zwei Lehrern und fünf Schülern der höheren Jahrgangsstufen.
Die Teilnahme an der Friday-Demo ist mir persönlich so wichtig, dass ich gerne samstags freiwillig was für die Schule mache, wo ich sonst "frei" gehabt hätte.
Ein guter Schulabschluss ist mir wichtig.
Aber noch wichtiger ist für mich, dass mir mein guter Schulabschluss auch in Zukunft was nützen wird.
Dies setzt jedoch einen Planeten Erde voraus, der nicht weiter ruiniert wird.
Warum meine aktive Teilnahme an "Fridays for Future" viel aufwendiger ist als "normal zur Schule zu gehen":
Letzten Freitag (24. Mai 2019) war ich mit mehreren Klassenkameraden und rund 17.000 weiteren Demonstranten bei der "Fridays for Future"-Großdemo in Hamburg (globaler Klimastreik zur Europawahl).
https://www.abendblatt.de/hamburg/article221721197/10-000-Demonstranten-Hamburg-Klimastreik-Fridays-for-Future-erwartet.html
https://www.welt.de/regionales/hamburg/article194082075/Rekord-bei-Fridays-for-Future-in-Hamburg-17-000-Menschen.html
https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Rekordbeteiligung-bei-Fridays-for-Future-Demo,fridaysforfuture346.html
Meine Teilnahme an dieser FFF-Großdemo erforderte:
- dass ich (vor der Demo) 14 Freizeit-Stunden aufgewendet habe zur Herstellung und Vervielfältigung von Flugblättern und eines Demo-Banners ;
- dass ich am Demo-Tag morgens um 4.00 Uhr aufstehen musste;
- dass ich dreieinhalb Stunden mit dem Zug anreisen musste;
- dass ich dreieinhalb Stunden mit dem Zug zurückreisen musste;
- dass drei Viertel meines Mai-Taschengeldes für die Zugfahrkarte weggegangen sind;
- dass ich am Demo-Tag insgersamt 14 Stunden unentwegt auf Achse war, während mein "normaler Schultag" an diesem Freitag von 8.00 bis 12.30 Uhr = 4,5 Stunden gedauert hätte.
Aber das alles ist mir die Sache wert!
Klima und Klimawandel - das sind Themen, die uns alle angehen. Und bei denen es wichtig ist (auch für mich als 14-Jährige) aktiv etwas zu tun!
Und was den immer wieder erhobenen Vorwurf betrifft, wir Aktivisten würden zwar demonstrieren, ihren eigenen klimafeindlichen Lebensstil aber nicht verändern:
Forschungsgruppen aus neun europäischen Ländern haben sich jetzt genauer angeschaut, wer die jungen Klimaaktivisten eigentlich sind und was sie antreibt. Es wird viel über die Protestierenden spekuliert", sagt Dieter Rucht vom Institut für Protest- und Bewegungsforschung (IPB), das die deutsche Teilstudie durchführte. "Wir wollten wissen, was ist – und damit auch die Diskussion versachlichen." (...) Am ehesten trauen es die Jungen noch der Wissenschaft zu, zur Lösung der Klimakrise beizutragen. Insgesamt setzen sie jedoch vor allem auf Veränderungen beim eigenen Lebensstil . 80 Prozent sagten, sie kaufen "gezielt Produkte aus politischen oder ökologischen Gründen", 70 Prozent bemühen sich, weniger zu konsumieren, fast genauso viele stellen ihre Ernährung um. Immerhin fast 40 Prozent haben schon auf Flugreisen verzichtet, um etwas fürs Klima zu tun.
Quelle (veröffentlicht am 26. März 2019):
https://www.klimareporter.de/protest/klimastreiker-fangen-bei-sich-an
Weder ich noch meine Mitstreiter*innen nehmen für uns in Anspruch, perfekt zu sein und alles richtig zu machen. Wir wollen einfach nur JETZT (und nicht irgendwann später) ein Zeichen setzen - auch wenn wir wissen, dass wir bei manchen Leuten dafür Häme und Haß ernten. Aber nicht nur. Es gibt auch Mutmachendes wie das hier:
Liebe SchülerInnen, lasst Euch nicht entmutigen. Ihr mögt nicht alles wissen und auch Ihr macht Fehler, aber wir hatten schon 20, 30 oder mehr Jahre Zeit und machen genauso viele Fehler und wählen seit Ewigkeiten Parteien, die gar nichts wissen wollen. Ihr frustriert viele Menschen, weil Ihr ein Symbol für deren eigenes Versagen seid. Zudem liegen die meisten Eurer Kritiker längst im Grab, wenn die Folgen Euch oder Eure Kinder richtig hart treffen, von denen solltet Ihr Euch nun wirklich nichts sagen lassen. Ach ja, und Ihr müsst auch nicht über Nacht vegan, flugfrei und autolos werden. Nur die Richtung, die sollte es schon sein, wenn Ihr mit Euren Kindern mal Kopenhagen ohne Taucherausrüstung besuchen wollt.
Quelle:
https://graslutscher.de/ueber-die-klimaproteste-und-eine-generation-alter-noergler-die-gar-nichts-mehr-kapiert/