Es wurde hier schon angesprochen, aber ich würde es gerne nochmal konkretisieren: Was Ben-Gurion zunächst wohl erstmal tut, ist zu antizipieren, wie die arabische Seite die jüdische Einwanderung und die israelische Staatsgründung wahrnimmt bzw. wahrnehmen wird. Und er macht dabei durchaus richtige Annahmen, die mit Sicherheit beeinflusst von dem sind, was die Jüdinnen und Juden Palästinas vor allem ab den 1920ern vor Ort erleben: zahlreiche Übergriffe und antisemitische Propaganda (z.B. durch den Großmufti von Jerusalem und späteren Hitlerverbündeten Al-Husseini). Er sieht auch völlig richtig voraus, dass der arabischen Seite die Verfolgung und Auslöschung der Juden Europas egal ist (nicht wenige begrüßen sie tatsächlich).
Dass es im Zuge des israelischen Unabhängigkeitskrieg zur massenhaften Flucht und Vertreibung und zur Zerstörung von Dörfern kommt, ist aber kein monokausales Ereignis, das - wie ja viele gerne behaupten - von israelischer Seite von langer Hand geplant ist, sondern der Versuch, auf die vorgefundene Situation zu reagieren: spätestens seit die Naziverbrechen 1945 in ihrem ganzen Ausmaß klar wurden, war klar, es braucht einen jüdischen Staat. Das wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen mit der Verabschiedung des Teilungsplans 1947 auch bestätigt. Andererseits hat die arabische Seite zu keinem Zeitpunkt Bereitschaft oder Willen gezeigt, einen jüdischen (Teil)Staat zu akzeptieren und die arabischen Staaten haben von Anfang an angedroht, diesen Staat zu vernichten. Der Krieg begann aber nicht erst mit der israelischen Staatsgründung im Mai 1948, sondern unmittelbar nach der Verabschiedung des Teilungsplans. Und weil arabische Staaten sich zunächst nicht offiziell einmischten (den noch hatten ja die Briten die Mandatsgewalt), bestand der Großteil der Kämpfenden aus palästinensischen Milizonären sowie arabischen Freiwilligen der "Arabischen Befreiungsarmee" (man muss sich nur deren Emblem ansehen, um ahnen zu können, was deren Programm ist). Die arabische Seite wurde im Übrigen von unzähligen ehemaligen Nazi-Offizieren beraten, aber das nur am Rande. Die arabischen Milizonäre haben in der ersten Kriegsphase immer wieder Angriffe auf jüdische Siedlungen und Dörfer unternommen und sind dann in ihre Dörfer zurückgekehrt. In der Folge des Krieges bedrohten beispielsweise auch solche arabischen Dörfer den Weg zum belagerten Jerusalem. Deswegen war der israelischen Führung früh klar, dass man potenziell feindlich gesinnte Milizionäre im Rücken habe würde, wenn man von den arabischen Staaten angegriffen würde. Das dürfte der Hauptgrund für viele der Vertreibungen sein. Gleichzeitig ist auch überliefert, dass die israelische Armee an zahlreichen Orten (z.B. wenn ich mich richtig erinnere in Haifa) mit Lautsprecherin die arabische Bevölkerung zum bleiben aufgefordert hat und es deren Führer waren, die angeordnet haben die Stadt zu verlassen, um nicht unter der Schade einer jüdischen Regierung leben zu müssen.

Nichts davon macht Vertreibungen besser, besonders nicht für die davon betroffenen. Ich würde mich nur gegen die Deutung verwehren, es sei Teil eines besonders bösen, rassistischen Plans gewesen, alle Araber zu vertreiben (ganz im Gegenteil ist der Aufruf gemeinsam in Frieden zu leben ja bekanntermaßen Bestandteil der israelischen Verfassung). Der eigentliche Skandal in Bezug auf die sog. "palästinensischen Flüchtlinge" ist ja eigentlich, dass sie von ihren arabischen "Brüdern" bis heute nicht integriert worden sind und mit der Ausnahme von Jordanien vielfach auch in der 2 oder 3 Generation nicht einmal die Staatsbürgerschaft bekommen.

...zur Antwort
Dies projiziere ich auch auf die reale Welt.

Ich finde es gut, dass du selbst erkennst, dass das was du so denkst, ein projektives Zerrbild der Realität ist. Das ist der erste Schritt dahin, sich davon zu befreien :)

...zur Antwort

Hallo. Es gibt unzählige Perspektiven, aus denen man das Thema Antisemitismus behandeln kann. z.B.: unterschiedliche politische "Richtungen": extreme Rechte, Linke, religiöse Milieus (Islamisch, Christlich etc.), in der Berichterstattung (da gibts jede Menge Antisemitismus), unterschiedliche Äußerungsformen (Rasseantisemitsmus, Post-Shoa-Antisemitismus, israelbezogener Antisemitismus) usw.

Ich würde was empfehlen, ein Thema zu nehmen, für die du dich auch persönlich interessierst. Falls du Literaturempfehlungen brauchst, sag gern bescheid.

...zur Antwort

Meine Kantlektüre ist ein paar Jahre her, aber ich versuche es mal:

Ich würde sagen die Kritik beruht auf einem Missverständnis von Kant. Kant stellt zwar die These auf, dass es (moralische) Pflicht ist, die Wahrheit zu sagen - die Argumentation bezieht sich aber immer nur auf das Individuum als (rein) vernünftiges Wesen. Daher ist der Anspruch, immer die Wahrheit zu sagen, als normaler Mensch schon nicht erfüllbar, weil wir keine rein vernünftigen Wesen sind.
Und was moralische Pflicht ist, ist das, was das (Sitten)Gesetz vorschreibt - und damit nicht zuletzt ein Ergebnis der Vernunft. So will es auch der Kategorische Imperativ: "Handle nur nach derjenigen Maxime, von der du [hier auch wieder als vernünftiges Wesen] wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde!"

Der Knackpunkt scheint mir hier der Pflichtbegriff zu sein, der für Kant ein allgemeiner ist: eine Handlungs ist nur dann moralisch gut, wenn sie "aus Achtung fürs Gesetz" erfolgt. Das bedeutet, die Orientierung am (Sitten)Gesetz ist das einige, was einer Handlung moralische Autorität verleiht. Eine pflichtgemäße Handlung (eine die dem Gesetz entspricht, aber von Neigungen motiviert ist), ist hingegen moralisch neutral. Daher müsste man eigentlich die Forderung ablehnen, dass man beispielsweise die Wahrheit nur denen gegenüber sagen dürfe, die das "Recht auf Wahrheit" haben - das Recht hätten nach der Vernunft erstmal alle.

Ich stelle mir das eher als Pflichtenkollision vor: Die Pflicht, die Wahrheit zu sagen kollidiert mit der Pflicht, Leben zu achten und zu schützen. Nach dem kategorischen Imperativ wäre es wahrscheinlich klar erforderlich, nicht die Wahrheit zu sagen, weil ich mir nicht vorstellen kann, einen Menschen seinem Mörder auszuliefern, irgendwie durch Vernunft rechtfertigbar ist...

...zur Antwort
Betriebskantinen sollten jetzt schließen

Die Betriebe als solche sollten dicht gemacht werden.

...zur Antwort
Welche Personen empfindest du als moralisch am schlimmsten?
  • Person A ist ein extremer Freiheitskämpfer und Anführer in einer geheimen Untergrundorganisation, A stellt Bomben und Munition her und hortet Waffen und Sprengkörper, um die dystopische Regierung, die arme Menschen hungern lässt, zu stürzen. Person A verübt mehrere Terroranschläge an Grenzkontrollpunkten und Regierungsgebäuden und schreckt dabei vor rein gar nichts zurück und hat nur stur ein Ziel vor Augen und geht über Leichen, egal ob jung oder alt, egal ob arm oder reich, dabei verletzt oder getötet werden. Person A ist der Meinung Gewalt ließe sich nur mit Gewalt bekämpfen und möchte das Leiden der Bevölkerung so schnell wie möglich beenden. Wenn das Ziel die Regierung zu stürzen erfolgreich war, würde Person A aufhören und sich zur Ruhe setzten.
  • Person B wird von mächtigen Leuten in der Regierung und dem dystopischen System dazu gezwungen Befehle auszuführen ohne Fragen zu stellen, wie z.B. die Menschen mit Waffengewalt einzuschüchtern, sie gefügig zu machen und in Extremsituationen oder bei Nichteinhaltung der Regeln, das könnten Ausgangssperren sein, auch zu erschießen. Person B hat durch diesen Job finanzielle Vorteile im Gegensatz zum Rest der einfachen Bevölkerung, die nicht selten Hunger leiden müssen. Person B könnte jederzeit kündigen, aber Person B hat Familie, darunter ein krankes Kind und will auf das Geld nicht verzichten.
  • Person C hat sehr viele schlimme Dinge getan, darunter auch Mord, um beruflich und gesellschaftlich in eine hohe Machtposition zu gelangen. Mit Erreichen der Machtposition allerdings bewirkt die Person für die armen Menschen und das Land viel Gutes. Person C kämpft politisch insgeheim für die Hilfebedürftigen und um ein friedliches Land in dem jeder gut leben kann. Person C hat nicht vor die Taten der Vergangenheit je zu gestehen und sieht es als notwendiges Übel an.
...zum Beitrag
Person B

Ohne Genaueres über das Regime zu wissen ist es natürlich schwer, solche Fragen wirklich zu beantworten. Ich habe bei meinen Gedankenspielen als Referenz das nationalsozialistische Deutschland genommen - ich weiß nicht, was du als Beispiel im Kopf hast. Je nachdem, sehen einige Überlegungen anders aus.

Für mich ist ganz klar Person B moralisch am ehesten zu verurteilen, weil diese Person das System voll und ganz trägt und sein Fortbestehen (gewaltsam) sichert. Die von dir aufgeführte Beschreibung lässt nicht mal einen Befehlsnotstand (Androhung von Gewalt/Haft etc. bei Befehlsverweigerung) erkennen. Moralisch lässt sich das Handeln also nicht einmal im Ansatz rechtfertigen.

Person C ist moralisch schwerer abzuwiegen. Natürlich ist Mord moralisch zu verurteilen, vor allem dann, wenn er lediglich dazu dient, die eigene gesellschaftliche Position zu verbessern. Man kann die Position vertreten, dass dieses Verhalten verzeihbar ist, weil die Wahrscheinlichkeit hoch sein mag, dass es sich bei den Betroffenen um Konkurrent:innen im entsprechenden System - und dadurch wahrscheinlich zumindest Mitschuldigen - gehandelt haben mag, aber da die Absicht nicht gewesen ist, diese Menschen von ihren Untaten abzuhalten, ist das moralisch wahrscheinlich trotzdem nicht zu verteidigen. Dass die Person ihre Machtstellung dazu benutzt, das Regime zu bekämpfen, ist natürlich gut und es klingt ja auch so, als ob sie das aus Überzeugung tut. Über die Taten im Zusammenhang mit dem Aufstieg stillschweigen zu bewahren halte ich aber für verwerflich. Besonders, wenn man sie als Mittel zum Zweck der Bekämpfung des Regimes betrachtet, sollte man sie (danach) öffentlich machen. So entsteht der Eindruck, dass das Hauptanliegen der Person ist, sich nach dem Fall des Regimes in priviligierter Position zu halten. Damit steht die Bekämpfung des Regimes nicht an erster Stelle (sondern die Erlangung und der Erhalt einer priviligierten gesellschaftlichen Position), was moralisch wiederum abzulehnen wäre.

Person A ist moralisch auch nicht einfach zu greifen, aber meiner Meinung nach trotz der extremen Vorgehensweise am nächsten dran an moralisch vertretbarer Handlung. Erstens ist ganz klar, dass die Person kein anderes Interesse als den Sturz des Regimes verfolgt und nicht beabsichtigt, daraus irgendwelche persönlichen Vorteile zu ziehen. Moralisch fragwürdig ist dabei natürlich, dass die Person dabei bewusst über Leichen geht und diese mindestens als Kollateralschäden betrachtet. Dieser Umgang stellt einen in der moralischen Betrachtung selbstverständlich auf die Probe. Vor dem Hintergrund meines Referenzrahmens Nationalsozialismus ist aber beispielsweise eine klare Trennung zwischen "den Herrschenden" und "dem Volk" (wie sie ja leider oft gemacht wird) bezüglich der Schuld nicht aufrechtzuerhalten. Der Nationalsozialismus war beispielsweise ein von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung getragenes Regime - daher sind Zivilist:innen, die im Zuge von Kriegs- und Widerstandshandlungen zuschaden gekommen sind keine reinen (!) Unschuldigen. Wie das Verhältnis zwischen Zivilbevölkerung und Regierung in diesem fiktiven Beispiel gelagert ist, geht aber aus der Beschreibung nicht hervor. Verwerflich ist aber, unabhängig von dieser Haltung, dass (zumindest nach der Beschreibung) kein erkennbarer Wille besteht, den Schaden an Leben so klein wie möglich zu halten. Das ist natürlich unter allen Umständen moralisch schwer zu vertreten und daher handelt es sich auch hier nicht um moralisch einwandfreies Handeln.

...zur Antwort

Als Iraner, der seit Ewigkeiten in linken Zusammenhängen unterwegs ist, stimme ich der Aussage des Memes zu.

Einem Großteil derer, die sich im Westen als "Feminist*innen" bezeichnen, sind die Kämpfe iranischer Frauen (und auch anderer, die sich außerhalb des Westens gegen patriarchale Zurichtung wehren) nicht nur ziemlich egal, sondern sie affirmieren zum Teil die Ideologie dieser Systeme, indem sie beispielsweise jede Kritik an der islamischen Barbarei mit dem schicken Label "antimuslimischer Rassismus" belegen, oder das Kopftuch zu einem feministischen Symbol umdeuten. Ich versuche seit Jahren innerhalb der Linken ein bisschen Awareness für diese Kämpfe zu wecken und Solidaritätsveranstaltungen organisieren, aber das Interesse daran ist überwiegen nicht vorhanden - ganz im Gegenteil: Ich bin letztes Jahr am 8. März, dem 40. Jahrestag der großen Frauendemonstration in Tehran sogar von den Organisator*innen der Demo physisch angegriffen worden, weil ich Flyer zu dem Thema verteilt habe.

...zur Antwort

Auf der Basis von Straftaten das politische (Gefährungs)Potenzial einer Polit-Szene abzulesen, ist grundsätzlich schon schwierig und einer großen Kritikpunkte an der Arbeit von Polizei und Verfassungsschutz zu diesem Thema.

Die reine Anzahl von Delikten wenig aussagefähig über die Qualität der Gefährdung. Während "linke" Straftaten oft Sachbeschädigungen o.Ä. enthalten, tendieren "rechte" eher zur Gewalt - vor allem auch gegen Unbeteiligte. Das bedeutet natürlich nicht, dass von Linken keine Gewalt ausgeht - nur um das mal klarzustellen.

Davon abgesehen handelt es sich bei vielen Kriminalstatistiken nur um die Vermutung von Polizeibeamten, die einem oft den Eindruck vermitteln, dass sie die Materie nicht besonders verstehen. Dass die politische Motivation besonders rechter Gewalttäter immer wieder negiert wird ("psychisch verwirrt", "Einzeltäter" etc.) ist ja ein bekanntes Problem.

Ganz davon abgesehen, ist die gestiegene Militanz der radikalen Linken (besonders in den Neuen Ländern) eine Reaktion auf die Erfahrung jahrzehntelanger Nazi-Dominanz, die von den zuständigen staatlichen Stellen immer wieder gerne ignoriert oder verharmlost wird und hat einen gewissen Selbstschutzcharakter.

...zur Antwort

Ich würde sagen dort, wor es nicht die Ablehnung von Religion als Ideologie ist, sondern wo diese als Vorwand auftritt, Individuen, die man für Anhänger dieses Glaubens hält, zu diskriminieren.

Als Beispiel: die überwiegende Mehrheit derer, die sich für "Islamkritiker" hält, haben weder eine konkrete Ahnung, was es mit dem Ziel ihrer vermeintlichen Kritik (also der Religion Islam) auf sich hat - ganz im Gegenteil: mit einem großen Teil dessen, was am Islam zu kritisieren wäre, sympathisieren sie eigentlich. Stattdessen geht es ihnen um eine pauschale Verurteilen aller (tatsächlichen und vermeintlichen) Muslime. Also allen Menschen aus den Nahen und Mittleren Osten beispielsweise.

...zur Antwort
Nein weil

Wenn es Israel war, hat es diesen Schritt unternommen um die nukleare Aufrüstung des Iran (der übrigens inzwischen der weltweit führende Finanzier islamistischen Terrors ist) und die daraus resultierende Bedrohung für Israel und im weitere den gesamten Nahen und Mittleren Osten zu verhindern.

Würde man eine solche Tat als Terror klassifizieren, wäre jede Polizeiaktion, jede Militäraktion gegen Gewalttäter Terror. Das trifft mit Sicherheit nicht die entsprechende Definition.

...zur Antwort

Persien war zum Zeitpunkt seiner Eroberung durch die Araber im 7. Jahrhundert schon ein über tausend Jahre alte Großmacht. Ich nehme an, dass in der Ablehnung der Araber durch die Iraner der verletzte kollektive Stolz darüber eine Rolle spielt, dass in der Eigenwahrnehmung ein alterwürdiges Kulturvolk durch irgendwelche "Barbaren aus der Wüste" unterworfen wurde.

Umgekehrt ist mir das aber tatsächlich deutlich weniger stark bekannt. Außer dass viele Araber den iranischen Expansionismus verurteilen - worin bestimmt auch der Gegensatz zwischen dem shiitischen Iran und den mehrheitlich sunnitischen arabischen Staaten eine Rolle spielen mag.

...zur Antwort

Was Engels damit sagen will, ist dass Religion (vor allem in der Zeit von der er spricht) ein Mittel zur Erklärung der materiellen Lebensumstände der Menschen ist. Es geht also nach Engels bei Religion nicht vordergründig um Spiritualität oder Transzendenz o.Ä. sondern Religion ist ein Spiegel gesellschaftlicher Verhältnisse. Deswegen sind Religionen in den entsprechenden Gesellschaften immer unterschiedlich, weil sie ebenjene Verhältnisse in irgendeiner Form abbilden. Wenn die entsprechenden Gesellschaften sich auflösen, dann lösen sich auch die dazugehörigen Religionen auf, weil die Verhältnisse, die sie erklären sollen, nicht mehr vorhanden sind und sie daher keinen Nutzen mehr haben.

Mit der Entstehung des römischen Weltreichs war nach Engels dann deine neue Religion gefragt, weil die römischen Gottheiten eben nur für die Stadt Rom (also für die Erklärung der gesellschaftlichen Verhältnisse dort) geschaffen waren, aber nicht dazu geeignet waren, die sehr unterschiedlichen Formen gesellschaftlichen Zusammenlebens im römischen Reich zu erklären. Deswegen hätten die Römer versucht, diesen Mangel zu beheben, indem sie die jeweiligen Götter der unterworfenen Völker in ihr Pantheon integrierten.

Um die sich verändernden gesellschaftlichen Verhältnisse im römischen Reich abzubilden (bzw. zu erklären) war aber eine neue Religion notwendig geworden, die einen ebenso universalen Geltungsanspruch hatte, wie die römische Herrschaft. Engels sieht in der Art und Weise, wie das Christentum zur Staatsreligion geworden ist, auch eine Bestätigung seiner These: Wenn er sagt "Eine neue Weltreligion [...] macht sich nicht durch kaiserliche Dekrete", meint er, dass die Tatsache, dass das Christentum, als es als universale Staatsreligion gebraucht wurde, ja schon so verbreitet war, dass es de facto schon Staatsreligion gewesen ist. Und zwar, weil sie die gesellschaftlichen Verhältnisse im Reich schon so weit verändert hatten, dass die Erklärung dieser neuen gesellschaftlichen Realität eben auch eine neue Religion notwendig gemacht habe - nämlich das Christentum.

Ich hoffe ich konnte es halbwegs herunterbrechen. Wenn es noch Unklarheiten gibt, frag gerne nochmal gezielter nach.

...zur Antwort

Ich sags hier einfach nochmal:
Mit Sicherheit ist nicht jedes Kompliment sexistisch. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass es viele Aussagen gibt, die von der Person, die sie äußert, als Kompliment gemeint sind, bei der betreffenenden Person aber nicht so ankommen.

Im Kontext Sexismus dürfte das vor allem auf Situationen zutreffen, in denen die Komplimente sich auf das Äußere beziehen. Dazu muss nicht immer ein Kommentar direkt in die sexuelle Richtung gehen. Sexismus ist nicht nur individuelles "Fehlverhalten", sondern auch eine machtvolle gesellschaftliche Struktur, die das entsprechende Verhalten (re)produziert. Dazu gehört beispielsweise auch, dass Frau in der Regel auf ihr Äußeres reduziert werden und mehr als "schmückendes Beiwerk" als als Individuum wahrgenommen werden.

Ein nett gemeintes Kompliment über das Äußere einer Frau, kann also von der Person, die das Kompliment macht, nett gemeint sein, spielt sicher aber in gesellschaftlichen Strukturen ab, in denen solche Aussagen mit gängigen sexistischen Klischees korrespondieren.

Wie man damit umgeht, das muss jede*r für sich selbst entscheiden - man sollte sich aber vor Augen führen, dass die eigene Intention beim Sprechen nicht zwingend das alleinig ausschlaggebene dafür ist, wie das, was man so sagt, bei anderen Menschen ankommt.

...zur Antwort

Deine Interpretation ist eine sehr an der Religion/Theologie ausgerichtete. In der Mehrzahl der Fälle mag sie auch stimmen. Aber in einer säkularen Welt sind die Religionsbegriffe und -zuschreibungen ziemlich dehnbar und viele Menschen bezeichnen sich als Muslime (oder z.B. auch Christen), weil sie "so geboren wurden", ohne besonders gläubig zu sein oder den Glauben (theologisch) richtig zu praktizieren. Stattdessen haben die meisten eine eher kulturell vermittelte Vorstellung ihrer Religionsidenität, in der sich religiöse Vorstellungen mit anderen kulturellen Vorstellungen vermischt haben (was ja im Endeffekt auch ein Resultat des universellen Geltungsanspruchs von Religion ist).

Das sexististische Auftreten von (jungen) Männern gegenüber Frauen hat eine religiöse Legitimationsoption, aber eben auch eine kulturelle/gesellschaftliche. In der Regel amalgamieren solche Vorstellungen miteinander, besonders bei denen, die eine Disposition zu (z.B. frauenfreindlichen) Haltungen haben. In dem konkreten Fall hat die arabisch/muslimische Welt leider ziemlichen Nachholbedarf. Und selbst der orthodox-konservative Mehrheitsislam hat ein steinzeitlicheres Frauenbild als die meisten extrem-rechten Parteien in Deutschland. Das sollte natürlich nicht über die Tatsache täuschen, dass die dahinterstehende patriarchale Ideologie ein globales Problem ist, das man nicht löst, indem man mit dem Finger auf andere zeigt.

...zur Antwort

Ich finde was Eckhardt macht hat eigentlich nichts mit Satire zu tun. Es ist einfach nur die pure Lust nach unten zu treten, wie es bei deutschem Humor so typisch ist. Satire sollte ein Mittel sein Machtstrukturen und Denkmuster anzugreifen, die so etabliert sind, dass sie rational kaum noch zu argumentieren sind.

Humor wie der von Eckhardt buhlt einfach um den kleinsten gemeinsamen Nenner. Daran ist weder etwas witzig noch klug. Alles was solche Darbietungen tun, ist tradierte antisemitische Bilder weiter zu verbreiten und sie weiter salonfähig zu machen. Dass es auf dem Gebiet schon seit Jahren zu einer Diskursverschiebung kommt, was die gesellschaftliche Akzeptanz von Antisemitismus angeht, ist nicht zuletzt solchen Elendsgestalten zu verdanken.

...zur Antwort
ich bin überzeugter kommunist und großer Fan der Politik von Kim Jong-Un und seinen Vorgängern.

Dieser Satz widerspricht sich selbst. Entweder hast du keine Ahnung vom Kommunismus oder von der Politik der Machthaber in Nordkorea. Ich tippe auf das erste.

...zur Antwort