Wenn du dir 100% sicher bist, halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass du zumindest autistische Züge hast und für wahrscheinlich, dass sie im diagnosewertigen Bereich liegen. Den Unterschied zwischen "autistische Züge" und "Autismusspektrumsstörung" finde ich erst mal nicht so wichtig, wobei er natürlich unter bestimmten Umständen wichtig sein oder werden kann. Deine Eltern halten deine Besonderheiten eventuell für normaler als sie sind, weil sie dir ziemlich ähnlich sind, also auch autistische Züge haben. Wahrscheinlich wissen sie auch noch zu wenig über Asperger. Vielleicht kannst du ein Buch oder einen Film finden, der deiner Art von Autismus ziemlich ähnlich ist und der es ihnen besser vermitteln kann. Bist du vor allem verzweifelt, weil deine Eltern anderer Meinung sind? oder gibt es noch andere Gründe? Wenn es vor allem daran liegt, dass deine Eltern dich nicht so wahrnehmen, wie du bist, würde ich mir außerhalb der Familie Leute suchen, die dich besser verstehen, vielleicht über ein Autismuszentrum (bei manchen gibt es gruppen für Jugendliche) oder über die Computer-Szene (dort gibt es immer viele Asperger) oder über ein Forum für Autismus im Internet (vermutlich kennst du ja schon welche). Es hilft glaube ich schon sehr, wenn man sich mit anderen, die ähnlich sind und ähnliche Probleme haben, austauscht. Hast du wie viele Asperger auch psychische Probleme, also Ängste, die stärker sind als die von anderen Menschen, z.B. oder depressive Stimmungen?

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Die nicht ganz so hochfunktionalen Asperger eher weniger, die sehr hochfunktionalen schon, also inclusive dem Broader Phenotype of autism (dem was Tony Attwood in "Could it be Asperger" auch als "Asperger personality type" bezeichnet). Die Entwicklungsphase, die neurotypische Kinder v.a. im Kindergartenalter durchmachen, also Persönlichkeitsfindung, machen viele Leute mit autistischen Zügen oft erst später und länger durch oder bleiben darin u.U. auch stecken. Manche entwickeln eine Leidenschaft für Theater, LARP, Cosplay, Internetspiele oder künsterlischen Ausdruck aller Art, andere versuchen mehr im richtigen Leben mit anderen Leuten zu spielen, sie befreunden sich z.B. mit Leuten, bei denen die autistische Züge stärker ausgeprägt sind, und versuchen die dann fertig zu machen, werden Pickup Artists, Motivationstrainer, Rhetorik-Freaks.

Manche von ihnen machen das zwanghaft, teilweise um eigene Ängste durch das Hervorbringen und Verstärken von Ängsten anderer besser in Schach halten zu können (fehlende Emotionskontrolle bzw. Angststörungen sind ein Problem sehr vieler Menschen auf dem Spektrum), teilweise spielen sie eigene negative Erlebnisse in ihrer Erziehung nach. Tendenziell kommen Leute auf dem Autismsusspektrum aus Familien mit mehr autistischen Mitgliedern und haben die problematischeren bis sehr schwierigen Kindheiten. Oft fühlen sich hochfunktionale Autisten ausgegrenzt oder werden eher gemobbt oder haben vielleicht nicht so die Schwierigkeiten mit oberflächlicheren Kontakten, aber mit engen Beziehungen. Deshalb und wegen der Minderwertigkeitskomplexe ist der Aggressionslevel ziemlich hoch. Ein weniger hochfunktionaler Autist ist mehr oder weniger gezwungen, sich damit auseinanderzusetzen, dass er anders ist als die anderen, die Erwartungen an ihn sind oft auch niedriger, und er wird in seinem Anderssein eher akzeptiert, bei sehr hochfunktionalen Autisten ist das anders, d.h. Inauthentizitätsgefühle und die auch daraus resultierenden Ängste sind tendenziell höher.

Leute, die ein Problem mit dem Verstehen von anderen Leuten haben, werden sich auch stärker für Psychologie und Kommunikation interessieren, und das bringt natürlich gewisse Vorteile mit sich. Insgesamt ist es so, dass viele sehr hochfunktionale Asperger sehr viel bewusster auf die emotionale Ebene achten und sehr viel bewusster kommunizieren, und auch sehr viel stärker die körperlichen Reaktionen des anderen in ihren Details beachten, ich habe mindestens schon von einem Dutzend gelesen oder gehört, dass sie ihre Mimik als Teenager/junger Erwachsener vor dem Spiegel trainiert haben. (Denise Linke z.B.: http://magazin.spiegel.de/SP/2016/3/141495164/multimedia/809_spiegel_Autismus/content/index.html) Das Wissen und diese Bewusstheit kann man dann entweder verantwortlich nutzen - oder halt nicht.

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