Rassismus heisst nicht, dass man Andere als minderwertig betrachtet, sondern dass man Menschen Eigenschaften aufgrund der Ethnie/Aussehen/Kultur/Identität zuschreibt. Es gibt auch den positiven Rassismus. Diese Identitäten machen die Sache hier schwierig.
1. Im Orient gibt es keine Ethnien, zumindest keine nach dem deutschen Verständnis. Da hast du als Araber, Perser, Amazigh, was weiss ich, eine kulturelle Identität, und zusätzlich mit der Religion noch eine. Du wirst da nicht nach der Hautfarbe oder Aussehen eingegliedert. Deine Identität ist ausserdem ablegbar und kann sich ändern, bzw. ist vom Umfeld abhängig. Du wirst mit diesen beiden Identitäten nicht geboren. Eine dritte Idenität wäre noch die relativ neue nationale (Reisepass). Diese 3 sind nicht dasgleiche und keine davon ist eine Ethnie im deutschen Sinne.
2. In Deutschland, oder eher im Westen, gibt es primär die ethnische Identität. Dein Aussehen und Abstammung definieren dich. Als Kind deutscher Eltern bleibst du auch dann Deutsch, wenn du auf dem Mond geboren worden wärst. Du siehst eben "deutsch" aus und hast die deutsche Ethnie. Als Türke bleibst du auch in der 3. Generation in Deutschland immer noch ein (Deutsch-)Türke. Diese ethnische Identität ist nicht ablegbar.
So weit zur Wahrnehmung der jeweiligen Gesellschaft. Mit Punkt 2 kenne ich mich nicht gut aus. Als Araber habe ich in Deutschland keine religiöse Identität wahrgenommen. Ein Christ zu sein ist eher etwas extra oder ein Lebenstil, denke ich, jedenfalls hier nicht so stark ausgeprägt.
Du begehst den selben Fehler wie die Leute, die dir Rassismus vorwerfen: "Ich bin doch Araber und der Islam ist keine Ethnie, also kann ich kein Rassist sein". Doch, in diesem Fall ist der Islam für manche Moslems genau das, was man auf Deutsch als Ethnie bezeichnet: die eigene Identität, die Selbstdefinition, und als Araber müsstest du wissen, dass das Araber sein keine Ethnie ist, sondern eine kulturelle Identität ist. Auch der Nachkomme von Schwarzen oder Asiaten mit Mandelaugen kann ein Araber sein. Es gibt auch viele davon. Deine arabische Zuschreibung spielt hier überhaupt keine Rolle, weder als Abwehr noch als Argument des Rassismusvorwurfs. Du kritisierst als Außenseiter und nicht-Moslem eine andere Gruppe, sagst aber, du gehörst ja kulturell dazu, und eigentlich richtet sich die Kritik gegen die Religion und nicht gegen die Menschen. Es ist also ein bisschen kompliziert und hängt mehr davon ab, wogegen sich die Kritik richtet. So klar ist es also nicht, weder für den Kritiker noch für den Kritisierten.
Jetzt zur Islamkritik: Meiner Erfahrung nach verschwimmen die Grenzen und viele nutzen die Islamkritik tatsächlich als Mittel um andere Menschen anzugreifen, und nicht, um eine Glaubensrichtung zu kritisieren. Hier gilt die Devise: Araber= Moslem. Ich lebe im Osten und muss mir fast täglich den einen oder anderen blöden Spruch anhören: Du wirst dich auch irgendwann in die Luft jagen. Nix hier... Du gehen zu Automat Karte kaufen. Das ist aber Schweinefleisch...
Die Leute kennen mich überhaupt nicht, mein arabisches Aussehen reicht hier aus, um Folgendes zu schlussfolgern: Ich bin ein Moslem, der alle hasst. Ich kann kein Deutsch. Ich bin praktizierender Moslem, der sich an irgendwelchen komischen Regeln hält oder Frauen schlecht behandelt. Dabei habe ich den Mund noch nicht mal aufgemacht. Viele verwechseln auch Traditionen oder kulturelle Bräuche mit religiösen Regeln, und das sind nicht diejenigen, die dir den Rassismus vorwerfen, sondern meistens die ach so aufgeklärten Kritiker, weil sie den Unterschied nicht kennen.
Ich weiss nicht, in welchem Zusammenhang du was kritisiert hast oder warum dir welche Leute Rassismus vorgeworfen haben, also kann ich mich dazu nicht äußern. Stattdessen stelle ich hier eine andere, themabezogene Frage: Was denkst du, bin ich ein Moslem?