Kundentoiletten sind kein Muss – Viele Geschäfte haben keine stillen Örtchen

Man ist gerade in einem Geschäft und muss. Doch wo nur ist das Klo? Familie Zergiebel hat’s erlebt. Mit der zweijährigen Tochter will man sich in einer Mediathek eine Blu-Ray ausleihen.

Doch plötzlich meldet sich die Blase. Das Kind quängelt. Frau Zergiebel wendet sich also an eine nette Mitarbeiterin und erfährt: Nein, leider habe man keine Kundentoilette und auf das Personal-WC könne sie auch nicht. Es folgt eine kurze Diskussion, mehr Zeit ist nicht. Kevin Zergiebel: "Meine Frau verließ daraufhin mit unserer Tochter die Mediathek, um mit ihr auf Toilette zu gehen – was in diesem Fall bedeutete, dass sie bei minus 1 Grad vor unser Auto, das vorm Eingang stand, urinieren durfte." Das sei völlig inakzeptabel. Auch rechtlich?

Die Antwort:

Müssen Geschäfte für Kunden Toiletten vorhalten? Das deutsche Baurecht macht hier keine Vorgaben. Es gibt keine Vorschrift, dass Supermärkte oder Kaufhäuser – wie groß sie auch sind – solche Toiletten haben müssen. In der Verkaufsstättenordnung, zuletzt geändert 2004, findet sich nichts dazu, und auch die Niedersächsische Bauordnung bleibt in dieser Frage unverbindlich: Bauliche Anlagen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, müssen danach lediglich "ausreichend" Toiletten vorhalten (§ 45). Doch was heißt "größerer Personenkreis"? Diese Uneindeutigkeit hat in der Praxis dazu geführt, dass bei Märkten und Kaufhäusern ausschließlich Toiletten für die Angestellten zum Pflichtinventar gehören, während Kunden, die sich nur kurzfristig im Geschäft aufhalten, nicht berücksichtigt werden. Denn: Letztlich sind Kundentoiletten ja eine freiwillige Leistung der Geschäftsinhaber.

Wobei Folgendes nicht außer acht zu lassen ist: Werden Kundentoiletten gebaut, müssen diese, sagt das Gesetz, nicht nur ausreichend groß sein, sondern auch "nach Lage und Einrichtung den Anforderungen der Hygiene und des Anstandes genügen". Und das bedeutet: Die Klos müssen stets picobello sauber sein – was natürlich mit erheblichen Kosten verbunden ist.

Wird ein Kunde in höchster Not auf die Personaltoilette gelassen, ist dies übrigens nicht unproblematisch, denn aus lebensmittelhygienischen Gründen darf diese nicht einfach von betriebsfremden Personen benutzt werden. Dafür gibt es Vorschriften.

Das bestätigt Ilja Bozic, Inhaber der Mediathek. Man habe schlechte Erfahrungen gemacht. Deshalb gebe man den Schlüssel fürs eigene Klo nur raus, wenn jemand vom Personal mitgeht – sonst sei die ganze Toilette hinterher bestuhlt. "An dem Abend waren aber nur zwei Kollegen da und es war voll. Das tut uns Leid. Herr Ziergiebel kann aber jerderzeit vorbeikommen und sich bei uns einen Gutschein abholen."

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