Meinung des Tages: Köln entkriminalisiert das Schwarzfahren - was denkt Ihr über diese Regelung?

Fürs Schwarzfahren ins Gefängnis? Das ist in vielen Städten Deutschlands weiterhin Praxis. In Köln ist damit jedoch ab sofort Schluss. Ziel sei es, das Schwarzfahren zu entkriminalisieren und am Ende des Tages auch die Justiz zu entlasten… 

Entkriminalisierung des Schwarzfahrens

Bislang war es durchaus möglich, dass Menschen, die den öffentlichen Nahverkehr zu häufig ohne gültiges Ticket genutzt haben, im schlimmsten Falle dafür auch ins Gefängnis kommen konnten. Deutschlandweit betrifft das jährlich mehrere hunderte Menschen. Im Dezember des vergangenen Jahres beschloss der Stadtrat in Köln, für das Schwarzfahren künftig keine Strafanzeige mehr zu erstatten. Das geplante Vorhaben wird nun in die Tat umgesetzt.

In der bisherigen Praxis wurden Personen, die drei mal innerhalb eines Jahres oder vier Mal binnen von zwei Jahren beim Schwarzfahren erwischt worden sind, angezeigt. Laut Matthias Pesch, dem Leiter der Unternehmenskommunikation der Kölner Verkehrsbetriebe, soll damit nun Schluss sein. Die Strafe von 60€ für das Fahren ohne Ticket allerdings bleibt bestehen.

In der Regel betrafen die Gefängnisstrafen Menschen, die angesichts des Schwarzfahrens zu Geldstrafen verurteilt wurden, diese allerdings nicht bezahlen konnten. Hierbei handelte es sich überwiegend um Wohnungslose, Suchtkranke und arme Menschen. FDP-Ratspolitiker Volker Görzel verwies im Dezember 2023 auf die Diskrepanz zwischen dem Fahren ohne Ticket sowie dem Falschparken in der Stadt: Während Falschparker lediglich mit Knöllchen rechnen mussten, konnten Schwarzfahrer unter Umständen im Gefängnis landen.

Durch den Vorstoß des Kölner Stadtrats bzw. den Verzicht auf Strafanzeigen könne zudem die Justiz entlastet werden. Linken-Politikerin Güldane Tokyürek verwies ferner auf den Umstand, dass durch Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft keine Zahlungsfähigkeit hergestellt werde. Menschen, die ihre Tickets nicht bezahlen können, sind i.d.R. auch nicht imstande, für die Geldstrafen aufzukommen.

Reaktionen auf die neue Regelung

Vor allem auf Seiten des Verbands Deutscher Verkehrsbetriebe blickt man eher skeptisch auf den Vorstoß aus Köln, da man befürchtet, das Schwarzfahren könne verharmlost werden. Obgleich regelmäßig flächendeckende Kontrollen stattfinden, sind die jährlichen Einbußen von ca. 300 Millionen Euro immens. KVB-Sprecher Pesch befürchtet, dass hinsichtlich der wegfallenden Strafverfolgung "eine negative Signalwirkung" ausgeht, die zu einer höheren "Quote der Fahrgäste ohne gültigen Fahrausweis" führen könnte.

In der Folge müssten die Ticketpreise des ÖPNV durch die fehlenden Einnahmen sukzessive erhöht werden, worunter auch all diejenigen leiden, die regelmäßig und pflichtbewusst ihre Tickets bezahlen. Letztendlich müsse aber abgewartet werden, inwieweit sich die neue Regelung tatsächlich auf das Fahrgastverhalten auswirke, so Pesch.

Einer Umfrage von infratest dimap zufolge sprechen sich c.a. 2/3 der Deutschen dafür aus, das Fahren ohne Ticket zu entkriminalisieren.

Unsere Fragen an Euch:

  • Was denkt Ihr über die Regelung aus Köln?
  • Sollten regelmäßige Schwarzfahrer im Gefängnis landen dürfen?
  • Welche Strafmaßnahmen wären für überzeugte Schwarzfahrer Eurer Meinung nach angebracht?
  • Gibt ein Tarifsystem überhaupt noch Sinn, wenn harte Sanktionen entfallen?
  • Sollte der ÖPNV für Ärmere grundsätzlich kostenlos sein?
  • Würdet Ihr bei solch einer Regel häufiger ohne Ticket fahren?

Wir freuen uns auf Eure Antworten

Viele Grüße

Euer gutefrage Team

Quelle:

https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/schwarzfahren-koeln-100.html

...zum Beitrag
Ich finde die Regelung aus Köln gut, weil...

Die Entkriminalisierung des Schwarzfahrens in Köln ist ein bemerkenswerter Schritt, der verschiedene Meinungen und Perspektiven aufwirft. Hier sind einige Überlegungen zu den gestellten Fragen:

1. **Über die Regelung aus Köln**: Diese Maßnahme scheint ein Versuch zu sein, die Justiz zu entlasten und gleichzeitig die sozial benachteiligten Gruppen zu schützen, die am häufigsten von Gefängnisstrafen aufgrund von Schwarzfahren betroffen sind. Es ist ein interessanter Ansatz, der die sozialen Realitäten und die begrenzte Wirksamkeit von Strafmaßnahmen in bestimmten Fällen berücksichtigt.

2. **Schwarzfahrer im Gefängnis**: Die Frage, ob regelmäßige Schwarzfahrer im Gefängnis landen sollten, berührt grundlegende Gerechtigkeits- und Effektivitätsfragen. Es scheint unverhältnismäßig, Personen für solch relativ geringfügige Vergehen ins Gefängnis zu schicken, insbesondere wenn ihre finanzielle Situation die Ursache ist und eine Gefängnisstrafe das Problem nicht löst, sondern möglicherweise verschärft.

3. **Angemessene Strafmaßnahmen**: Alternativen zu Gefängnisstrafen könnten sozial nützliche Arbeit, gestaffelte Geldbußen basierend auf der finanziellen Fähigkeit oder auch verstärkte Aufklärungs- und Präventionsprogramme sein. Ein interessanter Ansatz könnte auch ein "Schwarzfahrer-Pass" sein, der gegen eine kleine Gebühr eine begrenzte Anzahl von "schwarzfahren" erlaubt, ähnlich wie die "Brötchentaste" in manchen Parkzonen.

4. **Sinn eines Tarifsystems ohne harte Sanktionen**: Ein Tarifsystem macht weiterhin Sinn, da es eine Struktur und eine Grundlage für die Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs bietet. Es geht darum, ein Gleichgewicht zu finden, das die Notwendigkeit der Finanzierung mit der sozialen Gerechtigkeit und der Praktikabilität von Durchsetzungsmaßnahmen in Einklang bringt.

5. **Kostenloser ÖPNV für Ärmere**: Ein kostenloses oder stark subventioniertes Angebot für finanziell benachteiligte Gruppen könnte eine sinnvolle Maßnahme sein, um soziale Gerechtigkeit zu fördern und gleichzeitig die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs zu erhöhen. Es müssten jedoch Finanzierungsmodelle entwickelt werden, um die Einnahmeverluste auszugleichen.

6. **Einfluss der Regelung auf persönliches Verhalten**: Es ist schwer zu sagen, ob eine solche Regelung das Verhalten der breiten Masse beeinflussen würde. Viele Menschen zahlen nicht aus Prinzip, sondern aus Verantwortungsbewusstsein und Anerkennung für den Wert des Dienstes. Diejenigen, die bereits jetzt ohne Ticket fahren, werden durch solche Maßnahmen wahrscheinlich nicht abgeschreckt.

Insgesamt bringt die Entkriminalisierung des Schwarzfahrens in Köln eine wichtige Debatte über die besten Methoden zur Durchsetzung von Regeln im öffentlichen Nahverkehr und die Rolle sozialer Gerechtigkeit innerhalb dieser Systeme hervor.

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