Wie kann es zur Hexenverfolgung und welche Rolle hat die Kirche dabei?

3 Antworten

Also die Kirche hat die Hexenverfolgung lange Zeit verboten, so heißt es im Konzil von Paderborn 785:

Wer, vom Teufel verblendet, nach Weise der Heiden glaubt, es sei jemand eine Hexe und fresse Menschen, und diese Person deshalb verbrennt oder ihr Fleisch durch andere essen lässt, der soll mit dem Tod bestraft werden.

Hexenverfolgung gab es demnach im Mittelalter eigentlich keine. Das kam erst in der Neuzeit. Es gab Gegenden, in denen der Glaube immer mehr zurückging. In diesen Gebieten breitete sich dann der Aberglaube immer weiter aus. Man suchte die Gründe für Krankheiten, Missernten, etc. Man beschuldigte Männer und Frauen, hauptsächlich aber Frauen, dass sie daran schuld seien. Diese Leute kamen dann vor ein weltliches Gericht und wurden dann (sofern sie schuldig waren) auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Wenn allerdings den "Hexen" neben Zauberei auch noch Irrglaube vorgeworfen wurde, kam die Kirche ins Spiel: da musste dann die Heilige Inquisition ran. 1384 war dies erstmals der Fall. Der betroffenen Person wurden einige Bußübungen aufgetragen. Ab 1390 gab es auch Einzelfälle, dass Hexen durch die Heilige Inquisition verbrannt wurden.

Dass die Kirche, bzw. die Inquisition, an der Hexenverfolgung schuld sei, stimmt also nicht ganz, ist aber auch nicht ganz frei erfunden: der Inquisitor Heinrich Kramer wurde 1474 in Deutschland eingesetzt. Er war im klassischen Sinne abergläubisch. Er ging systematisch auf Hexenjagd. Allerdings stieß er dabei beim lokalen Klerus auf heftigen Widerstand. Die Frauen, die er einsperrte wurden freigelassen und er wurde vertrieben. Der Dominikaner wandte sich also an den Papst. Er berichtete in etwas übertriebener Weise über die Flut von Hexen in Deutschland; und das wohl sehr glaubwürdig. 1484 erließ Papst Innozenz VIII. die berühmte Hexenbulle Summis desiderantes affectibus. Dadurch autorisierte Innozenz VIII. die Mission Kramers und zwar (bei tatsächlichem Befund) erlaubte er die "Korrektur, Gefangennahme und Bestrafung". Von Verbrennen wurde nichts erwähnt. Kramer missbrauchte diese Bulle. 1487 schrieb er den "Malleus maleficarum", den "Hexenhammer". Kramer verweist am Anfang auf die päpstliche Bulle, dass der Eindruck entsteht, der Papst würde dieses Werk unterstützen. In diesem Werk steht wirklich reiner Aberglaube. Durch den Buchdruck fand das Werk eine sehr schneller Verbreitung. Kramers Erfolg war zu seinen Lebzeiten bescheiden, denn man lehnte es ab, ihn zu unterstützen.

Das Werk weckte die allgemeine Angst vor Hexen und so begannen Fürsten mit der Verfolgung von Hexen. Sie verbrannten diese "Hexen". Die Verfolgung begann epidemienartig. Seinen Höhepunkt erreichte die Hexenverfolgung ca. 1560-1630. 

So, nun zur Kirche: In den südeuropäischen Ländern war man ja noch grundsätzlich katholisch. Dort gab es noch die Heilige Inquisition. Die spanische Inquisition versuchte stets die Hexenverfolgung einzudämmen. Sie verbot 1621, Todesurteile aufgrund von Hexenverdacht zu verhängen. Die römische Inquisition verlangte bei der Bestimmung von "Hexerei" immer das Heranziehen von Ärzten, um die natürliche Ursache festzustellen. Es gab gegen Ende des Hexenwahns zwar einige Fälle, in denen auch Inquisitoren Todesurteile verhängten, aber diese blieben Einzelfälle, da sie dem eigentlichen Zweck und Sendung des Heiligen Offiziums widersprachen. 1631 trug der Jesuit stark zum Ende des Hexenwahns in Deutschland bei mit seinem Werk "Cautio criminalis oder Rechtliche Bedenken wegen der Hexenprozesse" bei.

Der Glaube an Hexen und Zauberer ist ein Volksaberglaube, noch aus vorchristlicher Zeit. Auch zur Zeiten des Hexen- (und Zauberer-, Hexenmeister-)Wahns gingen die Anklagen wegen bösem Blick usw. überwiegend "vom Volke" aus. Auch eine aufgeklärte Obrigkeit hatte Mühe, das einzudämmen und gab manchmal nach, wenn die Unruhe sonst größer geworden wäre. Das kann man in einem geschichtlichen Werk über die Hexenverfolgungen in Münster/Westf. nachlesen.

Kirchliche Anklagen lauteten hingegen auf Buhlerei und Kumpanei mit dem Teufel, wie noch bei Luther zu lesen ist. Das war dem Volk eher zu abgehoben: das fürchtete sich vor Missernte und Krankheit bei Mensch und Vieh; Sex mit dem Teufel war außerhalb der Erfahrung.

Da weltliche und kirchliche Obrigkeit zu der damaligen Zeit Hand in Hand arbeiteten bzw. identisch waren, wurden Hexenprozesse überwiegend nicht durch die Kirche, sondern durch die weltliche Obrigkeit durchgeführt. In beiden gesellschaftlichen Gruppen gab es Widerstand gegen den Hexenwahn, zum einen durch bürgerlich-aufklärerische Tendenzen, zum anderen auch durch theologische und humanistische Argumentationen.