Komme ich irgendwann deutlich über 2.000 € netto mit meinem Kunstgeschichte-Studium?

12 Antworten

Wenn ich lese, was meine Vorredner hier von sich gegeben haben, überkommt mich das große Schaudern. Mag sein, dass der Markt zum Zeitpunkt der Erstellung der Frage schlechter war, aber mittlerweile entspricht dies nicht mehr der Realität. Ich habe meinen Master Kunstgeschichte letzten September abgeschlossen und sofort mehrere Jobangebote bekommen. Daraus konnte ich den besten herauspicken. Dir spielt als Kunstgeschichtler gerade die riesige Welle der Rentenabgänger in die Hände, vor allem im Denkmalschutz bzw. in den zugehörigen Ämtern. Schlecht bezahlte Volontariate und Praktika in Prestige-Institutionen, die deine Arbeitskraft ausbeuten, musst du gleich von deiner Liste streichen. Dort wirst du auch danach keine Anstellung bekommen, weil sich immer irgendein Depp findet, der Vollzeit für halben Lohn schuftet. Hier ist wirklich Umdenken gefordert: ein geisteswissenschaftliches Studium kann negativ gesehen schwammig und unabgegrenzt wirken, positiv betrachtet ergibt sich aber ein riesiger Korridor an Möglichkeiten (je nach Spezialisierung). Suche aktiv nach Angeboten von Kulturämtern, Denkmalbehörden, Bibliotheken, in der Provenienzforschung, bei privaten Veranstaltern von zB. Kunstreisen und Events, bei der Kulturarbeit von Städten usw. Es gibt wirklich zahllose freie Stellen momentan. Viel Erfolg!

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Das hättest du dir mal früher überlegen müssen. Es gibt auch mit einer solchen Ausbildung Chancen auf einen hohen Verdienst, aber kaum in Museen. Du musst dazu beispielsweise als Sachverständiger in Kreisen arbeiten, wo Kunstwerke als reine Investitionen dienen.

Ja. Was hast du erwartet mit dem Studium? Mit der Aussage Nettogehalt kann man nicht viel anfangen, Bruttogehalt ist Aussagekräftiger

Ja, was HAST du dir denn vorgestellt, als du angefangen hast, ein Orchideenfach zu studieren?

Und was hast du gedacht, dass du als Museumsaufsicht machst und wie relevant dein Studium dafür ist, nach dem du ja auch keine tatsächliche Berufserfahrung gesammelt hast?

Dröseln wir das mal auf:

Du hast ein Fach studiert, in dem es viele Absolventen, aber wenige Stellen gibt. Das muss dir irgendwann sicher klargeworden sein. Gute Noten ändern an den lausigen Perspektiven nur sehr bedingt etwas, da muss man schon auch Dusel haben und die richtigen Kontakte knüpfen, zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Und nicht einmal dann gibt es Garantien.

Dann hast du dir - und das war nicht dumm - nach dem Studium erstmal einen Job gesucht.

Du musst dir aber schon darüber im Klaren sein, dass das ein Schlumpfjob ist. Deine Qualifikation als Kunsthistoriker ist dabei mehr als zweitrangig. Du musst rumstehen und aufpassen.

Für so einen Job braucht man keine großen Qualifikationen, außer einem ordentlichen Führungszeugnis, einem ordentlichen Auftreten und im Optimalfall leidensfähigen Füßen.
Du bist da nicht als Kunsthistoriker, du bist dort in einer Position für Ungelernte. Mit Verlaub, letztlich ist das die Art Job, mit der sich andere durch´s Studium bringen oder ältere Menschen ein Zubrot verdienen. 

Deine Kollegen bekommen wahrscheinlich mehr Geld, weil ihr Gehalt im Lauf der Jahre oder aus verschiedenen Gründen aufgestockt wurde.

Wenn du dir eine bessere Bezahlung wünschst, kannst du

a) abwarten, bis die Aufstockungen auch dich erreichen

b) dir einen Job suchen, zu dem deine Qualifikation passt. Was in der Kunstgeschichte nicht leicht sein wird.

Du hast gute Noten, kannst versuchen, an Praktika und Volontariate zu kommen. Die aber - und so ehrlich muss man mit sich selbst sein - meist immernoch vorrangig an Promovierende verteilt werden. Noch dazu sind sie deutlich schlechter bezahlt als das, was du jetzt machst.

Anders wirst du kaum Zusatzpunkte sammeln, wenn du dich mal auf eine der wenigen freiwerdenden Stellen bewerben willst. Du musst Erfahrung in deinem Fach sammeln. Du kannst versuchen, in dem Museum, in dem du bist, einen Fuß in andere Aufgabengebiete zu bekommen. Das ist in der Regel auch nicht leicht.

Mit deiner aktuellen Stelle solltest du dir jedenfalls keine Hoffnungen auf die große Karriere im Fach machen. Sie ist kein Sprungbrett, und das hätte dir schon VOR der Bewerbung darauf klar sein müssen.


Jerne79  09.06.2016, 18:23

Und vielleicht ergänzend:

Letztlich kannst du froh sein, dass du mit deiner Studienrichtung immerhin fachnah eine Stelle für Unqualifizierte gefunden hast, die genau genommen nicht schlecht bezahlt ist.

Wirf mal einen Blick um dich. Was machen die, mit denen du studiert hast? Die meisten Kunsthistoriker hangeln sich nach dem Studium von Praktikum zu Praktikum, von Volontariat zu Volontariat (wenn sie welche bekommen). Die wenigsten davon kommen nach vielen Jahren an eine feste Stelle. Die meisten verabschieden sich über kurz oder lang aus dem Fach und satteln um. Und das weiß man, wenn man so ein Fach studiert.

Wenn dir das, was du hast, nicht reicht, musst du dich für etwas qualifizieren, sei es nun im Fach oder außerhalb. Ein ordentlicher Master ist der Anfang der Qualifikation, nicht das Ende.

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JoachimF  10.06.2016, 07:27
@Jerne79

Deine reale Chance auf mehr Gehalt besteht darin kompett umzusatteln. Also was gaaaanz anderes zu machen. Sekretariat, öffentlicher Dienst, Selbstständigkeit. Es heißt nicht umsonst "brotlose Kunst" - noch nie gehört?

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Im Prinzip befindest du dich in einer Zwickmühle: Entweder weiter Fuzzy-Jobs im Museum oder sonstwo machen oder noch einen draufsatteln wie z. B. BWL oder Ähnliches. Dann könntest du bei einem Kunstauktionator anheuern oder Versteigerungen von Kunstwerken organisieren.

Zweite Alternative: Biete privat Kurse oder (thematisch ausgerichtete !) Stadtführungen an und versuche dich mit örtlichen Behörden (Touristen-Büro) und anderen Reiseveranstaltern zu vernetzen. Wenn du als Expertin für spezielle Themengebiete oder originelle Inhalte bekannt bist wirst du auch gebucht. Bei 10 Personen mit je 10 Euro hast du schon einen interessanten (brutto-)Stundenverdienst.

Das hängt natürlich von den Gegebenheiten deiner Region ab. Also: sortiere dich neu und starte durch. Den Museumsjob nimmst du als Sicherheitspuffer mit Sozialversicherung noch mit und reduzierst, sobald die neue Perspektive greift.

Viel Erfolg - und: Geld ist auch nicht alles!