Als fortgeschrittener Klavierspieler technisch besser werden?

2 Antworten

Du wirfst hier grad einige Sachen in einen Topf, die nicht recht zusammen passen. Ich würde die Perspektive ein wenig ändern.

Mich stört zur Zeit besonders, dass ich so stumpf nach Noten spiele.

Je nachdem, in welchen Genres du dich bewegst, kann ich das nachvollziehen. Ich bin mit klassischer Literatur groß geworden und bin es daher gewohnt, zunächst einmal nach Noten zu spielen. Gerade im Jazz-/Pop-Bereich, etc. ist es oftmals hilfreicher, wenn man nach Gehör spielen und auch improvisieren kann. Ich wollte mich immer gern einfach ans Klavier setzen und nach Gehör irgendetwas Schmissiges drauf losspielen. Leider wurden in meinem Unterricht Spielen nach Gehör und Improvisation immer vernachlässigt, weswegen ich es bis heute nicht kann. Es kann nicht verkehrt sein, es zu üben.

aber ich glaube, dass es mich hindert, technisch besser zu werden.

Das halte ich wiederum für einen Trugschluss. Eigentlich sehe ich es eher umgekehrt: Die Techniken müssen erst einmal sitzen. Je größer der eigene Technikschatz ist, umso leichter, schöner und somit "besser" lässt es sich nach Gehör spielen oder improvisieren. Eine Sprache lässt sich letzten Endes auch umso besser sprechen, je mehr man Vokabeln und Grammatik verinnerlicht hat. Wer die Basis versäumt hat zu lernen, wird auch in der gesprochenen Sprache immer wieder stolpern und holpern.

Wenn man auswendig spielt, merkt man ja noch viel stärker, wo es noch hapert.

Auch das sehe ich nicht so. Ich halte das für eine Sache der Gewohnheit. Da ich es gewohnt bin, nach Noten zu spielen, merke ich eigentlich mit dem Notenbild vor Augen direkt meine Schwächen, an denen ich dann Stück für Stück arbeiten kann.

Möglichst alles, was ich übe, auch auswendig einüben

Das wiederum ist nicht unbedingt verkehrt. Ich habe viele Stücke, mit denen ich mich beschäftigt habe, auswendig gelernt. All die, die ich ernsthaft versucht habe, "aufführungsreif" (im Amateurrahmen natürlich) zu erarbeiten. Ich finde, dass man ohne Noten wesentlich flexibler ist und es sieht fürs Publikum professioneller aus. Insofern empfehle ich im Falle eines Vorspiels sehr gern das Auswendigspielen. Man durchdringt beim Auswendiglernen ein Stück auch m.E.n. noch wesentlich besser, mir jedenfalls geht es so.

zum Spaß geht natürlich auch vom Blatt

Auch dem stimme ich zu. Das schadet ab und an nicht. Ich war leider ebenfalls (s.o.) nie ein guter Vom-Blatt-Spieler, was mich bis heute ärgert. Daher versuche ich es, sofern ich die Zeit finde, oft und gern.

Unterm Strich lässt sich sagen: Diese Methoden lassen sich alle untereinander verquicken, wenn man denn möchte und die Zeit dafür hat. Rein manuell technisch betrachtet bringen sie jedoch zunächst einmal nicht automatisch einen Fortschritt. Der wird erzielt durch sinnvolles, präzises Wegtrainieren der eigenen Schwächen. Dazu gehört in erster Linie ebenfalls Zeit und die Fähigkeit, sich anhand des Erlernten neue Schwierigkeiten selbst beizubringen. Da liegt zumeist der Hund begraben, weswegen das autodidaktische Vorgehen so gefährlich ist, da immer die Gefahr besteht, sich Fehler beizubringen, ohne es zu merken. Überdies (ich hatte ja nun zweimal den Faktor "Zeit" erwähnt) scheint dein Zeitpensum sehr begrenzt, um all das Ausgeführte unter einen Hut zu bringen. Wenn man derart Großes vorhat, würde ich mindestens (!) eine Stunde pro Tag einplanen, die dann auch effektiv genutzt sein will. Innerhalb einer halben Stunde Übezeit ist natürlich relativ wenig Stoff abzuarbeiten möglich. (Auch da kommt es natürlich immer auf die Effektivität des Übens an.)

lg up

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Praktische Erfahrung seit über fünfunddreißig Jahren.

JanHatEineFr227 
Beitragsersteller
 27.08.2024, 09:51

Danke für deine Meinung zu dem Thema. Mit "nach Noten spielen" meinte ich, dass ich beim Spielen meine Augen auf den Noten und nicht auf den Fingern habe. Etwas missverständlich von mir formuliert.

Ansonsten verstehe ich den Einwand mit der Zeit nicht ganz. Abgesehen von Musikstudenten vielleicht würde ich schon sagen, dass ich für einen bloßen Hobby-Pianisten überdurchschnittlich viel Klavier spiele. Wohlgemerkt: Mit einer halben Stunde ist der Durchschnitt gemeint. Nicht selten spiele ich 1,5 - 2,5 Stunden am Tag. Aber sobald ich ein paar Tage nicht spiele, zieht das den Schnitt direkt runter. Und noch länger als 2,5 Stunden kriege ich tatsächlich nicht unter. (Halte das auch nicht für effektiv. Gibt sogar Profi-Pianisten, die an vielen Tagen nur eine halbe Stunde üben. Wobei hier jetzt nicht mehr vom Durchschnitt die Rede ist.)

0

Die Technik lernst du durch üben. Besser spielen geht nur mit echtem Gefühl und Leidenschaft. Ich spiele selber seit 1978 Klavier und Flügel. Neues vom Blatt sonst aus dem Kopf. Noten auswendig lernen bringt nichts. Wenn du die nötige Leidenschaft besitzt spielst du automatisch ohne Noten. Die Kunst ist ein Stück nicht nur gut zu spielen, sondern ein Leben und Charakter einzuhauchen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Vielseitiges Wissen, viel Erfahrung im Leben

JanHatEineFr227 
Beitragsersteller
 26.08.2024, 23:00

Ja, das stimmt, aber um aus dem Kopf Schubert zu spielen , muss ich ihn doch erstmal auswendig gelernt haben, oder? :D

Wollte mit meiner Frage prinzipiell darauf hinaus, ob man durchs vermehrte Auswendig lernen Fortschritte im technischen Bereich verzeichnet. Gibt natürlich auch den gegenteiligen Übungs-Typen, der fast nie auf die Noten schaut. Aber ich klebe schon immer sehr stark an den Noten und dachte, das wäre dann für mich genau das richtige.

0
Glasbernd  26.08.2024, 23:05
@JanHatEineFr227

Durch Auswendig lernen wird die Technik nicht besser. Wenn du gerne Klassik spielst brauchst du weder bei Schubert noch Bach oder Beethoven Noten.

0