Bin ich der Einzige, der mit Depressionen nach der Beschneidung zu kämpfen hat?
Hallo Leute!
Kurz zu mir: Ich bin männlich, 19 Jahre alt, bin in Österreich geboren und aufgewachsen, aber meine Eltern kommen aus einem muslimischen Land.
Ich wurde im Alter von zwischen fünf bis sechs Jahren beschnitten. Meine Eltern würden behaupten, dass sie das aus religiösen Gründen getan haben, ich bin der Meinung, dass dies traditionelle Hintergründe hat bzw. dies gemacht wurde, da es die Norm ist, woher ich ursprünglich herkomme. Sie sind in meinen Augen keine praktizierenden Muslime und verhalten sich manchmal sehr unmuslimisch.
Kurz zu meiner Geschichte: Die Beschneidung wurde bei mir in den Sommerferien vollzogen. Natürlich wusste ich bis dato nicht, was eine Beschneidung überhaupt ist und in welcher Gefahr ich überhaupt schwebe. Mein Vater meinte zu mir, dass er und meine Mutter mit mir in die Stadt gehen wollen, um Essen zu gehen. Nach meiner Frage, warum meine Schwester nicht mitkommen kann, war die Ausrede: Wir möchten einfach mit dir alleine hingehen, erzähle deiner Schwester nichts davon! Ich habe das einfach so hingenommen und bin mit Ihnen mitgegangen. Mein Onkel und mein Opa waren auf einmal auch mit dabei und wir sind abseits der Stadt gefahren. Es war ein eher ländliches Gebiet, welches nicht so dicht besiedelt wurde. Ab da hatte ich meine Zweifel. Wir sind in ein kleines weißes Haus gegangen, wo sich eine Liege befand.
Dieser Moment verfolgt mich schon seitdem ich klein bin und lässt mich nicht schlafen: Ich wurde mit Gurten an der Liege gefesselt, und wurde ohne jeglicher Betäubung vor all den Augen beschnitten. Währenddessen saß meine Mutter die ganze Zeit im Auto, weil sie sich das nicht ansehen wollte.
Die nächsten Tage waren natürlich sehr schmerzhaft, auf das möchte ich aber nicht näher eingehen.
Selbstverständlich wusste ich nicht, was eine Vorhaut ist, dennoch habe ich gewusst, dass etwas nicht stimmt und habe mit der verbliebenen Schafthaut unwissentlich probiert ein Vorhaut zu bilden, die meine Eichel schützt.
Nachdem ich ein Handy bekommen hatte, habe ich recherchiert, und seitdem bin ich depressiv und unzufrieden mit mir. Für alle die nicht verstehen, wieso so viel Drama wegen eines "Hautlappens" gemacht wird, bitte schaut euch die Gründe an, warum es in den Vereinigten Staaten vollführt wird. Bei gründlicher Recherche stellt man zudem fest, dass es wirklich keinen Nennenswerten Vorteil hat. Es sterben hunderte Kinder an der Beschneidung. Studien belegen, dass die Nachteile, die Vorteile bei Weitem überwiegen.
Die religiöse Begründung bei mir: Der Islam. Obwohl auch da nichts im Koran steht bzw. je nach Rechtschule eine Beschneidung als eine Pflicht oder Empfehlung angesehen werden kann. Einige sehen das als von Satan inspirierte Tradition an, da man Allahs Erschaffung irreversibel verändert.
Zusammenfassend kann ich nur sagen, dass ich mich nie für die Beschneidung entschieden hätte. Ich sehe das bei Kleinkindern bzw. Neugeborenen (vorausgesetzt es gibt keine medizinische Indikation, was generell selten ist) als Genitalverstümmelung an, egal ob Mädchen oder Junge!!! Mein Sexualempfinden ist an manchen Tagen miserabel und ich spüre grundsätzlich wenig, wobei dass keine Neuheit bei mir ist. Ich fühle mich, wie ein Vergewaltigungsopfer und komme einfach nicht damit klar!
Viele Funktion sind nach der Beschneidung verloren (Gleitfähigkeit, Schmierfähigkeit, Hautreserve, Schutz der Eichel,....) und der Gefühlsverlust von ungefähr 75% ist einfach schockierend für mich.
Die Frage ist, ob ich meine Eltern konfrontieren sollte oder nicht? Ich weiß nicht, ob sie es auf die leichte Schulter nehmen. Es ändert nichts mehr an meiner Situation. Des Weitern kann ich meine Eltern nicht lieben, wie ich sie gerne lieben würde, da sie mir so etwas angetan haben. Sie fragen auch oft nach, warum ich in letzter Zeit so wenig mit Ihnen reden und sie sind zusätzlich deshalb wütend auf mich.
Ein großes Danke an die Leute, die sich Zeit genommen haben, meinen Text durchzulesen! Auf Antworten würde ich mich sehr freuen!
3 Antworten
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Du bist bestimmt nicht der Einzige in einer solchen Situation. Lass Dir das nicht einreden.
Ich glaube, dass Du Hilfe brauchst z.B. eine Therapie, um mit Deinen Gefühlen und der Situation in der Du Dich seit Jahren befindest, besser zurecht zu kommen. Ein Schritt dahin kann ein Gespräch mit Deinem Hausarzt sein, oder wenn Du das evtl nicht willst, weil zB der gleichzeitig auch der Arzt Deiner Eltern ist, dann könntest Du auch Kontakt mit einer sozialen Hotline, wie die Telefonseelsorge in Deiner Stadt/Region, aufnehmen. Die wissen meist, was für Stellen oder Gruppen Hilfe anbieten.
Ob Du Deine Eltern vorher oder hinterher über Dein Problem informieren/konfrontieren willst, da würde ich gut drüber nachdenken. Ich an Deiner Stelle würde erst mal die oben genannten Schritte probieren. Wenn Du da einen Gesprächspartner hast, kannst Du Dich mit dem auch über diese Frage austauschen. Jetzt schon mit Deinen Eltern zu sprechen, wo Du selbst noch nicht mit der ganzen Sache gut umgehen kannst, kann im Gespräch schnell zu Vorwürfen führen, und es geht evtl mehr kaputt, als Du willst.
Mein Tipp: schau Dich im Netz um, ob/wo es Leute gibt, die so wie Du ein Problem mit einer ungewollten Beschneidung haben. Würde mich wundern, wenn es das im Internet gar nicht geben würde.
Viel Glück und Viel Stärke dabei 💪😊!
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Es geht ja nicht hauptsächlich um den Hautlappen, sondern um das Trauma drumherum, vor allem der Verrat der Eltern. Normalerweise ist es auch nicht so, dass es nur einen einzigen traumatischen Vorfall gibt und alles andere tutti ist, sondern es liegt schon eine gewisse Struktur vor. Möglicherweise war da generell in der Erziehung etwas im Argen. Sonst hätte man ja einfach mit dir darüber sprechen können. Ich denke, die meisten Eltern machen das auch so. Ob du mit deinen Eltern darüber sprechen magst oder nicht, musst du selbst entscheiden. Es wird nichts mehr ändern, aber manchal hilft es, sich Luft zu machen, statt im Kontakt immer so zu tun, als sei nichts und allen Groll in sich reinzufressen.
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Du bist nicht der einzige. Das lässt sich schnell recherchieren und man findet zu recht (auch sehr seriös bei Wikipedia) die Diskussion, die Knabenbeschneidung zu verurteilen. Was haben erwachsene Menschen denn auch an den Genitalien der Kinder zu tun? Nichts! Ihre eigenen religiösen oder kulturellen Maßstäbe an ihnen zu vollziehen, ist nichts anderes als Egoismus und Machtmissbrauch. In deinem beschriebenen Fall ist es gar Folter.
Und nun? Drei Dinge:
- Hoffe ich für die kleinen Jungen dieser Welt, dass diese ganzen Beschneidungsfetischisten, die hier täglich die Beschneidung von Jungen verharmlosen , verherrlichen, gar propagieren, aus deiner Geschichte etwas lernen.
- Für dich: finde den Frieden mit etwas, das nicht reversibel ist. Vielleicht suchst du dir Hilfe: beim Psychologen, in Selbsthilfegruppen. Ob du diesen brutalen Akt deinen Eltern irgendwann verzeihen kannst, weiß ich nicht. Aber dazu gehört sicherlich erstmal das Gespräch, die Konfrontation. Wirf es innen vor, stelle sie, erzähle ihnen wie uns und lass sie sich erklären. Am Ende des Prozesses entscheide.
- Handle an deinen eigenen Söhnen anders und brich nicht bloß heimlich mit der grausamen Tradition. Werbe dafür, erzähle es in der ganzen Familie, bei Schwester, Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen …