Warum fühle ich mich in der deutschen Gesellschaft oft ausgeschlossen?

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ich bin ein Syrer

Das ist das Erste, das du von dir schreibst.

Ich will dich keinesfalls blöd anmachen und ich finde es total super, dass du dich damit auseinandersetzt, weil ich dringend davon ausgehe, dass dir alle Einblicke davon viel Erleichterung bringen können.

Warum schreibst du das und nichts anderes als Erstes von dir?
Weil du dich selbst zu stark damit identifizierst.
Wäre es gut, deinen Ursprung einfach mal zu vergessen? Hintenanzustellen?
Oder bist du überwiegend deine Heimat?
Oder bist du überwiegend anderes?

Vom Syrer zum Menschen?
Ich bin ein Mensch und lebe seit .....

Du bist jetzt da, wo du bist. Kannst du das akzeptieren?
Du bist ein Mensch, der ettliche Entscheidungen getroffen hat, vom Leben gesteuert wurde und durch das Überwinden zahlreicher Herausforderungen da ist, wo er ist.
Ihr zwei beide, das Leben und du, habt dich zu dem gemacht, der du bist.
Kannst du das einfach mal so akzeptieren und sein lassen?
Könntest du in diesem Gedanken ankommen und gut sein lassen?

Kannst du in deinem Hier und Jetzt ankommen?
Frieden damit machen?
Gut sein lassen?
Zufrieden sein?

Mein Ziel war es, mich zu assimilieren und ein Teil dieser Gesellschaft zu werden.

Das Ziel hast du erreicht. Du bist ein Teil dieser Gesellschaft.

Trotzdem habe ich das Gefühl, nach all den Jahren immer noch nicht richtig angekommen zu sein.

Ankommen wollte ich auch immer. Das kenne ich. Als Deutsche wollte ich irgendwo in Deutschland ankommen, Frieden finden, bleiben dürfen, Wurzeln schlagen, Sicherheit erfahren....
Gelang mir nie lange. Kurze Jahre, ja, aber nie für länger.

Das Leben schätzt und will Veränderung.
Wenn man was kann, soll man irgendwo wieder Neues wagen, nie stehen bleiben oder gar anhänglich sein.
Man soll frei und mutig sein.
Stets lernen wir dazu und werden stärker. Das will das Leben! Weltweit! ;-)

Davon erzählt das Gedicht "Stufen" von Hermann Hesse

Stufen

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend

Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,

Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend

Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.

Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe

Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,

Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern

In andre, neue Bindungen zu geben.

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,

Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,

An keinem wie an einer Heimat hängen,

Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,

Er will uns Stuf´ um Stufe heben, weiten.

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise

Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen;

Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,

Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde

Uns neuen Räumen jung entgegen senden,

Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden,

Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

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Warum erscheinen Europäer oder Deutsche oft so verschlossen?

Wir wollen andere nicht stören und auch selbst nicht immer gestört werden.
Können auch selbstgenügsam mit uns selbst und allein zurechtkommen.
Menschen, die an anderen Menschen hängen, tun das oftmals ja auch nur, um sich sicher und geborgen zu fühlen.
Das Zugehörigkeitsgefühl des Menschen ist meist stark ausgeprägt. Ist aber natürlich doch unterschiedlich.

Ein Alleinsein, Selbständigkeit, Eigenständigkeit führt oftmals zu angenehmen Freiheiten und zu sich selbst.
Das Leben ist oftmals eine Reise zu sich selbst.
Die kann man nicht machen, wenn man z.B. durch Gesellschaft anderer zu stark von sich selbst abgelenkt ist.

Warum sollte ich in ein zerstörtes Land zurückkehren, obwohl ich hier in Deutschland gebraucht werde?

Die Frage kommt vielleicht, weil zum einen du selbst überlegst, wo und wie du noch stärker ankommen könntest.
Im Idealfall kannst du in und bei dir selbst und innerlich ankommen.

Manche fragen dich das wohl, weil sie wissen wollen, wie du zu D stehst. Auch aus Unsicherheit. Sie wollen dich einschätzen können und wissen, woran sie mit dir sind. Deutsche werden weltweit ja auch viel kritisiert und beschuldigt.

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Lenke deine Aufmerksamkeit gerne auch immer wieder mal in dich selbst und sehr gerne auf alles Gute!:

Zwei Freunde schleppten sich durch die Wüste. Plötzlich gerieten sie in einen heftigen Streit. Dabei schlug der eine dem anderen im Zorn ins Gesicht.

Ohne ein Wort zu sagen, kniete der Geschlagene nieder und schrieb folgende Worte in den Sand:

„Heute hat mir mein Freund ins Gesicht geschlagen.“

Dann wanderten sie schweigend weiter, bis sie zu einer Oase kamen. Sie beschlossen, in den Teich zu springen. Der Freund, der geschlagen worden war, blieb plötzlich im Schlamm stecken und drohte zu ertrinken. Sein Freund rettete ihn in letzter Minute.

Nachdem sich jener, der beinahe ertrunken war, erholt hatte, nahm er einen Stein und ritzte in diesen folgende Worte:

„Heute hat mir mein bester Freund das Leben gerettet.”

Der Freund, der den anderen geschlagen und auch gerettet hatte, fragte erstaunt:

„Als ich dich gekränkt hatte, hast du deinen Satz nur in den Sand geschrieben, aber nun ritzt du die Worte in einen Stein. Warum schreibst du diese Worte nicht auch hier in den Sand?”

Der andere antwortete ihm:

„Wenn uns jemand kränkt oder beleidigt, sollten wir es in den Sand schreiben, damit der Wind des Verzeihens es wieder löschen kann. Aber wenn jemand etwas tut, was für uns gut ist, dann können wir das in einen Stein gravieren, damit kein Wind es jemals löschen kann.”

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Deine Aufmerksamkeit hat große Kraft und Macht!

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Warum fühle ich mich in der deutschen Gesellschaft oft ausgeschlossen?

Weil du dich selbst von ihr ausschließt.
In jeder Gesellschaft würdest du dich ausgeschlossen fühlen.
Durch ungünstige Gedanken und Überzeugungen.

In Wirklichkeit bist du ein Mensch, der weltweit zu Hause ist.

Die Erde und du selbst (innerlich) sind deine Heimat.

Schließe dich selbst nicht mehr aus, indem du negativ über dich denkst!


Machtnix53  16.07.2023, 14:54

Die Geschichte mit dem Sand und dem Stein ist sehr gut. Werde ich mir merken.

Weißt du von wem sie ist? Khalil Gibran?

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amormutuus  16.07.2023, 16:41
@Machtnix53

Ne, weiß ich leider nicht.

Ich kenne nur die kurzen Ausprüche, die eventuell dieser Geschichte entstammen, was ich aber auch nicht weiß, wie etwa in Stein gemeiselt oder in Sand geschrieben .... diese hört man immer wieder mal.

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Naja du bist ja wenigstens schon besser integriert, als viele andere. Es gibt halt sehr viele die Ärger machen und das fällt auch auf diejenigen zurück, die sich benehmen.

Weil niemand in einem anderen Land voll akzeptiert wird. Das ist in jedem Land der Welt so.

Allerdings ist das doch nicht so schlimm. Mich hat es nie gstört, wenn ich auch nach Jahren in Spanien die Deutsche war. Ich war in vielen Ländern dieser Welt und immer blieb man die Ausländerin, allerdings ohne dass es negative Folgen hatte.

Wenn jemand aufhorcht, weil du aus Syrien kommst, dann ist das wahrscheinlich nur Interesse.

Im übrigen haben ja Syrer tatsächlich nur eine zeitlich begrenzte Aufenthaltsgenehmigung. Die wissen ja nicht, dass du bleiben möchtest.

Sieh es nicht als schlimmer an, als es gemeint ist.

Ich finde das gut, wie du es machst.

Assimilieren wird zwar nicht erwartet, nur Integration, aber wenn du dich so wohler fühlst.

Versuchs mal mit Wein, wenn dir Bier nicht schmekt oder Wasser.


Shukow  16.07.2023, 18:35

Und mit dieser Argumentation gehe ich mit.

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Hey

Ich finde diese Frage sehr interessant und empfinde sie auch in der jetzigen Zeit durchaus von Bedeutung. Den einen spezifischen Grund, weswegen du dich und viele andere mit einem kulturell „nicht deutschen“ Hintergrund ausgeschlossen fühlst gibt es nicht. Natürlich kann ich jetzt jedoch nur darlegen, was ich vermute und mir als logisch erscheint, da ich dich schlichtweg nicht persönlich kenne. So kann es auch sein, dass du oder deine Persönlichkeit beziehungsweise dein Empfinden selbst den Großteil dazu beiträgt.

Viele Gründe tragen dazu bei, dass Menschen eines anderen kulturellen Herrsprungs anders behandelt werden, als Menschen die „deutsch aussehen“ oder zumindest dies sagen. Zum einen Hat die Menschen dieses Landes stark die Zeit im Jahre 2015 geprägt. Was für manche die Geburtsstunde eines offenen, interkulturellen, Einwanderungsstaates war, war für die meisten Deutschen eine pure Reizüberflutung. Das prägt meiner Meinung nach dieses Land bis heute. Der Hass gegenüber Migranten steigt laut eigenen Studien sogar. Das wissen die rechten Parteien wie die AfD zu nutzen und entwickeln angesichts einiger Migranten ,die hier eben nichts für den Sozialstaat machen, ein gänzliches Feinbild des Ausländers. So wird aus guten und schlechten pauschalisierend auf ein ganzes Volk nur noch schlecht. Genau diese Rechten Parteien, die Feindbilder streuen entwickeln einen noch nie da gewesenen andrang der diesen Hass gegenüber anderen nur noch stärker Verfestigt. Natürlich sind viele AfD ler nicht direkt gegen Migranten, aber es ist eben einfacher Ängste auf eine Ganze „Rasse“ zu schüren als auf bestimmte Personen, welche den Wunschkriterien nicht entsprechen.

Auch ist die deutsche Grundmentalität nicht so aufgeschlossen, wie in anderen Westlichen Ländern, was dieses gezielte Abwenden von Menschen anderen Herrsprungs eventuell verstärken könnte. „Man bleibt ja bekanntlich lieber unter seinesgleichen“.

Man wird nie in einem Land leben können, in dem alles Akzeptiert wird und damit muss man sich ab einem gewissen Punkt auch abfinden. Trotzdem Lobe ich deinen Ehrgeiz in einem beinahe fremden Land zu studieren und zu arbeiten.

Wenn dir Bier und Schwein nicht schmecken, iss es nicht. Es gibt mehr als genug Deutsche, die das auch so halten. Deine Idee ist zwar löblich, aber dir selber zu schaden ist hier nicht die Lösung.

Aber manchmal genügt es schon, wenn ein Deutscher mich fragt, woher ich komme. Sobald ich antworte, dass ich aus Syrien stamme, folgt meist die Frage, ob ich beabsichtige, dorthin zurückzukehren.

Ich bin immer wieder erstaunt, wie jemand in dieser Frage etwas böses sehen kann. Du siehst nun mal nicht aus wie Otto oder Karl, daher die Frage. Das ist zumeist einfach nur Interesse am Gegenüber, mehr nicht. Und die andere Frage: Auch hier - völlig legitim! Ein einfaches "nein, ich bin in Deutschland aufgewachsen, ich habe mit Syrien nichts am Hut" ist doch völlig in Ordnung.

Daher frage ich mich, was ich falsch mache, dass ich nach 7 Jahren immer noch nicht voll akzeptiert werde

ist dir schon mal der Gedanke gekommen, dass nicht _du_ das Problem bist? Du musst gar nichts falsch machen. Deiner Beschreibung nach bist du die Sorte von Migranten, die Deutschland problemlos akzeptieren kann - das Problem ist "der Rest." Versuch dich mal für einen Moment in die Schuhe von einem "Biodeutschen" zu versetzen. Knapp zwei Drittel aller Syrer, die hier sind, arbeiten nicht, sondern beziehen Harz4. Das lässt dann Bilder entstehen - was dich eben mitbetrifft, obwohl du eben kein Teil dieser Gruppe bist.

Warum erscheinen Europäer oder Deutsche oft so verschlossen? Warum sollte ich in ein zerstörtes Land zurückkehren, obwohl ich hier in Deutschland gebraucht werde?

Europäer sind anders, als Menschen im nahen Osten oder Afrika, was die Lebenseinstellung angeht. Wir sind in der Tat "ernster" und machen uns mehr Sorgen um die Zukunft. Die "German Angst" ist tatsächlich ein Begriff international. Warum soltlest du zurückkehren? Na um dein Land wieder aufzubauen! Hast du keinerlei Heimatsehnsucht? Du klingst ein wenig danach. Gleichwohl denke ich, dass du gar nicht das Problem bist - du gibst tatsächlich alles, - dein deutsch ist sehr gut, du versuchst dich (ein wenig Zwanghaft, siehe Schwein und Bier) zu integrieren, das Problem sind deine "Landsleute" deren Verhalten dich nun trifft. Vergiss nicht: Menschen können dir nur vor und nicht in den Kopf gucken. Vorurteile wird es immer geben.