Sind die Forderungen der Gewerkschaften oft überzogen?
Streiken gut und schön - aber man kann es auch übertreiben. Mich würde mal der allgemeine Tenor am Beispiel der Gewerkschaft der Lokführer interessieren:
Findet Ihr, dass die Gewerkschaft der Lokführer mit ihren Forderungen und ihrer nicht vorhandenen Gesprächsbereitschaft übertreibt ?
Bitte vergesst nicht abzustimmen und zu begründen !
56 Stimmen
34 Antworten
Auh wenn die GdL ihren Arbeitgeber aufgrund ihrer Machtposition am Nasenring durch die Manege ziehen kann, hat sie mit ihrer Kernforderung recht, die in der Diskussion oft übersehen wird: der Betriebsrente.
Es geht im wesentlichen nicht um die Lohnprozente, die Vertragslaufzeiten oder die "Corona-Prämie", sondern um die Kündigung des Alterversorgungs-Tarifvertrags durch die Deutsche Bahn. Selbst wenn sie den Lokführern 5 Prozent gibt und einen Tausender Prämie, kommt sie damit bei den Lohnkosten unter dem Strich billiger weg als bei einer prozentualen Nullrunde.
An diesem Ast der betrieblichen Altersversorgung zu sägen, ist eine der schlimmsten Provokationen, die man Mitarbeitern zumuten kann. Denn in Zeiten einer immer dünner werdenden Rente nimmt die betriebliche Altersversorgung einen immer wichtigeren Platz ein. Und genau da will sich die Bahn herauswinden.
Ich mag Weselsky und sein Jammersachsen-Geleier nicht, aber in der Sache hat er in meinen Augen einfach recht.
Im Prinzip sind sie überzogen, aber das beruht aus meiner Sicht darauf, dass die Gewerkschaften es bewusst auf die Spitze treiben. Es ist nie beabsichtigt, die genannten Wünsche alle erfüllt zu bekommen - es geht eher darum, dass beide Seiten Zugeständnisse machen und Kompromisse gefunden werden müssen, was beide Parteien auch einkalkuliert haben.
So muss ich ganz objektiv sagen: Was am Anfang in den Raum geworfen wird ist tatsächlich in der Regel übersteigert, aber was am Ende rauskommt, ist okay und dürfte das sein, was die Gewerkschaften von Anfang an auf dem Schirm hatten.
Ich erinnere in dem Zusammenhang, wenngleich das eventuell ein etwas krude anmutender Vergleich ist, an Gebrauchtwagen: Oftmals werden Preise von Autos bewusst hoch angesetzt, damit erstmal partnerschaftlich verhandelt wird und man dann in etwa die Summe bekommt, die man haben wollte.
Blöd ist nur, dass das Ganze auf dem Rücken unbeteiligter Verbraucher ausgetragen wird und man mitunter auch den Eindruck hat, dass da irgendwelche hochrangigen Funktionäre der Gewerkschaften ihre Schäfchen ins Trockenen bringen wollten. Ich war als gelernter Industriekaufmann einige Jahre in der IG Metall und habe mich daran immer gestoßen: Ich wusste nie, was die IG Metall will oder es nur darum ging, dass der Bevollmächtigte ein noch schöneres Büro bekommt.
Speziell zur GDL-Geschichte ist hier noch ein Video - ich denke, dass viele gar nicht wissen, um was es eigentlich geht und was da im Raume steht.
https://www.youtube.com/watch?v=uSzsVwZDepE
An der Umfrage beteilige ich mich nicht, weil die passende Wahlmöglichkeit für meine ausgeführte Ansicht fehlt.
Ich habe meine Antwort jetzt nicht speziell auf die GDL bezogen, sondern auf die allgemeine Situation der Gewerkschaften. Die meisten Forderungen sind anfänglich übertrieben, wie ich schon schrieb.
1.) Alle "Errungenschaften", die ein Streik für die Arbeitnehmer bewirkt, bezahlt am Ende die Allgemeinheit: im Falle der Bahn höhere Ticketpreise.
2.) Gewerkschaften sind sicher sinnvoll gewesen, als Arbeitsschutz/Arbeitnehmerschutz etc. noch inexistent war und Arbeitgeber gottähnliche Mach hatten. Heute sind sie in meinen Augen nahezu Erpresser-Unternehmen - wenn der Arbeitgeber nicht springt, legen sie alles lahm. Das heißt, die Machtverhältnisse haben sich nahezu umgekehrt.
3.) Leidtragende sind meistens Unbeteiligte: Fahr-/Fluggäste, die ihre Ziele nicht erreichen, Waren, die nicht geliefert werden und dringend benötigt sind. Vor allem empfinde ich es so, dass Streiks immer gerade dann anstehen, wenn die Situation es eigentlich am wenigsten zulässt.
Häufig ist es doch so: wir wollen eigentlich 1,5 % mehr Lohn. Da der AG das ja nicht will, fordern wir pauschal 6 % plus Zulagen (wofür auch immer), dann kriegt der Arbeitgeber SChnappatmung, sagt pauschal nööö und macht ein albernes Angebot von 0,5 % ohne Zulagen. Und dann feilschen sie schlimmer als Dagobert Duck, mit Streik, Urabstimmung blablabla, bis zur Einigung, verkünden am Ende alle offiziell "unzufrieden zu sein, aber besser als nix" und innerlich freuen sie sich wie Schnitzel, weil sie genau das erreicht haben, was sie wollten.
Zwischenzeitlich sind die Medien voll davon, die Menschen nur genervt und jeder ist froh, wenn man die ganzen Pappnasen für eine WEile nicht mehr sehen/hören muss.
Die GDL fordert eine Tariferhöhung um 1,4 Prozent im Jahr 2021 und 1,8 Prozent 2022 sowie eine Corona-Prämie von 600 Euro .
Ganz im ernst ... ich finde das überhaupt nicht überzogen und verstehe nicht, warum die Bahn es hat so eskalieren lassen . Die ersten Streiks hätten mit Sicherheit verhindert werden können, wenn die Bahn auch ein wenig auf die GDL zugegangen wäre.
Letztenendes trifft man sich doch immer irgendwo in der "Mitte" und beide Seiten sind zufrieden.
Viel schlimmer finde ich da Forderungen von der Verdi , wenn die teilweise 15% oder mehr fordern. Das ist dann immer irgendwo an der Realität vorbei.
15% ? Da kann es sich um Forderungen handeln , bei denen das Gehalt an das der Berufsgruppen angepasst werden soll , die vergleichbare Arbeitsinhalte haben.
.
Oder es geht darum , dass der Abstand zum AlG II Satz vergrößert werden soll.
und wo sind eigentlich die 4.8% vom März 2021 geblieben und warum jetzt erst die Verhandlungen ?`
Es geht da nicht nur um Löhne und Arbeitsbedingungen, sondern auch um Machtverhältnisse und den Kampf um Augenhöhe. Wo "unternehmenseigene" Gewerkschaften die Unternehmensinteressen gegen die Interessen der Beschäftigten fördern, da tritt eine Schieflage auf, die auch zu einer Gegenbewegung führt.
Wo Streiks stattfinden, da gibt es auch immer andere, die dadurch Einschränkungen hinnehmen müssen. Bei solchen, die unbedingt in den Urlaub wollen oder sonstwie auf die Bahn angewiesen sind, ist dann der Unmut stärker als das Verständnis dafür, daß z.B. Lokführer nicht die Hanswurste der Nation sein wollen.
Ähnliches findet sich, wenn z.B. Verkaufspersonal oder Krankenhauspersonal streikt. Da gibt es dann auch immer viele, die für so etwas gar kein Verständnis aufbringen, aber dafür umso mehr Verständnis, wenn es ein Streik ihrer eigenen Branche ist.
Also gerade hier auf Gutefragen.net erwähnen zwar alle immer es gehe auch um Arbeitsbedingungen...aber davon liest man rein gar nichts in den Nachrichten. Da scheint es nur um die fehlende Lohnerhöhung 2021 zu gehen ^^
Reden kann der Chef der GDL leider auch nicht, vlt ein Frosch im Hals..wer weiß..aber ich kann da den Unmut der Fahrgäste schon verstehen.
Gerade wenn es nur ums Geld geht...Wir sind immer noch in der Corona Pandemie...Viele haben ihren Job verloren..vlt auch ihr Haus wenn der Kredit noch nicht abgezahlt war...Ich glaube jemanden den das passiert ist hat wenig Verstöndnis für die Streikgründe.
Immerhin hat die DB 2020 einen großen Verlust gehabt...wenn da mal 1 Jahr das Gehalt nicht steigt aber für 2022 schon angekündigt ist....wow wie schlimm ...krass xD
Würde die GDL Streiken weil die Vorstände sich 10 % auszahlen und das Geld zurück geben sollen...und nicht für mehr Knete...DANN hätten die Leute Verständnis. Aber die Streikmotive wie sie aktuell geschildert werden....Da kann die GDL zur Hölle fahren.
Bloß weil es anderen schlecht geht in der Pandemie , muss es den Lokleuten ja nicht auch schlecht gehen . Es nützt keinem Hungernden, wenn ich auch hungere aus Solidarität .
Und 1.4 und 1.8% sowie 600 Euro Corona sind doch geradezu wenig .
1.4 und 1.8 % sind übertrieben ? Das gleich ja nicht mal die Inflation aus.