Zweifellos "funktionieren" die Gehirne der Menschen so, dass sie lernfähig sind, und das schließt auch ein, dass sie auf bestimmte Erfahrungen, wenn sich diese viele Male wiederholen, mit unterschiedlichen Reaktionsmustern "antworten".
Da gibt es zum einen die "Sensibilisierung", d.h. einen psychischen Mechanismus, der bewirkt, dass wir auf gewisse sich wiederholende Reize immer empfindlicher reagieren. (Beispiel: wenn jemand ein Musikinstrument erlernt, wird er bestimmte kleine Disharmonien zunächst nicht bemerken. Wenn er jedoch sein Instrument besser beherrscht und die Feinheiten des Spiels verinnerlicht hat, wird er kleinste tonale Abweichungen leicht bemerken und korrigieren können.
Der umgekehrte Mechanismus ist die "Gewöhnung". Hierbei erfährt man ein Phänomen zunächst als auffällig und reagiert mit Erstaunen, Interesse und emotionaler Reaktion. Wenn das Phänomen sich dann wiederholt, wird die eigene Antwort darauf allmählich immer schwächer ausfallen. Das gilt sowohl für angenehme Erfahrungen als auch für die unangenehmen. Ein Kind, dass man immerzu belohnt, wird auf diese Belohnung mit der Zeit kaum noch mit einem Freudegefühl reagieren. Und auch umgekehrt wird ein Kind, das ständig kritisiert wird, kaum noch mit einer Emotion darauf reagieren.
Damit kann nun auch deine Frage beantwortet werden: Ja, Menschen können eine gewisse Resilienz, d.h. eine gewisse emotionale Abstumpfung gegenüber Mißerfolgserfahrungen aufbauen. Man nennt das dann oft eine Abhärtung gegenüber enttäuschenden Erlebnissen, die besonders für bestimmte Lebenssituationen charakteristisch sind (sozialer Abstieg, extreme Belastungen durch Krisen, Wetterextreme, Verlust von Hab und Gut, Verlust wichtiger Bezugspersonen, massive körperliche Beeinträchtigungen nach Unfällen, usw.).
Bilanz: Die Gewöhnung kann als ein Anpassungsmechanismus im Verhalten von Menschen und Tieren angesehen werden, der einen hohen adaptiven Wert hat, weil er keine unnötigen Energien zu seiner Verarbeitung bindet. "Man steckt die Misslichkeit einfach weg" und ist damit frei für andere "erfreulichere Aspekte" des Lebens, die sich irgendwo anders dann doch bieten werden.