Womit rechtfertigen Gewaltopfer die Tat?

10 Antworten

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Sehr oft sehen die Opfer ihren Peiniger schon sehr klar. Sie wissen, dass es immer wieder passiert.

Sicherlich ist die Sicht durchaus geprägt von Angst, ggf. auch Selbstunsicherheit und Schuld/Scham.

Man darf nicht vergessen, was oftmals alles bereits passiert ist, bevor ein Partner offensichtlich gewalttätig wird. Bis dahin sind opfer meistens bereits isoliert, kontrolliert, manipuliert und es gibt vielleicht auch Kinder.

Manche haben Partner, die nur situativ ausrasten - sprich, es gibt gute Zeiten und schöne Erinnerungen und daher vielleicht auch tatsächlich Hoffnungen auf Veränderung und immer wieder Entschuldigungen, Versprechungen ,die geglaubt werden. Oftmals ist es aber schon so, dass es innerhalbt der Beziehung auch keinen Grund mehr gibt zu bleiben. Es sind eher die äußeren Bedingungen, die verhindern, endgültig zu gehen. Opfer haben in der REgel nichts. Sie sind abhängig. Oftmals finanziell, was auch soweit gehen kann, dass sie auch keinen Bildungsabschluss, Berufsausbildung etc. haben. Sie haben Angst, weil Partnerschaftsgewalt mit einer Trennung nicht endet. Und sie haben keine Strategien für sich selbst zu sorgen. Das heißt, sie sind - wenn sie sich vom Partner lösen - vom Staat abhängig. Verschiedene Hilfesysteme: Frauenhaus, Jobcenter, Arbeitslosengeld, Wohnungssuche und mit Kindern (Partner haben Umgangsrechte, können Gegenanzeigen stellen, Sorgerecht einfordern und viele Steine in den WEg legen) wird es richtig schwierig. Im Durchschnitt dauert diese Abhängigkeit von Institutionen, die ebenfalls einen Arbeitsberg bedeuten, die oftmals genauso aufgezwungen und verpflichtend sind über 2 Jahre. Mindestens 2 Jahre, in denen sie auch nicht autonom sind, eigene Entscheidungen treffen dürfen und viele Privilegien, die vielleichti n der Partnerschaft bestanden auch nicht mehr gelten.

Viele opfer fühlen sich in einer gewalttätigen Beziehung handlungsmächtiger (wie sie mit dem Verhalten der Täter umgehen, ahben sie gelernt, sie haben Strategien, die Angriffe zu vermeiden), als die erste Zeit nach der Trennung.

Gesellschaftliches Umfeld bitte auch nicht vergessen. Denn nciht selten wissen, die Nachbarn, Familie, engsten Freunde von den Taten. Und sie werden oftmals entschuldigt, relativiert, bagatelliseirt, legitimiert. Es gibt nach wie vor Bilder von GEschlechterrollen in der Gesellschaft.

Im Durchschnitt braucht es 7 Anläufe, bis sich Opfer endgültig von einem gewalttätigen PArtner trennen und wie schon gesagt, mehr als 2 Jahre bis sie von Institutionen nicht mehr als Hilfebedürftig angesehen werden und aus den Systemen "entlassen" werden. Nachfolgende qualitive Interviews zeigen aber, dass auch dann noch lange kein "normaler" Alltag bei den Opfern eingekehrt ist.

Für manche Opfer ist eine Trennung und die Zeit danach ein größeres Übel, als die Gewalt in der Partnerschaft.

Goodnight  30.06.2023, 20:59

Sehr guter Beitrag, danke dir!

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verreisterNutzer  13.11.2023, 03:08

Was würdest du denken, wenn ein ehemaliges Opfer nach der Trennung die Telefonnummer des damaligen Täters nutzt? Was könnte das bedeuten?

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Rendric  13.11.2023, 19:45
@verreisterNutzer

Also dne Täter noch mal anruft? Oder wie soll ich das verstehen?

Kann alles und nichts bedeuten. Je nach dem, was sie zum anrufen nutzt, gibt sie somit auch die Möglichkeit, zurückverfolgt zu werden, kontaktiert, manipuliert und wieder kontrolliert.

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verreisterNutzer  13.11.2023, 19:52
@Rendric

Nein, sie hat jetzt die Telefonnummer ihres gewalttätigen Exes. Es war vorher seine Nummer. Oder kann es sein, dass sie sich davor die Nummer geteilt haben?

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Das ist unterschiedlich.

Mancgelndes selbstbewusstsein zum Beispiel. Sie trauen sich nicht. Haben nicht das Gefühl, das recht zu haben, etwas zu sagen/ zu untertnehmen. Du solltest längst gehandelt haben/ du hättest von Anfang an.../ warum hast du nichts unternommen/ du hast nichts dagegen getan etc. Das sagt man sich selber und hört man von anderen und man fühlt sich nur noch schlechter und hilfloser und ohnmächtiger. Wegen dem mangelnden Selbstvertrauen haben sie nicht das gefühl, selber Kontrolle über ihr Leben zu haben oder etwas ändern zu können/ sich beklagen zu dürfen. Sie ahben das gefühl, sie würden sowieso alles Falsch machen.

Manche geben sich selber die Schuld. Es gibt einen Mechanismus in uns, der das begünstigt. Wir suchen immer eine Erklärung, und wenn es keine gibt, dann machen wir uns selber zur Ursache. Sie denken dann: Hätte ich nicht so und so gehandelt, würde er/sie nicht... Manchmal reden auch die Täter das ihren Opfern ein. Oder das Umfeld.

Viele haben auch einfach Angst. Vielleicht weil ihnen offen gedroht wurde, oder eben wegend er Erfahrungen, die sie mit dieser Person gemacht haben. Weißt du was ein Gewalttäter mit seinem Parter/seiner Partnerin anstellt? Viel schlimmer kann es der/dem Ex ergehen...

Es gibt oft auch einen Mangel an Perspektiven. Zumindest erscheint es den Opfern so. Sie haben in der Regel keine für sie selber einfach so umsetzbaren Möglichkeiten. Zum beispielt wegen Abhängigkeit. Emotional oder Finanziell usw.

Hoffentlich ändert er sich bald. Ich möchte, dass er sich ändert - und sich so verhält, wie ich es gern hätte. Letzteres denken sie nicht aktiv. Aber der Wunsch ist da.

Ich denke, dass solche Frauen gar nicht auf die Idee kommen, dass ihr Gegenüber im Traum nicht daran denkt, sich - sein Verhalten - zu ändern. Er kommt ja mit der Masche durch: Sie muckt nicht auf, ist völlig eingeschüchtert und macht alles, was er will. - Sie macht dann alles, was er will, weil sie sich davon Liebe, Aufmerksamkeit und ein Ändern seines Verhaltens verspricht. Er interpretiert es als Unterwürfigkeit. Er hat ein leichtes Leben, weil er am Ende doch bekommt, was er will.

Massive Angst.

Diese Opfer müssen immer damit rechnen umgebracht zu werden. Meistens fehlen konkrete Beweise bis sie vor Gericht so tragend sind, dass der Täter sofort weg gesperrt wird.

Das ist übrigens auch bei Gewalt gegen über Kindern so.

In den meisten Fällen sind die Opfer wohl emotional abhängig vom Täter. Und der Täter zeigt oft sehr manipulatives Verhalten, indem er in einem Moment gewalttätig ist und im nächsten plötzlich alles für dich tun würde.