Was ist diese "eigene Welt", von der Nicht-Autisten immer reden?

31 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo Rechercheur,

Das ist eine sehr interessante Frage.

Ich glaube, dass viele Menschen mit Mitmenschen nicht gut zurechtkommen, die einfach "anders" sind. Für sie lebt jeder Blinde, jeder Gehörlose oder jeder Hochbegabte in einer anderen Welt..... eben jeder, der den "üblichen" Formen nicht entspricht. Es fängt ja heute schon in der Schule- was sag´ich eigentlich schon im Kindergarten an. Alle, die nicht mit der breiten Masse schwimmen, sich nicht nach der neusten Mode kleiden oder eben dem üblichen Trend hinterher laufen, werden ausgegrenzt und misstrauisch beäugt. In unserer Gesellschaft ist einfach wenig Raum für Individualisten, daher werden sie gedanklich in eine andere Welt "abgeschoben". Dann braucht man nicht mehr darüber nachdenken und sich damit zu befassen- sie sind einfach anders und Punkt.

Ich persönlich finde das sehr schade, denn genau die Menschen, die nicht mit der breiten Masse daherkommen, sind für mich interessant, denn von jedem einzelnen kann ich eine Menge lernen und mich weiterentwickeln- nur das macht das Leben ja wirklich interessant.

Herzliche Grüße


Rechercheur 
Fragesteller
 20.01.2012, 08:06

Danke.
Dein letzter Absatz gefällt mir. :-)

Ich sammel erstmal die Antworten. Interessant bis jetzt.

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Rechercheur 
Fragesteller
 23.01.2012, 13:59

So, es war sehr schwer, eine Antwort als hilfreichste zu wählen, da ja jede eurer Antworten eine Sicht auf den Kern meiner Frage offenbart.

Ich sehe an den gemischten Antworten, dass der Begriff nicht einheitlich verwendet wird. Viele müssen erst nachdenken, was gemeint sein könnte. Dieser Begriff wird also anscheinend auch einfach mal verwendet, ohne sich zuvor tiefgreifendere Gedanken darüber gemacht zu haben. Er wird zum "geflügelten Wort" ohne wirklich dahinter zu schauen.
Mancher sagt es, weil er Autismus nicht versteht, ein anderer, weil er meint, Autisten wären kaum ansprechbar. Mancher meint, es bedeute die andere Wahrnehmung, ein anderer sieht, dass jeder Mensch eine eigene Wahnehmung hat. Mancher sieht den Ausdruck als Ausgrenzung, ein anderer als nichtwertende Kategorisierung oder gar als etwas sehr Positives, das jeder Mensch anstreben sollte. Oder sogar als etwas, was schon jeder Mensch hat: Seine eigene Welt!

Klar ist, es ist eine Metapher. Die Erde ist nicht gemeint, die teilen wir uns alle zusammen, auch wenn es nicht jedem gleich gut gefällt.

Ich selbst denke, oft geht es vielleicht wirklich um die Wahrnehmung der Welt. Autisten haben eine Wahrnehmung, die sich durchaus von der der meisten Nicht-Autisten unterscheidet. Natürlich nimmt jeder Mensch die Welt individuell wahr, je nach Vorlieben fallen einem Menschen zum Beispiel rote Autos verhältnismäßig öfter auf als anderen Menschen. Doch die durchschnittliche autistische Wahrnehmung ist durch Reizfilterschwäche und den damit verbundenen Detailblick oft wohl tatsächlich recht verschieden von der durchschnittlichen Wahrnehmung der Nicht-Autisten.

Ich hoffe einfach, dass es nicht gar zu viele Menschen ausgrenzend meinen.

Danke für eure zahlreichen Antworten. :-)

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Nolti  27.01.2012, 05:45
@Rechercheur

Recht herzlichen Dank für die wunderbare Frage und für die Auszeichnung.

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Ricco16  30.11.2014, 04:11

Stimmt, und waren es letztendlich nicht die Revolutionäre oder die großen Genies die sich von der breiten Masse abhebten???

Also wer sagt, dass zum Beispiel große Menschen wie zum Beispiel Mozart oder Einstein nicht wahrscheinlich Autisten wie wir wahren!?!?!?!?!!!

Denn der Autismus zeigt sich eigentlich nämlich eher in den besonderen Fähigkeiten welche wir eben grade dadurch hervorbringen, bzw. hervorscheinen lassen....!!! ^^ ^_^

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ZEIT66  07.05.2023, 11:50

Dann müssen diese Menschen die mit Leuten und Kindern die anders sind einfach mal an sich arbeiten und lernen mit Menschen und Kindern die anders sind zu recht zu kommen.

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Das ist wirklich eine wahnsinnig spannende Frage. Wie besonders sie sein muss, erkennt man vielleicht bereits daran, dass hier der Spieß gerade umgedreht wird, du fragst während ich antworte, verrückte Welt.

Leider kann ich dir nicht sagen, ob ich nun von „Wir“ oder wem auch immer sprechen soll, da ich mir selbst recht unsicher bin, ob ich nicht auch zum Club der Autisten gehöre, zumindest eins weiß ich aber, nämlich dass ich lange, lange Zeit mit einer schweren, sozialen Phobie zu kämpfen hatte. Das war häufig nicht einfach für mich und diese Schwäche nicht so leicht auf andere Menschen zugehen zu können sondern lieber häufiger mit mir allein zu sein hat mir oftmals einiges ziemlich kompliziert gemacht, lieber bin ich 2h orientierungslos durch die Stadt marschiert als mich zu trauen jemanden nach dem Weg zu fragen und telefonisch einen Termin zu vereinbaren hat mich ebenfalls nicht selten mehrere Stunden, wenn nicht gar Tage an Überwindung gekostet.

Mit meiner Ausbildung zum Hotelfachmann hat sich da in meinem Leben so einiges rapide geändert. Bislang stets versucht so wenig menschliche Nähe wie möglich auf mich zukommen zu lassen, (zumindest die von Fremden, denn insgeheim wünsche ich mir nämlich schon diese Nähe zu anderen Menschen und auch Wärme in freundschaftlichen oder auch in einer partnerschaftlichen Beziehung zu anderen) wurde ich aufgrund meiner Arbeit andauernd dazu gezwungen auf andere Menschen zuzugehen, was mir anfangs wahnsinnig schwer gefallen ist. Es war eigentlich komplett wider meiner Natur einfach so mir wildfremde Menschen anzusprechen und nach ihren Wünschen zu fragen und wo es ging hab ich es auch weiterhin vermieden, wo nur möglich. Inzwischen hab ich 3 Jahre Lehre und tausende von Gästekontakten hinter mir, arbeite seither nun schon seit gut einem halben Jahr in einem anderen Hotel und so unglaublich es klingen mag, meine Arbeit macht mir sogar Spaß und auch wenn weiterhin noch viel geblieben ist von meiner Schüchternheit bin ich wesentlich offener geworden gegenüber anderen Menschen, schließe immer wieder neue, nette Kontakte, hab schon einige Treffen mit Usern hier von GF hinter mir, die allesamt super gelungen waren oder quatsch auch einfach mal so ein paar Leute während der Fahrt in der U-Bahn an. Kurzum mein Leben hat sich im Vergleich zu vor etwa 4/5 Jahren stark verändert, ich bin zwar kein komplett anderer Mensch geworden, aber ich bin in meiner Entwicklung weit voran gekommen, mein Leben ist um einiges positiver und erfolgreicher geworden und ich bin sehr zufrieden mit dem, wie alles gerade ist.

Worauf ich hinaus möchte, ohne nun zu wissen, ob ich eventuell ebenfalls Asperger bin oder nicht, so kann man mir zumindest „autistische Züge“ nachsagen und wenn dem so ist bin ich womöglich einer der wenigen, denen es gelungen ist in die „eigentliche Welt“ der „Normalos“ vorzudringen, um von dort aus betrachten zu können, was jene möglicherweise meinen, wenn sie davon sprechen, dass Autisten in ihrer eigenen Welt leben.

Die Welt an sich ist in meinen Augen ziemlich gestört, man kann noch so viel von Liebe und Gefühlen reden, schreiben oder meinetwegen auch noch singen (was vor allem bei ich nenn sie nun mal eben leicht abfällig so, Teenies, überwiegend durch ein hormonelles Durcheinander zu begründen ist und nicht wirklich von einem Verständnis von Liebe zu sprechen ist), letztendlich läuft es meistens darauf hinaus, dass sich fast alles nur um Geld und Macht dreht.

Vielleicht ist dir schon mal aufgefallen, dass immer mehr neue Krankheiten „auf den Markt kommen“, wenn man heutzutage als Gesunder zum Arzt geht muss man anschließend feststellen, dass man eigentlich schwer krank ist. Anscheinend wird die ganze Gesellschaft immer kränker und damit meine ich nicht die geistige Krankheit, was nochmals ein anderes interessantes Thema wäre, sondern körperlich gebrechlich, doch seltsamerweise weiterhin immer älter. Ein Widerspruch? Nein, ganz gewiss nicht, es gibt Leute, sehr mächtige Leute (ich nenn sie der Einfachheit halber mal Pharma-Industrie), welche ein starkes Interesse daran haben, dass die Leute krank sind, warum ganz einfach, weil sie ansonsten kein Geld mehr verdienen würden. Natürlich kann jeder mal einen Schnupfen haben oder ein wenig rumhüsteln und man ist dankbar dafür, wenn für all die kleinen Wehwehchen das richtige Kraut gewachsen ist, damit es hoffentlich bald schon wieder besser geht, doch was hier betrieben wird grenzt wirklich schon an Wahnsinn, Mediziner und Pharmakologen machen ein riesen Geschäft mit den vermeintlichen Krankheiten anderer und erfinden deshalb stets wieder ein paar neue Krankheiten dazu, wofür sie auch gleich das passende Medikament parat haben.


XFighter7  20.01.2012, 15:04

Sicherlich gibt es ein paar Krankheiten, die wirklich auch als solche bezeichnet werden können, beispielsweise wenn ein Mensch geboren wird, dessen Körperfunktionen aufgrund von Gendefekten so sehr geschädigt sind, dass er kaum lebensfähig ist oder man im Laufe seines Lebens an Krebs erkrankt und nicht selten sogar an deren Folgen stirbt.

Das ist die eine Seite, nun gibt es aber auch noch eine andere. Viele Menschen, vor allem jene, die sagen, dass Autisten in ihrer eigenen Welt leben sind leider aufgrund von Oberflächlichkeiten, Blindheit, mitunter auch Intoleranz, häufig auch fehlgeleitet von der schier allmächtigen Medienpräsenz überall, in ihrem Denken her sehr einfach gestrickt. Es gibt unzählige Menschen, die bestimmte „Symptome“ aufweisen, in ihrem Verhalten und Umgang mit anderen Menschen sich irgendwie anders sind als der „normale Durchschnittsbürger“ und allein deshalb als krank hingestellt und in eine bestimmte Schublade geschoben werden.

Der „gewöhnliche Mensch“ ist so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass er kaum mehr ein Auge für andere hat, wenn ihm etwas komisch oder merkwürdig erscheint nimmt er sicherheitshalber lieber Abstand davon und möchte sich keinesfalls näher damit beschäftigen. Viele Leute haben wahrscheinlich überhaupt noch nie etwas vom Asperger-Syndrom gehört, vom Autismus dagegen schon eher, das sind halt die, welche nur irgendwo stumm in der Ecke sitzen, nie mit jemandem reden und keiner wirklich so recht weiß, was man mit ihnen anfangen soll, für einige ist das sogar Angst einflößend.

Wir dürfen es ihnen nicht übel nehmen, die Menschen, welche so etwas sagen sind schlichtweg nicht interessiert daran sich mit etwas zu beschäftigen, womit sie selbst nichts zu tun haben und nur aufgrund diesem oberflächlichen Gedankengut kommen überhaupt erst solche Aussagen zustande.

Es gibt da dieses Buch „Wir behandeln die Falschen“, welches ich zugegeben zwar nicht selbst gelesen habe, aber allein der Titel verrät doch schon so einiges. Was heutzutage als Krankheit gilt ist womöglich gar keine und wer als Kranker verschrien ist, ist in den meisten Fällen überhaupt nicht krank, sondern hat lediglich Persönlichkeitsmerkmale an sich, die einen Charakter formen, welche die meisten andere Leute nicht richtig interpretieren und nur deshalb als krank ansehen, weil er eben anders ist als sie selbst und darum nicht verstehen können. Nur weil Millionen von Fliegen Mist mögen, heißt das noch lange nicht, dass Mist unbedingt gut ist. Nur weil Millionen von Menschen nahezu gleich oder sich zumindest ähnlich sind, heißt das noch lange nicht, dass wenn jemand sich etwas stärker von der Allgemeinheit unterscheidet, dass dieser krank ist.

Wie man bereits an deiner Frage gut erkennen kann bist du eigentlich nicht krank und keinesfalls geistig gestört, sondern eine interessante Persönlichkeit und etwas wirklich Besonderes.

Viele Grüße

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Rechercheur 
Fragesteller
 20.01.2012, 16:06
@XFighter7

Danke.
Ihr alle zusammen gebt mir viel zum Nachdenken. Toll.

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XFighter7  20.01.2012, 18:45
@Rechercheur

Gern geschehen :D

Habe mir gerade den Wikipedia-Artikel über das Asperger-Syndrom durchgelesen. Ich habe zwar auch zuvor schon immer gewusst, dass ich etwas anders denke und fühle wie die große Mehrheit, das bislang aber nie wirklich mit Autismus in Verbindung gebracht. Nach Lesen dieses Artikels hat sich das etwas geändert, ich hab mich zu fast 100% in der Beschreibung der "Symptome" = Charaktereigenschaften wiedererkannt und bin mir nun sicher ebenfalls ein Aspie zu sein und weißt du was, ich bin stolz drauf.

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Rechercheur 
Fragesteller
 20.01.2012, 23:19
@XFighter7

bin mir nun sicher ebenfalls ein Aspie zu sein

Allein auf Grund des Inhalts des Wiki-Artikels? Der Wiki-Artikel ist nicht besonders umfangreich und zudem von schwankender Qualität, je nachdem, wer den gerade wieder bearbeitet hat. Das als Warnung vor vorschellen Selbstdiagnosen.
Ich brauchte Monate von eigenen Recherchen und eine umfassende diagnostische Abklärung, um mir dessen sicher zu sein. Ohne Diagnose kannst du meinetwegen den Eigenverdacht auf AS äußern, aber keine Sicherheit! Nicht umsonst gibt es spezialisierte Psychiater, die das diagnostizieren.
Laien und sogar Ärzte, die nicht darauf spezialisiert sind, verwechseln häufig sogar verschiedene Störungsbilder mit AS.

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XFighter7  26.01.2012, 17:15
@Rechercheur

Mir ist schon klar, dass Wikipedia nicht als Patentrezept auf alle aufkommenden Fragen dienen sollte und auch nicht stets alles unantastbar richtig sein muss, was man dort so liest, sodass es durchaus hilfreich sein kann sich auch noch über andere Quellen zu informieren, wenn einen etwas wirklich tiefergehend interessiert, um sich jedoch kurz einen Überblick über eine bestimmte Thematik zu verschaffen ist es allemal prächtig geeignet.

Dass du gerne recherchierst sagt ja bereits dein Nutzername und sobald etwas einen selbst betrifft ist das sicherlich auch sinnvoll, allerdings brauche ich persönlich für so etwas nicht erst monatelange, detailpenible Arbeit, um mir sicher sein zu können, dass es die richtige Diagnose für mein Daseinszustand ist, denn was hätte ich dadurch schon großartig gewonnen. Es handelt sich hierbei ja nicht um eine tödliche Krankheit, die falsch behandelt fatale Folgen hätte, sodass man sich erst 100% sicher sein sollte bevor man solch eine Mutmaßung aufstellt. Überhaupt sehe ich es nicht als eine Krankheit oder irgendeinen Mangel an, sondern vielmehr als eine besondere Fähigkeit, ein bestimmter Charaktertypus, der uns in positiver Weise von den meisten anderen Menschen abhebt und nichts, was irgendwie therapiert werden müsste.

Insofern hat es mir vollkommen gereicht allein den Wiki-Artikel zu durchstöbern und die Aussagen zu typischen Merkmalen von Asperger-Autisten waren so unheimlich treffend für mich und dies in einer Häufigkeit, dass für mich kein Zweifel daran besteht, dass ich nicht ebenfalls dazu gehöre, zumal ich mir da auch nicht gerade subjektiv etwas selbst einrede, sondern vieles, was dort beschrieben wird, mir auch schon unzählige andere objektive Personen attestiert haben.

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Rechercheur 
Fragesteller
 28.01.2012, 12:14
@XFighter7

Ja, Wiki eignet sich in der Regel für einen kurzen und oft auch guten Überblick.

Dennoch finde ich das durchaus etwas anmaßend, ohne das jetzt böse zu meinen. Denn die Diagnostik, gerade im Erwachsenenalter, ist nicht nur aus Spaß durchaus schwierig. Der Wiki-Artikel allein kann nicht reichen. Dann unterliegst du einer Schein-Sicherheit. Es gibt so viele Störungsbilder, die sich zumindest oberflächlich betrachtet ähneln.

Ich gebe dir Recht, Autismus ist keine Krankheit. Aber es ist eine Behinderung. Man kann damit einen Schwerbehindertenausweis beantragen.
Und viele Autisten gehen auch in Therapien, oder besser Coachings, um besser zurecht zu kommen. Und an der Stelle muss ich dann einem Teilsatz von dir widersprechen:

die falsch behandelt fatale Folgen hätte,

Die falsche Therapie kann bei Autisten nicht wirken oder sogar sehr schaden. Denn die üblichen Therapieansätze sind für Autisten in der Regel nicht geeignet!
Sehr wohl kann aber eine passende Therapie bei einem Autismusexperten helfen. Nicht jeder Autist wünscht oder braucht so eine Therapie, aber jenen, die es allein nicht schaffen, mit ihren Mitmenschen zurechtzukommen, dies aber wünschen, kann die passende Therapie helfen, die unpassende aber eben auch erheblich schaden.

dass es die richtige Diagnose für mein Daseinszustand ist

[...]

bevor man solch eine Mutmaßung aufstellt.

Da ist der Knackpunkt. (Selbst-)Diagnose und Mutmaßung, also Verdacht, sind doch zwei sehr verschiedene Dinge.

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XFighter7  10.02.2012, 13:39
@Rechercheur

Hi,

Anmaßend ist auch so ein Wort, welches gerne für mich benutzt wird, wenn ich einfach mal wieder keine Lust drauf habe mich an ungeschriebene Regeln und sonstige vereinbarte Konventionen halten möchte und beispielsweise Kritik an einem meiner Vorgesetzten übe, noch dazu persönliche.

Ich versteh genau was du damit meinst, nun erklär ich dir aber, dass ich für mich keinen Arzt brauche, nur um eine bestimmte Diagnose zu stellen und mir bringt es auch recht wenig langwierig meine Zeit damit zu vergeuden Nachforschungen zu betreiben, ob ich nun tatsächlich in die Krankenschublade Asperger-Syndrom eingeordnet werden kann oder nicht. Das, was ich in dem Wiki-Artikel gelesen hab, ganz gleich von wem die neueste Fassung gerade stammt, war so zutreffend auf mich und ich konnte mich in wirklich jeder Textpassage genau wiedererkennen, dass für mich kein Zweifel mehr daran besteht, dass ich ebenfalls ein Asperger bin. Du wiederum möchtest verhindern, dass das Asperger-Syndrom als eine Art Modekrankheit abgetan wird, die einfach so ohne weiteres jeder für sich beansprucht, der grad mal nen Psychischen hat, was der „Krankheit“ an sich etwas an „Seriösität“ nehmen würde und damit jenen indirekt schadet, welche tatsächlich davon „betroffen“ sind.

Nun kann ich dich aber hoffentlich insofern „beruhigen“, dass ich mich auch noch kurz in die anderen „Krankheits-bilder“ reingelesen habe, mich aber einzig und allein beim AS so klar und eindeutig wiedergefunden habe. Es ist ja nun auch nichts, was ich für mich beanspruche wie eine Medaille für die Teilnahme am nationalen Buchstabierwettbewerb oder etwas womit ich angeben möchte, nein ich hab schlicht und ergreifend für mich persönlich festgestellt, dass es so ist, nun weiß ich also Bescheid, das meine Erscheinungsform auch einen Namen hat, bleib aber weiterhin Individualist und auch sonst ändert sich herzlich wenig für mich, geschweige denn, dass ich mir einen Schwerbehindertenausweis zulegen werde, das würde für mich lediglich bedeuten, dass ich mich damit abgefunden hätte, dass ich bestimmte Dinge einfach nicht kann, aber das stimmt nicht, man kann so gut wie alles erreichen, bei manchen erfordert es einfach etwas mehr Disziplin was der großen Mehrheit so spielerisch leicht gelingt, dennoch ist es möglich.

Hab ich schon erwähnt, dass ich bereits beim Psychologen und mit meiner Mutter zusammen bei mehreren Eltern-Kind-Kuren war, wo es ebenfalls haufenweise psychologische Gespräche gab, objektiver Erfolg gleich Null.

Glaub mir, wenn ich heute zu einem Experten ginge, wenn ich schlichtweg dort aufkreuze und mich so verhalte wie ich heute bin, wird keiner auch nur im Geringsten auf die Idee kommen mir Autismus zu attestieren, warum ganz einfach, weil ich wie ein Autodidakt mir selbst die geeignete Therapie für Autisten verschrieben habe und in meinem Kurs bereits ziemlich weit gekommen bin, sodass sichtbare Erfolge zu vermerken sind und man im Vergleich zu anderen schon fast meinen könnte, ich sei „normal“.

Gruß

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Rechercheur 
Fragesteller
 10.02.2012, 14:17
@XFighter7

dass ich für mich keinen Arzt brauche, nur um eine bestimmte Diagnose zu stellen und mir bringt es auch recht wenig langwierig meine Zeit damit zu vergeuden Nachforschungen zu betreiben, ob ich nun tatsächlich in die Krankenschublade Asperger-Syndrom eingeordnet werden kann oder nicht.

Es ist keine Krankheit!
Und es ist ja auch vollkommen in Ordnung, wenn du das nicht diagnostisch abklären lassen möchtest, aber dann ist und bleibt es ein VERDACHT und keine Diagnose! Mir geht es ausschließlich um die Begrifflichkeit, nicht ob du dringend zum Arzt gehen sollst, das ist deine Sache!

Du wiederum möchtest verhindern, dass das Asperger-Syndrom als eine Art Modekrankheit abgetan wird, die einfach so ohne weiteres jeder für sich beansprucht, der grad mal nen Psychischen hat, was der „Krankheit“ an sich etwas an „Seriösität“ nehmen würde und damit jenen indirekt schadet, welche tatsächlich davon „betroffen“ sind.

Das hast du schön interpretiert, aber falsch! Ich habe beim Kommentieren deiner Texte nicht ein einziges Mal an "Modekrankheit" gedacht.

geschweige denn, dass ich mir einen Schwerbehindertenausweis zulegen werde, das würde für mich lediglich bedeuten, dass ich mich damit abgefunden hätte, dass ich bestimmte Dinge einfach nicht kann, aber das stimmt nicht, man kann so gut wie alles erreichen, bei manchen erfordert es einfach etwas mehr Disziplin was der großen Mehrheit so spielerisch leicht gelingt, dennoch ist es möglich.

Das ist doch ok, du musst dich für mich weder diagnostizieren lassen noch einen SBA beantragen, das ist deine Sache. Aber schreib nicht, du seist sicher oder habest dir diese Diagnose gegeben oder für dich gefunden, solange es nur ein VERDACHT ist!
Mit dem hervorgehobenen Teilsatz allerdings schadest du Autisten. Denn es gibt Dinge, die ein Autist eben nicht lernen kann, auch nicht mit noch so viel Disziplin. Und auch Dinge, die er zwar lernen kann, aber dann nicht anwenden kann, ohne dass dabei etwas anderes auf der Strecke bliebe oder er selbst dadurch jeden Tag schlicht im Overload und/oder totaler Erschöpfung landet.
Man kann viel lernen, auch Autisten können viel lernen, auch zu kompensieren, aber es ist und bleibt stets anstrengend. Und eins der großen Probleme vieler Autisten ist, dass Nicht-Autisten dann oft ankommen und sagen "Streng dich doch mal an, das kann jeder!" oder "Dir fehlt es nur an Disziplin, du bist faul!" etc. Obwohl es eben wirklich schlicht nicht besser geht!

Hab ich schon erwähnt, dass ich bereits beim Psychologen und mit meiner Mutter zusammen bei mehreren Eltern-Kind-Kuren war, wo es ebenfalls haufenweise psychologische Gespräche gab, objektiver Erfolg gleich Null.

Das ist mir ehrlich gesagt herzlich egal. Aber auch dazu kann ich dir etwas schreiben:
Sollte dein Verdacht korrekt sein und diese Psychologen nicht auf Autismus spezialisiert sein, wundert es mich absolut nicht, dass der Erfolg ausblieb. Wie ich oben schon schilderte, kann eine Therapie, die nicht speziell auf Autismus ausgerichtet ist, bei Autisten evtl. schlicht gar nichts bringen und schlimmstenfalls schaden!

Glaub mir, wenn ich heute zu einem Experten ginge, wenn ich schlichtweg dort aufkreuze und mich so verhalte wie ich heute bin, wird keiner auch nur im Geringsten auf die Idee kommen mir Autismus zu attestieren, warum ganz einfach, weil ich wie ein Autodidakt mir selbst die geeignete Therapie für Autisten verschrieben habe und in meinem Kurs bereits ziemlich weit gekommen bin, sodass sichtbare Erfolge zu vermerken sind und man im Vergleich zu anderen schon fast meinen könnte, ich sei „normal“.

Ich glaube nicht, ich bin ziemlich fest davon überzeugt, dass ein auf Autismus spezialisierter Psychiater dir Autismus diagnostizieren kann, wenn du denn Autist bist. Wenn nicht natürlich nicht.

Aber um abschließend noch mal auf den Kern meiner Aussage zu kommen, das, was ich dir die ganze Zeit zu vermitteln versuche, ist nur dies:
Ohne diagnostische Abklärung bei einem auf Autismus spezialisierten Psychiater ist und bleibt es ein Verdacht! Keine Diagnose, keine Sicherheit, kein nix. Das bedeutet NICHT, ich würde denken, dass du das dringend abklären lassen solltest, das bedeutet NUR, dass es schlicht falsch ist, wenn du schreibst, dass du ganz sicher Autist seist.

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XFighter7  10.02.2012, 20:05
@Rechercheur

Ich seh es ja ebenfalls nicht als eine Krankheit, nur für die Menschen, welche nach dem Schubladen-Denken verfahren eben schon, daher dieser Ausdruck.

Wenn du nun aber ebenfalls meinst es ist keine Krankheit, was bliebe denn dann noch zu diagnostizieren?

Meinetwegen, dann bleibt es eben beim Verdacht, jedoch hat mir die Erfahrung gezeigt, dass ich mit meinen Verdächten und Mutmaßungen nicht übertrieben mit Sicherheit zu 95-99% richtig liege. Anders ausgedrückt, wie hoch ist wohl die Fehlerquote eines Arztes, dass er eine falsche Diagnose stellt und warum sollte ich mich demnach nicht selbst diagnostizieren?

Worum geht´s dir dann?

Ich versteh wiederum dein Problem nicht so ganz, kränkt es dich in deiner Ehre als Asperger-Autist, wenn ich hier so vermeintlich wilde Mutmaßungen aufstelle und diese als gegeben annehme oder woran reibst du dich so auf?

Jetzt nur mal angenommen ich bin ein Asperger-Autist und sage dir, dass es wahnsinnig kräftezehrend sein kann und ich nicht selten komplett erschöpft und am Boden zerstört abends dagelegen bin und nicht mehr wusste wie ich allein den nächsten Tag überstehen soll, es aber dennoch geschafft habe?

Dass es anstrengend ist hab ich auch nie bezweifelt, ich würd es aber in etwa mit einem Marathonlauf vergleichen. Wenn du so schon ziemlich viel Sport treibst, dürfte es dir vergleichsweise einfach fallen dich darauf vorzubereiten und den Marathon zu meistern. Wenn du nun jedoch 150 Kilo auf die Waage bringst wird dir das nicht so ohne weiteres gelingen, dennoch ist es möglich, wenn auch wahnsinnig anstrengend und mit viel Schweiß und Blut verbunden, but impossible is nothing. Just do it.

Das wäre definitiv falsch und was glaubste wie oft ich mir solche Sprüche anhören musste, von wegen, was für ein Vollidiot ich doch sei, wenn mir selbst einfachste Dinge wahnsinnig schwer fielen. Das hat mich zwar einerseits echt fertig gemacht, weil ich hab mich ja bemüht, andererseits hat es nur noch zusätzlich meinen Ehrgeiz angespornt.

Dann sind wir doch einer Meinung.

Ok, dann würde mich nur noch interessieren, woran er das festmachen möchte, wenn ich bereits nahezu alle meine „Schwächen“ und „Defizite“ ausgemerzt habe, wenn auch nicht ganz, diese zu erkennen denke ich würde es aber wirklich schon einer 24h-Rundumbetreuung bedürfen.

Übertreiben wir es doch mal ein bisschen, ich bin überzeugt davon ein Mensch zu sein, muss ich das erst von jemandem abklären lassen? Weiterhin bin ich überzeugter Atheist, wer soll mir das nachweisen und warum soll ich dann nicht auch sagen dürfen, dass ich Autist bin?

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Rechercheur 
Fragesteller
 13.02.2012, 16:07
@XFighter7

Wenn du nun aber ebenfalls meinst es ist keine Krankheit, was bliebe denn dann noch zu diagnostizieren?

Eine Behinderung! Eine Tiefgreifende Entwicklungsstörung! Die bleibt da zu diagnostizieren. Und für viele Aspies ist das wichtig, durch die Diagnose Hilfen in Anspruch nehmen zu können!

Meinetwegen, dann bleibt es eben beim Verdacht, jedoch hat mir die Erfahrung gezeigt, dass ich mit meinen Verdächten und Mutmaßungen nicht übertrieben mit Sicherheit zu 95-99% richtig liege. Anders ausgedrückt, wie hoch ist wohl die Fehlerquote eines Arztes, dass er eine falsche Diagnose stellt und warum sollte ich mich demnach nicht selbst diagnostizieren?

Natürlich kann auch ein Arzt mal falsch liegen. Aber vor den Ämtern, den Behörden, gilt sein Schrieb. Es ist, das sagte ich schon, ok, wenn du das für dich so annimmst/vermutest und auch keine Abklärung wünschst, aber es bleibt dann ein Verdacht. Der kann ja stimmen, das weiß ich nicht, ändert nur nichts daran, dass es keine Diagnose ist. Du kannst nicht selbst diagnostizieren, weil das nur der Arzt darf! Rechtlich, sonst ist es, rein begrifflich, keine Diagnose!

Worum geht´s dir dann? Ich versteh wiederum dein Problem nicht so ganz, kränkt es dich in deiner Ehre als Asperger-Autist, wenn ich hier so vermeintlich wilde Mutmaßungen aufstelle und diese als gegeben annehme oder woran reibst du dich so auf?

Es geht mir um genau das, was ich schreibe, um nichts von dem, was du da reininterpretierst!

Dass es anstrengend ist hab ich auch nie bezweifelt, ich würd es aber in etwa mit einem Marathonlauf vergleichen. Wenn du so schon ziemlich viel Sport treibst, dürfte es dir vergleichsweise einfach fallen dich darauf vorzubereiten und den Marathon zu meistern. Wenn du nun jedoch 150 Kilo auf die Waage bringst wird dir das nicht so ohne weiteres gelingen, dennoch ist es möglich, wenn auch wahnsinnig anstrengend und mit viel Schweiß und Blut verbunden, but impossible is nothing. Just do it.

So, jetzt ein Vergleich, der weniger hinkt als deiner, obwohl ein Bein fehlen wird:
Der Marathonläufer ist nicht dick und untrainiert, sondern es fehlt ihm ein Bein. Und er kann, wenn überhaupt, nur eine echt beschissene Prothese (Kompensation) bekommen. Auf manchen Streckenabschnitten darf er nicht mal die benutzen! Er KANN NICHT LERNEN, mit einem Bein auf zweien zu laufen, denn er hat nur eins! Er kann zwar mit diesem einen voranhüpfen, mehr schlecht als recht, manchmal darf er die miese Prothese benutzen, die aber drückt. Aber mit nur einem Bein auf zweien laufen, das kann er nicht! Natürlich gibt es heute bessere Prothesen, für dein Einbeinigen. Nicht jedoch für den Aspie.

but impossible is nothing. Just do it.

Oder, um diese deine Sätze mal zu nehmen:
Sag jemandem, der keine Beine hat: Steh auf deinen Beinen, mach schon! Just do it!

Jetzt werde ich konkreter, Beispiel:
Der Aspie (ein Beispielaspie, nicht jeder Aspie hat die gleichen Probleme) hat ein Problem damit, aus einem Geräuschbrei das gewünschte Geräusch herauszufiltern. Die vielen Geräusche überfordern ihn, er bekommt einen Overload.
Konkrete Situation:
Der Aspie besucht mit Kumpels eine Kneipe. Dort läuft Musik, an anderen Tischen rundherum reden Leute, und auch seine Kumpels reden nicht immer nacheinander, sondern auch mal durcheinander, Gläser klirren. Bei seinen Kumpels tritt der Cocktail-Party-Effekt ein. In ihrem Gehirn regulieren sich alle Geräusche runter außer dem Geräusch, dem sie gerade zuhören möchten. Nicht so beim Aspie. Er hört alles gemischt zu einem Geräuschbrei, er KANN NICHT die Gräusche, die gerade unwichtig für das Gespräch mit den Kumpels sind, runterregeln. Er versteht weniger als seine Kumpels und ist schnell angestrengt und überfordert. Um den Overload zu verhindern oder rauszuzögern, kann der Aspie Ohrstöpsel tragen, doch besser verstehen kann er seine Kumpels dadurch auch nicht. Mancher Aspie erträgt aber sogar die Ohrstöpsel nicht, weil er das Gefühl im Ohr nicht ertragen kann oder durch Ohrstöpsel seine körpereigenen Geräusche (Herzschlag, Blutrauschen ...) deutlicher wahrnimmt. Für jenen fällt diese nicht mal sonderlich gute Prothese (um im Bild des einbeinigen Marathonläufers zu bleiben) ganz weg.
Der Aspie kann es noch so sehr wollen, sich noch so sehr anstrengen, sein Problem noch so gut kennen, er wird es immer wieder haben.
Er kann lernen, diese Situationen zu vermeiden, er geht nicht mehr in Kneipen sondern trifft sich mit den Kumpels daheim, ohne weitere Leute und Musik. Aber er kann nicht lernen, die Musik und die Gespräche der anderen Leute runterzuregeln im Gehirn.

Ok, zu lang, Rest im nächsten Kommentar.

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Rechercheur 
Fragesteller
 13.02.2012, 16:09
@Rechercheur

Ok, dann würde mich nur noch interessieren, woran er das festmachen möchte, wenn ich bereits nahezu alle meine „Schwächen“ und „Defizite“ ausgemerzt habe, wenn auch nicht ganz, diese zu erkennen denke ich würde es aber wirklich schon einer 24h-Rundumbetreuung bedürfen.

Wenn ein Autist saugut kompensieren kann UND den Psychiater belügt, könnte es natürlich sein, dass er bei einem Diagnosegespräch Autismus eher ausschließen würde, auch wenn Autismus vorläge. Zu lügen ist ja aber eine doofe Idee.
Bei den Tests, je nach Diagnosestelle wird das unterschiedlich gehandhabt, sollte sich dennoch etwas bemerkbar machen wahrscheinlich. Und wenn der Autist nicht lügt (was wahrscheinlich ist, viele Autisten haben eine Abneigung gegen Lügen), also bewusst falsche Antworten gibt, wird er auch an Hand der Fragen, die er stellen würde, bzw. an Hand der Antworten, das schon konkret rausfinden können. Die Kindheit wird angesehen, evtl. alte Arztberichte, Bewertungen aus Kindergarten und Grundschule, Elternbefragung ...

Übertreiben wir es doch mal ein bisschen, ich bin überzeugt davon ein Mensch zu sein, muss ich das erst von jemandem abklären lassen? Weiterhin bin ich überzeugter Atheist, wer soll mir das nachweisen und warum soll ich dann nicht auch sagen dürfen, dass ich Autist bin?

Der Begriff "Mensch" ist biologisch klar definiert. Sollte je eine menschliche Mutter ein nicht-menschliches Kind gebären, wird das wohl direkt nach der Geburt festgestellt werden. Das wird also im Grunde bei der Geburt abgeklärt und durch die Geburtsurkunde manifestiert.
Atheismus ist eine Überzeugung. Die kann und muss niemand nachweisen. Das ist etwas, das du dir aussuchst.
Autismus ist keine Überzeugung, nichts was man sich aussucht. Und es ist schwieriger zu erkennen als das Menschsein.

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XFighter7  17.02.2012, 17:11
@Rechercheur

Hi, meine Behinderung und Entwicklungsstörung zu diagnostizieren müsste man jedoch erst einmal etwas in meine Vergangenheit zurückreisen, in welcher es mir wirklich wahnsinnig schwer gefallen ist auch nur halbwegs vernünftig mit anderen umzugehen, überhaupt nicht recht wusste, was ich eigentlich mit anderen Menschen anfangen soll und von Vorstellungen und Ideen teils so naiv, weltfremd und unbeholfen war, dass man mir bis zu meinem 20. Lebensjahr durchaus die Reife eines in etwa 12-Jährigen zuschreiben konnte, daran hat sich durch intensives Arbeiten an mir selbst und den gesammelten Erfahrungen mit meiner Umwelt unheimlich vieles zum Positiven geändert und lässt sich daher heute nur noch schwerlich erkennen.

Da es sich bei dieser Abklärung ja nicht um ein fehlerfreies Verfahren handelt, wüsste ich auch nicht was mir das weiterhelfen sollte, wenn ich auch so mittlerweile ganz gut zurecht komm und auch keinen Wert auf einen Behindertenstempel lege. Was Recht ist, ist das eine, nur oftmals reicht mir das nicht aus oder ist für mich schlichtweg unbefriedigend, dann übe ich auch gerne schon mal Selbstjustiz aus. Zu dem Wort Diagnose sei gesagt, dass es dafür sicherlich eine Definition gibt wie sie im Duden steht, doch nicht selten interessieren sich die Leute recht wenig dafür, stellen sich etwas eigenes darunter vor und verleihen dem Wort somit eine völlig neue Bedeutung, die ebenfalls ihre Daseinsberechtigung hat oder wer würde heute beispielsweise noch annehmen, dass der Ausdruck Tyrann ursprünglich ein absolut neutrales Herrschaftssystem beschrieben hat.

Du hältst dich damit an die Vorgaben und Regeln, welche eine Gesellschaft vorgibt, die ich bisweilen als die wahrhaft Kranken bezeichne, nur dass ich mich eben nicht daran halten möchte: http://www.amazon.de/Irre-behandeln-Falschen-Normalen-Seelenkunde/dp/3579068792/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1329493641&sr=8-1

Was genau wäre in deinem Vergleich denn die Prothese, dies müsste schließlich etwas Unnatürliches sein, etwas was gar nicht zu einem selbst gehört. Also ich fühl mich gut so wie es mir inzwischen geht, hab auch nicht mehr das Gefühl, dass mir etwas amputiert wurde geschweige denn, dass ich nun ein künstliches Element in mir tragen muss.

Ich finde, da hinkt dein Vergleich wiederum ganz gewaltig, auch ein Aspie hat erst mal sämtliche Extremitäten wie ein „normaler Mensch“ und genauso auch ein Hirn zum Denken, welches vielleicht etwas komplizierter aufgebaut und dadurch störanfälliger und schwieriger zu handhaben ist als das anderer, dennoch fehlt einem Asperger-Autist absolut nichts Primäres, wodurch ihm etwas gänzlich verhindert wäre, eher würde ich sagen, dass er unter einer Art Arthrose leidet, die ihm vieles erschwert, aber beinlos ist man deswegen noch lange nicht.

Auch das kommt mir mehr als bekannt vor, kaum etwas das für mich schlimmer erträglich ist als eine überhandnehmende Geräuschkulisse, mich könnte in einer Disco, welche ich nur unter Zwang keinesfalls häufiger als eine Handvoll mal aufgesucht habe noch so sehr direkt anschreien wie er will ich würde ihn dennoch kaum verstehen, ebenso wenig er mich, ganz gleich wie sehr ich mich wiederum bemühe. Das ist doch aber kein Mangel, es zeigt nur, dass man mit etwas Unnatürlichem nicht wie natürlich klar kommt, wirklich abgefahren und krank finde ich da eher wie es jemandem überhaupt gelingen kann bei all dem Getöse noch etwas rauszufiltern, also da bin ich ebenfalls schlichtweg überfordert, doch wer noch etwas mehr als Bässe und Tinnitus im Ohr hat sollte eigentlich auch eher eine gemäßigte Konversation unter erträglichen Bedingungen z.B. in einem Straßencafé vorziehen.

Ich könnte dem Experten offen und ehrlich erzählen unter was für Problemen ich früher gelitten habe und ich garantiere dir, dass ich dann auch die entsprechende Diagnose bekäme und nun mal anders gefragt so wie du es selbst beschreibst und zugibst würde es sich hierbei ja ebenfalls um nichts anderes als eine Selbstdiagnose handeln, weil man mit dem nötigen Wissen über etwas ein Gespräch so in die Richtung lenken kann, auf was es letztendlich hinauslaufen soll. Wenn ich mich wegen einem Delikt bei der Polizei vorstellen soll, was übrigens schon der Fall war, kann ich selbst als Täter mich so geschickt durch all die Fragen winden, dass ich letztlich als unschuldig dastehe, andersherum kann ich meine Aussagen auch noch so ehrlich aber auch dümmlich gestalten, dass sich ein möglicher Verdacht erhärtet und plötzlich zum Täter gemacht werde obwohl ich dieser niemals war.

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XFighter7  17.02.2012, 17:16
@XFighter7

Was ich damit sagen möchte ist, dass es zwar kaum möglich sein dürfte dem Arzt glaubhaft weiszumachen, dass man Krebs hat, weil dieser leicht nachprüfen kann, ob es irgendwo einen Tumor gibt oder nicht, da Autismus jedoch nicht als Krankheit gilt gibt es auch keine offensichtlichen Indizien, auf welche er sich berufen könnte und ist somit allein auf die Aussagen und das sonstige Verhalten des Patient angewiesen, um seine Diagnose treffen zu können und da dies so beeinflussbar ist macht es für mich auch keinen Unterschied, ob ich nun zu einem Experten gehe oder mir den Asperger-Autismus eben selbst diagnostiziere. Dazu müsste ich noch nicht einmal absichtlich lügen, um solch ein Urteil zu erzwingen, sondern reicht es vollkommen aus, wenn ich (durch Recherchen) selbst davon überzeugt bin, dass es so ist und das bin ich ja. Ach übrigens, diese schon teils verhängnisvolle Abneigung gegen Lügen ist mir ebenfalls zu Eigen.

Richtig, es lässt sich eben nicht so leicht experimentiell abklären, ob jemand Autist ist oder nicht, sondern man hat sich schlichtweg auf bestimmte Verhaltensmuster geeinigt, die jemand in einer bestimmten Anzahl aufzuweisen hat, um denjenigen als Autisten zu bezeichnen, diese habe ich in schon geradezu beieindruckende Menge an mir selbst festgestellt und darum bedarf es für mich auch keines anderen mehr, der nichts weiter könnte als meine Feststellungen anhand meiner eigenen Aussagen zu bestätigen.

Gruß

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Rechercheur 
Fragesteller
 19.02.2012, 11:27
@XFighter7

Ich schrieb ja bereits: Zur Diagnose gehört die Betrachtung der Kindheit zwingend dazu bei Autismus!

Prothese in meinem Beispiel waren die Ohrstöpsel. Schrieb ich sogar dazu. Ich hab keine Lust, es noch mal genau zu erklären. Prothese kann eine Sonnenbrille sein, wenn man unter Reizüberflutung bei bestimmtem Licht leidet ...
Prothese ist die Kompensation, die mehr oder weniger gut gelingt, mit oder ohne Hilfsmittel, wie auch immer.
Und doch, einem Aspie fehlt etwas: Reizfilter! Und die instinktive Fähigkeit, nonverbale Kommunikation zu entschlüsseln. Ersteres ist nicht erlernbar. Reizfilter kann man nicht durch Lernen erwerben. Zweiteres ist im gewissen Rahmen erlernbar, doch instinktiv wird es nie.

Mir musst du nichts garantieren. Noch mal:
Es ist mir vollkommen egal, ob du bei dir Autsimus diagnostisch abklären lässt oder nicht. Ich finde es nur daneben, wenn du ohne gesicherte Diagnose rumrennst und behauptest, du seist Autist.

Nein, eine Diagnose beim Fachmann ist nicht das gleiche wie eine Selbstdiagnose. Denn eine Einschätzung von außen kommt dazu. Ich weiß bereits von mehreren Nicht-Autisten mit anderen Problemen, die den Verdacht auf Autismus hatten und ihrer eigenen Aussage nach die Diagnose unbedingt haben wollten, sich wahrscheinlich auch dementsprechend gegeben haben beim Psychiater, die aber von mehreren unabhängigen Diagnostikern eine Negativ-Diagnose bekamen.

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Rechercheur 
Fragesteller
 19.02.2012, 11:36
@XFighter7

sondern reicht es vollkommen aus, wenn ich (durch Recherchen) selbst davon überzeugt bin, dass es so ist und das bin ich ja.

Nein. Wie gesagt:
Ich weiß bereits von mehreren Nicht-Autisten mit anderen Problemen, die den Verdacht auf Autismus hatten und ihrer eigenen Aussage nach die Diagnose unbedingt haben wollten, sich wahrscheinlich auch dementsprechend gegeben haben beim Psychiater, die aber von mehreren unabhängigen Diagnostikern eine Negativ-Diagnose bekamen.

Selbst davon überzeugt zu sein wird nicht reichen, einen guten Diagnostiker zu täuschen. Ich weiß halt nur auch nicht, was sowas überhaupt soll.
Allein dass du immer wieder über die Täuschung von Diagnostikern in die ein oder andere Richtung schreibst, finde ich schon einen seltsamen Gedankengang. Ich weiß, dass es Menschen gibt, die das tun, aber mir wird sich wohl nicht erschließen, warum und wie man darauf kommt.

Aber noch mal, damit das hier mal ein Ende findet:
Mir persönlich ist es vollkommen egal, ob du dich nun diagnostizieren lässt oder nicht.

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XFighter7  19.02.2012, 14:48
@Rechercheur

Hallöchen mein Guter,

da kommen wir der Spur doch schon ein wenig näher: „die den Verdacht auf Autismus hatten und ihrer eigenen Aussage nach die Diagnose unbedingt haben wollten“

Wozu genau wollten sie die Diagnose denn unbedingt haben, vielleicht weil sie auch den Film Rainman oder Ähnliches gesehen haben, meinten och das sei ja voll cool auch ein Asperger zu sein, das möchte ich ebenfalls haben, damit ich es mir in den Lebenslauf schreiben und wie ein Modetäschchen mit mir rumtragen kann, waren sie scharf drauf einen Behindertenausweis zu kriegen, der sicher so manche Vorteile mit sich bringen mag oder worauf kam es ihnen hierbei an?

Bei mir liegt der Fall ein wenig anders, denn wie gesagt lege ich keinen Wert weder auf das Eine noch auf das Andere, insofern müsste ich mich doch schon sehr nach meiner eigenen Motivation fragen, weshalb ich nun eigentlich diesen Weg zum Diagnostiker gehen sollte, mir dort diese Frage wohl ebenfalls stellen lassen müsste zumal ich ja nicht einmal kommen würde, um irgendeine Form von Hilfe in Anspruch zu nehmen, es ginge also einzig und allein darum die bestätigte Gewissheit eines sogenannten Experten zu haben, welche ich auch so schon besitze und die Möglichkeit ein formelles „Beweismittelchen“ habe, dass ich nicht bloß so tue, sondern auch tatsächlich einer bin.

Weiterhin weiß ich nicht, ob du dich da einfühlen kannst, doch ich hätte vor kaum etwas so viel Bammel wie vor einem Lügendetektor, dass dieser anzeigen könnte, dass ich lüge, obwohl ich doch die Wahrheit sage, einfach nur aufgrund des Gedankens daran, dass er womöglich nicht dazu in der Lage ist die Wahrheit zu erkennen und bereits diese Zweifel und innerliche Beschäftigung mit der Lüge eine solche körperliche Reaktion herbeiführen könnten, dass er tatsächlich anzeigen würde ich lüge, obwohl es gar nicht so wäre. Ähnlich könnte es bei dem spezialisierten Psychologen verlaufen, wenn du in etwa verstehst, was ich meine.

Das liegt doch gar nicht in meinem Interesse irgendjemanden zu täuschen, viel mehr vermute ich, dass sich die Leute sehr leicht von meiner jetzigen Art blenden und täuschen lassen. Zudem hab ich inzwischen eine Ausbildung zum Hotelfachmann hinter mir, also mit so ziemlich das letzte, was man einem Menschen mit Asperger-Syndrom raten würde, weil es einen komplett überfordern würde, was es mich ebenfalls lange, lange Zeit auch hat, dennoch hab ich es durchgezogen, mich dementsprechend geprägt und sicher auch Einfluss auf meine Persönlichkeit als vermeintlicher Asperger genommen. Zudem sagt man, dass die wahrhaft besten Schauspieler in Wahrheit Gastronomen sind, das hat nun nicht einmal zwangsläufig etwas mit Lügen oder Schwindeln zu tun, man ist vielmehr Verkäufer und wünscht sich eben das Produkt seinen Gästen möglichst schmackhaft zu machen. Diese Art wiederum färbt ebenfalls zu einem Teil auch auf einen selbst ab, sodass ich es versteh mich sehr gut zu präsentieren, mich dabei auch gar nicht großartig zu verstellen brauch, weil es inzwischen zu einer Automatismus geworden ist, allein deshalb halte ich es schon für äußerst schwierig, dass selbst ein spezialisierter Arzt die richtige Diagnose bei mir stellt, ganz gleich, was ich nun hab oder mir eventuell fehlt.

Dafür würde es schlichtweg genügen, dass du mir nicht mehr antwortest, denn ich werde das schon allein aus Höflichkeit nicht tun, zudem könntest du damit eventuell noch eine weitere Userin hier ein wenig „enttäuschen“, dass es dir egal ist weiß ich übrigens ohnehin ;-)

Na, dann sollte ja nichts mehr schief gehen, es sei denn man kommt auf die schiefe Bahn ^^

An dieser Stelle möchte ich dir nun aber doch einmal entschieden widersprechen, der Reizfilter eines Asperger-Autisten mag zwar schlechter ausgeprägt sein, fehlt jedoch keinesfalls komplett, eine Störung dieses Reizfilters ist im Übrigen nochmals ein eigenes Krankheitsbild und ein Mensch, der komplett jeglichen Sinnesreiz aufnehmen könnte, wäre schlichtweg nicht lebensfähig, da sein Gehirn innerhalb kürzester Zeit komplett überhitzt wäre, dass sämtliche Synapsen den „Herzkaspertod“ sterben würden.

Auch mit der Unfähigkeit zur nonverbalen Kommunikation und deren Entschlüsselung liegst du nicht ganz richtig, denn auch hier gibt es nochmals einige Extremfälle, denen wirklich anhand übergroßer Bilder „einfachste“ bzw. gängiste Gefühle wie Wut, Traurigkeit oder Freude beigebracht werden müssen, doch denke ich mal, dass ein Asperger-Autist durchaus diese Fähigkeit besitzt, selbst instinktiv, sich lediglich mit detaillierten Gefühlsregungen und deren Deutung wahnsinnig schwer tut, schwieriger noch als seinen „normalen“ Zeitgenossen, die auf diesem Gebiet ebenfalls häufig äußerst unterentwickelt und recht nackig dastehen, aber wie gesagt lässt sich dies alles auch erlernen.

Wenn mir danach ist, mach ich es aber einfach trotzdem, deswegen fühl ich mich aber auch nicht gleich wie ein Fußball-Flitzer.

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XFighter7  19.02.2012, 14:52
@XFighter7

Und somit beißt sich die Katze, der Hund, die Maus oder wer auch immer in den Schwanz und meinetwegen bin ich eben mal wieder so arrogant zu sagen, dass meine Sicht selbst auf eigene Belange meist objektiver ausfällt als es einem anderen jemals möglich wäre, der ja ebenfalls weiterhin ein Mensch bleibt, sich von vielerlei Eindrücken beeinflussen lässt und somit letztlich ebenfalls nichts anderes von sich gibt als eine subjektive Meinung, was da wiederum ein Fachmann ist und was nicht, lässt sich zwar relativ und ich sage relativ treffsicher anhand bestimmter Doktortiteln und sonstigen Dokumenten belegen und herausfinden, dennoch behaupte ich mal, dass keiner mich jemals so gut kennen wird wie ich mich selbst und selbst ich bin noch ein ganzes Stückchen weit davon entfernt zu erfahren, wer ich eigentlich wirklich bin.

Gruß

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Rechercheur 
Fragesteller
 21.02.2012, 14:55
@XFighter7

zudem könntest du damit eventuell noch eine weitere Userin hier ein wenig „enttäuschen“, dass es dir egal ist weiß ich übrigens ohnehin ;-)

Werden hier jetzt schon Intrigen gesponnen? Wenn ich wüsste, wen du meinst, könnte ich dir sogar sagen, ob es mir egal ist oder nicht. Aber interessant, was du über mich so alles zu wissen meinst.

Hallöchen mein Guter,

Und auch wenn ich es schade für andere Leser finde, dass hier jetzt einiges schief stehen bleibt:
Ich werde mich zu deinen Ausführungen an dieser Stelle nicht weiter äußern, denn Intrigen sind mir zuwider und dein Guter bin ich nicht.

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Sasatux  08.09.2013, 21:52
@Rechercheur

Hallo ihr beiden!

Entschuldigt, dass ich diesen alten Thread wieder aufwärme, aber ich musste bei den Kommentaren von euch sehr schmunzeln.

Ich bin der Meinung, dass ihr beide recht habt. Ihr müsst bei eurer Argumentation beachten, dass Asperger Autisten im Vergleich zu "nicht-Asperger" generell nur sehr geringe Unterschiede aufweisen. Sehr vereinfacht ist es so, dass die rationale Hälfte ausgeprägter ist. Ich gehe darauf gleich noch einmal genauer ein, da ich mich seit meinem 12. Lebensjahr damit befasst habe Menschen zu verstehen und zu dem Schluss gekommen bin, dass Asperger einfach völlig falsch in der Psychologie definiert sind. Dazu gleich mehr.

Die Aussagen gehen von "dem Asperger" aus. Auf der einen Seite seid ihr bemüht dies nicht zu generalisieren, doch auf der anderen tut ihr es doch massiv!

Asperger können dumm sein. Sie können ADHS haben. Sie können hochbegabt sein. Sie können Hypersensibel sein oder auch nicht. Nun, was passiert, wenn man all diese Dinge in einem Menschen vereint? Da alle Bereiche schwimmend ineinander übergehen ist dies natürlich möglich und aus meiner Diagnose weiß ich es leider auch.

ADHS ermöglicht Impulsivität. Hochbegabung in logischen und assoziativen Bereichen mit der Last/Fähigkeit Informationen bis zum Erbrechen aufzusaugen ermöglichen tatsächlich, dass man ab 20-25 in der Lage ist, das emotionale und gesellschaftliche Geflecht in 70% der Fälle perfekt zu simulieren. Ohne Frage natürlich dennoch bei einer Last von 50-70% des Hirns. Diese nimmt aber selbstverständlich ab, denn je mehr Informationen wir besitzen, desto weniger Leistung benötigt das Hirn.(Vergleich Musiker nach 2 Jahren und 8 Jahren Spielzeit).

So kam bei mir mit 23 erst heraus, dass ich ADHS habe. In Verbindung mit der Hochbegabung und als Autodidakt ließ sich dies sehr lange kompensieren. Nun gibt es dennoch Probleme, die nur Asperger haben. Natürlich wird dann noch schnell eine Antisoziale Persönlichkeitsstörug hinzu gedichtet, denn dieser eiserne Unwille in die Form zu passen kann man nach 6 Monaten Klinik einfach nicht anders erklären. Die Asperger-Diagnostik "zeigte signifikante Ausschläge für eine Entwicklungsstörung im autistischen Spektrum", aber ich sitze ja nicht in der Ecke und gucke hin und wieder den Leuten in die Augen. Deshalb ist dies natürlich unmöglich. Asperger-Spezialisten müssen es ja wissen ;-) Nun denn. Frage 5 Ärzte und erhalte 5 Diagnosen. Was blieb war immer eindeutige Anzeichen für Asperger, aber dafür war die Kommunikation zu gut. Wäre der Test 4 Jahre vorher gemacht worden, dann hätte niemand daran gezweifelt.

Es ist durchaus möglich als Asperger alles zu schaffen. Die Last ist umso größer. Innerlich wird man dennoch immer noch der gleiche sein.

Mein Problem mit der Sichtweise von Asperger ist die Sicht von Außen. Eingeschränkte Kommunikationsfähigkeiten? Nicht Wahrnehmung von Mimik, Gestik, Tonart usw? Kein Zeigen von Emotionen? Das ist totaler UNSINN! Es ist genau das Gegenteil. Bei all den Dingen.

Asperger haben die primitiven Mittel der Kommunikation einfach nicht nötig. Wenn ich Ja sage und den Kopf schüttel, dann ist es immer noch ein Ja. Es ist außerdem ein gesellschaftlicher Brauch. Es ist keine angeborene Fähigkeit. Ein Kind lernt, dass es schreit und Liebe bekommt. Wenn es lacht, dann lachen andere. usw. Das ist einzig ein Zeichen für das FEHLEN von Fähigkeiten. Ein Großteil der Menschen braucht Gesetze. Sei es Gott oder die Polizei. Ein Asperger kommt im Normalfall selber darauf, dass er niemanden töten soll. Die Fähigkeit seine eigenen Modelle zu entwickeln und auszuüben ist wohl keine Behinderung. Eine Behinderung ist es durch das Primatenverhalten der Gesellschaft. Der stärkste Gorilla bekommt die Weibchen. In unserer Gesellschaft wird es als Defizit angesehen, wenn man nicht in der Lage ist sich dumm und einfältig zu geben. Für meinen Teil sehe ich es als Frechheit an davon auszugehen, dass es einfach sein die Visualisierung von assoziativen Gedanken-Konstrukten mit mehrdimensionaler Komplexität in einfachen Sätzen zu verpacken. Diese dann noch zusätzlich dem Gesprächspartner entsprechend zu färben(passende Vokabeln, passende Betonung, Geschwindigkeit, Länge der Sätze, Verkettung von Informationen, Mimik, Gestik, Pupillenbewegung, Rumfuchteln mit den Fingern, Abstand zur Person usw usf.) ist absoluter Unsinn. Da einem nun von Kindesbeinen an suggeriert wird, dass man "falsch" ist und sich anpassen muss denkt man irgendwann tatsächlich, dass man behindert ist. Ohne JEGLICHE gesellschaftliche Wertung ist dies aber einfach nur falsch.

Es bedeutet einfach nur, dass wir Supercomputer bauen können, aber diese dann bei jeder Berechnung auf einen 386-CPU drosseln und wieso reicht nicht einfach 3 als PI zur Kreisberechnung? Radius des Kreises? Quatsch, der is ROT!!! Das muss reichen. Dann muss der Supercomputer einfach nicht richtig funktionieren...

Das ist eine so perverse Sicht der Psychologie auf die Vielfältigkeit der Evolution.

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Sasatux  08.09.2013, 21:59
@Sasatux

Ich muss noch etwas hinzufügen. Andere Menschen sind Autisten in anderen Bereichen. Sie haben dort Hochbegabungen. So wie es mir ohne Hilfe möglich ist selbst das Schreiben, Lesen und Rechnen zu erlernen bevor ich zur Schule gehe und jede Maschine intuitiv bedienen kann, so haben diese Menschen andere Hochbegabungen(Sei es Anpassung an die Gruppe). Natürlich auch nicht jeder. Ausschuss ist halt immer dabei. Dennoch ist wohl jeder kreative ein Hochbegabter Autist. Denn Begabung entsteht durch Liebe ARBEIT! Andere machen sich nur nie die Mühe 10 Jahre Selbststudium zu betreiben und Wissen außerhalb von Büchern und Anleitungen zu entwickeln!

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Hallo, ich denke, das ist meistens nicht wirklich böse oder abgrenzend gemeint, sondern man will versuchen, sich selbst etwas zu erklären, das man eigentlich nicht erklären kann. Vermutlich haben Autisten eine andere Wahrnehmung von Dingen, Personen, Emotionen usw. (ich kenne keinen Autisten und habe daher nicht die Möglichkeit, mich darüber zu erkundigen), und das wird dann mit 'eigene Welt' umschrieben. Ich glaube, es ist das gleiche Phänomen, mit dem depressive Menschen leben müssen: diejenigen, die sich für 'normal' halten, können es nicht begreifen und nachvollziehen, daher basteln sie sich im besten Fall Erklärungen zurecht, im schlechtesten Fall tun sie es ab, verurteilen und diskriminieren. Gruß, Kerstin


Rechercheur 
Fragesteller
 20.01.2012, 15:57

Danke.

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verreisterNutzer  20.01.2012, 18:56

Das mit der Depression ist ein guter Punkt!

Wenn ich so darüber nacherinnere und etwas google, findet man auch Vergleiche mit einer "eigenen Welt" .

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Lieber Rechercheur,

auch wenn Du schon so viele Antworten erhalten hast und Dich nach einem halben Jahr vielleicht ganz andere Fragen bewegen, fühle ich mich hingerissen, Dir auch noch zu antworten. Vielleicht ist mein Blickwinkel eine emotionale Ergänzung zu diesem Antwort-Spektrum hier, die das gegenseitige Verständnis um einen Hauch erweitert.

Vor zwei Monaten habe ich mich das zweite Mal von meinem Liebsten, der sehr offensichtlich ein nicht-diagnostizierter Asperger-Autist ist, getrennt. Mit den Worten, dass er ja seine ganz eigene Welt habe, ich so aber nicht. Da wir uns beide sehr lieben, ist das irre schmerzhaft und ich tauche bewusst tiefer in das Thema ein, um mehr zu verstehen und vielleicht doch einen Weg miteinander zu finden – trotz der grundlegend verschiedenen Taktung. Unkompatibel. Nicht alltagstauglich, diese Verbindung, zumindest über die letzten 1,5 Jahre, eher eine Achterbahn. Als ich das sagte, meinte ich mehr als das übliche "Jedem sein eigenes Universum". Das ist ohnehin so, jeder Mensch lebt in seiner eigenen Wahrnehmungs- und Bewertungs- und Sinnes-Welt. Was der nicht-autistische (auch das ist sehr relativ) Beziehungspartner erlebt und zutiefst erleidet, ist das Gefühl/die für „Normalos“ zwingende Interpretation vom Weggestoßenwerden, vom Stören/Nerven/Überfordern des über"reiz"ten Geliebten. Ich spreche hier mal die Liebesbeziehung an. Da ist ein Mensch, der sich viele Tage in Folge komplett selbst genügt. Genügen kann! Muss nichtmal unbedingt das Haus verlassen. Manchmal Wochen. Es ist ja auch ein enorme Fähigkeit. Mit PC in die virtuelle Welt, zu Haus in der Wohnraumkapsel, Verbindung ins Außen per Handy und gut. Nur keine physische Nähe. Erholung von der oft anstrengenden Präsenz anderer.

Die „eigene Welt“ ist bei meinem Ex-Schatz ein Eigenwärme erzeugender innerer Kokon, wo er sich aufläd und wohlfühlt. Dieser Kokon ist der wichtigste Aufenthaltsort, er geht weit über die „typisch männliche“ oder menschliche „Höhle" als Rückzugsort hinaus. Dass das Weibchen dem Mann seine Ruhe gönnt, versteht sich bei sensiblen Partnerinnen irgendwann hoffentlich von selbst. Ich bin Anfang 40 und habe lange Partnerschaften hinter mir. Nein. Ich beschreibe als Amateurin ein Phänomen, das ich so nie erlebt habe – so gut ich halt kann. Es geht um eine besondere Form der „Nichtbedürftigkeit/Bedürfnisfreiheit“ an menschlicher Wärme und Nähe. Irgendwie beneidenswert. Da wir uns gar nicht kennen, habe ich keine Hemmungen, mal zu beschreiben, wie grausam es für mich so oft war an vielen Punkten. Die emotionale Unberechenbarkeit für mich als Neuling und Nichtwissende zu dem Thema ist das eine. Aber das Gefühl, Wärme und Nähe, Vertrautheit zu brauchen, und damit allein zu bleiben (und sei es der einfache Tatbestand, dass mein Schatz im Nebenzimmer ist, während ich mal wieder arbeite). Ein Nichtautist braucht ja vom Liebespartner ein Willkommenseins-Gefühl. (Umgekehrt natürlich auch.) Ein lesbares, erlebbares Zeichen, nicht nur die Worthülse dazu. Wenn aber der emotionale „Akku“ von meinem Süßen nach 1–3 Abenden leer war, fühlte ich mich rausgeschmissen aus seinem Leben – und seiner Wohnung sowieso – durch die enormen Aggressionen, die gar nicht mir galten und die er selbst auch nicht wollte, sich auch entschuldigte. Ich habe mir irgendwann angewöhnt, mich so rar zu machen, dass es eher wie eine extreme Fernbeziehung war, um nicht immer wieder erleben zu müssen, dass ich zu viel bin. Bis ich merkte, dass ich mich nicht weiter nur ihm anpassen kann und will. Mein Seelenpflänzchen ging ein beim Versuch, ihm genug Raum für seine eigenen Sphären zu lassen. Und aus lauter Liebe ging er mir zu Liebe über seine Grenzen.

Mit diesem Konflikt bin ich noch lang nicht durch. Gibt es doch Hoffnung? Therapie? Das soll keine Frage an Dich sein. Die sog. eigene Welt wirkte auf mich wie ein Raum, wo ich nicht reindarf, obwohl ich doch so oft näher war als jeder andere Mensch in seiner Welt. Die gemeinsame Welt von uns war ein kleines Paradies, unvergesslich, sowas kannte ich nicht. Vielleicht sollte jeder Mensch seinen eigenen Space viel bewusster auskosten. Hier aber wirkte seine „eigene Welt" auf mich kalt und exklusiv. Wir haben versucht, zusammen zu wohnen. Ich merkte schnell, da ist ein Mann, der mich liebt, ein irre kluger und liebenswerter Mensch, der kaputt geht unter zu viel Input, so schön es auch sein mag mit uns. Also wurde ich noch viel selbstständiger im Alltag und wir sahen uns manchmal viele Wochen bewusst nicht. Ich „erfror“ im Alltag, wenn wir einen für ihn passenden Rhythmus der so wundervollen Gemeinsamkeit fanden. Und das als (unter NTs) sehr selbstständige Frau.

Es sind so viele Worte, sorry dafür. Hoffentlich kannst Du damit was anfangen.

Gruß von einer Unbekannten ;)


Rechercheur 
Fragesteller
 22.06.2012, 09:55

Vielen Dank für diese sehr offene Antwort.
Und euch viel Glück, dass ihr irgendeinen Weg findet, der für euch beide funktioniert. Und sei es der Weg einer guten Freundschaft statt einer Beziehung, wenn das für euch gehen sollte.

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Flairna02  08.09.2023, 10:38

Danke für dein Kommentar. Ich glaube dass ich Autistin sein könnte mit ADHS. Bin mir da sogar fast sicher. Warum ich das glaube ist im Moment irrelevant. Mein Freund hat ADHS deshalb versteht er viele meiner Macken. Allerdings beschäftige ich mich sehr viel mit meinen Interessen und brauche das auch. Ihm zu liebe mach ich das aber viel weniger. In unserer Freizeit waren wir auf Festen und Sportspielen. Wo ich an meine Grenzen kam weil mir alles zu laut zu viele Gesichter und so weiter war. Nun gehen wir nicht mehr so oft weg. Ich kann deshalb euer Dilemma nachvollziehen auch wenn ich mich deutlich weniger von meinem Freund abgrenzen muss, auch wenn ich dann nicht ganz so glücklich bin und zickig werde. Außerdem brennt mir seine Berührung oft auf der Haut und ich muss mir noice cancelling Kopfhörer aufziehen wenn er Musik hört oder am TV Spiele spielt. Ich habe mich in den 8 Jahren Beziehung extrem verändert von anfangs „ich kann und muss mich nicht ändern“ zu „ich habe mich ganz automatisch angepasst, weil wir nicht aufgeben wollten“. Aber wie gesagt bei mir ist es auch nicht ganz so heftig. Ich brauche Ruhe, ja. Deshalb arbeite ich nur 6Std./Tag. Dann habe ich viel Zeit für mich alleine um runterzukommen und mich mit mir zu beschäftigen.

Ich musste weinen als ich deinen Kommentar gelesen habe, weil es wirklich schwierig ist eine Beziehung zu führen wenn einer davon eine psychische/seelische Störung hat. Es ist furchtbar herzzerreißend wenn man sich eigentlich so sehr liebt und man zusammen passt aber die Seele lässt es nicht zu. Ich wünsche euch beiden alles Gute, dass ihr einen Weg findet, ob mit- oder ohne einander. Liebe Grüße

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Ich hab schon oft Artikel darüber gelesen, wenn dort etwas von einer eigenen Welt steht, dann nehme ich an, dass der Utor damit meint, dass der betreffende (Autist) nichts von der Umwelt mitkriegt, zB nicht reagiert wenn man ihn/sie anspricht. mit dieser eigenen "Welt" ist etwas gemeint, was ähnlichen, aber nicht den gleichen Gesetzen wie der "normalen" Elt gemeint. Glaube ich. es ist schwer für einen Außenstehenden etwas zu begreifen, was man selbst nie erlebt hat, und sich eigl auch nicht annähernd eine gute Vorstellung davon machen kann.


Rechercheur 
Fragesteller
 19.01.2012, 22:33

Danke.

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Inga1605  23.06.2012, 17:31

Aber das ist bei dem Fragesteller nicht der Fall - auf ihn trifft deine Antwort nicht zu!

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Rechercheur 
Fragesteller
 16.06.2013, 16:54
@Inga1605

Es geht ja bei meiner Frage nicht darum, was auf mich zutrifft, ja nicht mal, was auf die Mehrheit der Autisten zutreffen würde. Ich wollte gerne wissen, was die Menschen damit meinen. Und selbst wenn sie damit etwas meinen, was überhaupt auf gar keinen Autisten zutrifft, meinen sie es eben trotzdem so, und das versuchte ich herauszufinden.

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