Kultur ist jeder zweite Herzschlag meines Lebens?
Guten Tag, liebe Freundinnen und Freunde der Guten-Morgen-Frage. Der Tag neigt sich schon zum Mittag - es wird also Zeit für die Spezialfrage des Tages.
Die obige Aussage stammt vom Schriftsteller Hans Marchwitza. Welche Rolle spielt die Kultur in eurem Leben? Wie weit gefächert seht ihr den Kulturbegriff?
Einen angenehmen Start ins Wochenende
27 Antworten
Grüß Gott miteinander,
nachdem ich mich bis jetzt im Auftrag und zur vollen Zufriedenheit meines Ehegespons mit den ganz profanen Fragen der angemessenen adventlichen Illumination beschäftigt habe, kann ich mich nun kulturellen Gedanken zuwenden.
Kultur ist ein weites Feld. Für uns fängt das schon in unserem direkten Umfeld an. In meiner gar nicht mehr so neuen bayerischen Heimat wird noch auf sehr vielen Dorfbühnen das Theaterspiel gepflegt. Das unterstützen wir gern mit vielen regelmäßigen Besuchen und ganz nebenbei hat es mir die bayerische Sprache sehr viel näher gebracht.
Lesen gehört für mich unbedingt auch zur Kultur und ein Buch ist täglich im Gebrauch, wobei ich seit einiger Zeit vor der Nachtruhe E-Books bevorzuge.
Für Konzertbesuche nehmen wir gelegentlich auch weitere Wege gern in Kauf und mögen auch kabarettistische Auftritte auf Kleinkunstbühnen. Besuche von Museen und Kunstausstellungen sind uns auch nicht fremd.
Das setzt sich auch im Urlaub nahtlos fort. Reine Badeurlaube sind mir ein Gräuel. Dafür interessiere ich mich auf allen Reisen viel zu sehr für die Kultur der Gastländer und plane das weltweit auch schon bei der Reisevorbereitung akribisch ein.
Da geht immer was und von fremden Kulturen bringe ich immer etwas mit, auch ohne etwas im Koffer zu haben. Der Blick auf kulturelle Unterschiede bringt auf jeden Fall sehr oft eine Vielzahl neuer An- und auch Einsichten, die eigenes Verhalten gelegentlich überdenken lassen und den ohnehin unschönen und arroganten Begriff der "deutschen Leitkultur" ad absurdum führen.
Neben den eingeschränkten Begegnungen mit Freunden sind es diese kulturellen Inputs, die ich in Corona-Zeiten mit am meisten vermisse.
Wie heißt es doch so schön: Die Kunst ist zwar nicht das Brot, wohl aber der Wein des Lebens.
Herzlich grüßt Euch DerAdlatus
Danke, deine Antwort trifft voll meinen Nerv - vor allem die grafische Zusammenfassung der vielfältigen Bestandteile der Kultur.
Guten Morgen, Arnstädter und in die Runde,
Interessante Frage!
'Kultur ist jeder zweite Herzschlag meines Lebens'
Im deutschen Sprachgebrauch ist mit Kultur meist etwas Schöngeistiges - Theater - Musik - Literatur und künstlerische Darbietungen gemeint. Nicht umsonst wird Kunst mit Kultur meist in einem Atemzug genannt.
Von der neutralen Wortbedeutung her beinhaltet Kultur, lat. cultura, Anbau - Pflege - Bearbeitung - Verehrung. Es geht also im weitesten Sinne um alles, was man zu tun pflegt, im Sinne von 'gewohnheitsmäßig' - ohne Bewertung, ob gut oder schlecht.
Das fängt bei mir mit Waschen und Zähneputzen an und endet nicht mit Musikgenuss - nein, auch die Guten Morgen-Frage gehört mit zur Kultur! Das Normale, halt.
Im Französischen gilt für 'Kultur' neben 'culture' auch die Übersetzung 'civilisation', was noch ein genaueres Licht auf das Gemeinte wirft.
Nach mehreren Blicken auf die biografischen Angaben wie Geburtsjahr (1890), Leben und Werdegang von Hans Marchwitza (Oberschlesien, Bergbau, Schriftsteller, Charakter mit Rückgrat, WK I- und. II-Teilnehmer, Flucht: Schweiz, USA, usw.) kann ich mir gut vorstellen, dass er Kunst im Sinne von Pflege - Bearbeitung - Verehrung gemeint haben muss, also im ursprünglichen (wertneutralen) Sinne.
In seinem turbulenten Leben durch 2 Weltkriege sowie teils den spanischen Bürgerkrieg hindurch, geprägt auch von existenzieller Not und im Spannungsfeld mehrerer politisch gegensätzlicher Systeme dürfte Stoff genug angefallen sein, den er in Literatur verarbeiten musste, um frei atmen zu können.
Die Titel seiner Bücher (ich habe keines davon gelesen) deuten auf autobiographische Verarbeitung des Zeitgeschehens hin. Seine Auszeichnungen lassen einen politisch-moralischen Anspruch als Triebfeder für sein Handeln erkennen.
Dies bringt mich zu der Annahme, dass Hans Marchwitza die Idee von Kultur nicht allein auf schöngeistige Genüsse einengt, sondern dass er sie als 'Kultur der persönlichen Verarbeitung' lebte.
M. Reich-Ranicki hatte einen großen Anteil daran, das Lebenswerk des Autors herabzuwürdigen. In diesem Artikel ist die Rede von einem gemeinen Verriss : 'Noch die bösartigste Invektive von Reich-Ranicki gegen den Arbeiterdichter aus Oberschlesien, der in den Ruhrpott ging, 1933 nicht etwa ins Arbeiterparadies Stalins emigrierte, sondern in die Schweiz, in Spanien tatsächlich kämpfte und sogar verwundet wurde [...] ' etc. - hier offenbart sich die Gegensätzlichkeit der Systeme, der offenbar auch die unvoreingenommene Bewertung des Gesamtwerks von Hans Marchwitza zum Opfer fällt.
Es ist eine spannende Spur, auf die ich da geraten bin :-)!
Mit vielen Grüßen
Ich danke dir recht herzlich, liebe Spielwiesen, für die breite Betrachtungsweise, der Frage - es freut mich auch, dass du Anregungen für weitere Beschäftigungen auf diesem Gebiet im weiteren Sinne bekommen hast.
Liebe Spielwiesen ich wünsche dir noch einen schönen, spannenden Nachmittag. GLG Dieter
Gut zu wissen, liebe Plawo, dann habt ihr etwas Schönes vor.
Ja, ich habe mir ein bisschen etwas angelesen - das mache ich sonst auch, bevor ich eine Frage beantworte. Mich hat es interessiert, da der Autor fast der gleiche Jahrgang wie meine Oma, die aus Niederschlesien stammte. Schön, wenn meine Antwort dir gefallen hat. Mir war sie ein bisschen lang geraten, aber löschen wollte ich auch nicht so gern. - Ich wünsche dir eine gute Nacht und morgen viel Spaß! Herzliche Grüße!
Kultur ist allgegenwärtig für jeden Menschen. Ohne Kultur wären wir noch Tiere. Alles, was der Mensch schafft, ist Kultur.
Also ist Kultur auch wesentlicher Bestandteil unseres Lebens.
Für manche ist Kultur aber nur etwas künstlerisch Erschaffenes. Aber auch in dieser eng gefassten Definition kommet kein Mensch daran vorbei, weil man sogar Dumpfbackensendungen im Privatfernsehen dazu zählen müsste.
Für mich sind gute Bücher, gute Musik und gute Filme oder Dokumentationen und auch Kabarett und Satire besonders wichtig. Ich kann sogar etwas anfangen mit Theater, Konzert oder Sportveranstaltungen. Nur Fankultur ist mir suspekt und macht mir gelegentlich sogar Angst (jüngst bei Maradona).
Ich danke dir recht herzlich für deine tiefe Betrachtungsweise. Und wenn du die Fans extra ansprichst, da ist keineswegs alles Kultur - Fanatismus schließt eigentlich Kultur völlig aus :-)
Guten Tag!
Kultur gehört sicherlich dazu, aber ich bin kein Intellektueller und möchte auch keiner sein - Kultur ist für mich nicht gleichbedeutend mit "Dingen, die Intellektuelle oder solche, die sich für intellektuell halten, so machen" oder was man sich drunter vorstellt. Bei Kunst und so kann ich nicht mitreden, bei E-Musik auch nicht und bei schwerer Literatur auch nicht. Ich muss auch nicht in Museen oder sonst wo hin - das interessiert mich nur bedingt, denke nicht ein schlechterer Mensch deswegen zu sein. Wir kriegen beim Bügeln alles glatt und dafür brauche ich keine Theater- oder Kunstabende, bei denen ich sowieso fehl am Platze fühlen würde. Bei Kabarett und Co. kann ich kaum mitreden, nur vereinzeltes finde ich gut, ich mochte etwa Dieter Hildebrandt.
Was mir wichtig ist, sind primär die Traditionen meiner aus Jugoslawien stammenden Vorfahren und dass ich diese dort, wo es passt, aufrecht erhalte. Das muss die Allgemeinheit gar nicht so genau wissen, viele dürften es nicht verstehen, aber es gehört dazu. Man kann nie verleugnen, wo man herkommt und wer man ist.
Deswegen schreibe ich hier auch genau so, wie ich spreche... im Grunde genommen ist sogar das (Lebens-)Kultur, wenn man einfach ist, wie man ist.
Meinem Freundeskreis nach zu urteilen bin ich ein Osteuropäer, der sich für ältere Autos interessiert und gern an ihnen bastelt, am Musikhören seinen Spaß hat, es gerne gemütlich mag und kein wilder Partylöwe und kein Stammtischbruder ist, sondern eher der Typ, der mit seinen engsten Freunden, seiner Freundin und seiner Familie so richtig Spaß hat. Und was bin ich im wahren Leben? Richtig: Ich bin ein Osteuropäer, der sich für ältere Autos interessiert und gern an ihnen bastelt, am Musikhören seinen Spaß hat, es gerne gemütlich mag und kein wilder Partylöwe und kein Stammtischbruder ist, sondern eher der Typ, der mit seinen engsten Freunden, seiner Freundin und seiner Familie so richtig Spaß hat. Und das ist für mich eine eigene Form von Kultur - ich kann sein, wie ich bin und ich finde das gut. Ich höre manchmal auch gern Schlager, lese durchaus Bild und BamS oder sehe mir RTL II und Co. an, mag Fußball, platte Witze, Grillen mit Freunden, dumme Sprüche aller Art, unnützes Wissen, Kalkofes Mattscheibe und DVD-Abende.
Zum ersten Abschnitt: Rainhard Fendrichs "Zeitgeisterfahrer" nehmen genau das auf die Schippe, was ich versucht habe anzusprechen. Das ist Musik, die ich gut finde, die mich abholt und dir mir Spaß macht.
Oliver Kalkofe feiere ich auch immer wieder.
Ist für mich auch neben der heute show oder Extra 3 eine gute Abhilfe um den täglichen TV oder Politik Wahnsinn zu ertragen.
Bin jetzt aber auch ab 4. Dezember auf Binge Reloaded bei Amazon Prime gespannt. Das ist der Nachfolger von Switch – TV gnadenlos parodiert! (1997-2000) und Switch Reloaded (2007-2012):
https://de.wikipedia.org/wiki/Binge_Reloaded
Mit den besten Grüßen
SANY3000
Formate wie die Heuteshow usw. mag ich zugegeben gar nicht, aber Kalkofe ist in Ordnung und - was ich sehr mag - nicht so politisch wie andere Formate und Komiker seiner Zunft. Er ist einfach nur zynisch, witzig und scheint auch menschlich sehr sympathisch zu sein.
Kultur gehört zum Leben, aber das heißt für mich nicht Konsum von allerlei Produkten selbsternannter Künstler. Ich gehe in Museen, ich interessiere mich für Architektur und historisches ländliches Leben, lese viel, mache Musik, außer dem Chor ist davon kaum etwas durch Corona eingeschränkt. da ich eh nicht jede woche ins Museum gehe, sondern davon auch lange etwas habe.
Ich erinnere mich an wunderbare Gemälde. Was es so in Galerien gibt, gibt mir meistens gar nichts, außer dass sich jemand produziert und das "Kunstwerk" sagt nur "ich bin ganz toll und mache etwas individuelles".
Kultur ist sehr wichtig aber nicht das Geschäft damit.
Ich danke dir für deine Antwort - was ich in der Dresdner Gemäldegalerie sehe, gibt mir aber doch etwas - deshalb gehe ich meist einmal im Jahr und zahle auch dafür :-)
Meine Lieblingsausstellung hier ist zu. Aber ich habe auch noch Bilder aus dieser besonderen Ausstellung vor Augen: https://www.kunstforum.de/artikel/entartete-kunst/
Mit Galerien meine ich vor allem Verkaufsgalerien, die es hier wie Sand am Meer gibt.
"Kultur ist sehr wichtig aber nicht das Geschäft damit".
Das empfinde ich als einen tollen und wichtigen abschließenden Punkt in deiner Antwort, denn in dem Moment wo Kunst kommerzialisiert wird, ist sie in manchen Fällen nur noch halb so bedeutend oder besonders. Sie verliert dadurch manchmal einfach ihren Reiz und wirkt mehr erzwungen. Es gibt wahrscheinlich so viele kleine kunstvolle Werke, die sich nie als Kunst bezeichnen würden und viele große überwertete Werke, welche die Bezeichnung vielleicht gar nicht verdient haben.
Mit den besten Grüßen
SANY3000
Hallo, meine liebe Freundin Spielwiesen,
unabhängig davon, das mir sehr gut bekannt ist, wie Du zum Thema KULTUR stehst und darüber auch sehr gut Bescheid weißt, danke ich Dir aber auch für Deine Informationen und schönen Angaben über Hans Marchwitza, von dem ich bisher leider viel zu wenig wusste.
Ich wünsch Dir noch einen recht schönen Abend und alles erdenklich Gute, von Deinem Plawöpfchen.
Morgen werde und kann ich höchstwahrscheinlich bei der GuMo nicht mit dabei sein, denn wir sind gleich früh unterwegs, so wie wir Berliner zu sagen pflegen, wir sind ' j . w. d. '