Habt ihr so etwas schon einmal erlebt?
Hey ihr,
ich habe vor rund zwei Wochen den Stall gewechselt. Wie ihr wisst, stand mein Großer zuvor in einer gemischten Gruppe und wir hatten allerlei Probleme (siehe vorherige Fragen). Er war unter Dauerstress, schrie und tänzelte, sobald ich ihn aus der Herde holte, war unkonzentriert bei der Arbeit. Am Anbinder nur am Herumtänzeln, ich konnte ihn nicht putzen, nicht die Hufe auskratzen, musste eine Kette kaufen zum Anbinden, da er sich mit einem normalen Strick entweder irgendwann erdrosselt hätte oder (und das war die Realität) diese nacheinander zerstörte, weil er immer nur zu der Herde wollte. Bzw. zu einer Stute. Und dann stand auch noch die Wallachgruppe nebendran. Ich hätte kein Problem damit gehabt, ihn in diese zu stellen, aber die Stallbesi meinte, dass wir bis zum Frühjahr warten und schauen sollten, wie es wäre, wenn die Koppeln geöffnet würden.
Ich hatte alles ausprobiert. Mönchspfeffer, Beruhigungsmedallions etc. nichts hat geholfen. Nervlich war ich echt am Ende, hatte schon überlegt, ihn zu verkaufen. Bis ich dann letztendlich die Reißleine gezogen habe.
Jetzt steht er in einer Wallachgruppe mit rund 20 anderen Pferden und, was soll ich sagen, noch am Tag des Umzugs war er dort tiefenentspannt. Kein hysterisches Geschreie, weil die anderen um ihn herum die Liegehalle verließen, während er in der Integrationsbox stand, kein Herumgerenne in der Box, weil er unbedingt zu den anderen wollte, nichts. Auch am Anbinder konnte ich ihn von Tag 1 an mit einem normalen Strick anbinden. Er ist tiefenentspannt.
Ich hatte auf eine positive Wendung gehofft, unsere Osteo hatte uns den Stall empfohlen und meinte, dass es ihm guttun würde, aber ich war und bin total baff. Er ist ein komplett anderes Pferd. Auch von den anderen weg führen ist kein Problem. Ab und an wiehert er, aber es ist nicht panisch, er tänzelt auch nicht um mich herum. Egal wo wir hingehen, er ist tiefenentspannt. Führanlage allein: Kein Problem, Halle allein: Kein Problem, Außenplatz allein: Auch an sich kein Problem (er hat nur ein wenig Angst vor den Eseln der Hofbesitzer, die sind ihm zu spooky).
Lange Rede kurzer Sinn: Habt ihr so einen krassen Wandel schon einmal erlebt und meint ihr, das bleibt so? Ich weiß, niemand kann das vorhersagen, aber ich habe schon Bammel, dass er irgendwann wieder der wird, der er im alten Stall war.
Kurze Zusammenfassung der beiden Ställe:
Alt:
- Paddockbox (nachts, tagsüber Koppelgang)
- 10 bis 12 Pferde in Summe (inkl. Wallachgruppe)
- kleine Reithalle, Außenplatz, Longierzelt
Neu:
- Offen-/Aktivstall
- Zwei Hallen
- Eine Führanlage
- große Wallachgruppe (rund 20 Tiere)
- Ein Außenplatz
- Ein Longierzirkel
Bin auf eure Erfahrungswerte und Meinungen gespannt.
Liebe Grüße
Eure Keks
P.S.: Sorry für den langen Text :)
7 Antworten
Ich befürchte, dass das Problem ganz fix wieder auftauchen wird, wenn dein Pferd erst mal Teil dieser neuen Herde ist! Das ist er eben nach zwei Wochen halt noch nicht. Sobald er das aber ist, kann es wieder zum "Kleben" kommen, also, dass er panisch wird, wenn er von seiner Herde weg soll!
Die Ursachen dahinter sind vielfältig, haben aber viel damit zu tun, dass Pferde, die sich so verhalten, unsicher sind und deshalb Schutz, Nähe und Verständnis bei Artgenossen suchen. Sie verhalten sich letztendlich wie Fohlen, weil sie nicht gelernt haben, auch mal zeitweise allein ohne Artgenossen zurecht zu kommen.
Somit solltest du gerade jetzt dich nicht freudig zurücklehnen und entspannen, weil er plötzlich so "anders" ist, sondern umso intensiver daran arbeiten, dass er all das nachholt, was er zu Beginn seines Lebens dort vermutlich noch nicht gelernt hat! Hierfür wäre es sehr sinnvoll, wenn du dir professionelle Unterstützung - also eine/n gute/n Trainer/in - suchst und dann kleinschrittig daran arbeitest, dass er auch ohne Artgenossen sicher und gelassen bleibt.
Nicht beobachten, aktiv an der Verbesserung arbeiten, ab sofort!
Ich werde tätig, wenn ich merke, dass es wieder anfängt.
Nicht jedes Pferd verträgt Gemische Herden. Ich erlebe das oft mit Pferden, die neu zu uns kommen (wir halten Stuten und Wallache strikt getrennt), dass die Besitzer sich auf einmal wundern wie entspannt ihre Pferde sein können. Natürlich trägt auch das Mehr an freier Bewegung ihren Teil dazu bei, aber eben auch die Herdenkonstellation, Fressplatzgestaltung und nicht zuletzt einfach die Atmosphäre am Stall an sich spielen eine Rolle.
Wir haben beispielsweise einen Wallach aus einem Aktivstall (Gemische Herde mit 25 Pferden) bei uns als Einsteller übernommen. Der Besitzerin wurde im Aktivstall mit der Aussage gekündigt dass ihr Pferd nicht Herdenkompatibel sein sollte. Er war angeblich hoch aggressiv, ging auf die anderen Pferde los und war kaum zu Händeln. Er kam bei uns in eine kleine Wallachgruppe mit 4 Pferden ohne Stuten in Sichtweite und war vom ersten Tag an Zuhause. Von Aggressivität keine Spur. Der Bub steht nun seit einem Jahr bei uns - nach wie vor ist er ein prima Pony und inzwischen auch von kleinen Kindern problemlos händelbar.
also ja: eine Haltungsumstellung kann oft mehr bewirken als man denkt.
Ja, ich habe schon erlebt, dass ein Pferd sich in einer neuen Herde in einem Jahr kaum einleben konnte, und in einem neuen Stall ruckzuck daheim war.
Ich bin halt einfach nur baff, weil man liest und hört ja immer, dass ein Umzug Stress ist und Pferde lange zum Eingewöhnen brauchen, sich anders verhalten als vorher (im negativen Sinne etc.). Hätte nie gedacht, dass es bei ihm so krass ist.
Pferde sind doch auch „nur Menschen“…😉
Mir fällt grade ein weiteres Beispiel ein: ein Pferd für schnelle Hinterhufe bekannt, als es in den Stall kam, wo ich aushilfsweise ausmiste. Nach ein paar Wochen wunderte man sich, dass ich so „übervorsichtig“ mit dem Tier war - die flotte Hinterhand war bereits vergessen, weil das Pferd sich hier in seiner Paddockbox so wohl fühlte, dass es vollkommen friedlich geworden war.
In beiden Fällen waren die positiven Veränderungen dauerhaft.
Ja, bei meinem Pony…
Sie ist zwar eine Stute, doch steht lieber nur mit Wallachen zusammen, was sie früher aber nicht getan hat, sondern in einer gemischten Herde, wo sie immer sehr für Unordnung innerhalb der Herde gesorgt hat (austreten, beißen…) Inzwischen steht sie zwar in einer Herde mit einer Stute (doch mit der versteht sie sich) und sonst nur mit Wallachen und seid ihr das so ist ist sie so ein Lämmchen geworden, keines der alten Problemchen mehr! Früher haben wir auch wirklich alles zugefüttert und probiert was geht, ohne Erfolg…
Es gibt beide Versionen, von Einzug und absoluter Traum bis zu absoluten Albtraum.
Hängt immer auch von der jeweiligen Herde ab.
Wir stecken "Probleme" oft zu unseren Rückern und eigenen Pferden.
Die sind schlicht anders Aufgestellt.
Bisher finde ich keine Anzeichen, dass dieses Verhalten zurückkehren würde. Im alten Stall war er von Tag 1 an so. Aber ja, ich werde das weiter beobachten.