Meinung des Tages: Nach Rassismus-Parolen auf Sylt: Welche Konsequenzen wären Eurer Meinung nach angebracht?

Vor wenigen Tagen sorgte ein Video, in dem Partygäste auf Sylt ausländerfeindliche Parolen singen, bundesweit für Entsetzen. Inzwischen ermittelt u.a. der Staatsschutz...

Was ist passiert?

Am vergangenen Donnerstag wurde im Internet ein Video geteilt, das bundesweit für Aufsehen gesorgt und die sozialen Netzwerke am Wochenende klar dominiert hat. Zu sehen sind junge Erwachsene, die im Promiclub "Pony" auf der Ferieninsel Sylt ausgiebig zu Gigi D'Agostinos "L'amour toujours" feiern.

Ein paar der Feiernden singen die ausländerfeindliche Parole "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!". Einer der Partygäste hebt zudem den rechten Arm zum Hitlergruß und formt mit seinen Fingern über dem Mund einen Hitlerbart. Bereits kurz nach Veröffentlichung im Internet schlug das Video hohe Wellen...

Erste Reaktionen

Sowohl auf X als auch auf Tik Tok entwickelte sich der Hashtag #sylt binnen weniger Stunden zum Spitzenreiter. Viele Nutzer reagierten entsetzt und verurteilten die stumpfen, fremdenfeindlichen Parolen zutiefst. Innenministerin Nancy Faeser und weitere Politiker zeigten sich ebenso schockiert. Die Innenministern fragte sich, welches hasserfüllte Klima diese Menschen dazu ermutige, derartige Parolen zu brüllen. Die Sylter Gemeinden betonten in einer gemeinsamen Erklärung die Weltoffenheit der beliebten Ferieninsel und bezeichneten die Parolen als "abstoßend und vollkommen inakzeptabel".

Der Betreiber des Clubs distanzierte sich ebenfalls und drohte mit rechtlichen Schritten. Ferner erteilte er den Personen lebenslanges Hausverbot. Kritik, dass seitens von Security nicht eingegriffen wurde, wies er mit Blick auf die Lautstärke der Musik jedoch zurück.

Konsequenzen für die Beteiligten

Nachdem die gefilmten Personen schnell identifiziert werden konnten, wurden die Klarnamen der Beteiligten von zahlreichen Internetnutzern in den sozialen Netzwerken veröffentlich und geteilt. Darüber hinaus wurden die Arbeitgeber der Beschuldigten gezielt angeschrieben und via Bewertungsplattformen negativ bewertet. Mittlerweile sollen drei der Personen ihren Job verloren haben.

Mögliche juristische Folgen

Der jüngste Vorfall auf Sylt war nicht der erste seiner Art: Bereits seit einiger Zeit erfreut sich der berühmte Hit von Gigi D'Agostino innerhalb rechtsextremer Kreise größter Beliebtheit. Der zur "Remigrationshymne" umfunktionierte Song wurde in den vergangenen Wochen immer wieder in Discos, auf Erntedank- und Volksfesten oder Fußballstadien gesungen. Seitdem häufen sich Nachahmungsfälle auf Plattformen wie Youtube und Tik Tok.

Da die Parole "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!" nicht eindeutig ist, sind die juristischen Folgen aktuell unklar. So hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem Fall entschieden, dass die Parole "Ausländer raus" alleine nicht die Menschenwürde verletzt und von der Meinungsfreiheit gedeckt sei.

Zentral für eine mögliche Verurteilung wegen Volksverhetzung sei vor allem der Kontext, in dem die Äußerung getätigt wurde. Der bekannte Medien-Anwalt Christian Solmecke, mit dem wir in der Vergangenheit schon ein Themenspecial durchgeführt haben, rechnet vor allem damit, dass der Veröffentlicher des Videos als auch der Mann, der den Hitlergruß imitiert hat, klar juristisch zur Rechenschaft gezogen werden können. Im letztgenannten Fall würde der Art. 86a greifen.

Für die gesungene Parole hält er eine erhebliche Geldstrafe für alle Beteiligten zudem für recht wahrscheinlich.

Bagetellisierung der Äußerungen

Neben viel Kritik gab es im Netz allerdings auch einige Stimmen, die das Verhalten der Feiernden beschwichtigen und auf den Alkoholeinfluss zurückführen wollten. Die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung warnte davor, dass sich rassistische Äußerungen wie diese weiter in alle Milieus und Altersgruppen hineinfräse und von vielen bagatellisiert und salonfähig gemacht werden würden.

Unsere Fragen an Euch:

  • Welche Konsequenzen sollten für die Beteiligten folgen - ist die vermutete Geldstrafe ausreichend oder zu viel/zu wenig?
  • Findet Ihr es gerechtfertigt, dass Klarnamen veröffentlicht und die Arbeitgeber angeschrieben wurden?
  • Teilt Ihr die Sorge vor einer möglichen Bagatellisierung?
  • Was sollte gesellschaftlich getan werden, um die Salonfähigkeit solcher Äußerungen einzudämmen?
  • Wo endet Eurer Meinung nach die Meinungsfreiheit?

Wir freuen uns auf Eure Antworten.

Viele Grüße

Euer gutefrage Team

Quellen:

https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/sylt-handyvideo-rassismus-reaktionen-100.html

https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Nazi-Parolen-auf-Sylt-Pony-Betreiber-erhalten-Morddrohungen,sylt1666.html

https://www.abendblatt.de/region/schleswig-holstein/sylt/article242405660/sylt-rechtsextremismus-nazis-skandal-party-pony-kampen-pfingsten-auslaender-raus-gigi-dagostino-nazis-2.html

https://www.die-anwalts-kanzlei.de/auslaender-raus-gigi-dagostino-strafbar/

https://www.youtube.com/watch?v=cMzj5VgntuE

https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/sylt-lokal-video-rassistische-parolen-100.html

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Meinung des Tages: Islamistische Demos in Hamburg - wie kann und soll der Rechtsstaat auf derartige Tendenzen reagieren?

Vor wenigen Wochen erst sorgte eine Demonstration von Islamisten in Hamburg für Aufregung. Auch an diesem Wochenende gingen in der Hansestadt wieder zahlreiche Menschen auf die Straße. Hier stellt sich auch die Frage danach, wie sich der Staat gegen derartige Bestrebungen zur Wehr setzen kann...

Islamistische Demonstrationen in Hamburg

Ca. 2.300 - zumeist männliche - Demonstranten sind am vergangenen Wochenende dem erneuten Aufruf der islamistischen Gruppierung "Muslim Interaktiv" gefolgt und haben an einer Großdemonstration in Hamburg teilgenommen. Unter großer Polizeipräsenz versammelten sich die Teilnehmer in der Nähe des Hauptbahnhofs.

Als Reaktion auf eine Demo vor wenigen Wochen galten für die Protestierenden dieses Mal strenge Auflagen: Die Kundgebung durfte ausschließlich stationär und nicht als Demonstrationszug stattfinden. Zudem war es - wie bereits Ende April - verboten, zu Hass und Gewalt aufzurufen, das Existenzrecht Israels zu leugnen oder israelische Flaggen zu verbrennen. In Kontrast zur ersten Demo sollte es zwischen den Teilnehmern zudem keine Geschlechtertrennung geben.

Als gewichtigster Einschnitt dürfte allerdings das Verbot, ein Kalifat in Deutschland in Wort, Schrift oder Bild zu fordern, gewertet werden. Bei den Demos vom 27. April trugen zahlreiche Teilnehmer Plakete mit Schriftzügen wie "Kalifat ist die Lösung" oder "Deutschland = Wertediktatur", was in ganz Deutschland und parteiübergreifend für großes Entsetzen gesorgt hat.

Die Demonstration am Wochenende verlief weitgehend friedlich. Die Organisatoren rieten den Teilnehmern, sich nicht mit Vertretern der Presse zu unterhalten. Auf jeglichen mitgebrachten Plakaten waren dieses Mal Schriftzüge wie "Censored" oder "Verboten" zu lesen.

Die Reaktion der Innenministerin

Unmittelbar nach der ersten Demo Ende April forderten zahlreiche Politiker das Verbot einer weiteren Kundgebung sowie das Verbot der vom Verfassungsschutz beobachteten Gruppierung "Muslim Interaktiv". Diese ist vor allem auf Social-Media aktiv und erreicht mit ihren Inhalten via Tik Tok, Instagram und Facebook eine große Menge an zumeist jungen Menschen.

Innenministerin Nancy Faeser drohte mit allen Mitteln des Rechsstaats und verwies darauf, dass Menschen, die "lieber in einem Kalifat und damit in der Steinzeit leben [wollen], [...] gegen alles [verstoßen], wofür Deutschland steht." Weiter erwähnte sie, dass wir "unsere Verfassung mit den Mitteln unserer Verfassung" gegen derartige Forderungen und Strömungen vehement verteidigen würden.

Die Suche nach dem adäquaten Umgang

Justizminister Marco Buschmann erachtet die Forderungen nach einem Kalifat in Deutschland zwar als absurd, sieht darin jedoch nicht zwingend einen Fall für die Justiz. Laut Bundesverfassungsgericht muss eine absurde Meinung / Äußerung, die dem Grundgesetz sogar widerspricht, im Sinne des geistigen Meinungskampfes ertragen werden, sofern keine konkreten Anstalten zur Beseitigung der bestehenden Ordnung und Rechtsgüter vorliegen.

Ein Verbot von "Muslim Interaktiv" sei zudem nur zu bewerkstelligen, wenn die hohen rechtlichen Voraussetzung vollends erfüllt sind. Der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß forderte ein schärferes Vorgehen gegen vergleichbare Gruppierungen und warf der Ampel-Regierung vor, den radikalen Islam tendenziell eher zu verharmlosen. Laut FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle müssten insbesondere Ausländer, deren Aufenthalt die freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährde, konsequent ausgewiesen werden.

Eventuelle Abschiebungen täuschen allerdings über die Tatsache hinweg, dass ein Gros der Teilnehmer oder Redner wie der Lehramtsstudent Raheem Boateng deutsche Staatsbürger sind und demzufolge nicht ausgewiesen werden können. Vor allem die Gefahr von Social-Media für junge Muslime in Deutschland werde seitens der Politik darüber hinaus weiterhin nicht ernst genug genommen.

Unsere Fragen an Euch:

  • Wie sollte sich der Rechtsstaat gegen derartige Tendenzen zur Wehr setzen?
  • Wie erklärt Ihr Euch die Anfälligkeit mancher Deutscher mit Migrationshintergrund für derartige Strömungen?
  • Welche (Bildungs-)politischen Maßnahmen wünscht Ihr Euch, damit junge Muslime vor radikalen Positionen wie diesen geschützt werden?
  • Welche Reaktion der Abgrenzung / Kritik wünscht Ihr Euch von gemäßigten Muslimen in Deutschland?
  • Würdet Ihr die Forderung nach einem Kalifat bereits als konkrete Gefahr für die bestehende Ordnung werten?
  • Sollten religiöse Inhalte in Apps wie Tik Tok / Instagram komplett ausgeblendet werden?

Wir freuen uns auf Eure Antworten.

Viele Grüße

Euer gutefrage Team

Quellen:

https://www.tagesschau.de/inland/islamisten-hamburg-demo-102.html

https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/islamisten-demo-in-hamburg-hunderte-teilnehmer-a-538f2507-314e-48e0-be75-2a93fb631b7e

https://www.sueddeutsche.de/politik/hamburg-demo-kalifat-islamisten-muslim-interaktiv-faeser-1.6705485

https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/islamismus-tiktok-verfassungsschutz-radikalisierung-muslime-100.html

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Thüringer AfD-Landtag möchte parteiinterne Kritiker ausschließen. Was sagt dies über das Verhältnis von AfD Thüringen zur Meinungsfreiheit?

Ein paar Kommunalpolitiker der AfD in Thüringen möchten ein Parteiausschlussverfahren gegen Björn Höcke anregen, Höcke verhalte sich narzistisch, lasse parteiinterne Kritiker ausschließen usw.. Der Landtag der AfD in Thüringen beantragte daraufhin gegen 9 Mitglieder der AfD ein Parteiausschlussverfahren und entzog prompt 7 von ihnen die Mitgliedsrechte.

Die AfD redet so gern von Meinungsfreiheit, wobei übelste Beleidigungen gegenüber anderen als Kritik dargestellt werden. Kritik an Führungspersonen der AfD scheint dagegen ungern gesehen und hart bestraft zu werden.

Update vom 17. Mai, 12:00 Uhr: Thüringens AfD-Vize Torben Braga hat Andeutungen von AfD-Kommunalpolitikern über einen möglichen Parteiausschluss von Landesparteichef Björn Höcke als „absurd“ bezeichnet. „Die Forderung ist absurd, weil die Mitglieder aus verschiedenen Gründen nicht antragsberechtigt sind“, sagte Braga am heutigen Freitag der Deutschen Presse-Agentur.
Braga sagte, dass gegen insgesamt neun AfD-Mitglieder aus der Region ein Parteiausschlussverfahren beantragt wurde. Zugleich habe der Landesvorstand die „sofortige Entziehung der Mitgliedsrechte“ von sieben dieser Personen beschlossen. Dies gelte bis zu einer Entscheidung des Schiedsgerichts. Die Betroffenen dürften damit nicht an Parteitagen teilnehmen und seien auch nicht antragsberechtigt beim Schiedsgericht. Die Forderung nach einem Parteiausschluss von Höcke gehe also ins Leere, sagte Braga.
Jörg Gasda, Bürgermeisterkandidat der AfD für Rudolstadt, äußerte gegenüber der Zeitung: „Wir fordern seinen Rücktritt und bereiten dazu etwas vor.“ Bislang mussten alle, die Höcke nicht genehm waren, die Partei verlassen. Höcke umgibt sich hauptsächlich mit Ja-Sagern. „Das sind Leute, die morgens mit Bier an der Tankstelle stehen“, so Gasda.

https://www.fr.de/politik/kommunalwahlen-bjoern-hoecke-afd-politiker-thueringen-ruecktritt-ausschluss-umfragen-waehler-zr-93075865.html

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