Woher weiß man ob eine Redoxreaktion oder eine Säure Base Reaktion vorliegt?

2 Antworten

In Salzsäure gibt es praktisch keine HCl-Moleküle, eben weil HCl eine so starke Säure ist. Das Teilchen, was für die saure Wirkung und auch für die oxidierenden Eigenschaften verantwortlich ist, ist das Oxonium.
Deshalb ist die Art der (ursprünglichen) Säure egal, was zählt ist der pH-Wert, also die Oxonium-Konzentration.

Vielleicht hilft es, das Ganze gedanklich aufzuteilen:

  1. HCl reagiert in einer Säure-Basen-Reaktion: HCl + H₂O -> Cl⁻ + H₃O⁺. Dabei ändert sich keine OZ.
  2. Das Oxonium reagiert mit dem Zink 2 H₃O⁺ + Zn -> H₂ + 2 H₂O + Zn²⁺. Dabei wird Wasserstoff von +1 zu 0 reduziert und Zink von 0 zu +2 oxidiert.

Hallo89936 
Fragesteller
 01.12.2021, 19:10

Ändert sich aber nicht die OZ von CL bei HCL +1 zu -1 bei Cl-?

0
ThomasJNewton  01.12.2021, 20:12
@Hallo89936

Nein, im HCl hat H die OZ +1 und Cl -1. Dass eine Säure-Basen-Reaktion keine Redoxreaktion ist, gilt für 98 % der Chemie und für 99 % der Schulchemie.

2
willi55  06.12.2021, 16:35
@Hallo89936

HCl ist ein polares Molekül. Die EN von H beträgt 2,1 und die von Cl 3,0. Bei den Oxidationszahlen wird das teilweise negative Atom ganz negativ. Bei HCl ist also bereits H mit der OxZ +I und Cl mit der OxZ -I vorhanden. In wässriger Lösung zerfällt HCl unmittelbar in H+ und Cl-, wobei sich die Oxidationszahlen nicht ändern. OxZahlen notiert man übrigens mit römischen Zahlen... (außer 0, die es bei römischen Zahlen nicht gibt).

1
ThomasJNewton  06.12.2021, 18:46
@willi55

Die OZ schreibt man mit römischen Zahlen, wenn man sie über den Atomen notiert, damit keine Verwechselungsgefahr mit den Ladungen besteht.
Im Freitext ist römisch und arabisch erlaubt und gebräuchlich.

1
Von Experte ThomasJNewton bestätigt

H⁺ ist, zumindest in der Brønsted-Definition, das Teilchen, das eine Säure oder Base definiert: Wer es abgibt, der ist eine Säure, und wer es aufnimmt, der ist eine Base.

Gleichzeitig ist H⁺ auch ein Oxidationsmittel, denn es kann ein Elektron aufnehmen und zu H₂ werden. Das geschieht mit vielen hinreichend starken Reduktionsmitteln, insbesondere unedlen Metallen.

Zwischen diesen beiden Fällen kann man also unterscheiden, wenn man beachtet, daß einmal das H⁺ übertragen wird (=von einem Teilchen zu einem anderen wan­dert) und das andere Mal das H⁺ einem Teilchen das Elektron entreißt. Für die Schu­le und auch noch ein schönes Stück ins Studium ist diese Regel ausreichend.

Diese Unterscheidung ist aber nicht narrensicher, denn die folgende Reaktion ist ein unlösbares Rätsel:

H⁺ + H⁻ ⟶ H₂

Vereinigt sich hier ein H⁺ (sauer) mit einem H⁻ (basisch) zu H₂, oder entreißt das H⁺ dem H⁻ ein Elektron? Das läßt sich nur schwer sagen, und selbst falls man es me­cha­nistisch aufklären könnte, müßte man damit rechnen, daß der Mechanismus von den Re­ak­tions­bedingungen abhängt. Es gibt noch mehr solche Problemfälle; in den folgenden Beispielen mit für die Wasserstoffverbindung links die Oxidationszahl des H gleich −I, wenn man sie wie gewohnt aus den Regeln mit Elektronegativität her­lei­tet, aber die Reaktionen verhalten sich wie typische Säure-Base-Reaktion:

H₂Te + H₂O ⟶ HTe⁻ + H₃O⁺
H₂Fe(CO)₄ + H₂O ⟶ HFe(CO)₄⁻ + H₃O⁺

Letztlich muß man anerkennen, daß die Unterscheidung zwischen Redoxreaktionen und Säure/Base-Reaktionen eine künstliche ist. In weiten Bereichen der anorgani­schen Chemie funktioniert das und bringt ein einfaches Schema in die Dinge; dort, wo es nicht funktioniert (z.B. im Großteil der organischen Chemie), denkt man da­ge­gen in an­de­ren Kategorien.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik

Hallo89936 
Fragesteller
 01.12.2021, 19:07

Vielen Dank für deine Zeit und die ausführliche Antwort!

0