Wieso ist man sich so sicher, dass Raptoren keine Allesfresser waren?

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Also wann genau die Blütenpflanzen im engeren Sinn, die Angiospermen, auftauchten, ist nicht genau klar. Erste fossile Nachweise gibt es aus der Zeit des Oberjura und der Frühkreide. Pollen, die man Angiospermen zuschreiben könnte, datieren jedoch bereits aus der Zeit der Trias. Auch molekulare Daten (molekulare Uhr) konnten bisher keine Klarheit schaffen. In der Kreidezeit hat es jedenfalls aber schon Blütenpflanzen gegeben, und damit auch Früchte. Theoretisch hätten Raptoren also Früchte fressen können.

Wenn man wissen will, was ein Tier gefressen haben könnte, schaut man sich zuerst mal das Gebiss oder den Schnabel an, getreu dem Motto "form follows function." Das Gebiss eines Pflanzenfressers erfordert andere Anpassungen als das eines Fleischfressers. Dasselbe gilt für Schnäbel. Du hast natürlich völlig recht, dass man zum Früchtefressen nicht unbedingt Zähne braucht. Das geht auch mit einem Schnabel. Dennoch sehen die Schnäbel von Früchtefressern (z. B. Tukanen) ganz anders aus als die Schnäbel von Beutegreifern wie Greifvögeln, Eulen oder Falken. Schauen wir uns das Gebiss der Raptoren an, dann sehen die Zähne so aus, wie sie für Fleischfresser typisch sind. Das ist schon einmal der erste Hinweis darauf, was Raptoren gefressen haben.

Tatsächlich sagt uns der Bau des Gebisses aber erst einmal nur etwas darüber aus, an welche Nahrung eine Art angepasst war bzw. ist. In welcher Menge sie diese dann verzehrt hat und ob das wirklich auch die Hauptnahrung gewesen ist, darüber sagt uns der Bau des Gebisses und der Zähne allein nichts. Verlassen wir uns nur darauf, kann es uns sogar in die Irre führen. Ein Beispiel dafür ist die Entdeckung von Paranthropus boisei in den 1950er Jahren. Dieser frühe Verwandte des Menschen zeichnete sich durch besonders große Backenzähne und einen robusten Kiefer aus wie er bislang bei keinem anderen Hominiden gefunden wurde. Mit diesem "Nussknackergebiss" muss P. boisei hervorragend in der Lage gewesen sein harte Samen wie eben Nüsse aufbrechen zu können. Lange ging man deshalb davon aus, dass P. boisei sich hauptsächlich von Nüssen ernährt hat. Heute weiß man, dass das gar nicht stimmt. Was eine Art frisst, hängt nämlich nicht nur davon ab, an welche Nahrung sie angepasst ist, sondern auch davon, welche Art von Nahrung überhaupt verfügbar ist. Der Pandabär (Ailuropoda melanoleuca) beispielsweise hat wie alle Raubtiere ein typisches Raubtiergebiss, ernährt sich aber fast nur von Bambus (wie übrigens mit Ausnahme des Eisbären fast alle Bären überwiegend Pflanzen fressen). Neuere Untersuchungen haben ergeben, dass P. boisei trotz seines Nussknackergebisses ein Weidegänger war. Wie ein Gnu oder ein Zebra aß er vorwiegend Gräser. Wie konnte man das herausfinden?

Dafür gibt es prinzipiell zwei Methoden. Erstens kann man sich die Oberfläche der Zähne genau anschauen. Je nachdem, was zuletzt gegessen wurde, hinterlässt die Nahrung unterschiedliche Abnutzungsmuster. Bei Fleischfressern und Grasfressern finden sich z. B. vorwiegend parallel zueinander verlaufende Rillen, bei Nussknackern oder Knochenbrechern hinterlässt die Nahrung eher eine unregelmäßige Kraterlandschaft. Bei P. boisei zeigte sich, dass die Abnutzungsmuster parallele Rillen sind, keine Krater, wie man sie z. B. bei der verwandten Art Paranthropus robustus fand.

Zweitens kann man sich das Zahninnere ansehen und die Isotopen darin bestimmen. Auch das hat man bei P. boisei gemacht. Und auch hier zeigen die gefundenen Isotopen, dass P. boisei überwiegend Pflanzen fraß, die den C4-Stoffwechsel betreiben - und das sind in den Tropen v. a. die Gräser. Solche Isotopenanalysen kann man auch mit Dinosaurierzähnen durchführen. Man hat anhand der Isotopenmuster von verschiedenen Exemplaren der Art Deinonychus antirrhopus herausgefunden, dass junge Deinonychus sich von anderen Beutetieren ernährten (Frederickson et al. 2020). Es gibt noch weitere Arbeiten, die bestätigen, dass Dromaeosaurier Fleischfresser waren, z. B. Ostrom et al. 1993 und Frederickson et al. 2018.

Außerdem geben manchmal versteinerte Kotproben oder fossil erhaltener Mageninhalt Aufschluss darüber, was Dinosaurier gefressen haben. Der Dromaeosaurier Microraptor etwa fraß wohl u. a. Säugetiere (Hone et al. 2022).

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig
Von Experte gregor443 bestätigt

https://dinodata.de/wissen/dinosaurier_ernaehrung.php

Man Untersucht Kot, Zähne, Aufbau von Mäulern und Schnauzen usw. Die Quelldaten sind alle open access und recht informativ, wenn man sich dafür interessiert.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit 20 Jahren im Bereich Rettungshunde tätig und Tierhalter
MavkaOlive 
Fragesteller
 14.09.2023, 10:32

Auf der Seite steht nichts spezifisches über Dromaesauriden, was daraus hindeuten würde, dass sie nur Fleisch fraßen.

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Jekanadar  14.09.2023, 10:37
@MavkaOlive

Dann geh tiefer. Sieh dir die Quelltexte an und untersuche, wo diese ihre Informationen her haben. Irgendwer wird sich sicher mit dem Thema beschäftigt haben. Zur Not werde selbst aktiv und stelle die Frage direkt den entsprechenden Forschern.

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Diese Einstufung bezieht sich auch die hauptsächliche Nahrung.

Sicher haben die Raptoren in kleinerem Umfang auch anderes gefressen.

Dies ist bei fast allen Tierarten die Regel.

Mit besten Grüßen

gregor443

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Ich denke wohl es liegt eher daran, dass man ja den Mageninhalt von toten Dinosauriern nicht untersuchen kann.

Man kann daher nur eine Aussage über die Hauptnahrung aufgrund des Gebisses machen.

Also bei frühen Menschen kann man durch Untersuchungen der Knochen auf den Anteil schließen, den Fleisch in der Ernährung hatte.

Vielleicht geht das bei Dinosauriern auch.