Welche Städte in Ostdeutschland haben sich seit der DDR nicht mehr verändert?

6 Antworten

Wenn du dich wirklich dafür interessierst, brauchst du nicht nur Infrastruktur und Architektur, du musst in das Leben der Leute "eintauchen". Natürlich geht das nicht mehr live, ich habe aber eine Alternative für dich: Such dir jemanden, der polnisch spricht und dann organisiere dir den polnischen Film "Alternatywy 4". Leider gibt es den nicht auf deutsch, weshalb du einen Übersetzer benötigst. Aus meiner Sicht einer der besten Filme überhaupt! Stammt aus dem Jahre 1983 und zeigt in neun Fernsehfolgen den "Osten", den Sozialismus, wie er wirklich war. Ist dabei nicht so wichtig, dass es nicht in der DDR, sondern in Warschau spielt, das Leben war nicht so sehr unterschiedlich. Vordergründig geht es in dieser irrwitzigen (deshalb natürlich überzeichneten) Komödie um die Errichtung einer typischen Ost-Plattenbausiedlung und begleitet die Bewohner die ersten Monate nach ihrem Einzug während ihres Alltages. In Wirklichkeit war es aber damals DER Straßenfeger in Polen schlechthin (und auch heute kennt JEDER Pole diesen Film!), weil er gerade den sozialistischen Alltag mit all seinen Unzulänglichkeiten fürchterlich auf die Schippe nimmt. - Angefangen von den Plattenbauten, die nach Jahresplan und nicht nach Bedarf errichtet wurden (in Polen wartete man länger und verzweifelter auf eine Wohnung, als in der DDR auf ein Auto), - über die Staatssicherheit, die schon im Rohbau ihre Lauschinstrumente einbaut - dabei natürlich in der falschen Wohnung, - weiter über die Bauleute, die die Häuser fehlerhaft bauten, um mit den Mietern im Nachgang per Schwarzarbeit die Wohnungen zu "sanieren", - bis hin zu zahlreichen Einblicken in die Auswirkung von Mangelwirtschaft (in Polen noch stärker als in der DDR, in Polen mussten Anfang der 1980er Jahre wieder Lebensmittelkarten ausgegeben werden). Die Mangelwirtschaft bestimmte den Alltag, weil alle immer kreativ damit beschäftigt waren, an die benötigten Waren zu kommen, da stand alles andere erst hinten an. Das zeigt der Film ganz wunderbar. Ich finde in diesem Zusammenhang immer wieder am besten, dass im Film u.a. ein Roboter konstruiert wurde, der für alltägliche Hausarbeiten eingesetzt werden konnte, der aber an der sozialistischen Wirtschaft kläglich scheiterte, da es ihm z.B. nicht logisch zu programmieren war, dass er Leberwurst kaufen muss, wenn es gerade diese gibt, obwohl er eigentlich Salami mitbringen sollte. Dem Roboter war die simple Fähigkeit nicht beizubringen, dass er irgendwo später schon jemanden findet, der gerade Leberwurst benötigt und dafür jemanden kennt, der vielleicht noch Salami zu Hause hat ... Zum Brüllen komisch - und doch erkenne ich meine Jugend in der DDR an jeder Ecke dieses Filmes wieder. - Natürlich dürfen auch die ständigen Versammlungen und Gremien, in denen man immer mitarbeiten konnte/musste, im Film nicht fehlen. Es gibt hier die Hausgemeinschaft mit Leitung, die Etagengemeinschaft, den Chor, die Arbeitsgemeinschaft der Rezitatoren u.v.m. Überall mussten sich die Einwohner engagieren - wie im wahren Leben auch.

Insofern ist dieser Film aus meiner Sicht der beste, der einen Einblick in den wirklichen sozialistischen Alltag zeigt. Übrigens auch soweit, dass man sich vorstellen kann, in diesem Irrsinn sein Leben einzurichten - der Film zeigt nämlich überhaupt nicht, dass Sozialismus sofort abgeschafft werden müsste ...

Auf Deutsch gibt es ihn nicht, weil in der alten Bundesrepublik kein Interesse an diesem Thema bestand ("Ist doch nicht lustig, wie die armen Ostler immer in der Mangelwirtschaft leben müssen!"). Für die DDR hingegen war dies absolut ausgeschlossen, so intensiv auf die eigenen Schwächen hinzuweisen, der Film hatte in der DDR niemals eine Sende-Chance!

Er lohnt sich trotzdem unbedingt (oder gerade deswegen) ...

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Habe zwei Jahrzehnte DDR, dann Wende direkt miterlebt.

Huckebein  10.05.2013, 15:26

Welche Städte in Ostdeutschland haben sich seit der DDR nicht mehr verändert?

Deine Antwort geht an der Fragestellung völlig vorbei. Hier waren Städte gefragt, die sich nach der Wende kaum verändert haben und nicht das Leben in der ehemaligen DDR aus deiner und polnischer Sicht. :)

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sajuchriju  10.05.2013, 20:40
@Huckebein

Hallo Huckebein, ich glaube nicht, dass meine Antwort an der Frage vorbeigeht, schließlich möchte der Frager gern, wissen, wie die Menschen früher gelebt haben. Ich lese aus der Frage nicht heraus, dass sich das ausschließlich (und auch nicht vor allem) auf Städte als Architektur bezieht.

Ich würde gerne hautnah miterleben, wie die Menschen in der DDR früher gelebt haben. Daher möchte ich gerne mal eine Reise in die ehemalige DDR machen.

Dass es unveränderte Städte nicht mehr gibt, wurde glaube ich schon hinlänglich beantwortet, also müssen Alternativen her. Lass doch den Frager entscheiden, ob er mit der Antwort was anfangen kann!

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Huckebein  10.05.2013, 23:11
@sajuchriju

Er kann es nicht mehr "hautnah miterleben", wie es war, sondern nur noch wie es ist. Vielleicht wäre das sogar recht heilsam für ihn...

Wer kann mir außer Berlin noch ein paar Städte oder Gemeinden empfehlen, die sich seit der Wiedervereinigung kaum verändert haben? Z.B. Karl-Marx-Stadt (Chemnitz)?

Das war die Frage.:)

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Geh' mal nach Marzahn-Hellersdorf, eine klassische Plattenbau-Stadt in Berlin. Typische DDR-Städte, wo die Zeit stehengeblieben ist, sind Eisenhüttenstadt und Eberswalde an der polnischen Grenze. Das Zentrum von Magdeburg ist teilweise auch noch original DDR.

In Marzahn gibt es sogar eine Museumswohnung (musst du mal googeln).


Huckebein  10.05.2013, 12:41

Das Zentrum von Magdeburg ist teilweise auch noch original DDR.

Wo du das her hast, erschließt sich mir nicht.

Sollte denn alles, was Original DDR ist, abgerissen werden? Das ist nirgends passiert und wäre auch verhängnisvoll für die gesamte Stadt gewesen.:)

Ich lebe seit meiner Geburt in Magdeburg und kann nur feststellen (nicht nur ich), dass Magdeburg sich seit der Wende gravierend verändert hat.

Zum Zentrum von Magdeburg:

Die Originale sind nach der Bombardierung am 16. Januar 1945 stehen gebliebene alte Bürgerhäuser, die aufwändig restauriert und saniert wurden und den Charakter des alten Magdeburg in neuer Ausführung widerspiegeln.

Wenn du die ehemalige Karl-Marx-Str. (jetzt wieder Breiter Weg) meinst, wo die Häuser nicht abgerissen, sondern saniert worden sind, oder die ehemalige Wilhelm-Pick-Allee (Ernst-Reuter-Allee), deren im Sowjetstil gebauten Häuser ebenfalls erhalten wurden (sehr gute Wohnungen übrigens und Blickfang für jeden aus dem Westen (trotz verpöntem "Zuckerbäckerstil" :)), ja, dann ist es noch aus DDR-Zeiten, jedoch saniert.

Meinst du, dass in anderen Städten nach der Wende alles aus DDR-Zeiten Stammende abgerissen und durch Neues ersetzt wurde oder ersetzt werden sollte? Dann hätten wir vielleicht die Plattenbauten bekommen, die du in allen westdeutschen Städten ebenfalls antriffst und rein schon von ihrem äußeren BIld noch "erschlagender" wirken als die Plattennbauten aus DDR-Zeiten.

Ich muss mich sehr wundern, dass jemand wie du, der vielleichrt mal in Magdeburg war, aber diese Stadt nicht in ihrer Entwicklung verfolgt hat, so etwas behauptet. Das gesamte Gebiet um den Bahnhof herum ist neu erstanden und hat mit dem alten Magdeburg nicht die geringste Ähnlichkeit, gottseidank und leider, wenn man die neuen "Glaskästen" betrachtet.

Dass man alle großen Industrieetriebe in Magdeburg platt gemacht hat und aus Magdeburg eine Stadt der Dienstleistungen entstanden ist, sei nur nebenbei bemerkt.

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cherskiy  10.05.2013, 22:42
@Huckebein

Herr Oberlehrer ;-), keep cool! Ich habe lediglich geschrieben, dass man in MD DDR-Architektur bestaunen kann, z.B. Karstadt und die vielen Stalinbauten. Das wollte der fragesteller wissen. Ich habe nicht behauptet dass sich nichts verändert.

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Huckebein  10.05.2013, 23:05
@cherskiy

Karstadt und Stalinbauten sind nicht das Zentrum von Magdeburg und noch nie gewesen. Aber das weiß eben nur einer, der Magdeburg kannte und kennt, Alleswisser (Besonders was die DDR betrifft :). Das wundert mich bei dir immer wieder.

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cherskiy  11.05.2013, 11:05
@Huckebein

Karstadt und Stalinbauten sind nicht das Zentrum von Magdeburg

Vielleicht nicht im administrativen Sinne, ist aber alles fußläufig vom Bahnhof aus bequem erreichbar. Auch der Platz um den Springbrunnen in der Ernst-Reuter-Allee.

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Jede Stadt auf der Welt hat sich in den letzten 23 Jahren verändert. Vor allem im Osten der Rebublik waren die Veränderungen wohl noch gravierender als im Rest der Welt.

Es gibt aber Museen, die sich mit dem Alltag in der DDR beschäftigen: http://www.ddr-museum.de/

freundliche Grüße

Martin


eka45  09.05.2013, 22:49

Allerdings - die Städte und Dörfer entleeren sich. Industrie wurde durch die Politiker und Westkonkurrenz zerstört.

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Alle haben sich verändert - wäre ja auch traurig, wenn nicht ...