Sitzt der Rettungssanitäter auch mal hinten beim Patienten?

2 Antworten

Klar, meistens wechselt man sich von Einsatz zu Einsatz ab.

Offiziell trägt der RA oder NFS die Verantwortung für den Einsatz, aber:

1.: ist nach Transporbeginn eigentlich nichts mehr zu tun, Zustandsveränderungen des Patienten während des Transportes sind ABSOLUTE Ausnahmen,

2.: kann man im Zweifelsfall wechseln,

3.: sind die meisten Einsätze eh von der Komplexität maximal mit einem Krankentransport zu vergleichen, welchen der RS sowieso leiten dürfte,

4.: sollte auch der RS im Umgang mit Dokumentationssystemen und der anschließenden Übergabe geübt sein,

5.: eigentlich allen meinen RS- Kollegen kann ich blind vertrauen, so dass ich denen die Maßnahmen überlasse, wenn sie mir sagen, dass sie die beherrschen. Ob RS oder RA/NFS: es kommt eher auf Berufserfahrung und Sorgfalt an, als schulische Ausbildung.

6.: auch der "Beifahrer" muss zwischendurch mal fahren, sonst geht völlig die Fahrpraxis zum Beispiel auf Alarmfahrten verloren.

Vielleicht mag es irgendwo Dienststellen geben, die das ganz streng auslegen oder "Beifahrer" sie sich für etwas besseres halten, aber das sollte doch eher eine Ausnahme sein.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Historic115  20.03.2023, 21:19

Bei Punkt 1. muss ich dir wiedersprechen das ist nicht die absolute Ausnahme.

0
iwaniwanowitsch  20.03.2023, 21:21
@Historic115

entspricht meiner persönlichen Erfahrung aus 12 Jahren Rettungsdienst. Wenn gearbeitet werden muss, muss man eh anhalten.

0

Ja und nein. Rein rechtlich betrachtet, ist auf einem Rettungswagen (RTW) der Notfallsanitäter oder momentan übergangsweise auch noch der Rettungsassistent zur Betreuung der Patienten verpflichtet. In manchen Bundesländern, befindet sich eine entsprechende Regelung im Rettungsdienstgesetz (RDG), beispielsweise, steht in §9 des RDG Baden- Württemberg explizit drinnen: "Rettungswagen sind mit einem Notfallsanitäter oder Rettungsassistenten zur Betreuung und Versorgung der Patientinnen und Patienten zu besetzen, als zweite Person und Fahrer geeignet ist, wer mindestens als Rettungssanitäter ausgebildet worden ist".

In anderen Bundesländern widerum, findet sich das nicht explizit im RDG wieder. Es gibt jedoch bereits gerichtliche Rechtsprechung die besagt, dass eine Betreuung des Patienten durch den niedriger qualifizierten Rettungsdienstmitarbeiter als grob fahrlässig einzustufen ist. Dies bedeutet, sofern dem Patienten dadurch nicht's passiert, ist alles in Butter, erleidet er allerdings einen gesundheitlichen Folgeschaden oder verstirbt er gar, weil er auf dem Transport durch den RettSan und nicht durch den NotSan oder RettAss betreut worden ist, haben beide Besatzungsmitglieder ein strafrechtliches und auch ein haftungsrechtlich dickes Problem an der Backe. Der NotSan, weil er es als Transportführer zugelassen hat und der RettSan, weil er es übernommen hat, hier kommt dann das sogenannte "Übernahmeverschulden" in Betracht. In Baden- Württemberg, droht meines Wissens nach auch ohne das etwas passiert aufgrund der expliziten Vorschrift im RDG ein Bußgeld, da es eine Ordnungswidrigkeit darstellt.

Offiziell, ist man als Rettungssanitäter eben nur im qualifizierten Krankentransport zur Patientenbetreuung berechtigt, nicht auf einem Notfallrettungsmittel. In manchen Regionen, werden auch mal Krankentransporte per RTW gefahren, dann kann der RettSan die Betreuung durchführen, denn es ist auch bei der Leitstelle als Krankentransport und nicht als Notfalleinsatz registriert. Möchte man jedoch zu 100% auf Nummer sicher gehen, lässt man sich in einem solchen Fall vom Arzt auf dem Transportschein vermerken "Betreuung durch RettSan möglich", dann kann hinterher keiner etwas anderes behaupten.

Aus der Praxis, ich saß auf dem RTW schon teilweise hinten alleine bei Patienten, als ich noch überhaupt gar kein Rettungssanitäter gewesen bin sondern mich noch als Rettungshelfer im Praktikum zum RettSan befunden habe. Es ist eine Frage, wie der Transportführer dich einschätzt, ob er dir dieses fachlich zutraut oder nicht. Es sollte aber niemals etwas passieren, dann, sieht es schlecht aus für die Besatzung!.

Mfg

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungsdienst🚑, sehr großes Interesse an Notfallmedizin.

14905403  24.12.2021, 19:18
 Dies bedeutet, sofern dem Patienten dadurch nicht's passiert, ist alles in Butter, erleidet er allerdings einen gesundheitlichen Folgeschaden oder verstirbt er gar, weil er auf dem Transport durch den RettSan und nicht durch den NotSan oder RettAss betreut worden ist, haben beide Besatzungsmitglieder ein strafrechtliches und auch ein haftungsrechtlich dickes Problem an der Backe

Das hier eine Korrelation besteht ist aber kaum nachweisbar.

0
Rollerfreake  24.12.2021, 19:55
@14905403

Naja, strafrechtlich dürfte es wohl schwierig sein, denn hier muss die Schuld durch den Staatsanwalt bewiesen werden. Haftungsrechtlich allerdings, wurde im Medizinrecht die sogenannte Beweislasterleichterung bis hin zur völligen Beweislastumkehr entwickelt. Dies bedeutet, dass nicht der Patient beweisen muss, dass er dadurch einen Schaden erlitten hat sondern die Besatzung müsste beweisen, dass er dadurch keinen Schaden erlitten hat. Dies ist so gut wie unmöglich, denn keiner der im Rettungsdienst arbeitet, kann sich die Kosten für dementsprechende Gutachten leisten und die Vermutung, dass dadurch der Schaden eingetreten ist, liegt ersteinmal nahe. Mfg

1
14905403  25.12.2021, 10:53
@Rollerfreake

Mir ging es vor allem um das Strafrecht. Dass man natürlich haften dürfte, weil man eben nicht die (auf dem Papier) bestmögliche Versorgung sichergestellt hat, ist klar.

1