Wie ist der Job als Notfallsanitäter?

2 Antworten

Ich antworte mal, auch wenn ich "nur" Rettungssanitäter bin. Letztendlich ist der Job ja der gleiche.

Jeder erlebt diesen Job anders und einiges hängt vom Standort ab.

Bei mir "auf dem Land" ist es vollkommen normal, stundenlang auf der Rettungswache zu sitzen und die Zeit totzuschlagen. Man sieht fern, liest, schläft... und dann piept der Melder und du hast innerhalb einer Minute wach und einsatzklar im Rettungswagen zu sitzen. Und da die Wege auf dem Land weit sind, kann man mit einem einzelnen Einsatz auch mal drei Stunden beschäftigt sein. So lange steht dann z.B. auch mal das Mittagessen auf dem Tisch und wird wieder kalt.

In der Stadt gibt es Tage, an denen man froh ist, zwischendurch Zeit für einen Kaffee zu haben. Da gibts pro Schicht (12h) gerne mal 10 und mehr Einsätze. Vorteil: Sie sind deutlich schneller vorbei, weil die Wege kurz sind. Das bedeutet natürlich auch, dass man nervige oder stinkende Patienten schneller los ist und nicht während der 45-minütigen Kreuzfahrt durchs Niemandsland daneben sitzt.

Bei manchen Rettungswachen sind die Kollegen ein gemeinsamer Freundeskreis. Bei anderen Rettungswachen bist du froh, wenn du die Hälfte der Kollegen mit Namen kennst.

Man fragt sich bei vielen Einsätzen "und was soll ich jetzt machen?". Meistens, weil der Patient eigentlich kein Fall für den Rettungsdienst ist, man ihn aber auch nicht rechtssicher daheim lassen kann. Aber eben auch mal, weil der Patient irgendwas hat, auf das man sich so gar keinen Reim machen kann. Und auch mal, weil man genau sieht, dass es mit seinem Zustand rapide bergab geht, aber man echt nicht weiß, was man dagegen noch machen soll. Und das Ganze immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass ein gegnerischer Anwalt hinterher viel Zeit hat, deine Entscheidung auseinander zu nehmen.

Außerdem kannst du damit rechnen, dass sich quasi kein einziger Fall so darstellt, wie es im Lehrbuch geschrieben ist. Notfallrettung ist zu einem guten Teil Improvisation. Auf der anderen Seite müssen natürlich gewisse Standards eingehalten werden.

Man lernt in dem Job wirklich alle Arten von Menschen kennen: Den Obdachlosen, den Flüchtling im 8-Bett-Zimmer, das 13jährige Mädchen in der Schule, den reichen Schnösel, der sich über den mangelnden Komfprt bedient, den Opa dem man gar nichts recht machen kann, den Opa der aus lauter Dankbarkeit keine Worte mehr findet... Und in der Regel weißt du zu Beginn des Einsatzes nicht, was es denn sein wird. Damit kommt auch nicht jeder klar.

Für mich ist der Rettungsdienst tatsächlich ein tiefenentspanner Beruf. Man geht mal am Samstag Abend hin, mal am Sonntag Morgen, mal an Heiligabend, mal an Ostern... Die Rettungswache ist wie ein zweites Zuhause. Aus Nachtschichten gehe ich auch mal ausgeschlafen nach Hause. Und wenn es in den Einsatz geht, weiß ich: Egal was ist, irgendwie wird man damit klarkommen. Schlimmer, als es vor unserer Ankunft war, werden wir es schon nicht machen. Der Weg vom Bett in den Rettungswagen läuft bei mir gar so automatisch, dass ich ihn nichtmal mehr mitbekomme.

Es gibt aber auch Kollegen, die sich selbst noch nicht eingestanden haben, dass sie vor jedem Einsatz richtige Angst haben.

wie ihr eure Ausbildung gemacht habt ob ihr zuerst Rettungssanitäter wart.

Du darfst davon ausgehen, dass 95% derjenigen, die aktuell die Ausbildung zum Notfallsanitäter gemacht haben, vorher mindestens ein Jahr im Rettungsdienst gearbeitet haben. Da auf jeden Ausbildungsplatz >10 Bewerber kommen, kann sich der Ausbilder aussuchen, wen er haben will... und wenn die Hälfte der Bewerber schon weiß, wie Rettungsdienst funktioniert, wird er wohl kaum jemanden nehmen, bei dem er quasi bei Adam und Eva anfangen muss.

Dementsprechend: Wenn du das mit dem Notfallsanitäter ernst meinst, dann richte dich darauf ein, erst volljährig zu werden, dann den Rettungssanitäter und den C1-Führerschein zu machen und dich dann um die Ausbildung zu bewerben.

Hi,

die absolut grundlegenden Hintergrundinfos zu der Notfallsanitäterausbildung und den Chancen auf einen Ausbildungsplatz spare ich mir - zu dem Thema gibt es genug Antworten meinerseits sowie anderen kompetenten GF-Usern hier, im Netz oder in meinem Blog.

Wie ist der Job als Notfallsanitäter?

Um es mal auf das Wesentliche herunterzubrechen - er ist vor allem abwechslungsreich und setzt einiges an Verantwortungsbewusstsein voraus.

Der Rest hängt viel von dem Einsatzgebiet, dem Dienstplan, den Kollegen, den lokal geregelten Kompetenzen (SOPs), der Klinikstruktur und vielem mehr ab.

Der Beruf kann durchaus stressig, anstrengend oder psychisch belastend sein - das gehört mitunter genauso dazu wie Freude, "Action", Fachsimpelein, "viel unterwegs sein" und das Wachenleben allgemein. Und das alles erlebt man durchaus in einer Schicht.

Schichtarbeit gibt es natürlich flächendeckend - im Rettungsdienst darf man sich auf Wechselschicht par excellence einstellen. Gewöhnungssache, im Alter eher Belastung.

Wenn man so will, besteht Rettungsdienst oft aus Stunden voller Langeweile, Minuten voller Stress und Sekunden voller Angst. Wer damit gut umgehen kann, findet im Rettungsdienst wohl durchaus einen passenden Arbeitsplatz.

wie ihr eure Ausbildung gemacht

Vollausbildung - demnach gab es für die Ausbildung nur eine Variante.

ob ihr zuerst Rettungssanitäter wart.

Ja, mit FSJ knapp über zwei Jahre.

LG

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Notfallsanitäter, Blogger, Medizinstudent

Milchbraue201 
Fragesteller
 25.04.2020, 16:32

Und wie sind die Fitnessaufgaben? Ich denke nämlich das ich dafür noch ein bisschen trainieren muss xD

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SaniOnTheRoad  25.04.2020, 16:36
@Milchbraue201
Und wie sind die Fitnessaufgaben?

Die Einstellungstests sind nicht standardisiert und jeder Arbeitgeber legt fest, ob und wie er diese durchführt. Das umfasst selbstverständlich auch etwaige Sporttests.

Hier mein Rat: bei dem entsprechenden Betrieb informieren - pauschal kann man wenig dazu sagen, außer dass es meist Aufgaben aus der rettungsdienstlichen Praxis bzw. der rettungsdienstlichen Praxis angelehnte Aufgaben kommen.

Eine durchschnittliche Fitness sollte schon vorhanden sein und vier Stockwerke in einer annehmbaren Zeit vollgepackt hochlaufen können muss einfach drin sein.

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