Ist ein hinreichender Tatverdacht gegeben?
Juristische Definition von einem hinreichenden Tatverdacht:
"Ein hinreichender Tatverdacht liegt vor, wenn bei der vorläufigen Tatbewertung die Verurteilung des Beschuldigten wahrscheinlicher ist, als ein Freispruch (so BGHSt 15, 155, 158)."
Fallbeispiel:
Am Tag nach dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft teilte die hier zuständige Gerichtsvollzieherin schriftlich mit, dass es nicht auszuschließen sei, dass die Ladung den Schuldner überhaupt gar nicht erreicht hat, insbesondere da auch eine Abfrage beim Einwohnermeldeamt keine aktuelle Adresse ergeben hätte.
Es ist jedoch nachweisbar, dass der Schuldner hier gewohnt hat (mittlerweile wohnt er woanders und hier ist das Einzugsdatum bekannt --> Zeitlich nach dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft).
Vier Tage nach dem nicht stattgefundenen Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft lies sich der Schuldner sein Bauchtattoo fertig stechen.
Der Schulder hatte schon rund ein Jahr zuvor mehrfach innerhalb kurzer Zeit schriftlich den Plan geäußert, sein Bauchtattoo endlich fertig stechen lassen zu können (er wollte es sich sogar selbst direkt schon als Weihnachtsgeschenk 2022 schenken und dies trotz Kenntnis über eigene finanzielle Probleme zu der Zeit).
Dazu verdient er seit rund einem Jahr monatlich gutes Geld, bekommt vom Arbeitgeber den Führerschein bezahlt & hatte vom Arbeitgeber auch ein kleines Darlehen erhalten, um andere Schulden tilgen zu können (nur die Schulden bei mir wollte er anscheinend nicht tilgen).
Außerdem könnte der Schuldner - außer durch eine mögliche Aussage (das hat der Schuldner noch nucht gesagt, aber könnte es dann tun: "Ich hatte diese Absicht nicht!") - nicht glaubhaft nachweisen, dass dieser NICHT in der Absicht der Zwangsvollstreckungsvereitelung den Termin im Tattoostudio vereinbart hat.
3 Antworten
Nicht glaubhaft nachweisen, dass dieser NICHT in der Absicht der Zwangsvollstreckungsvereitelung den Termin im Tattoostudio vereinbart hat.
Muss er ja auch nicht. Wenn es ins Strafverfahren geht, dann muss IHM nachgewiesen werden, dass er den Termin gezielt gemacht hat, um die Zwangsvollstreckung zu vereiteln.
Das ist eine von diesen Fragen, die sehr nett in Klausuren sind, denn da steht es dann drin... ihm diese Absicht im Realita nachzuweisen ist aber enorm schwierig.
Zumal ohnehin fraglich ist inwieweit das Geld, das fürs Tattoo draufgegangen ist überhaupt der Zwangsvollstreckung in sein Vermögen unterworfen gewesen wäre.
Und läge beim Rest schon möglicherweise ein hinreichender TV vor?
Immerhin spricht - auch objektiv gesehen - mehr gegen den Schuldner (mehrere zweifelsfrei festzustellende Tatsachen), als für ihn (nur eine mögliche Aussage von ihm).
Also wäre ja damit dann eine Verurteilung wahrscheinlicher, als ein Freispruch.
Könnten diese zweifelsfrei feststellbaren Tatsachen den hinreichenden TV begründen @BeviBaby ?
Vereitelung der Zwangsvollstreckung ist da sehr weit hergeholt. Alleine Geld ausgeben reicht gerade nicht aus.
Das spielt doch letztlich keine Rolle.
Die Frage ist ja nur, ob die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren mangels Anfangsverdachts schon gar nicht eröffnet, es dann mangels Verdachts einstellt, oder Sie mangels öffentlichen Intresses auf den Privatklageweg verweist.
Und selbst wenn das Ganze am Ende Erfolg hat, heißt das nur, das er eine Geldstrafe zahlen muß und sie dann noch länger auf ihr Geld waren müssen.
Der Schulder hatte schon rund ein Jahr zuvor mehrfach innerhalb kurzer Zeit schriftlich den Plan geäußert, sein Bauchtattoo endlich fertig stechen lassen zu können (er wollte es sich sogar selbst direkt schon als Weihnachtsgeschenk 2022 schenken und dies trotz Kenntnis über eigene finanzielle Probleme zu der Zeit).
Das entlastet den Schuldner natürlich. Denn das heißt, das er es gerade nicht gemacht hat um die Zwangsvollstreckung zu verhindern.
Für einen hinreichenden Tatverdacht ist es ausreichend, dass eine spätere Verurteilung wahrscheinlicher als ein Freispruch ist:
Dies wäre vorliegend gegeben, da der Schuldner gerade jetzt sich hat das Bauchtattoo fertigstechen lassen, obwohl - siehe oben - verschiedene unstreitbare Tatsachen belegen, dass er schon längere Zeit die Möglichkeit (zeitlich + finanziell) dazu hatte. Außerdem ist mir aus der Zeit des persönlichen Kontaktes mit dem Schuldner noch bekannt, dass er das Bauchtattoo bei einem bestimmten Tättoowierer begonnen hatte und er hier bisher stets innerhalb weniger Tage einen Termin erhielt (es ist also eine weitere Tatsache, die dafür spricht, dass er schon längere Zeit die Möglichkeit für das Bauchtattoo hatte und es nicht über 1,5 Jahre dauerte, bis der Tättoowierer einen Termin im Studio freihatte).
Und wofür soll hier ein Tatverdacht gegeben sein? Daran ist doch nichts strafbar.
Ein Tattoo im Wert von rund 900€
Und nicht das Tattoo selbst ist das Vermögen beiseiteschaffen, ...
... sondern die Terminvereinbarung im Tattoostudio:
Der Schuldner vereinbart in der Absicht, die ZV zu vereiteln, einen Termin im Tattoostudio für ein Tattoo im Wert von rund 900€.
Beispielfall aus einem jur. Lehrbuch:
A = Schuldner unterzieht sich in der Absicht, seinem Gläubiger = B Gelder zu entziehen, einem schönheitschirurgischem Eingriff im Gesamtwert von EUR 5.000
https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__288.html#:~:text=%C2%A7%20288%20Vereiteln%20der%20Zwangsvollstreckung,Jahren%20oder%20mit%20Geldstrafe%20bestraft.