Glaubt ihr dass die europäischen Siedler das Recht hatten, den Indianerstämmen das Land wegzunehmen?

pony  28.09.2020, 22:48

und - glaubst du es?


Hevin2006 
Fragesteller
 28.09.2020, 22:54

nein weil ich denke dass es Gegen über der unfair Indianerstämmen wäre da sie ja als erstes das Land hatten und die Europäer hatten ja 0 recht die von dort weg zu vertreiben yk...

13 Antworten

Das ist eine Definitionsfrage. Nach heutigem Recht sicherlich nicht - nach damaligen wahrscheinlich schon.

Die Geschichte der Menschheit ist im Grunde eine Aneinanderreihung von Völkerwanderungen, Vertreibungen, expansiven Kriegen, o.ä., bei denen nicht nur Völker andere Länder übernommen haben, sondern auch Teile davon besetzten und im Laufe der Jahrhunderte eine eigene Teilvolksgruppe des Landes wurden oder sich eingliederten und mit den Einheimischen mischten.

Wenn es danach ginge, wer zuerst irgendwo gelebt hat, dann würden die Grenzen der meisten heutigen Nationen keinen Bestand haben.

Man kann in vielen Ländern nicht nur schwer sagen wem welches Gebiet genau gehört, sondern auch wer überhaupt welcher ursprünglichen Volksgruppe ganz genau angehört.

In Amerika wird es sicherlich auch Indianer gegeben haben, die mit Europäern Kinder zeugten und demnach eine ganz eigene Volksgruppe wurden. Zählen deren Nachfahren dann zu den Ureinwohnern oder zu den Eingewanderten?

Die Frage wäre also, ab welchem Jahr soll es gelten, dass Ureinwohner ein Recht auf ihr eigenes Land haben - und wer zählt letztendlich zu den Ureinwohnern in welchen Regionen, da der Abstammungsbaum sich von wenigen Hauptstämmen im Laufe der Zeit in allen Regionen der Welt immer weiter verästelt hat und sich heute Menschen z.B. in den Grenzregionen eines Landes kulturell und von der Abstammung eher denen der Grenzregion des Nachbarlandes mehr ähneln, als denen z.B. im Zentrum des eigenen Landes, bzw. oder denen auf der entgegengesetzten Seite eines Landes.

Meistens ist es so gewesen, dass die dominanteren Völker oder Nationen sich das Land anderer genommen haben. In Europa allein gab es durch unzählige Kriege solche Grenzverschiebungen, aber ebenso durch die großen Reiche z.B. der Römer, Mongolen, Hunnen, Griechen, Perser, Osmanen, Araber, usw.

Selbst in Afrika haben sich die Stämme gegenseitig bekämpft, die Zulu waren z.B. ein großer kriegerischer Stamm. Es gab aber viele weitere. In Asien gab es unzählige Dynastien von verschiedensten Großreichen und Stämmen. In Nord-, Mittel- und Südamerika genauso - Khmer, Inka, Maya - die ebenso andere Stämme bekriegten und deren Land einnahmen.

Wem sollte man heute das Land zurückgeben und wer bestimmt welche Volksgruppen welchen Teil davon bekommen? Hier habe ich ja nur einige der größten und bekanntesten Völker und Länder angesprochen, weltweit mag es 10.000e geben, die irgendwo und irgendwann mal so etwas wie "Ureinwohner" waren und von denen es abgestammte Nachfahren gibt.

Man nennt diese "indigene Völker":

Einer Studie aus dem Jahr 2012 zufolge lebten damals schätzungsweise 175 Millionen Angehörige indigener und isoliert lebender Völker auf der Erde

https://de.wikipedia.org/wiki/Indigene_V%C3%B6lker

Sollte man die ganze USA den relativ wenigen Ureinwohnern übergeben und die Amerikaner, die eingewandert sind, verlassen dann den Kontinent und gehen z.B. zurück nach Europa? Auch da wäre dann wieder die Frage, wer geht in welches Land, bzw. welches Land muss diese aufnehmen - z.B. wenn Engländer mit Franzosen Kinder gezeugt haben? Welches Land wäre für diese heute zuständig?

Die Angelsachsen haben früher Teile Englands besiedelt, während die dortigen Kelten auch durch die Römer assimiliert wurden. Später kamen die Normannen und viele weitere europäische Stämme hinzu. Im Laufe der Jahrhunderte nennt man heute alle Briten - auch wenn sie von ihrer Abstammung her unterschiedliche Völker sind. Wem gehört Britannnien dann heute, den Nachfahren der Kelten?

Die Türkei müsste dann z.B. ihr gesamtes Staatsgebiet aufgeben, dass früher die christliche Byzanz war. Aber an wen sollten sie das Land geben und wohin sollten sie dann gehen, zu den Turkvölkern in Asien, die früher eher Nomadenstämme waren?

Das nächste Problem dass sich dann stellt wäre die Frage nach den vielen eingewanderten Volksgruppen in anderen Ländern. Sollen diese dann auch die Länder verlassen, wo sie ursprünglich nicht hingehörten? Dann müssten z.B. die meisten Muslime Indien verlassen, sowie viele weitere Länder, die während der islamischen Expansion von arabischen Stämmen erobert und geprägt wurden. Die ganzen Nordafrikanischen Länder müssten von den Arabern an die Afrikaner zurückgegeben werden.

Ich hoffe dieser Text hat die Problematiken nach der Frage des Rechtes in Bezug darauf, wem welches Land gehört im historischen Kontext verständlicher gemacht.

Ganz knapp formuliert könnte man sagen, das Land gehört denen, die es in Besitz genommen haben - auch wenn wir das heute ungerecht finden. Es war auf der ganzen Welt so üblich, das Recht der Stärkeren sozusagen.

Dennoch bin ich dafür, dass indigene Völker entschädigt werden sollten, die gewaltsam verdrängt wurden - und zwar nicht nur Indianer in Nordamerika. Es gibt zudem viele Völker, die autonome Gebiete haben möchten um einen eigenen Staat gründen zu können - was diese aber verwehrt wird. Eines der nächsten großen Probleme weltweit.

Zu der Zeit haben sich die europäischen Siedler das Recht genommen, weil das Recht des Stärkeren zählte bzw. Europa für die Europäer Nabel der Welt war, sich ohnehin in jeder Hinsicht überlegen fühlten und damit Alles zu begründen war.

Aus heutiger Sicht natürlich klarer Verstoß gegen internationale Gepflogenheiten.

Deine Frage finde ich interessant. Natürlich hatten sie nach heutigem Rechtsverständnis kein Recht zu einem Landraub, Morden oder was auch immer. Ich habe mal angeschaut, welche anderen Kriege es zeitgleich gab:

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Kriegen_und_Schlachten_im_16._Jahrhundert

Es fällt auf, dass Kriege in der Zeit begonnen wurde, weil man Rechtsgründe vorweisen konnte. Beispielweise: Der Livländische Krieg von 1558-1583 wurde von Iwan dem Russen begonnen, da man ihm die über das Stift Dorpat verhängten Tributzahlung durch den Orden verweigerte. - Andererseits gab es Kriege/ Eroberungen auch purer Gier, oder weil die Religion dies sogar guthiess: Etwa durch die von Sultan Süleyman I begonnen Österreichisch-Osmanischen Kriege.

Du siehst es anhand der verlinkten Liste, in jener Zeit wurden Kriege aus Gründen von Rechtsansprüchen geführt - oder aus reiner Gier, oder weil man sich religiös in Recht glaubte. Da standen sich muslimische und christliche Herrscher offenbar in Nichts nach.

Trotzdem wäre es interessant zu wissen, wie die Europäer damals die Eroberung/ Besiedlung Amerikas eigentlich begründeten. Religiös? Irgendein Naturrecht gegenüber Heiden? Oder gar nicht?

Sie hatten das "Recht des Stärkeren". Nach aktuell geltendem Rechtsempfinden war es zwar Unrecht, aber es hat keinen Sinn, so weit zurückliegende Ereignisse nach heutigen Maßstäben zu beurteilen.

War die Eroberung Britanniens durch die Römer ein Unrecht? - Es hat keinen Sinn, solche Fragen zu stellen.

Sie hatten überlegene Weitdistanz-Projektilwaffen und haben sich diesen Vorteil zu nutze gemacht um Land und Ressourcen in Besitz zu nehmen. Da die Urbevölkerung nicht weichen wollten und sich dementsprechend der Gefahr aussetzten kamen sie dabei um. Dass dieses Vorgehen moralisch verwerflich war ist natürlich klar, in Ermangelung einer höheren Instanz (UNO), gab es jedoch keine äußere Einflussnahme zugunsten der Ureinwohner.