Würde Kommunismus in der heutigen Zeit überhaupt funktionieren?

3 Antworten

Das Problem ist, dass du hier kapitalistische Logik auf ein anderes Wirtschaftssystem mit ganz anderen Eigentumsverhältnissen anwenden willst. Zwar erklären auch die meisten anderen Antworten hier das kapitalistische Konkurrenzdenken und Profitstreben zur menschlichen Natur, aber nichts könnte weiter weg von der Wirklichkeit sein. Immerhin existiert die Menschheit seit einigen hunderttausend Jahren und Privateigentum seit einigen zehntausend Jahre, aber der Kapitalismus ist doch nicht älter als ein paar Jahrhunderte.

Ebenso könnte man sich einen dressierten Tiger in einem Zirkus anschauen und schlussfolgern, dass es die Natur von Tigern ist, durch brennende Reifen zu springen.

Die Produktionsweise einer Gesellschaft bestimmt das menschliche Denken und Verhalten, nicht umgekehrt. In der kapitalistischen Wirtschaft muss die Mehrheit für das Wachstum des Reichtums einer Minderheit arbeiten, um von dem erhaltenen Lohn den eigenen Lebensunterhalt und die eine oder andere Annehmlichkeit bezahlen zu können. Geld ist also der hauptsächliche Grund, warum man sich eine eintönige, ungesunde und entfremdete Arbeit antut, die am Ende nur dem Chef nützt.

Selbst in diesem kapitalistischen System leisten Menschen aber ständig unbezahlte Arbeit (etwa im Haushalt, in Erziehung und Pflege, im Ehrenamt), weil sie darin einen Sinn, Notwendigkeit und Nutzen sehen. In vielen Unternehmen versucht man sogar inzwischen die Produktivität durch intrinsische Motivation zu steigern, indem man den Angestellten vorgaukelt, sie würden eine "Vision" verfolgen und ihnen in Grenzen Kreativität und Eigeninitiative erlaubt.

Im Kommunismus besitzen alle den gleichen Zugang zu den Produktionsmitteln und die Arbeit wird gesellschaftlich geplant und am Bedarf ausgerichtet statt an privater Profitsteigerung. Es handelt sich also nicht wie im Kapitalismus um entfremdete Arbeit, die nur dem Chef nützt, sondern der gesellschaftliche Nutzen der Arbeit ist offensichtlich und damit kommt auch die nötige Motivation. Zudem sind Menschen nicht mehr an einen Job oder eine Arbeitsstelle gebunden und wirklich unangenehme Aufgaben können daher auch fair verteilt oder rotiert werden.

Würde Kommunismus in der heutigen Zeit überhaupt funktionieren?

In China hat er (Kommunismus, Sozialismus, Diktatur des Proletariats) in den letzten Jahrzehnten sehr gut funktioniert, während der Kapitalismus immer schlechter funktioniert.

Warum das so ist, lässt sich leicht erklären. Der Kapitalismus braucht Wachstum. Da aber die Erde voll ist und die landwirtschaftliche Nutzfläche begrenzt ist, fällt das Wachstum der Menschheit immer flacher aus. Deshalb lockt der Kapitalismus Menschen aus den Regionen mit dem höchsten Bevölkerungswachstum in die Regionen mit dem niedrigsten Bevölkerungswachstum. Eine problematische Verlängerung des Sterbeprozesses. Es würde etwas helfen, wenn man das gesamte Geld- und Finanzsystem rein staatlich organisieren würde. Die Banken verleihen nämlich Geld, was es gar nicht gibt, wollen aber richtiges Geld zurück haben. Deshalb müssen wir alle über die Inflation die Einkommen der Banken bezahlen. Im Fall von einem rein staatlichen Finanzsystem würde die Inflationseinkommen in das Steueraufkommen einfließen.

Der Kommunismus, bzw. Sozialismus, ist vor allem Planwirtschaft. (Außerdem Produktionsmittel in staatlicher Hand, keine privaten Angestellten, freie Differenzierung der Löhne und Gehälter, staatliches Finanzsystem.) Planwirtschaft ist schwierig. In den ersten Jahren unter Lenin und Stalin sind große Fehler gemacht worden. Aber mit der Verbesserung der Computer und Digitalisierung des Lebens können immer mehr Wirtschaftsdaten erfasst werden und ihre Entwicklung und Beeinflussbarkeit kann immer besser simuliert werden. Vor allem deshalb funktioniert der Kommunismus zur Zeit so gut, nicht nur in China.

Wenn ich die Unterpunkte deiner Frage sehe, und du darin den Sinn des Lebens siehst, dann wird das Leben auf der Erde ohnehin bald nicht mehr möglich sein.

Warum sollten sich Handwerker zum Beispiele 10 Stunden am Tag den Arsch abarbeiten

Meine Antwort:
Er kann nicht anders, würde er weniger arbeiten, sind andere sofort da, übernehmen seine Aufträge. Lange geht das nicht gut, er kann "seinen Laden dicht machen".

Große Konzerne würden es gern auch so machen, die Arbeitskräfte 10 und mehr Stunden arbeiten lassen.

Daraus ergibt sich die Frage, ob wir wirklich so viel arbeiten müssen, um irgendwelches Zeugs zu haben, weil der Nachbar es ja auch hat.

Diese eigentlich ungehemmt Produktion, diese Verschwendung hat doch erst zum Klimawandel zu Überschwemmungen im Ahrtal, jetzt im Ural, zu Waldbränden in Portugal, in Griechenland, eigentlich auf der ganzen Welt geführt.

Verschwendung beseitigen? Gerade gestern hat die EU ein Gesetz beschlossen, dass Geräte reparierbar sein müssen. Also nicht mehr "ab in den Müll".
Hörst du schon die Stimmen, die das als kommunistische Willkür strikt ablehnen, dafür dann aber sie Rente mit 70 einführen wollen?

Da haben sie nicht ganz Unrecht. Als jemand, der in der DDR studiert hat, war es selbstverständlich dass seine späteren Produkte demontierbar, also reparierbar sind, dass alles recycelt werden kann.

Es kann viel Lebensfreude erzeugen, wenn man mit Ideen etwas auf die Beine stellen kann. Wer so sein Leben gestaltet, der braucht kein Geld, um jeden Tag nach der Arbeit seinen Frust in Alkohol zu ertränken.

Was unterscheidet eigentlich einen Menschen, der (heute vielleicht nur 7 Stunde) an einem Fließband täglich das gleiche zu tun hat, von einem Zirkuspferd, das auch nur Runde um Runde im Kreis läuft?

Die die hier "geht nicht" , "nie und nimmer" , "Utopie" ... schreiben, sind vielleicht solche Zirkuspferde. Die fühlen sich frei, wenn sie wie der Handwerker 10 , 11, 12 Stunden arbeiten müssen, Geld scheffeln. Was aber dann? Gut 4 Wochen Mallorca und dort saufen. Das ist ein erfülltes, wie die kapitalistische Gesellschaft es ermöglicht.

Sozialismus wie auch Kommunismus gehen aber davon aus, dass sich Menschen die Arbeit oder Beschäftigung suchen, die ihnen Spaß und Freude macht.
Dafür braucht man nicht alle 3 Wochen ein neues T-Shirt, alle 2 Jahre ein schnellere Auto ....
Ein Ingenieur als Entwickler freut sich über das, was er erfunden hat, die neuen Schuhe (die alten waren schon ein ganzes Jahr alt) sind ihm scheißegal. Er kann es so auch ertragen, dass ein Busfahrer nur geringfügig weniger Geld bekommt, er möchte dessen Arbeit nicht machen.

Problem ist wie sich Fußgänger an einer roten Ampel verhalten. Einer geht bei Rot, der nächste zögert noch, dann gehen aber fast alle.

Darauf setzt der Kapitalismus. Jeder macht es dem anderen nach. Zuerst ein Fahrrad, Ben hat ja auch schon eins, dann einen SUV, weil xxx ja auch eins hat usw.
Einen SUV brauche ich zwar nicht aber ...
Wie leer ist doch so eine Leben. Wenn das dann langweilig wird, rüstet man auf, weil man dem Nachbarn nicht traut. Und wieder der Effekt der roten Ampel, alle machen mit und nennen das erfülltes leben.

Von 1945 bis 1990 gab es in Europa keine Kriege. Warum wohl? Weil auf der einen Seite niemand Interesse hatte Land des anderen haben zu wollen.
Da hat der Handwerker kaum mehr verdient als der Busfahrer , als der Betriebsdirektor, der Ingenieur.

Nur war eben auf der anderen Seite das angebliche Schlaraffenland.

Deshalb gibt es in den Theorien von Karl Marx auch die Einschränkung
Sozialismus muss in allen Ländern der Erde gleichzeitig eingeführt werden.

Man darf Kommunismus natürlich nicht

Ksawia  23.04.2024, 14:28

Sehr gut argumentiert!

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