Wieso wird das Relais getrennt versorgt?

1 Antwort

Ein Relais braucht keine geregelte Spannung. Also gibt es keinen Vorteil es mit der Spannung aus dem Regler zu versorgen.

Allerdings gibt es einige Nachteile die dagegen sprechen es aus dem Regler zu versorgen:

  1. Der Regler hat eine begrenzte Leistung und der Strom erzeugt im Regler Verlustleistung die abgeführt werden muss. Ein typischer 78xx kann garantiert 1A, höchstens 1,5A. Jede Last die man nicht anschließt erlaubt mehr "garantierten" Strom für andere Schaltungsteile und reduziert die Abwärme, man kann einen kleineren Kühlkörper verwenden
  2. Ein Relais enthält eine Spule. Und die erzeugt beim abschalten eine Selbstinduktionsspannung. Die kann man zwar mit einer Diode bekämpfen, aber die Diode kann das nicht unendlich schnell machen. Daher entsteht immer noch ein Impuls der sich u.A. über die Versorgungsspannung ausbreiten kann. Sitzt die "Impulsquelle" vor dem Spannungsregler, so gelangt weniger davon in empfindliche Regelelektronik.
  3. Ist hier nicht der Fall, aber: Wenn man das Relais an eine Hilfswicklung am Trafo oder durch eine Diode vom Siebelko entkoppelt, dann läuft die Elektronik über den Siebelko bei Stromausfall erst mal weiter während das Relais (fast) sofort abschaltet. Elektronik mit Unterspannung kann Fehlfunktionen verursachen. Beim Abschalten läuft der Siebelko erst mal langsam leer und so geht die Spannung langsam runter. Das nennt man in der Elektronik einen "Brown Out". Hier können dann Schaltungen bzw. Schaltungsteile verrückt spielen und Sachen falsch schalten. So können Dinge in schneller Folge geschaltet werden oder Dinge die nie zusammen geschaltet werden dürfen gleichzeitig geschaltet werden. Trennt man gefährliche Teile der Schaltung durch so ein Relais, kann man Schäden durch "Brown Out" verhindern.
Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Ginpanse 
Fragesteller
 14.03.2023, 10:14

Eine bessere Erklärung hätte ich nicht kriegen können. Ich danke dir!! Das mit der unnötigen Belastung des Reglers ging mir auch schon durch den Kopf nur dachte ich mir 2 LEDs, die paar mA für den lm324 und die relaisspule wird der schon abkönnen. Eine Schutzdiode ist vorhanden, das die aber zu langsam sein kann war mir nicht bewusst. Gut zu wissen. Punkt Nr. 3 finde ich auch interessant zu wissen. Danke vielmals :)

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Commodore64  14.03.2023, 10:23
@Ginpanse

Zu Punkt 3:

Das ist ein Riesen Problem bei Mikrocontrollern. Unter einer gewissen Spannung kriegt die CPU einen "Todeskrampf", die verrechnet sich nur, die erfindet auch zufällige Befehle die sie ausführt.

Die alten Microchip PIC haben ein EEPROM das durch einen Brown Out mit Quatsch überschrieben werden könnte. Also hat Microchip das Verfahren wie man den Speicher beschreibt irre kompliziert gemacht. Hier müssen mehrere Register auf bestimmte Weise in der richtigen Reihenfolge bedient werden um einen Wert in das EEPROM zu schreiben. So ist sicher, dass das praktisch niemals beim abschalten der Stromversorgung oder durch mangelnde Stromversorgung (leere Batterien) passieren kann.

DIe Athmel AVR haben nicht nur ein EEPROM sondern können auch ihren Programmspeicher selber beschreiben. So kann man per Bootloader ein Firmwareupdate z.B. über RS232 oder SD-Karte machen. Man hätte das wie Microchip machen können, das wäre aber irre langsam bei den Datenmengen. Auch der ESP32 kann seinen Speicher selber schreiben (sogar Update per WLAN, wie cool ist das?).

Die Lösung ist sehr einfach. Die haben eine BOD, eine "Brown Out Detection". Droht die Spannung zu niedrig zu werden, dann hält die BOD einfach die RESET Leitung fest und die CPU ist gestoppt. So ist nicht nur der Speicher gesichert sondern auch sichergestellt, dass Schaltausgänge keinen Unsinn machen und Schaden anrichten.

Geht die Spannung wieder hoch, lässt die BOD den RESET frei und setzt ein Flag an dem die neu startende Software erkennen kann, dass ein Brown Out passiert ist und kann dann ggf besondere Maßnahmen zum Neustart treffen.

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Ginpanse 
Fragesteller
 14.03.2023, 10:41
@Commodore64

Das ist sehr interessant! Ich arbeite viel mit Microcontrollern unter anderem mit dem ESP32 und ESP8266. Hab tatsächlich schon dieses Verhalten beobachtet bei schlechten Netzteilen dass der esp ab und zu die wlan verbindung verloren hat weil er neu gestartet hat seitdem kauf ich nur hochwertige Netzteile für den esp und setz nen kleinen elko direkt an die versorgungspins. Danke dir für deine Mühe und diese detailreiche Erklärung leider nicht selbstverständlich hier.

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Commodore64  14.03.2023, 23:13
@Ginpanse

Alles was digital funkt zieht extreme Stromstöße. Daher mit Kondensatoren blocken. Am besten neben dem Pufferelko noch einen 100nF Keramikkondensator parallel schalten. Der reagiert besonders schnell und schließt die Hochfrequenz kurz. Wenn es nicht auf Kosten ankommt pflege ich noch einen 47pF dazu zu schalten, der reagiert noch ein klitzekleines bisschen schneller und saugt mehr HF.

Und das Sendemodul natürlich mit eigener Masseleitung zum Regler versorgen, auch wenn diese Leitung relativ lang ist. Da der ESP32 immer das Herzstück der Schaltung ist, macht das oft keinen Sinn, also wenn da kaum was anderes in der Schaltung ist. Hast Du aber eine aufwändige analoge Schaltung dran, dann sollte die eine eigene Masseleitung bis an den Massepunkt vom Spannungsregler haben. HF vom Sender saust sonst da lang und hebt Teile der Analogschaltung im Potential an, das verschieb Arbeitspunkte und erzeugt (mess-) Signale die in Wirklichkeit nicht da sind. Wenn man kann halt die Quelle der HF mit eigener Leitung anbinden, beim ESP32 ist der natürlich selber die Quelle.

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Ginpanse 
Fragesteller
 15.03.2023, 09:01
@Commodore64

Ja gut für präzise Messungen nehm ich meistens sowieso externe wandler. den adc vom esp find ich eher unbrauchbar. Aber danke für die tipps!

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Commodore64  15.03.2023, 10:24
@Ginpanse

Das liegt an den ganzen "EMV" Störungen durch die Schaltprozesse im ESP, vor allem wenn der funkt.

Um den internen A/D richtig verwenden zu können, kannst Du den ESP - wie die meisten µC - so einstellen, dass der während der Wandlung in den "deep Sleep" geht und wenn der Wandler fertig ist wieder geweckt wird.

Der Aufwand und die Nachteile sind es auf jeden Fall in der Serienfertigung wert wo bruchteile von cents pro Einheit tausende Euros sparen. So kann der Entwickler in wenigen Minuten oder Stunden der Firma leicht mehr Geld sparen als er im Monat verdient.

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Ginpanse 
Fragesteller
 15.03.2023, 10:29
@Commodore64

Das ist natürlich richtig auch wenn ich keine Massenproduktion anstrebe werd ich das definitiv mal austesten. Bastel halt viel im Audiobereich und da war mir die Auflösung des adc vom esp immer zu niedrig. Aber du hast schon Recht man sollte das Maximum aus den Teilen herausholen.

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