Wer versteht die Intention dieser Karikatur? ("Der Bildhauer Deutschlands")

6 Antworten

Die Karikatur ist in der Satirezeitschrift Kladderadatsch 86 (1933), Nr. 49 (03.12. 1933) erschienen.

Für ein Erfassen der Aussageabsicht ist es empfehlenswert, die Abbildung sorgfältig zu betrachten, festzustellen, was schon für die bloße Wahrnehmung bemerkbar ist und dies in Beziehung zur geschichtlichen Situation zu setzen.

In Bild 1 steht ein offensichtlich Hitler darstellender Mann mit grimmig und verächtlich erscheinender Miene vor einer Plastik, die auf einem Sockel steht. Neben ihr steht ein Mann, den er überragt und der angespannt zu ihm schaut, wie er urteilt und handelt. Die Plastik stellt einen verknäulten Haufen von Menschenleben in wildem Gegeneinander dar, eine chaotische Unordnung.

In Bild 2 zerschlägt Hitler mit energischem und entschlossenem Blick die Plastik mit einem kräftigen Fausthieb die Plastik. Der andere Mann blickt entsetzt und hat seien Hand erhoben, als wolle er protestieren. In Bild 2 knetet und formt Hitler mit aufmerksamen und konzentrierten Blick die Rohmasse.

In Bild 4 ist das neugeschaffene, hoch aufgerichtete Kunstwerk gerade fertig (wird an einer Stelle noch mit einem Tuch abgewischt). Eine nackte muskulöse Männergestalt ist zu sehen

Der andere Mann ist anscheinend der Künstler, der die Plastik geschaffen hat, die dann zerstört wird. Er wirkt eher kraftlos und unattraktiv. Die Brille und das eingefallene Gesicht sollen möglicherweise einen als „schlaff“ verachteten Intelektuellen kennzeichnen. Auffällig ist die Nase. Ein judenfeindlich verwendetes Klischeebild scheint eingesetzt zu sein. Die verzerrten Gesichtszüge scheinen Absicht.

Die Formung eines neuen Menschentyps scheint in der Karikatur bejaht zu werden (der Presse in Deutschland war außerdem damals die politische Ausrichtung, zumindest im Großen, vorgegeben). Die Plastik scheint eine Darstellung eines Ideals eines (germanischen) Helden zu sein. Der Führer bildet sich ein heldenhaftes Volk heran. Rassismus mit einer „arischen Herrenrasse“ kann als Hintergrund gesehen werden. Ein Durcheinander mit einer Vielzahl eher geringwertig wirkender Figuren wird von einer starken Person abgelöst. Ein Führer gestaltet den deutschen Menschen nach seinen Vorstellungen, wobei anscheinend an ein gelungenes Prachtexemplar gedacht werden soll. Politisch und gesellschaftlich kann an eine Aussageabsicht einer Überwindung von Unordnung, Spaltung, Streit und „degenerierten“ Massenmenschentum durch eine kraftvolle Person als Teil einer „Volksgemeinschaft“ gedacht werden.

Wohl vom Zeichner nicht beabsichtigt können sich auch andere Gedanken einstellen. Eine pluralistische Gesellschaft wird zerschlagen und eine totalitäre Diktatur hergestellt, in dem die einzelnen Menschen Material (Rohmasse) sind, das sich dem Willen eines Führers zu fügen hat.

De Einzelheiten der Karikatur sind in einer digitalisierten Abbildung noch besser zu sehen: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kla1933/0775?sid=d6b6a7af245b6505273d62fa8b9254d1

Hitl3r zerstört die hysterische, ungeordnete Gesellschaft, und baut seinen eigenen "idealen" Menschen auf. --> Durch die Kategorisierung von Menschen etc.

Das Kuddelmuddel auf dem Tisch ist die Demokratie: viele miteinander streitende Menschen.

Dann hat einer mit der Faust auf den Tisch und bringt Ruhe und Ordnung in das Chaos.

Anschliessend erschafft er ein neues Menschenbild, daher wohl der Bildhauer.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob man das dritte Bild so interpretieren kann, dass er die vielen verschiedenen Menchen aus Bild 2 in den Torso "hineinstopft". Aber ich vermute ja, denn das würde ja dahin gehen, dass er den "neuen" Menschen aus den alten erschaftft.

Der neue Mensch ist übrigens dieser im Stil des faschistischen Realismus, den man auch in Leni Riefenstahls Filmen verherrlicht sieht.

Auch nicht ganz sicher bin ich, wer der Mensch im Hintergrund in 1 und 2 ist. Auf jeden Fall ein "verweichlichter" Intellektueller. Vielleicht auch ein Jude.

Hat auch etwas Ähnlichkeit mit Käthe Kollwitz.

Einer der zentralen Programmpunkte der Nazis war die Ablehnung aller demokratischen und sozialistischen Anschauungen. Für sie bestimmten nicht Klassengegensätze oder Interessenkonflikte die sozialen und politischen Auseinandersetzungen in Staat und Gesellschaft, sondern sie propagierten das Ideal einer einheitlichen Volksgemeinschaft, in der alle sozialen Gruppen zu einer Einheit, einer "Volksgemeinschaft", verschmolzen sind.

Den Bildhauer Deutschlands soll AH darstellen, der nach seinen Vorstellungen den perfekten Deutschen Menschen formt!