Welche politischen Konzepte und Ideen halten die Vertreter der europäischen Staaten für den erneut aufkeimenden Nationalismus / Rechtsruck bereit?

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Hallo CarlLinne!

Nationalistische Spinnereien erleben wir nicht nur in einigen osteuropäischen Staaten, sondern auch in reifen westlichen Demokratien, und natürlich macht uns das Sorgen. Und Du sprichst zurecht die Vertreter der europäischen Nationen an, dieses Problem können die europäischen Institutionen sicher nicht allein lösen.

EU-Länder, die bei der Umsetzung der EU-Regeln Defizite haben oder das gemeinsame Recht verletzen, werden einem Vertragsverletzungsverfahren unterzogen. So hat 2012 die EU-Kommission Ungarn wegen der Staatsreform verklagt, da die Unabhängigkeit der Notenbank und der Justiz gefährdet war. Seit 2015 geht die EU-Kommission erneut gegen die Regierung in Budapest vor, weil das Land mit seinem verschärften Asylrecht und dem Vorgehen gegen Nichtregierungsorganisationen EU-Recht bricht. Die Kommission kann jedes Mitgliedsland vor den Europäischen Gerichtshof bringen, wenn gemeinsam vereinbarte europäische Regeln nicht eingehalten werden. Dabei richtet sich die Kommission an die Regierung, nicht gegen eine Nation oder ein Volk.

Besonders ernst wird es, wenn der Rechtsstaat in Gefahr gerät. Eine Rechtsgemeinschaft wie die EU gründet darauf, dass alle das gemeinsame Recht achten. Die Rechtsstaatlichkeit ist in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union verankert. Infolge der Justizreformen in Polen steht die Justiz unter der politischen Kontrolle der regierenden Mehrheit. Da der Dialog mit der Regierung keine Fortschritte brachte, setzte die Kommission 2017 erstmals das Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrages in Gang. In letzter Konsequenz ist es möglich, dem Staat das Stimmrecht zu entziehen. Kommission und Mitgliedstaaten versuchen derzeit noch, das Problem im Dialog mit der polnischen Regierung zu lösen.

Wichtig ist überall in Europa die aktive Teilnahme an der Europawahl. Bei diesen Europawahlen heißt es, Position zu Europa beziehen. Jeder, der in der Wahlkabine steht, muss sich fragen: Wie würde Europa in den nächsten fünf Jahren aussehen, wenn jeder so abstimmt wie ich? Die Frage gilt auch für diejenigen, die zu Hause auf dem Sofa bleiben.

Es gibt Kräfte, besonders an den äußeren politischen Rändern, die Europa bewusst untergraben, die unsere Gesellschaften aktiv spalten wollen. Denen müssen wir uns klar in den Weg stellen. Wenn diese Kräfte in hoher Zahl ins Europaparlament einziehen, dann darf sich hinterher niemand beschweren, wenn Europa nicht funktioniert.

Wir vertrauen der Urteilskraft der Europäerinnen und Europäer, sich nicht von denen blenden zu lassen, die mit ihren Ängsten spielen. Wir vertrauen darauf, dass sie sich für Parteien entscheiden, die Europa als Lösung, und nicht als Problem, sehen. Wir müssen den Mut haben, uns den Populisten und den Spaltern entschieden in den Weg zu stellen.

Viele Grüße vom Presseteam der Europäischen Kommission in Deutschland

  

Woher ich das weiß:Berufserfahrung