Was würde passieren wenn es keine Jäger in Deutschland geben würde?

9 Antworten

Von Experte Waldmensch70 bestätigt

Hallo,

Als Förster sähe ich natürlich vor allem die Auswirkungen auf den Wald, die hier von Einigen bereits genannt wurden. Ich finde es in dem Zusammenhang als Grund besonders wichtig, dass der Mensch die Landschaft umgeformt hat - aus dem ursprünglichen Urwald wurden landwirtschaftliche Flächen, die dem Wild ein halbes Jahr lang, zur Fortpflanzungszeit, einen überreich gedeckten Tisch bieten, und anschließend gar nichts mehr. Der reichlich produzierte Nachwuchs muss dann den wenigen verbliebenen Wald leerfressen, und anschließend verhungern. Dass große Beutgreifer weitgehend fehlen, ist da nur ein Zusatzeffekt, sowie auch, dass ihre Jagdtaktiken in der freien Landschaft teilweise nicht funktionieren.

Das sind auch die Gründe, warum im angeblich "jagdfreien" Kanton Genf einiges an Abschüssen passieren muss, es heißt halt nicht Jagd und wird durch Berufsjäger vorgenommen.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Verbot_der_Milizjagd_im_Kanton_Genf

Ein weiteres Problem, das ich sähe, wäre speziell beim Schwarzwild (und vielleicht auch bei weiteren, aktuell sich ausbreitenden Arten wie Wolf:) wenn die intelligenten Tiere erst einmal gelernt hätten, dass ihnen vom Menschen keinerlei Gefahr mehr drohte, dann würden sie auch anfangen, sich entsprechend zu verhalten! Das kann man dort beobachten, wo Wildschweine gatterartig gehalten, und vielleicht auch noch von uneinsichtigen Besuchern gefüttert werden. Dort kommt es immer wieder zu Zusammenstößen! Ich bewege mich täglich im Wald, wo es (bejagtes!!) Schwarzwild gibt, und fühle mich dort unbewaffnet völlig sicher. Nach dem Ende der Jagd wäre das anders: kann man dann noch einen Wald betreten, Spazierengehen, einen Acker bewirtschaften?

Die Population der Wildtiere würde überhand nehmen. Ihr natürlicher Lebensraum ist aber leider zu begrenzt wegen unserer starken Besiedlung. Die Tiere suchen dann in bewohnten Gebieten nach Nahrung, und es käme zu unangenehmen Begegnungen, Verletzungen und tödlichen Verletzungen von Menschen. Die Gärten würden durchgewühlt, die Mülleimer durch die Gegend geschussert, alles bei der Suche nach Nahrung. Ganz schnell hätten die Tiere die Herrschaft über bewohntes Gebiet bis in die Zentren der Großstädte übernommen. Deshalb müssen die Tiere in Zaum gehalten werden durch Abschuss. Ich denke, die wenigsten Abschüsse in Deutschland geschehen aus reiner Lust am Schießen, es ist Hege und Pflege. Und Fleischesser haben dann auch einen schmackhaften Braten auf dem Tisch.

Dann würde es in deutschen Wäldern ziemlich düster aussehen. Damwild, Rehwild, usw. fressen alles kurz und klein, beschädigen die jungen Bäume, deren Rinde etc.

Da wir die üblichen Fressfeinde wie Bär und Wolf nicht überall haben und auch nicht mehr so einfach einführen können, bleiben also nur die Jäger um sie zu dezimieren.

PETA gut und schön. Das die teilweise Recht haben ist ok, die meisten von denen haben einfach einen Knall.

Was würde passieren wenn es gar keine Jäger geben würde? Wenn niemand die Tiere dezimiert
Ganz simpel und in einem Satz zusammengefasst:

Es würden etliche Tierarten aussterben, andere Tierarten würden übehand nehmen (was unsere Nahrungsmittelproduktion und unsere Holzindustrie stark schädigen würde) und die Tiere von denen es zu viele geben würde, die würden an Parasitenbefall und Krankheitsepidemien erbärmlich zugrunde gehen und ggf. sogar uns Menschen mit anstecken.

Ausführlicher:

Wir haben keine "echte" Natur mehr, die sich selber regelt. Wir leben in einer vom Mensch gemachten Kulturlandschaft, die schon lange viele der "natürlichen Regelungskreise" außer Kraft gesetzt hat. Und wir können das nicht "zurückdrehen", dazu müsste die Menge der Menschen auf der Welt extrem verringert werden und wir müssten wieder in kleinen, vereinzelten Siedlungen leben in denen wir uns nur von dem, was vor Ort wächst, komplett selber versorgen.

Dann wäre rings herum noch genug "unberührte Natur", in der die Tiere "weit weg vom Menschen" frei leben und sich selber regulieren könnten ohne dass dadurch ein Mensch gefährdet würde.

Wenn das so wäre, dann könnte uns ja egal sein was da draußen passiert. Denn dann hätten wir auch keine Probleme mit:

  • Der Übertragung von Krankheiten vom Tier auf den Menschen (Zoonosen)
  • Dem Parasitenbefall der Tiere von denen wir genauso befallen werden könnten
  • Den Schäden an Dingen, die der Mensch selber zum Überleben benötigt (angebaute Nahrungsmittel und auch das Holz)
  • Gefährdung der Nutztiere (durch Raubtiere aber auch durch deren Krankheiten/Parasiten)

So ist es aber nun einmal nicht (mehr) in unserer Welt. Es kann uns nicht egal sein.

Wenn wir als Mensch da in unserer heutigen Situation (die wir uns ja nun einmal nicht aussuchen können, da es eben so viele Menschen gibt, die alle versorgt werden wollen) nicht eingreifen würden, dann würde "die Natur" das auf ihre Weise regeln. Aber die würden wir so nicht wollen:

  • Gefährdete Arten wie z.B. bestimmte Vögel würden komplett aussterben, da die Menge der natürlichen Feinde wie Füchse, Waschbären, Marderhunde, Marder etc. zu groß würde. - Teilweise also auch Raubtiere, die eigentlich gar nicht hier her gehören und vom Menschen eingeschleppt wurden. Die haben hier keine natürlichen Feinde und müssen zum schutz der einheimischen Arten reguliert werden.
  • Tiere die sich an unsere Kulturlandschaft angepasst haben und sich dadurch zu stark vermehren würden sich gegenseitig mit Krankheiten und Parasiten anstecken, weil sie "zu dicht auf einander leben" und dadurch geschwächt würden (Nahrungskonkurrenz, Revierkämpfe etc.). Dadurch wären sie ein leichtes Opfer für Parasiten und Krankheiten, die sich auf solcherart gestressten und geschwächten Tieren prima vermehren könnten und dank der Dichte der Tiere besser von einem Tier auf das nächste überspringen könnten.
  • Tiere würden in großen Mengen an den Krankheiten und an Altersschwäche vor sich hin siechen und leiden bis sie endlich daran sterben, was zwar "natürlich" wäre, aber eben auch mehr Leid für die Tiere bedeutet und wir hätten dann in Wald, Feld und Flur die ganzen toten Tiere liegen, von deren Verwesung ja auch wieder Gefahren für Menschen ausgehen würden, wenn wir z.B. beim Spaziergang oder der "Hunde-Gassi-Runde" aber auch bei der Arbeit auf Felder und im Wald damit in Berührung kommen würden.
  • Der Populationsdruck der Tiere würde dafür sorgen, dass speziell die anpassungsfähigeren Arten sich immer dichter an die menschlichen Wohngegenden und auch an die menschliche Tierhaltung annähern. Es würden also immense Schäden entstehen, da z.B. die von Menschen gehaltenen Tiere sich mit den Krankheiten und Parasiten der Wildtiere anstecken würden. Das ist ja jetzt schon ein großes Problem z.B. mit der Afrikanischen Schweinepest, die Deutschland inzwischen erreicht hat. Kommt daovn ein krankes Wildschein einem Tierzuchtbetrieb zu nahe, dann war es das. Alle Tier müssen vorsorglich egetötet werden, Quanrantänezonen werden eingerichtet, der Export des Fleisches bricht zusammen. - Immenser wirschaftlicher Schaden.
  • Rehe und Hirsche sorgen in den heimischen Wäldern (die ja auch alle keine "sich selber überlassene Natur" mehr sind sondern wirschaftlich genutzte Kulturlandschaften) für Schäden durch Verbiss von Trieben an jungen Bäumen und Schälschäden. Das sorgt dafür, dass die Bäume da, wo die Triebe abgebissen werden verzweigen und dadurch keine langen, brauchbaren Stämme mehr entwickeln, die die Holzwirtschaft aber benötigt. Geschälte Bäume (also Bäume bei denen Hirsche die Rinde "einmal in die Runde abfressen") sterben dadurch.
  • Und, ganz generell: Tiere vermehren sich. Der Lebensraum wächst aber eben nicht mit, der wird eher noch kleiner (mit jedem neu gebauten Siedlungsgebiet, jedem Industriegebiet und durch das Wachstum der Städte).
  • usw...

Das sind alles Gründe, warum wir die wild lebenden Tiere auf eine der jeweiligen Situation angepasste und auch für sie selber gesunde Menge begrenzen müssen.

Da hilft übrigens auch die Rückkehr von einigen Großraubtieren wie Luchs, Wolf oder gar Bär nicht weiter. Denn die halten sich nicht an "für die jetzige Kulturlandschaft sinnvolle" Regeln, die dezimieren nicht speziell die Tiere bei denen es nötig wäre und verschonen nicht die Tiere, bei denen es sinnvoll wäre. Die nehmen, was sie kriegen können und was ins Beutschema passt. - Das bedeutet, die Rückkehr der großen Raubtiere macht mehr zusätzliche Arbeit um das zu regeln anstatt weniger.

Denn das Ziel der heutigen Jagd ist es ja nicht nur, dass man das eine oder andere Tier erlegt und sinnvoll nutzt, sondern vor allem auch, das deshalb alle anderen Tiere in einer gesunden Menge und Zusammensetzung trotz all' der Einschränkungen durch die menschliche Zivilisation noch gut leben (und teilweise: überleben) können.

Der Jäger ist nicht nur "der, der das eine Reh schiesst, damit er es essen kann". Seine Hauptaufgabe heutzutage ist auch das Wild zu hegen. Und das bedeutet, er ist gesetzlich verpflichtet zur …

… Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepaßten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen.

(Zitat §1 des Bundesjagdgesetzes)

Deshalb sehe ich mich als Jäger auch als unbedingt notwendig an.

Und das umso mehr, je mehr Menschen es gibt und desto mehr die Menschheit die Landschaft nach seinen Bedürfnissen gestaltet und damit in den Lebensraum der Tiere eingreift. Denn das ist die "Schuld" von uns allen, liegt alleine schon an unserer (zahlenmäßig so hohen) Exisstenz.

Da benötigt es Leute, die dafür sorgen, dass das Wild trotzdem eine entsprechende Chance hat und genau dafür sorgt der Jäger.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin Jäger