Was verbirgt sich hinter dem Begriff "Vertrauensarbeitszeit" in Stellenausschreibungen?

9 Antworten

Vertrauensarbeitszeit heißt erst mal so viel wie "Arbeite solange du willst, Hauptsache du wirst fertig". Das heißt, Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten, Unterstunden aber auch. Allerdings kannst du in der Regel mit einem eher überstundenlastigen Arbeitspensum rechnen.

Ob Zeiten erfasst werden, steckt in dem Begriff nicht drin. Denn nach einem EuGH-Urteil sind Arbeitgeber mittlerweile verpflichtet, Zeiten zu erfassen, um Arbeitszeitverstöße nach dem Arbeitszeitgesetz erkennen zu können. Denn die maximalen Tages- und Wochenzeiten sowie Ruhezeiten gelten auch für Vertrauensarbeitszeit und All-In-Verträge.

Aber ob "blindes Vertrauen" oder "gestempeltes Vertrauen", der Effekt ist der gleiche.

Legal sind solche Verträge oftmals nicht, denn erstens kann man aus diversen BAG-Urteilen, die bis zu einem gleich- oder anderslautendem Gesetz erst mal für alle bindend sind, entnehmen, dass eine pauschale Abgeltung von Überstunden unzulässig ist (korrekter wäre "Die ersten x Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten, oder es können y Überstunden auf einem Gleitzeitkonto gesammelt werden, alles darüber verfällt) und zweitens sind solche Abgeltungen von Überstunden nur dann zulässig, wenn man überdurchschnittlich gut verdient. Grundlage für ein überdurchschnittliches Gehalt ist die Beitragsbemessungsgrenze der Sozialversicherungen, derzeit bei (Details müsste ich nachgucken) über 80000 Euro Jahresgehalt.

Trotzdem wird es häufig gemacht nach dem Prinzip "wo kein Kläger da kein Richter und wo Jobbedarf da kein Kläger", heißt kaum jemand riskiert seinen Job um den Arbeitgeber zu verklagen und so lange keiner klagt, fällt es nicht auf und so lange kann man weitermachen.

Es bedeutet, dass man nicht die Arbeitszeit "stempeln" muss.

Oft ist das mit versteckten, nicht bezahlten Überstunden oder auch mal Verstößen gegen Arbeitszeitgesetze verbunden. Daher müssen auch da Zeiten mitlerweile aus rechtlicher Sicht vorgehalten werden. Die Doku sieht bei uns so aus, dass die Leute mit Vertrauensarbeitszeit eine Liste führen sollen, wenn sie mal deutlich länger oder kürzer als sonst arbeiten, das wird aber nie ohne Vorankündigung kontrolliert.

Ich konnte wählen was ich möchte, erst bei höheren Positionen ist Vertrauensarbeitszeit bei uns Pflicht.

Es bringt mir aber nichts diese zu wählen, meine Arbeitszeit darf ich auch so in Abstimmung mit Kollegen und im Hinblick auf anfallende Aufgaben frei gestalten. So dokumentiere ich nur meine Überstunden realistisch und kann daher auch ggf. mal einfach überstundenfrei nehmen oder mehrfach früher gehen/später kommen, um sie abzubauen. Denn ich habe ja schwarz auf weiß, dass ich die Stunden gearbeitet habe.

Mit Vertraunesarbeitszeit kommen eher mal blöde Sprüche, wenn man mehrfach früher geht, ob man denn "immer nicht zu tun" hätte oder von anderne Abteilungen, ob man auch mal arbeitet.

Auf sowas hatten wir keine Lust und haben als Abteilung geschlossen das Stempeln gewählt.

Zudem kann unser Chef so vorhalten, dass wir trotz zügiger Arbeit alle im Team über längere Zeit massig Überstunden machen, da immer mehr Aufgaben dazu gekommen sind und wir daher mindestens einen weiteren Kollegen benötigen. Anders würde das eher unter den Tisch fallen, so hat er Zahlen in der Hand die er nach oben vorlegen kann.

Das bedeutet, dass Du Deine Überstunden selbst verwaltest. Du kannst üblicherweise auch in gewissen Grenzen Deine Arbeitszeit verschieben. Das ist toll, weil man ohne weiteres mal zur Theateraufführung des Sohnes in die Schule kommen kann oder mal zum Arzt gehen. Dafür arbeitet man eben zu anderer Zeit.

Wichtig ist natürlich, wie das in der Firma konkret gelebt wird. Wenn es dadurch üblich ist, dass mehr Überstunden geleistet als abgebummelt werden, ist das natürlich Mist.

Quasi heißt es das.

Allerdings kannst du das selbst ja festhalten und wann immer es möglich ist, dann früher gehen. Es gibt natürlich Kollegen, die es bestimmt auch ausnutzen. Aber die gibt es überall.

Kurz zusammengefasst heißt es aber, was Du vermutest: Keine Zeiterfassung, Arbeitgeber vertraut darauf, daß Du Deine Zeiten einhalten wirst

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Die Erfassung von Überstunden bei nicht-Leitungspositionen ist gesetzlich vorgeschrieben, ganz wegfallen kann es also nicht. Meist wird das dann beantragt oder anderweitig festgehalten.

Unsere Abteilungsleiter haben das alle, geht allerdings bei ihnen damit einher, dass es dafür kein Überstundenkonto gibt. Einen Tag Stunden abfeiern geht also nicht.