Wenn ihr euch das leisten könnt, ist das eine super Gelegenheit.
Gerade deine Aussprache wird sich dort fast automatisch verbessern, weil du mit dem Sprachklang täglich umgegeben bist und zwangsweise viel sprechen musst. Nicht alle, aber viele kommen danach mit deutlich besserem Englisch zurück, größerem Wortschatz, besserer Aussprache und intuitiverer Satzbau.
Aber du musst für dich klären, ob du offen dafür bist, gerade für eine so lange Zeit und so lange weg.
Ich hatte leider "nur" die Chance auf ein paar Wochen Polen zur Partnerschule (und nein, ich konnte vorher kein polnisch), mir hat das super gefallen, obwohl die Beziehung zur Gastschwester nur ok bis gut nicht wie erhofft sehr gut war und ich bin selbstsicherer geworden. Eine Mitschülerin von mir konnte sich hingegen da gar nicht drauf einlassen, hatte von Tag 1 dort schlechte Stimmung ab ab Tag 3 oder 4 schlimmes Heimweh. Ich hätte gerne länger bleiben können, sie wäre am liebsten direkt wieer abgereist. So unterschiedlich kann das Erlebnis sein, insbesondere wenn man in fremden Familien ist. Wobei ihre auch nett war, unsere Gastschwestern kannten sich gut, daher haben wir manchmal Dinge zusammen gemacht.
Wir haben miteinander Englisch gesprochen, da meine Gastschwester zwar theoretisch Deutschunterricht hatte, aber nicht gut war. Am Anfang war ich auch etwas gehemmt wegen meiner damals nicht so guten Aussprache, habe erst bei jedem Satz überlegt wie ich es sage, irgendwann vergisst man das, einfach weil man sich unterhalten möchte und redet einfach.
Ja, das ist vermutlich eine einmaige Chance auf solche Einblicke, denn danach wirst du dort nur noch als Tourist reinkommen und dann ist es natürlich was ganz anderes. So erlebst du mehr vom realen Alltag, in seiner Fülle an Vor-, Nachteilen und einfach anderen Dingen, gerade wenn man länger dort ist.
Als Kind war ich auch total von den USA fasziniert, ja Filme und Musik tragen ihren teil dazu bei, habe eine Freundin beneidet die einen Austausch in die USA gemacht hat (6 Monate) und habe überlegt dort evtl. mal hin auszuwandern. Heute wo ich (w,29) mehr über das Leben kenne, beispielsweise die Kosten für bei uns selbstverständliche Dinge wie Krankenkasse und Arztrechnungen oder auch die Nachteile deren Arbeitsrechts, ist es weiterhin ein spannendes Urlaubsland, aber mehr nicht mehr.
Ich denke etwas Angst davor gehört dazu, immerhin reist man in ein fremdes Land, kommt zu einer fremden Familie und weiß, dass man viel neues lernen wird und so sehr wie noch nie auf sich alleine gestellt ist. Aber wenn man offen ist, kann man daran auch gut wachsen. Und im Lebenslauf macht sich sowas auch gut.
Ein Urlaub ist es nicht, immerhin musst du dich dort an neue Regeln deiner Gastfamilie halten, in eine fremde Kultur einleben und auch z.B. ein fremdes Schulsystem mit neuen Fächern. Also ja, es ist schon eine Herausforderung, aber für viele eine positive.
In den USA könnten dir , je nach dem wo du bist und wie deine Gastfamilie ticket, beispielsweise unerwartete Regeln im Bezug auf Kleidung gegeben werden - von der Familie oder auch der Schule. Die sind für uns nicht immer nachvollziehbar, aber einzuhalten. Oder manche Gesetze werden dich nerven, solltest du aber trotzdem einhalten. Oder es kann passieren, dass du mit ihnen verpflichtend jeden Sonntag zur Kirche musst, weil ihnen da wichtig ist dass alle im Haushalt (und dazu gehörst auch du) mitkommen, egal ob du gläubig bist oder nicht - statt entspannt am Sonntag auszuschlafen. Es kann auch passieren, dass du eine negative Familie bekommst anfangs und wechseln musst, das kann einen schnell dazu führen zu zweifeln ob man bleiben oder lieber abbrechen sollte.
Dazu eben das Problem, dass du durch die Zeitverschiebung auch nicht immer einfach so mit Freunden oder der Familie sprechen kannst wenn was ist, ggf. ist es bei denen nämlich gerade mitten in der Nacht. Du musst lernen Dinge mit dir selber auszumachen und auch zu entscheiden, wo du diskutierst und wo nicht. Denn es wird nicht alles nach deiner Meinung gehen, geht es in deiner Familie ja vermutlich auch nicht, nur kennst du dort die Regeln besser.
Auch passiert es in der Zeit natürlich, dass du Geburtstage oder andere Dinge in der Heimat verpasst, wenn es blöd läuft auch einmalige wie Beerdigungen oder Hochzeiten. Die erwänte Freundin hat überwiegend eine gute Zeit in den USA gehabt, aber Geburtstage sind in ihrer Familie immer ein riesen Ding, in ihrer Gastfamilie nicht (gab Kuchen, kleines Geschenk, sie durfte das Essen an dem Tag aussuchen, ein paar Freunde einlagen und man hat gratuliert, das war es). Sie meinte ihr Geburtstag dort war daher wirklich schlimm für sie, weil sie ihre Eltern und Geschwister da so vermisst hat. Obwohl es ja sogar gefeiert wurde, aber eben nicht so wie sonst und die Familie fehlte.
Denn ja, auch wenn ich meinen Schüleraustausch super fand, gab es vor Ort trotzdem Situationen wo etwas nicht lief wie erhoft, ich vor ärgerlichen Hürden stand (viele durften zu einem Ausflug abends, gerade viele Bekannte von mir, nur meine Gasteltern haben es uns verboten weil ich zu jung war) oder andere negative Dinge. Manches kann man klären, manches muss man einfach hinnehmen wie z.B. dass das Hauptbad die ganze Zeit als ich dort war kein warmes Wasser hatte, auch nicht zum Duschen weil die den Bioler aus Kostengründen aus hatten, war ja Sommer... Aber rückwirkend war es in Summe trotzdem ein tolles Erlebnis.
Hätte ich damals die Chance gehabt, ich hätte so einen längeren Austausch und dann noch mit interessanterem Land gemacht.