War die DDR eine „linke Diktatur“?

Das Ergebnis basiert auf 53 Abstimmungen

Linke Diktatur 77%
(Nur) Diktatur 11%
Weder noch 9%
(Nur) links 2%

6 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Linke Diktatur

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- War die DDR links? 

Ob die Deutsche Demokratische Republik ein linker Staat war, ist keine simple Frage, da sie sich nur durch eine vielfältig interpretierbare politikwissenschaftliche Theorie begründet: „Rechts“ steht für Rechtsideologismus, „Links“ für Linksideologismus und in der Mitte weilt noch der Zentrismus. 

Das sind drei politische Spektren, die die Politikwissenschaft kennt und historisch bedingt kreiert hat. Es geht um das allseits bekannte, aber vielfach missverstandene und dadurch inkorrekt interpretierte System der Politischen Spektren. Seine Historie begann im Jahre 1789, als die so genannte Konstituante - eine verfassungsgebende Versammlung, die das Ziel hatte, Frankreich eine Verfassung zu bescheren - tagte. In der Nationalversammlung entstand eine Auffächerung der politischen Ziele in ein Spektrum zwischen zwei Extremen. Auf der linken Seite, le côté gauche genannt, saßen revolutionär-republikanische Parlamentarier und auf der rechten Seite, le côté droit genannt, saßen reform-monarchistische Parlamentarier - heute wird daher auch gerne von „progressiv“ und „konservativ“ gesprochen. Schon bald wurden die Räumlichkeit-Adjektive „links“ und „rechts“ substantiviert. Man sprach daraufhin von la gauche und la droite. Nebst dem bildeten sich schon damals in den Lagern extremistische Flügel: l‘extrémité gauche und l‘extrémité droite. Mit der Zeit bildete sich auch ein zentristisches Lager: centre. 

Die Politikwissenschaft konstruierte aus dieser eigentlich banalen Sitzprogrammatik ein Definitionssystem: das System der Politischen Spektren. Definiert wurden drei politische Spektren: Linksideologismus, Zentrismus und Rechtsideologismus. Man konstruierte damit ein System zur Kategorisierung von politischen Ideologien. 

Eine Gesellschaft besteht aus vielen naturgemäß ungleichen Individuen. Verschiedene Geschlechter, verschiedene Körpergrößen, verschiedene Behinderungen und Ähnliches sorgen für eine Vielfalt in der Gesellschaft. Aus dieser naturgegebenen Ungleichheit resultiert zuhauf eine „künstliche“ Ungleichheit, etwa bei (künstlichen) Rechten, (künstlichem) Vermögen oder (künstlicher) Macht. Rechtsideologisten, also „rechte“ Menschen, sind der Auffassung, dass das normal ist und unter anderem so bleiben soll (Ungleichheit der Menschen). Linksideologisten, also „linke“ Menschen, sind der Auffassung, dass das unnormal ist und folglich auch geändert gehört (Gleichheit der Menschen). 

Ein sehr populäres, relativ aktuelles Beispiel aus Deutschland ist die gleichgeschlechtliche Ehe. Rechts ist man, wenn man nur will, dass nur die eine Seite das (künstliche) Recht hat, zu ehelichen - irrelevant, ob nun die Heterosexuellen oder Homosexuellen, aber in Deutschland offenkundig beziehungsweise am ehesten die Heterosexuellen. Links ist man, wenn man die gleichgeschlechtliche Ehemöglichkeit will - selbstverständlich neben der gewöhnlichen Ehe -, denn somit schafft man die „Gleichheit der Menschen“. 

Das eigens propagierte Selbstverständnis und die Selbstdarstellung der Deutschen Demokratischen Republik war zutiefst linker Natur: Sozialismus hier, Sozialismus da, Sozialismus trallala - wenngleich man noch ausführen könnte, dass der so genannte Sozialismus keine allgemeingültige Definition genießt. Die DDR verstand eine Staatsideologie, eine Staatsdoktrin, ein Verhalten, dem großen Bruder im Osten die Stange zu halten und den bösen Zwilling im Westen bloßstellen zu wollen, das historisch, bedingt dem Kalten Kalten Krieg, als klassisch links beurteilt wird. 

Nun muss man allerdings festhalten - auch aufgrund der Tatsache, dass viele linksideologische Attribute keine allgemeingültigen Definitionen kennen -, dass weiterhin das Wort/Begriff-Schema gilt: Während ein Wort ein Gebilde aus Buchstaben ist, hat ein Begriff einen tieferen Sinn - eine Bedeutung. Ein Begriff ist eine Denkeinheit - ein Wort, also eine Spracheinheit, kann einen Begriff wiedergeben, ist aber selbst kein Begriff. Man könnte thematisch passend sagen: 

„Wir beide haben einen unterschiedlichen Begriff von dem, was wir ‚linke Diktatur‘ nennen.“ 

Das bedeutet: Beide Individuen propagieren eine subjektive Definition beziehungsweise Erläuterung von „linke Diktatur“, wobei aber dasselbe Wort verwendet wird. 

Ich möchte letztlich einige Beispiele aufzeigen, die die Realpolitik der DDR behandeln - allerdings in den Kommentaren, andernfalls wird die programmierte Maximalzeichenlänge mal wieder blockieren.

Oder war sie das nur im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland (während der Deutschen Teilung)? 

Dem würde ich also beipflichten. 

- War die DDR eine Diktatur? 

Die Diktatur ist eine Herrschaftsform - so wie die Demokratie. Der Begriff der Diktatur leitet sich von „dictator“ ab. Ein dictator war ein hochrangiges, aber zeitlich befristetes Amt in der so genannten Römischen Republik. Er konnte, wenn er vom Senat eingesetzt wurde, für sechs Monate unbeschränkt herrschen. Das kam relativ selten vor. 

Der Begriff wurde daraufhin erstmals von einem italienischen Philosophen in die Politikwissenschaft geführt. Er beschrieb die Diktatur als relevantes Mittel zur Verteidigung der Freiheit, das der Römischen Republik Vorteil, nicht Schaden gebracht habe. Die Römischen Diktatoren, die dictators, Lucius Cornelius Sulla Felix und Gaius Iulius Caesar, die das Amt des dictator ohne zeitliche Einschränkung innehatten, seien keine Diktatoren gewesen, sondern Tyrannen unter falschem Namen. 

Jahrhundertelang wurde der Begriff der Diktatur nicht wirklich umgedeutet, aber durchaus mal positiv und mal negativ besetzt. Angesichts des ganzen Wirrwarr entwarf der renommierte Staatsrechtler Carl Schmitt die Lehre der Zwei Diktaturen. Als Lehre orientiert sie sich am Begriff der römischen Diktatur und ist somit historisch faktengetreu.

Zwei Arten von Diktaturen liegen also vor. Einmal die „kommissarische“ Diktatur, die eine Diktatur darstellt, in der ein Diktator die bestehende Ordnung verteidigt (Verteidigung der Freiheit). Und die „souveräne“ Diktatur, die eine Diktatur ist, in der ein Diktator eine neue Ordnung schafft. 

Diese Differenzierung kann man sehr schön am römischen Beispiel belegen, aber auch an der Stellung des deutschen Bundesregierungsoberhauptes im Verteidigungsfall und an Adolf Hitler. Ersteres zwar sehr abstrakt, aber ein Fall der kommissarischen Diktatur. Letzteres ist offenkundig. 

Rein etymologisch ist die Diktatur folglich etwas Positives. Heutzutage ist es gang und gäbe den Begriff pejorativ zu verwenden. An zweierlei scheint es zu liegen: Menschen, die sich diesen Begriff angeeignet haben, obwohl sie damit nicht umgehen konnten und weil Menschen, auch aufgrund Ersterem, negativ assoziieren. 

Feststellbar ist also, dass die Deutsche Demokratische Republik eine diktatorische Republik im Sinne der souveränen Diktatur war.

martinjharwig  02.11.2022, 01:30

Beispiel: Gravidität

„Rechts“ erscheint es, wenn Schwangerschaftsabbrüche gar nicht oder lediglich bei absoluten Notfällen zugelassen werden. In der deutschen Rechtsgeschichte unterscheidet man bei der Abtreibungsfrage zwischen der so genannten Indikatorenregelung (Abbruch nur bei Notfällen) und der Fristenregelung (Abbruch in den ersten zwölf Wochen nach eigenem Ermessen). Im März 1972 wurde die indikatorische Regelung in der Deutschen Demokratischen Republik durch die Fristenregelung ersetzt – ohne vorherige Pflichtberatung. Das erste Mal in der deutschen Rechtsgeschichte regelte eine Frist den Schwangerschaftsabbruch. Dieser Schritt beeinflusste nach der Wiedervereinigung auch den gesamtdeutschen Staat, da die ostdeutschen Frauen nicht mit der in der Bundesrepublik Deutschland weiterhin herrschenden Indikatorenregelung einverstanden waren. So kam es wie es kommen sollte: 1993 kippte das Bundesverfassungsgericht die 1992 beschlossene Fristenregelung, entschied, dass ein Schwangerschaftsabbruch in der Bundesrepublik Deutschland bis heute zwar weiterhin rechtswidrig bleibt, aber in den ersten zwölf Wochen nach verpflichtender Beratung legal behandelt wird. 

Beispiel: Homosexualität

Auch bei der Homosexualität war die Deutsche Demokratische Republik Vorreiter und folglich auch indirekte Beeinflussung. 1949/50 lehnte sie die nationalsozialistische Version des berüchtigten StGB-Paragraphen 175 ab und übernahm lediglich die Verschärfung vom September 1935. Der § 175 StGB stellte homosexuelle Handlungen zwischen männlichen Personen unter Strafe. Diese Rechtslage blieb in der Deutschen Demokratischen Republik zwar formell gültig, wurde aber bereits im Februar 1958 vom Kammergericht (Ost-)Berlin de facto außer Kraft gesetzt. Homosexuelle Handlungen wurden folglich nicht mehr verfolgt und blieben straffrei. Ein Jahrzehnt später, im Juli 1968, flog er mit dem Inkrafttreten des neuen Strafgesetzbuchs komplett aus der Rechtslage. Er wurde durch den § 151 ersetzt, der lediglich homosexuelle Handlungen zwischen Volljährigen und Minderjährigen illegalisierte. Doch auch dieser Paragraph fand sein Ende, da die höchste Jurisdiktion der DDR im August 1987 entschied, dass „Homosexuelle Menschen nicht außerhalb der sozialistischen Gesellschaft“ stehen würden und dass „Homosexualität ebenso wie Heterosexualität eine Variante des Sexualverhaltens darstellt.“

Die Bundesrepublik Deutschland sah das Ganze äußerst „rechter. Beginnend mit der Übernahme der kaiserlichen als auch nationalsozialistischen Version des § 175, endend allein zwischen 1950 und 1969 bei und mit mehr als 100.000 strafrechtlichen Ermittlungen und mehr als 50.000 rechtskräftigen Urteilen. Den Schritt, den die Deutsche Demokratische Republik bereits 1958 beziehungsweise 1968 gegangen ist, ging sie erst im Jahre 1973. Eine vollständige Legalisierung kam erst im Mai 1994. Bereits im März 1989 haben das vierzig Bundesparlamentarier der Partei „Die Grünen“ versucht, allerdings lehnten FDP, CDU und SPD ab.

Auch die ostdeutsche Mentalität war progressiver. Während die ostdeutschen Homosexuellen-Verbände eine absolute Gleichstellung forderten, stellten sich westdeutsche Homosexuellen-Verbände mit einer klassischen Akzeptanz zufrieden. Ohne die Ostdeutschen käme die gleichgeschlechtliche Ehe deutlich später.

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martinjharwig  02.11.2022, 01:30
@martinjharwig

Beispiel: Prostitution

Seit dem 13. Jahrhundert ist das Prostitutionsgeschäft auch in Deutschland ansässig. Im Jahre 1794 regelte das Preußische Allgemeine Landrecht, dass Prostituierte ausschließlich in Bordellen arbeiten dürfen. 1852 wurde Prostitution dann als sittenwidrig erklärt. In Deutschland bedeutet das, dass eine Handlung gegen die Moral, die nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, verstößt. Konsequenz ist, dass solche Handlungen im Rechtsgeschäft nichtig sind und Privatautonomie nur eingeschränkt wirkt. Es gab also weder Anspruch des Kunden auf Leistungserbringung noch Anspruch der Prostituierten auf die Gegenleistung. 1871 kam es zum Verbot von Blrdellen. Ab 1876 wurden Prostituierte bestraft, wenn sie sich außerhalb polizeilicher Aufsicht prostituierten. 1901 wurde mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch, das für das gesamte Deutsche Reich bindend war, Prostitution im gesamten Deutschen Reich als sittenwidrig deklariert. Im Jahre 1927 wurde mit dem Geschlechtskrankheitengesetz Prostitution entkriminalisiert. Die Nationalsozialisten, die sich ihrerseits als moralische Instanz sahen, änderten an der Entkriminalisierung relativ nichts. Im Krieg und in den nationalsozialistischen Arbeitslagern förderten sie sogar das Prostitutionsgeschäft.

Mit der Teilung legalisierte die Deutsche Demokratische Republik Prostitution. Sogar Straßenprostitution war erlaubt, Bordelle hingegen wurden untersagt. Erst mit dem Inkrafttreten des neuen Strafgesetzbuchs, also im Juli 1968, galten Prostituierte nach § 249 als „Asoziale“ und konnten strafrechtlich verfolgt werden. Mit diesem Schritt propagierte die staatstragende Politik, Prostitution erfolgreich „ausgelöscht“ zu haben. Die Realität und selbst die normale Straßenöffentlichkeit sah jedoch anders aus. Nicht nur die aktive Förderung von Prostitution durch die herrschende SED und den Geheim- und Nachrichtendienst „Ministerium für Staatssicherheit“ widersprachen der Propaganda. Ebenfalls gab es so genannte HWG-Personen (häufig wechselnde Geschlechtspartner), die faktisch prostituierten, aufgrund offizieller Arbeitsverhältnisse allerdings nicht als „Asoziale“ klassifiziert wurden.

Die Bundesrepublik Deutschland übernahm die Sittenwidrigkeitsregelung. Alles, was über eine Zimmervermietung hinausging, war strafrechtlich relevant. Was in diesen Zimmern vonstatten ging, war vom Staate geduldet, aber Rechtssicherheit und Vertragsfreiheit gab es nicht. Im Juli 1953 wurden mit dem Geschlechtskrankheitenbekämpfungsgesetz Gesundheitsämter dazu ermächtigt, die verfassungsverankerten Grundrechte Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 (Körperliche Unversehrtheit) und Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 (Freiheit der Person) einschränken zu dürfen. Folge war beispielsweise die Zwangsuntersuchung (vaginaler Abstrich) von Prostituierten. Im November 1965 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht, dass Prostitution gemeinschaftsschädlich sei und verglich die Praktiker mit Berufsverbrechern. Im Juli 1980 entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass Prostitution als sitten- und sozialwidrige Tätigkeit kein gemeinschaftsrechtliches Freizügigkeitsrecht in der Europäischen Union genießt. 

Erst nach der Wiedervereinigung beziehungsweise Jahrtausendwende folgte eine Legalisierung zum Zwecke der absoluten Regulierung. Am 1. Dezember 2000 entschied das Verwaltungsgericht Berlin nach zahlreichen Klagen, dass Prostitution nicht mehr sittenwidrig sei. Im Januar 2002 folgte die legislative beziehungsweise gubernatorische Antwort auf diese judikative Entscheidung: Prostitutionsgesetz. Den Zweck, Prostituierte aus der Anonymität zu befreien und ein Umdenken unter anderem in der Berufswahl zu generieren, erfüllt das Gesetz genugtuend: „Der Paragraphen-Dschungel ist seitdem zwar nicht wirklich entwirrt, aber in unseren Beratungssprechstunden merken wir, dass auch langsam ein Umdenken in den Köpfen der Prostituierten stattfindet.“ Nach jahrelanger Ausarbeitung wurde das schärfere Prostitutionsschutzgesetz im Juli 2017 verabschiedet. Dieses sieht beispielsweise eine Erlaubnis- und Kondompflicht vor.

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martinjharwig  02.11.2022, 01:33
@martinjharwig

Beispiel: Transsexualität

Die Deutsche Demokratische Republik beschritt im internationalen Vergleich recht früh den Weg der Legalisierung einer Geschlechtstransition bei transsexuellen Menschen. Bereits 1959 wurden Frau-zu-Mann-Geschlechtsumschreibungen gestattet. Als im Juli 1968 § 175 entfiel, wurde bereits in den zuständigen Staatsministerien über Möglichkeiten einer Legalisierung von geschlechtsangleichenden Operationen debattiert. Als der Neurologe Karl Seidel 1971 Direktor der Charité-Nervenklinik wurde, setzte er sich nochmals populärer für eine solche Legalisierung ein. Ab 1973 stand er im regelmäßigen Kontakt mit dem Gesundheitsministerium und unterbreitete zahlreiche Lösungsvorschläge. Zeitgleich unterstütze er transsexuelle Menschen darin, individuelle Genehmigungen vor der kollektiven Lösung zu erhalten. Beispielsweise fand bereits am 12. November 1974 eine geschlechtsangleichende Operation statt, nachdem ein Briefwechsel bis an das spätere Staatsoberhaupt und seinerzeit SED-Zentralkomitee-Sekretär Erich E. P. Honecker adressiert werden konnte. Anfang Februar 1976 wurde dann die Geschlechtstransition legalisiert. 

In der Bundesrepublik Deutschland erfolgte dieser Schritt erst 1981. Das so genannte Transsexuellengesetz trat in Kraft und sah zwei Lösungen für transsexuelle Menschen vor: die „kleine Lösung“ und die „große Lösung“. Die „kleine Lösung“ erlaubte es, den Vornamen zu ändern, ohne dass man sich einer geschlechtsangleichenden Operation unterziehen musste. Hierfür waren mehrere Voraussetzungen zu erfüllen, die von zwei sachverständigen Gutachtern bewertet werden mussten. Die „große Lösung“, die die personenstandsrechtliche Anerkennung des empfundenen Geschlechts zur Folge hatte, setzte nachweisliche Fortpflanzungsunfähigkeit und eine geschlechtsangleichende Operation voraus. Bei einer solchen Geschlechtstransition musste bis 2009 eine bestehende Ehepartnerschaft aufgelöst werden.

Beispiel: Frauenrechte

Auch bei den Frauenrechten hatte die DDR die Nase vorn. Nicht nur die kostenfreie Antibabypille ab 1972, sondern auch der gleichberechtigte Arbeitsmarkt sorgte für mehr Frauenrechte als in der Bundesrepublik Deutschland. Seit der ersten Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom Oktober 1949 waren Frauen verfassungsrechtlich gleichberechtigt. So hieß es im Artikel 7: „Mann und Frau sind gleichberechtigt. Alle Gesetze und Bestimmungen, die der Gleichberechtigung der Frau entgegenstehen, sind aufgehoben.“ 

Verfassungsverankert war auch der gleiche Lohn für Mann und Frau. In den 1980er Jahren hatte der ostdeutsche Arbeitsmarkt eine Frauenquote von 91,2% Prozent. International betrachtet einzigartig.

Dagegen galt in der Bundesrepublik Deutschland bis Juni 1957 der so genannte Gehorsamsparagraph. Dieser stammte aus dem Jahre 1900 und besagte, dass „dem Manne die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu“ steht. Eine Frau, die beispielsweise in den Arbeitsmarkt eintreten wollte, brauchte die Legitimation des Mannes. Daraus folgte auch, dass der Mann illegitimierte Arbeitsverhältnisse der Frau fristlos kündigen durfte. Da die Theorie nur beschwerlich Praxis wird, herrschte auch nach 1957 Ungleichberechtigung im Arbeitsmarkt und allgemein im gesellschaftlichen Leben. Daher wurde die Bundesrepublik Deutschland 1979 sogar von der Europäischen Kommission verwarnt. Als das alleinige Entscheidungsrecht des Mannes in allen Eheangelegenheiten gekippt wurde, zementierte man weiterhin die sogenannte Hausfrauenehe, indem die Zuständigkeit der Ehefrau für den Haushalt gesetzlich festgeschrieben blieb.

Erst im November 1994 wurde die Staatszielbestimmung, die in der Deutschen Demokratischen Republik bereits 1949 niedergeschrieben war, in Artikel 3 der Bundesverfassung aufgenommen: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“

Beispiel: Fräulein

Der Begriff „Frau“ wurde in Deutschland recht eigen behandelt. Er stand als Anrede nur den weiblichen Personen zu, die verheiratet waren. Unverheiratete Frauen, darunter insbesondere Lehrerinnen bedingt des Lehrerinnenzölibats, mussten mit „Fräulein“ angeredet werden. Das Prädikat „Frau“ galt damals als Titel. Erst im Jahre 1919 wurde das zumindest für den nicht-behördlichen Verkehr geändert, sodass sich auch eine unverheiratete Frau als „Frau“ bezeichnen durfte. 1937 wurde die Regelung insgesamt gelockert und 1941 wieder teilweise verschärft.

In der DDR wurde am 15. Dezember 1951 verfügt, dass sich alle weiblichen Personen, sowohl verheiratete als auch unverheiratete, ohne irgendeine Genehmigung „Frau“ nennen durften. 

In der Bundesrepublik Deutschland erfolgte dieser Schritt, nach einem dezenten Zwischenschritt im Jahre 1955, erst am 16. Januar 1971. Bis dato war der Personenstand einer Frau - im Gegensatz zum Personenstand eines Mannes - Gegenstand öffentlichen Interesses. 

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Linke Diktatur

Vom Selbstverständnis her war die DDR ein sozialistischer Staat und handelte nach den Prinzipien des Zentralismus. Die DDR wies auch Merkmale der Idee des Sozialismus auf. Faktisch war es aber (auch) eine Diktatur.

Ich denke auch, dass linke Diktatur die passende Überschrift wäre, auch wenn beides ideologisch nicht vereinbar ist und sich in der Theorie ausschließt.

Es geht doch bei der Frage darum, was die DDR tatsächlich war. Ich denke, dass man das gar nicht klar definieren kann. Jedenfalls nicht nach den gültigen Definitionen der einzelnen Staatsformen.

Die DDR war nach meiner Ansicht im Grunde fast alles, was zur Auswahl steht: Sie hatte sozialistische Elemente, der politische Machtapparat handelte diktatorisch, die DDR war also links-diktatorisch. Sie war weder rein sozialistisch, noch eine reine Diktatur. Das einzige, was ich ausschließen würde, wäre, dass die DDR rein links, also rein sozialistisch war.

Das betrachten hier alle anders aber irgendwie doch ähnlich, so mein Eindruck.

(Nur) links

Die DDR war sozialistisch. Wie in sozialistischen Staaten so üblich hat man dann einfach dafür gesorgt, dass es nur noch eine einzige Partei gab und schon hatte man diktatorische Machtverhältnisse. Auf dem Papier war die DDR allerdings keine Diktatur. In der Praxis hingegen schon.

Da gibt es sehr große Parallelen zum heutigen China... offiziell handelt es sich dabei auch nicht um eine Diktatur. Dafür, dass es sich aber nicht um eine Diktatur handelt, gibt es aber eben doch ein(ig)e Person(en) die über diktatorische Macht verfügt.

Linke Diktatur

In der offiziellen Prägung und Staatsagenda sozialistisch, also links. Auch in einigen positiven Aspekten wie sozialer Absicherung. Für den Bürger aber diktatorisch, da keine freie politische Betätigung möglich, Repressalien bei abweichender Meinung, Bespitzelung, keine Freiheit von Presse und Kultur und das Einsperren der Bevölkerung aufs eigene Staatsgebiet und das ähnlicher Staaten.

Linke Diktatur

Ich verstehe nicht wirklich, wieso du linke Diktatur in Anführungszeichen schreibst. Das impliziert, dass beides zusammen nicht möglich wäre. Dem ist nicht so. Vom politischen Spektrum lässt sich nicht auf die Regierungsform schließen.