reflektieren eltern später die erziehung ihrer kinder?

5 Antworten

Also meine Mum ist einfach froh das wir Jungs (sind 4 Brüder), allesamt zu anständigen Männern wurden.

Weil unser Leben war damals absolut nicht toll. Meine Mum ließ sich blenden vom Stiefvater. Geriet in Abhängigkeit, sowohl finanziell als auch emotional und war quasi wie eine Gefangene unter diesem Mann.

Er war alkoholiker und übte viel Gewalt an uns Kindern aus.

Als wir alt genug waren, haben wir Brüder uns eben zusammengeschlossen gegen den Tyrann.

Wir holten unsere Mum da raus, mit Gewalt, weil der stiefvater natürlich durchgedreht ist.

Aber sie war so froh. Sie machte sich etliche Vorwürfe das sie uns in so eine Lage brachte etc. Aber wir nehmen es ihr nicht übel. Sie war wie gesagt genauso gefangen in der situation wie wir damals.

Am Tag des Auszugs, als ich meiner Mum die Wohnung zeigte die ich für uns organisiert hatte (war eine Absteige aber mit 19 konnte ich mir nicht mehr leisten), brach sie in Tränen aus, umarmte mich und sagte "Danke das du uns da rausgeholt hast"

Ich war quasi der Sohn der eben das alles organisiert und umgesetzt hat, also damit Mutter und brüder zumindest irgendwie klarkommen erstmal. Dachte mir damals, selbst wenn wir unter der Brücke leben würden wäre das immernoch besser als bei dem Tyrann, und so war es eben auch.

Naja lange Rede kurzer Sinn.

Sie ist wie gesagt einfach froh darüber das wir nicht so wurden wie wir erzogen worden sind. Auch wenn ich zugebe das ich persönlich in meiner Jugend zumindest FAST in diese gewaltätige welt abgedriftet wäre.

Aber gut, bei dem Einfluss, macht einem kaum jemand einen Vorwurf.


Kosmike  02.04.2024, 11:23

So etwas zu lesen, das ist schön und zugleich ermutigend.

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Byzantion 
Fragesteller
 02.04.2024, 11:30

ok also sowas lesen ist heftig und schön zugleich. es gehört ein großer mut dazu, aber auch sicherlich feingefühl bei der tatsächlich umsetzung. ich kenne von meiner familie genau das gegenteil. ich würde sagen, dass die hoffnungen und erwartungen in mich von anfang an viel zu hoch waren. ich war durchaus fleißig und habe mich angestrengt, aber konnte meine eltern nie zufrieden stellen. erst später als die soziale komponente wichtiger wurde, bot sich mir ein feld meinen eltern zu zeigen, was ich wert bin

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ichweisnetwas  02.04.2024, 11:37
@Byzantion

War ja bei mir ähnlich wenn du es so siehst.

Man musste verflucht schnell erwachsen werden in so einer Welt. Da war keine möglichkeit einfach mal Kind zu sein.

Die Verantwortung die ich da trug, auch schon vor dem Auszug war einfach nicht zumutbar. Aber es ging eben nicht anders.

Als Beispiel. Immer wenn der Stiefvater wieder wütend war, habe ich ihn damals provoziert, damit er eben nicht auf meine Brüder oder Mutter losgeht, sondern auf mich. Damals dachte ich mir immer, besser gehe nur ich zugrunde als die gesamte Familie.

Und am ende kam es eben besser als erwartet, ich knickte zwar weg, mit ca mitte 20, weil ich wirklich keinerlei Kraft mehr in mir hatte. Aber das hat sich nach etwas Behandlung schnell wieder gelegt und ich konnte besser denn je durchstarten.

Aber was für eine Kraft und ein Durchhaltevermögen über all diese Jahre notwendig war, das können sich die meisten kaum vorstellen. Jeder einzelne Tag war ein Kampf gegen die pure Verzweiflung.

Was ich dir hier noch mitgeben will. Sei einfach so gut, wie du selbst sein kannst. Ohne rücksicht ob deine eltern das toll oder gut finden.

Sei für DICH selbst die beste Person die du sein kannst, dann werden deine Eltern automatisch auch stolz auf dich sein.

Man muss nicht wie ich damals wirklich alles aufopfern und All In gehen. Aber man sollte sich eben immer bemühen sein bestes zu geben. Mehr kann niemand Verlangen.

Wünsche dir alles gute :)

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nein, es kann auch da nicht machen was es will. das traf ja auch auf mich zu als ich Kind , dann Elternteil und nun- nie Großelternteil werde.

ich habe versucht alles besser zu machen, meist jedoch wurde es dann doch mehr oder weniger so, wie es meine Mutter at, wenn auch mit etwas größeren Erfolg, also ohne Scheidung. aber das eigene Wertempfinden, nun es dauerte zwar, konnte ich so für mich von meiner Mum übernehmen und weitergeben.

und dafür habe ich Zuwenig Danke gesagt, was allerdings auch nun auf meine Kinder zutrifft....


Byzantion 
Fragesteller
 02.04.2024, 11:58

ja, das kann natürlich sein, dass man anfangs euphorisch ist und alles perfekt machen will und mit der Zeit schleift sich das ab und man findet eine gewöhnliche art und weise des umgangs, die man aber längere zeit durchhalten kann. ich werde zwar nie Kinder kriegen, aber ich würde auch vieles wie meine Mutter machen, ich würde allerdings lieber weniger Wert auf Bildung legen und auch das Maß an Strenge zurückfahren

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buddl1358  02.04.2024, 13:08
@Byzantion

oh, abschleifen tat sich da nix, weil jeder neuer Tag mit den Kids eine neue Herausforderung war und natürlich will man ein selbst erfahrenes Maß an Strenge oder besser an selbst verstandene Notwendigkeit, zurückfahren. jedoch so auch führt dies eben zu mehr ungewollter und ausgenutzter Freiheit mit deren Folgen.. und Bildung ist heute so schwer bei der Jungend umzusetzen, dass selbst Schulen Defizite weder ausgleichen noch familiär , wie der Sprache einfordern können.

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Nun, ich mache mir gedanken darüber.

Dabei sehe ich vieles was ich falsch gemacht hatte.

Nicht unbedingt, weil ich es nicht wusste oder nicht wollte sondern, weil ich es nicht konnte.

Aber im grossen und ganzen denke ich, dass ich es von meiner Seite her recht gemacht hatte.

Nun ich hatte ja auch den Vorteil, dass ich schon etwas älter war und zuvor viel mit Kindern zu tun hatte.

Ich galt überall als einer, der gut mit Kindern ungehen konnte und von ihnen geliebt wurde.

Und unter den Eltern dieser Kinder hatte ich auch sehr gute Vorbilder.

Also wohl bessere Vorbereitung auf eigene Kinder kann man wohl kaum haben.


Byzantion 
Fragesteller
 02.04.2024, 11:52

das hab ich mich auch schon oft gefragt, ob die eltern nicht so sehr nach dem idealistischen erziehungsbild vorgehen, sondern so wie es ihnen am ehesten liegt.

ich habe in späteren Jahren aber auch die Erfahrung gemacht, dass die Vorwürfe oder das was die Eltern sich denken, was sie hätten besser machen können, fast nie sich denkte mit dem, was ich kritisieren würde.

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Kosmike  02.04.2024, 12:05
@Byzantion

Nun meine Vorbilder waren ja nicht meine eigenen Eltern und deren Kinder waren da als ich meinen bekam schon erwachsen.

Also konnte ich daher schon erkennen, was daraus wurde.

Zudem unser Sohn gibt uns auch klare Rückmeldung, zumindest mir, was er vermisste, was er gerne gehabt hätte, dass ich es anders getan hätte.

Darüber denke ich oft auch nach.

Was ich kann, da ich erkannte, dass es falsch war, versuche ich jetzt noch nachzuholen so gut es eben geht.

Aber wichtig ist doch, dass man mit seinen Kindern eine gute Beziehung hat.

Dass er mir offen sagt, was ihm fehlte, das sehe ich auch als ein Kompliment.

Bedeutet doch, dass ich kein Tyrann war und bin, vor dem er sich fürchten muss.

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Ich denke, je mehr Eltern ihre Nachkommen lieben, desto mehr sind sie auch dann an ihren erwachsenen Kindern interessiert, wenn diese schon lange erwachsen sind. Selbst reflektierende Eltern gehen der Frage nach eigenen Versäumnissen nach.

Liebe macht sich weniger in den Worten bemerkbar, sondern in der guten Fortentwicklung. An der feststellbaren Fortentwicklung erkennen liebende Eltern, inwieweit sie das Kind so gefördert haben, dass sich die gute Fortentwicklung auch zeigt.

Jedoch Eltern können nur das weitergeben, was sie selbst gelernt haben.


Byzantion 
Fragesteller
 02.04.2024, 11:44

ja, das kann ich verstehen. ich habe nur irgendwie das Gefühl, dass zusammen mit der Liebe auch die Erwartungen mitunter steigen. Ich habe mich sicherlich fortentwickelt in meinem Rahmen, aber die Fortentwicklung verlief glaub ich in den wichtigen Bereichen nicht hinreichend gut

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Nordlicht979  02.04.2024, 12:13
@Byzantion

Eigene und fremde Erwartungshaltungen sind zu prüfen. Sehr wichtig bei diesem Thema Erziehung ist die Frage: Trägt die Erziehung dazu bei, dass das "Kind" in einen Lebensbereich gerät, in dem ihm seine Talente am besten zustatten kommen, wo es zufrieden und kompetent sein wird?

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reflektieren eltern später die erziehung ihrer kinder?

Oft spielen die Gene von Opa u. Oma mit bei dieser Entwicklung - so meine Erfahrungen...

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Byzantion 
Fragesteller
 02.04.2024, 11:38

ja, das ist irgendwie seltsam. mir wurde auch immer gesagt, dass ich einiges von meinem großvater habe, vermutlich aber wohl als er jünger war, weil wenn ich vergleiche wie ich ihn als kleiner Junge erlebt habe, kann ich das auf dem ersten blick nicht erkennen

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