Kann eine 17-jährige Person zur Behandlung ihrer Bulimie gezwungen werden?
Hallo,
ich bin 17 Jahre alt, habe fünf Jahre lang an Anorexie gelitten und bin dann seit einem halben Jahr in eine Art Bulimie geruscht. Allerdings erlebe ich keine Essanfälle und erbreche das Essen auch nicht deshalb, weil ich an Gewicht verlieren will. Ich habe das Zielgewicht, das mir von den Ärzten vorgegeben worden ist, das ganze letzte Jahr lang mit Kontrollen gehalten und möchte dies auch noch nach wie vor, da ich mich mit diesem Gewicht (BMI 18,0) stärker und energiegeladener fühle als mit starkem Untergewichr und dies in meinem Alltag brauche, zumal ich ein Lehrling bin und ich mir die konstante Müdigkeit und den Dauerschwindel nicht leisten kann.
Ich erbreche auch nicht jedes Mal nach dem Essen, sondern mache das gezielt, wenn es mir schlecht geht. Häufig tatsächlich deshalb, da mich "alles ankotzt" und ich merke, dass in meinem Gehirn Glückshormone freigesetzt werden, wenn ich erbreche.
Meine Eltern haben immer wieder Spuren gefunden, die ich hinterlassen habe. Auch heute, als mein Vater meinen Müll durchsucht hat und eine Jacke gefunden hat, die voller Erbrochenem von mir war. Ich habe mich versucht, mich da rauszureden, wie ich es bereits seit Monaten mache. Aber dieses Mal bin ich gescheitert. „Es wäre meine Sache, ob ich das behandeln möchte, ich solle nur endlich aufhören zu lügen.”
Ich habe diesbezüglich so viele Lügen erzählt, dass ich sie allmählich selber anfange zu glauben. Ich wollte um jeden Preis verhindern, dass meine Eltern merken, was ich mache. Ich habe mir sogar durch meine Haut- und Fettschichten, durch die Faszien in mein Muskelfleisch geschnitten und musste diese Wunde unter Vollnarkose schließen lassen, da sich ansonsten mein Muskel entzündet hätte. Und das nur, weil ich meinen Eltern erzählen wollte, mich deshalb geschnitten zu haben, weil mir Sachen vorgeworfen werden, die nicht stimmen. Ich habe meine Therapeutin belogen und sie hat mir geglaubt. Ansonsten hat keiner jemals verdacht geschöpft.
Ich will nicht damit aufhören. Wirklich nicht. Sobald ich volljährig bin, kann ich so oder so nicht gewungen werden, irgendwas zu behandeln, sofern keine akute Selbstgefährdung vorliegt und bei diesem maximal einmal in der Woche vorkommenden Erbrechen wird definitiv nicht mein Leben bedroht. Es ist auf Dauer ungesund, ja. Aber zu rauchen oder andere Suchtmittel zu konsumieren, wie es mein halbes soziales Umfeld macht, ebenso und die werden nicht gezwungen, aufzuhören, sofern die sich zugeführen Substanzen legal sind. Ich brauche die Glückshormone im Moment, denn ich fühle mich auf sozialer Ebene bei meiner Lehrstelle sehr überfordert und muss trotzdem jeden Tag hin. Ich versucht oft, Tabasco, einer Sauce, die so scharf ist, dass man umkippen kann, wenn man ein wenig zu viel davon auf einmal konsumiert, als Alternative zum Erbrechen zu nutzen, weil es in mich in einen ähnlichen euphorischen Zustand wie das Erbrechen versetzt. Aber erbrechen tue ich wirklich gezielt einmal in der Woche.
Am Montag habe ich ein Erstgespräch bei einer neuen Psychiaterin, mein Vater wird mich begleiten, allerdings nur für das Erstgespräch und die restlichen Termine darf ich Gott sei Dank selber wahrnehmen. Ich habe die Befürchtung, dass mein Vater meine Bulimie (?) erwähnen wird und ich infolgedessen zu ineffektiven Behandlungen gezwungen werde. Dass ich ein ganzes Jahr lang in engmaschigen Intervallen gewogen worden bin, habe ich mir nicht ausgesucht. Die Gewichtskontrollen haben mich mehr belastet als dir Anorexie, da ich sie mit allem Negativen assoziiert habe und ich durch das Gefühl, zu etwas gezwungen zu werden und nicht selbstständig über mein eigenes Leben entscheiden zu dürfen, wirklich in eine Suizidalität gefallen bin. Man muss an dieser Stelle sagen, dass ich im Autismus Spektrum bin und solche Situationen wirklich viel schlimmer wahrnehme, als andere Patienten. So hat das auch meine Therapeutin erklärt. Ich habe das mir vorgegebene Gewicht das ganze letzte Jahr lang gehalten, obwohl ich mich zu Hause kaum gewogen habe. Das Ganze wurde beendet, weil ich mich nach einem erfolglosen Versuch, mich umzubringen, an eine Jugendanwaltschaft gewendet habe um mich darüber zu informieren, ob diese Kontrollen aus ihrer Sicht überhaupt notwendig sind. Ich will auf gar keinen Fall, dass wieder damit begonnen wird, mich abzuwiegen. Mag sein, dass das bei vielen essgestörten Patienten effektiv ist, ihr Gewicht zu überwachen. Trägt in meinem Fall aber dazu bei, dass ich sterben, weglaufen oder mir bedrohliche Verletzungen zufügen möchte.
Meine Eltern haben Anfang April zugestimmt, dass ich nicht mehr abgewogen werden soll. Zu dem Zeitpunkt haben sie bereits einige Symptome bemerkt.
Ich wiege mich zu Hause einmal alle drei Wochen ab und halte mein Gewicht trotz dem Erbrechen nach wie vor.
Meine konkrete Frage: Kann man eine 17-jährige Person dazu zwingen, ein (pseudo-)bulimisches Verhalten behandeln zu lassen?
Danke im Voraus
8 Antworten
Moin. Erst mal kleiner Punkt: es handelt sich um eine Ess-brech-SUCHT. Und unterscheidet sich damit in vielen Punkten von einer Drogenabhängigkeit nicht. Zum Beispiel beim lügen, verheimlichen, co-Abhängigkeiten etc. - und du beschreibst ja sehr schön, wie du die endorphine immer brauchst, es nicht aufgeben willst, und so weiter. Deine Therapeutin wird sich jederzeit bewusst gewesen sein, dass jede Geschichte nicht wahr ist - es lohnt in der Therapie aber nicht, Patienten damit zu konfrontieren… man arbeitet grundsätzlich nur mit dem, was Patienten bereit sind zu geben und zu bearbeiten. Und da sind wir bei deiner Frage: gezwungen wird niemand, außer es ist lebensbedrohlich, selbst oder fremdgefährdend. Das ist es ja gerade nicht…
Jetzt kann auch ich nur einen Gedanken mit auf den Weg gehen… Bulimie, da geht’s immer um Kontrolle und Kontrollverlust (kotzen). Da der jontrollverlust jedoch kontrolliert herbeigeführt wird, erleben Betroffene das oft als eine Form von Entlastung und „sich gehen“ lassen können, beinahe wie Erlösung. Ja, du hast damit eine. Mechanismus, mit dem du Belastungen in deinem Alltag regulierst. Coping nennt man das. Weil du eben keine besseren Strategien hast. Und was ich dir sagen kann: es gibt bessere. Es heißt ja nicht, dass du dann den Stress/ Druck/ permanenter Selbststudium behalten musst und in dich reinfressen… sondern es gibt andere Möglichkeiten damit klarzukommen. Daran könntest du mit einer Therapie arbeiten, vorausgesetzt du traust dich drüber zu reden. It’s up to you ;)
Mit richterlichem Beschluß Ja.
Ich erbreche auch nicht jedes Mal nach dem Essen, sondern mache das gezielt, wenn es mir schlecht geht. Häufig tatsächlich deshalb, da mich "alles ankotzt" und ich merke, dass in meinem Gehirn Glückshormone freigesetzt werden, wenn ich erbreche.
das klingt wirklich nach einer schweren, psychischen Erkrankung.
Ich habe mir sogar durch meine Haut- und Fettschichten, durch die Faszien in mein Muskelfleisch geschnitten und musste diese Wunde unter Vollnarkose schließen lassen
sofern keine akute Selbstgefährdung vorliegt
es liegt doch eine akute Selbstgefährdung vor, hast du doch selber beschrieben.
Da bei dir eine akute Selbstgefährdung vorliegt kann (und hoffentlich wird!) man dich zwangseinweisen.
Besser wäre es natürlich, wenn du selber einsiehst, dass du Hilfe brauchst und freiwillig die Therapieangebote wahrnimmst.
Ich wünsche dir alles gute und viel Kraft bei dem harten, aber hoffentlich erfolgreichen Weg, aus deiner Krankheit
Du machst mich etwas wütend. Du hast einen gesunden Körper geschenkt bekommen und trittst dieses Geschenk mit Füßen.
Andere sind krank und sterben deswegen sehr jung. Weißt du wie sehr die sich deinen gesunden Körper wünschen würden? Und was machst du? Du machst ihn kaputt.
Ich habe mir nie ausgesucht, zu leben. Ich habe mir nie ausgesucht, dass meine Eltern nicht vernünftig verhütet haben und sich entschieden haben, das Kind zu behalten.
Ebenso wenig war es meine freie Wahl, in eine psychisch krankes soziales Umfeld geboren zu werden und zu adaptieren.
Eine psychische Erkrankung ist insgesamt nie der freie Wille der betroffenen Person.
Es ist aber auch deine freie Entscheidung ob du weiter dadrin hängen bleibst oder aktiv mitarbeitest um gesund zu werden. Das vermisse ich bei dir.
Du hast offenbar genug Energie um dagegen anzukämpfen, dass dir geholfen wird. Stecke diese Energie lieber in gesund werden und befrei dich aus der Opferrolle. Du bist kein Opfer. Dazu machst du dich mit den Aussagen oben selber.
da kann die deine Kinderanwältin auch nicht helfen! Du bist schwer psychisch krank mit akuter Gefahr der Selbstverletzung. Der Richter wird das dann auch trotz deiner Anwältin so sehen, dass du in Therapie gehörst.
Die Verletzung ist wie bereits angeführt Monate her. Da ist keine Gefahr, die Wunde ist von Chirurgen operativ versorgt worden. Bin nach der OP gefragt worden, ob ich ein Gespräch mit einer Psychiaterin der psychiatrischen Station will. Haben über Gott und die Welt geredet und dann durfte ich wieder gehen.
Und ich bin bereits in doppelter Therapie, allerdings nicht mehr wegen Esssauffälligkeiten, sondern anderen Themen, die mich mehr belasten.
Vielleicht hast du ein Haustier, das du sehr liebst. Stell dir vor, du siehst es geht ihm nicht gut, frisst nicht recht und ist auch sonst eher apathisch.
Da würdest du dir doch auch extrem Sorgen machen und so geht es eben auch deinen Eltern mit dir.
Du sprichst von Überforderung bei deinem Beruf des du erlernst. Das wäre vielleicht ein Ansatzpunkt. Da zu kündigen und dir eine andere Lehrstelle zu suchen, die nicht ganz so anspruchsvoll ist.
Halt einfach Punkte zu verändern, die dich offenbar im Alltag belasten. Aber nun zu deiner Frage.
Ja, man könnte dich einweisen lassen. Nur bringt das absolut nichts, wenn du selbst nicht möchtest. Ohne den eigenen Willen, bringt keine Therapie etwas.
Darum kam ich auf die Idee, einfach mal deine Lebensumstände unter die Lupe zu nehmen. Wo man etwas verbessern könnte.
Denn oft ist eine Sucht oder Störung nur das Symptom das man sieht. Die Wurzeln des Übels sollten von daher beseitigt werden. Damit du nicht kompensieren musst mit einem euphorischen Gefühl, um deine Worte zu verwenden.
Damit da was geht, solltest du schon absolut ehrlich sein, kannst aber gleichzeitig anführen, dass du dieses Ventil im Moment brauchst, um dem Druck überhaupt Stand zu halten.
Hoffentlich.
Die Verletzung war Monate her und mich wird definitiv keiner zwangseingewiesen, solange ich von der Kinderanwältin begleitet werde.