Ist der Politbarometer auch nur halbwegs zuverlässig?

4 Antworten

Es werden nunmal keine zufälligen Menschen ausgewählt, sondern sehr zielgerichtet nach bestimmten Kriterien.

Interessant für dich ist bestimmt das hier: https://www.wahlrecht.de/umfragen/politbarometer.htm

Da kannste dich durch die Wahlperioden klicken und vor allem auch auf einen Blick die Umfragen direkt vor der Wahl mit den entsprechenden Wahlergebnissen vergleichen. Du wirst sehen: ja, das ist halbwegs zuverlässig. Aber das wichtige Wort hier ist halbwegs.

Nun, man kann natürlich die Repräsentativität nicht bezüglich sämtlicher Merkmale erreichen. Im Normalfall sieht man nur zu, dass einige wichtige Merkmale repräsentativ verteilt sind, also "In der Praxis wird meist auch nur für ein Teil der erhobenen Merkmale (z. B. Alter, Geschlecht, Studiengang) Repräsentativität eingefordert."

Dennoch ist es völlig übertrieben, von "Schwachsinn" zu sprechen. Jeder halbwegs gebildete Mensch sieht ein, dass so ein Barometer nur eine Näherung ist, keine superpräzise Vorhersage.

Ich habe mal die Abweichung von Wahlvorhersagen nachgeschaut. Sie weichen im Schnitt um 1,41 % von den Wahlergebnissen ab. Das ist nicht schlecht. Natürlich kann es bei Parteien um die 5 % einen großen Unterschied machen (ob 1,5 % mehr oder weniger). Aber bei den großen Parteien stimmen die Vorhersagen eigentlich gut.
Und logischerweise muss man gerade bei den kleinen Parteien den Wahlabend abwarten, wenn es um die 5 % Hürde geht.


Aemkeyz 
Beitragsersteller
 01.05.2024, 13:14

Mir erschließt sich einfach die Logik nicht, wie Umfrage Ergebnisse bei nur 1250 Befragten auch nur eine Näherung abbilden können. Selbst wenn die 1250 eine aus Statistiken gewonnene Verteilung von Alter und Geschlecht im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung gut zutreffen.

Der normale Menschenverstand sagt doch schon, sollte eine solche Umfrage mit nochmal 1250 anderen gemacht werden, unter Umständen ganze 400 Menschen völlig anders antworten. Nur weil sie das gleiche Alter und Geschlecht wie die 1250 zuvor Befragten haben, können die Ergebnisse doch jederzeit massiv abweichen.

Dass die Wahlergebnisse den Umfragewerten doch recht Nahe sind, kann ich mir noch nicht erklären. Ich versuch das aber noch nachzuvollziehen.

Fakt ist, Gesetz der Wahrscheinlichkeit sagt Nein! Je 1250 Menschen können niemals in 95 solcher Umfragen alle nahezu gleich geantwortet haben. Das ist Bullshit und beleidigt den gesunden Menschenverstand. Da wird ja nicht einmal gemittelt. Man geht einfach davon aus, dass über 118.000 Menschen (Konfidenzniveau 95) die Ergebnisse nur um max. 3% verändern. Anders ausgedrückt: Aus nur knapp über 1% Daten schlussfolgert man dass ganze 99% der restlichen Daten ja genau gleich sein müssen. Wtf...

Wieso ist das Konfidenzniveau so hoch (95%)

95 % entspricht 2 sigma. Man kann also davon ausgehen, dass der wahre Wert in einem Bereich von 2 sigma unter oder über dem in der Umfrage ermittelten liegt.


Aemkeyz 
Beitragsersteller
 01.05.2024, 13:30

Dann definier mal bitte, was genau die Ober- und Untergrenze bei einer Umfrage zum Rauchverbot in Gaststätten ist. Erkläre bitte, woraus du hier 95% Wahrscheinlichkeit für gleiche Umfrageergebnisse ableiten würdest.

Wechselfreund  01.05.2024, 13:38
@Aemkeyz

Sigma = Wurzel aus n*p(1-p)

Für n Anzahl der Befragten einsetzen, für p den betrachteten Anteil. Dann liegt der wahre Wert mit einer W.keit von 95% um zwei sigma unter oder über dem in der Umfrage ermittelten.

Man sihet so, dass bei größerem n das ganze genauer wird und bei kleinem p ungenauer.

Aemkeyz 
Beitragsersteller
 01.05.2024, 14:32
@Wechselfreund

Ich denke ich kann dem grob folgen, wenn auch nicht ganz.

Aber ich bleibe dabei. Man kann bei politischen Umfragen, Formeln hin oder her, nicht einfach schlussfolgern, dass die Ergebnisse in 95% auch auf das hundertfache der Anzahl Befragten identisch wären.

Wenn es auf der Welt 1000 rote, 1000 blaue, 1000 grüne Autos gäbe und man würde nur 1% der Autobesitzer fragen: Welche Farbe hat ihr Auto? Dann könnten 11 rot, 5 blau und 14 grün antworten. Und ich lieb ja diese Formel, weil sie in Umfragen völlig sinnlos ist. Also rechne ich die Antworten einfach auf das 95-fache hoch und behaupte, dass Grün das meistgefahrene Auto ist.

Hätte ich mehr befragt, wärs vermutlich schon etwas genauer. Hab ich keine Zeit und Mittel zehntausende zu befragen, dann lass ichs halt ganz bleiben und behaupte keinen hochgerechneten Bullshit aus einem Furz von Daten und formulier das auch noch als Fakten...

Wechselfreund  01.05.2024, 14:46
@Aemkeyz

Es lässt sich mathematisch nachweisen (Stichworte Binomialverteilung, Normalverteilung Konfidenzintervall. Auch Versicherungen arbeiten damit). Wo ich auch Zweifel habe, ob die Befragten wirklich "zufällig" ausgewählt werden und nicht irgenein Auswahlmechanismus das beeinflusst.

Aemkeyz 
Beitragsersteller
 01.05.2024, 14:59
@Wechselfreund

Ich glaube dir ja. Und ich glaube es gibt viele Bereiche, wo das auch durchaus Sinn macht. Ich bin mir aber auch sicher, dass das nur bei sehr vielen vorhandenen Daten / Infos und eines entsprechend relativ geringen Konfidenzniveaus von, nur als Beispiel, 10 bis 40 % Sinn macht. Aber in 95% steckt ja alles drin. Und ich würde jede Wette eingehen, keine Versicherung rechnet mit 1% vorhandener Daten mit einem Konfidenzniveau von 95 und schlussfolgert dann etwas daraus. Außer die machen die selben dummen Umfragen. Dann weiß ich nicht wie das immer gut geht. Es sind blinde und sehr gewagte Annahmen.

Ich glaube ich muss 118.000 Menschen befragen gehen um allen das Gegenteil zu beweisen... Wohlgemerkt nach dem Mikrozensus.

Darüber lässt sich traditionell streiten. Soviel aus meiner Warte: Ich halte diese Studien bzw. Meinungsumfragen generell für sehr kritisch und stehe ihnen daher misstrauisch gegenüber. Erstens wurden meist sehr kleine, ausgesuchte und daher nicht unbedingt repräsentative Personenkreise befragt, zweitens sind diese Umfragen oft politisch (Demoskopie Allensbach in Richtung CDU, Forsa in Richtung SPD usw.) gefärbt und auch in dieser Hinsicht subjektiv und de facto nicht oder viel mehr nur bedingt ernstzunehmen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung