Ist das Jura Studium noch zeitgemäß?

10 Antworten

Doch das ergibt so keinen Sinn. Wenn man sich später als Anwältin spezialisiert auf Familienrecht benötigt man das Öffentliche Recht gar nicht, schon gar nicht Handelsrecht etc.

Eine Spezialisierung ist eben nur das: Eine Spezialisierung. Und viele Rechtsgebiete greifen eben auch ineinander. Zumal BGB AT wirklich BLUTIGSTE Grundlage ist. Das brauchst du eigentlich so gut wie ÜBERALL.

Da wäre es ja nur angebracht Familienrecht zu lernen.

Nein, wäre es nicht. Und das kann jemand schlecht verstehen, der gar keine Berührungspunkte mit Jura hatte, aber viel Familienrecht ist schlicht und einfach im BGB geregelt und ich meine das FamFG hat auch Bezüge in die ZPO, ganz zu schweigen natürlich davon dass du vermutlich auch mal Leute beraten müsstest, die Unterhalt durchsetzen müssen, was dann wieder in Richtung ZPO geht... und mit allem was im BGB steht hast du ein Problem, wenn du den Allgemeinen Teil des BGB (BGB AT) NICHT kennst, denn der gilt im wesentlichen für das ganze restliche BGB als lex generalis und kommt nur dann nicht zur Anwendung, wenn die anderen Bücher (Schuldrecht, Sachenrecht, Familienrecht, Erbrecht) keine eigene Spezialregelung haben.

Es geht ja nicht um super-sonderspezifische Rechtsgebiete, die du können müsstest... aber Familienrecht ist schon extrem weitreichend. Allein die ganzen Genehmigungen, die man da ggf. braucht. Wie willst du ohne BGB AT und Grundzüge des Schuldrechts wissen, wann ein Rechtsgeschäft nur in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht?

Wie willst du wissen, wann eine Schenkung eines KG Anteils an ein Kind lediglich rechtliche Vorteilhaft ist, wenn du keinerlei Ahnung von Handelsrecht hast?

Wie willst du die Genehmigungsfähigkeit der Eltern bei der Ausschlagung prüfen, wenn du nicht den leisesten Schimmer von Erbrecht hast?

Das sind Dinge, die du eigentlich wissen solltest, auch wenn du nur für ein paar Wochen beim Finanzamt studiert hast. Da hat man nämlich auch relativ schnell Verbindungen ins BGB...

Aber auch eine Richterin die im Verwaltungsgericht arbeiten möchte muss ja nicht sich mit Arbeitsrecht auskennen.

Doch, z.T. auch. Abgesehen davon, dass ein Studium grundsätzlich eine sehr umfassende Bildung vermitteln soll und eben NICHT auf einen konkreten Nischenjob vorbereiten will, der in Deutschland weiß Gott auch NICHT auf der Straße liegt.

In anderen Ländern wird man nur in dem Bereich spezialisiert in dem man auch Arbeiten möchte. In Deutschland aber muss man alles gelernt + bestanden haben. In anderen Studiengängen teilweise ähnlich.

Ja... und damit hat man dann umfassende Kenntnisse. Das ist in vielen anderen Ländern aber auch nicht anders.

Verschiedene Organisationen Fordern auch eine Modernisierung des Jurastudiums.

Verschiedene Organisationen fordern alles Mögliche... das ist m.E. nicht Aussagekräftig...

Ist das Jura Studium noch zeitgemäß in Deutschland?

Ja.


hardliner2019  15.02.2023, 18:31

Vielleicht überlegt sich der Fragesteller im selben Zusammenhang mal, warum Fachärzte - bevor sie es werden - zunächst ein stinknormales Medizinstudium absolvieren, statt sich sofort ihrem künftigen Fachgebiet zuzuwenden. Gibt es da womöglich eine gedankliche Querverbindung zum Jurastudium? ^^

Danke & Daumen hoch für deine informative Antwort!

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Hast du es nicht geschafft, oder warum versuchst du die Anforderungen zu senken?

Doch das ergibt so keinen Sinn.

Doch, gibt es.
Zwischen den von dir aufgezählten Rechtsgebieten gibt es durchaus Grenzbereiche, in die ein zu beurteilender Fall gehören kann. Dann ist es sehr dumm, wenn man sich als Anwalt oder Richter nicht mit beidem auskennt.

In anderen Ländern wird man nur in dem Bereich spezialisiert in dem man auch Arbeiten möchte.

Das stimmt so nicht. Und wenn es so ist, schau dir diese Länder doch mal an. Ich denke nicht, dass ich da leben wollen würde.

In Deutschland aber muss man alles gelernt + bestanden haben. In anderen Studiengängen teilweise ähnlich.

Wir haben halt einen hohen Anspruch an uns selbst.
Ich sehe keinen Grund dazu, davon abzurücken.

Man muss nicht mehr Lehramt studieren um zu Unterrichten + den Master benötigt man auch nicht mehr.

Das ist nicht richtig.
Quereinsteiger in bestimmten Fächern und Schulformen gab es schon lange. Und wo benötigt man keinen Master? In Berlin vielleicht? Das macht ja weiter nichts. Da scheint eh Hopfen und Malz verloren zu sein.


trans64 
Fragesteller
 15.02.2023, 21:08

In Brandenburg ist es keine Pflicht mehr den Master zu machen.

Nein, den ich habe kein Jura studiert und plane es auch stand jetzt nicht.

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Kristall08  15.02.2023, 22:37
@trans64

Nö, muss ich nicht. Du hast die Behauptung schließlich aufgestellt.

Die Kultusministerkonferenz hat bereits angekündigt, dies auf Bundesebene nicht anzuerkennen

Mal sehen, wie schnell sie da wieder zurückrudern.

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trans64 
Fragesteller
 15.02.2023, 22:44
@Kristall08

Gar nicht. Den mehrere Bundesländer werden wahrscheinlich nachziehen.

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Ich möchte von keinem Anwalt beraten werden, der von ganzen Rechtsgebieten keine Ahnung hat. Im Recht geht alles Hand in Hand und man spricht zurecht von der Einheit der Rechtsordnung.

in den meisten berufen bekommt man eine "grundausbildung" und spezialisiert sich mehr oder weniger zufällig (oder nach wachsendem interesse an einer fachrichtung) eben auf diese.

jura ist so wie medizin zeitlos und wer zielstrebig und ehrgeizig ist, kann damit eine erfolgreiche karriere hinlegen; egal ob als richter, anwalt oder politiker

Tatsächlich aber überschneiden sich die Fachgebiete in Rechtsfällen sehr häufig. Da können Straf- und Erb- oder Familienrecht aufeinander treffen. Und weil das nicht so selten der Fall ist, sollten Juristen darauf zumindest vorbereitet sein.

Umfangreiches Fachwissen hat noch niemanden geschadet und nur weils in anderen Ländern so gehandhabt wird, muss es ja keine "bessere" Lösung sein.

Es ist doch mit dem Medizinstudium ganz genau so. Da kann man auch nicht nur Kardiologie studieren, nur weil man später Kardiologe sein wird.