Erklärung von Kunstwerken vom Künstler selbst

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Das ist in meinen Augen eine der klügsten Fragen , die hier gestellt wurden. Mich stören in den Kunsthallen auch oft die Interpretationen der ausgebildeten Kunsthistoriker, die eine Einteilung oder Zuteilung oder Interpretation wagen. Sogar dann, wenn vom Künstler ausdrücklich das Gegenteil erwähnt wurde. Ich habe z.B. mal ein Interview mit Chagall gehört, in dem er klar sagte; eine Interpretation durch Fremde mag ich nicht, denn nicht ihre Gedanken möchte ich weitergeben, sondern mein Werk. Und das lebt in den Augen des Betrachters. Natürlich kann man bei Picasso durchaus sagen; das gehört zu seiner blauen Phase, seiner rosa Phase, seiner Zugehörigkeit zu den Kubisten usw. Aber das hat mit dem jeweiligen Werk, d.h. dem Einzelbild nichts zu tun. Es degradiert sogar in meinen Augen den Künstler und sein Werk , wenn man ihn und "das" Bild, um das es gehen sollte, in Kategorien einteilt. Jedes Bild, das ein Künstler anfertigt, ist ein Einzelwerk. Wie ein Lebewesen. Erst der Aussenstehende macht es zu einem Teil von und reduziert damit das Bild zu einem Teil des Gesamtwerkes. Und das grenzt für mich an Massenherstellung und Beurteilung. Das ist sicherlich von keinem Künstler so beabsichtigt.

also m.E. ist die Aussage des Künstlers das Bild, das Gedicht, das Musikstück oder was auch immer. Viele Künstler weigern sich auch nur ein Wort zusätzlich zu verlieren und sind der Meinung, dass der, der es nicht versteht auch nicht würdig ist das zu tun.

Für Max Beckmann bedeutete eine Frage nach dem warum und wie z.B. die absolute intelektuelle Disqualifikation seines Gegenübers und da unterscheidet er sich nur wenig von vielen anderen Künstlern.

Der Versuch bzw. die geistige Arbeit an der Interpretation eines Werkes hingegen kann hingegen durchaus als Leistung angesehen werden - so weit sie auch von der beabsichtigten Aussage weg sein mag. "Experten" hingegen kennen den Künstler und sein Leben oft(!) ziemlich genau und können so ggf. gezieltere Aussagen treffen.

Ich bin gespannt was die anderen meinen und ob es da Publikationen gibt....


lovestory  03.12.2011, 09:27

ich bin derselben Meinung, das Kunstwerk selbst ist eine Aussage und kann wie jede andere Aussage auch auf verschiedene Art interpretiert werden. Der Wert wird ja nicht geschmälert, wenn es verschiedene Deutungen dazu gibt, im Gegenteil. ich weiß, dass Künstler oft dem Werk nur deshalb einen Titel geben, weil sie glauben das tun zu müssen, damit der Betrachter es leichter hat... Und vielmals entspricht der Titel nur einer Laune des Künstlers oder er wird im nachhinein gewählt, weil er passen könnte. Ein Kritiker, der den Künstler und sein Leben kennt, kann das Werk oft leichter interpretieren, als der Künstler selbst. Meistens hat der Künstler mit seinen Werken eine widersprüchliche Beziehung und da kann es passieren, dass er eigene Werke unterschätzt oder überschätzt, je nachdem. Deshalb bleibt auch die Arbeit des Experten wichtig, wenn sie gewissenhaft gemacht wird.

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Topina  03.12.2011, 09:39
@lovestory

Beides sehr gute Antworten. Schade, dass Lovestory nur einen Kommentar abgegeben hat - und keinen eigenen Beitrag. - Ich würde dafür auch einen Daumen hoch spendieren. Beiden Antworten ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Vielleicht, wie einzelne Künstler zu der Frage standen

und wie sich so mancher Künstler auch ins Fäustchen lachte, angesichts einer "Überinterpretation". DaDaismus, 20. Jh - da gab es bestimmt ein paar Streiche, die Kritikern gespielt worden sind, um den Kunstzirkus zu entlarven.

Grüße Topi

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die Frage, die ich hinter deiner Frage lese ist die Suche nach der Wahrheit, der Vorstellung des Künstlers, nach Authentizität? Ich kann dein Unbehagen gegenüber Expertenmeinungen verstehen, weil häufig so viel hinein interpretiert wird. Sieh es so: ein Maler, auch ein Schriftsteller verfasst ein Werk, drückt etwas in seiner Sprache aus. Wie der Text oder das Bild beim Betrachter und Leser ankommen ist eine völlig andere Sache. Denn jeder kommt mit seiner Biografie, seinem Zugang zur Welt auf diese Werke zu und sucht nach einer Beziehung. Der Kunstexperte gibt ja nicht seine persönliche Meinung wieder, er versucht, ein Bild in eine Kunstepoche einzuordnen. Er versucht, einen Zugang zum Bild schaffen über die Biografie, über andere Maler der Zeit, über Einflüsse von anderen Malern oder gesellschaftlichen Entwicklungen. Mit Literatur wird genau das gleiche gemacht. Maler haben ihre Bilder aus Ausdrucksmittel und sind in den meisten Fällen nicht in der Lage, verbal etwas dazu zu sagen. Sie können und wollen es auch nicht. Sie wollen es dem Betrachter überlassen, sich damit auseinander zu setzen. Stell die vor, ein Schriftsteller gäbe dir eine Gebrauchsanweisung, wie du das Buch zu lesen und zu verstehen hast. Interpretationen sind Versuche des Zugangs. Außerhalb der Schule und des Kunstbetriebs kannst du dich völlig frei davon machen und deine Seele sprechen lassen. Du wirst staunen, was dann plötzlich alles passiert. Schau dir mal ein Bild oder auch einen Text an und frage dich: was macht das mit mir? Was löst es aus? Welche Gefühle werden geweckt? Wid überhaupt was geweckt? Lässt dich alles kalt? Wenn mir ein Bild oder ein Buch besonders gut gefällt, tauche ich gern in die Biografie des Verfassers ein, in seine Zeit, um vielleicht noch eine zusätzliche Dimension zu bekommen, die sich mir bisher nicht erschlossen hatte. Ich war gerade auf der Anselm Kiefer Ausstellung Baden-Baden. Er gehört zu den wenigen, sehr belesenen Künstlern, der viel über seine Arbeit erzählt. Wenn Maler mit Literaten befreundet waren, könntest du auch was Schriftliches vom Maler zu seinem Werk finden. Ich schreibe über Kunst, halte Vorträge auf Vernissagen, male selbst, lasse mich bei der Betrachtung aber von niemandem, auch nicht vom Titel, beeinflussen. Ein großes Stück Freiheit.