Erfahrungen - Taize? ( Frankreich)

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Taizé – ein Erfahrungsbericht Filed under: Gott & die Welt,Unterwegs — Annabell um 18:37 pm am 08.04.2009

So, das war Taizé. Eine Woche lang kalte Duschen, Essen ohne Messer und Gabel, kein Internet. Es war wunderbar! In Taizé merkt man, wie wenig man eigentlich braucht und worauf man gut und gerne ein paar Tage verzichten kann. Und wie erholsam dieser Verzicht ist. Andersherum merkt man auch, wie schön das ist, was man hat. Wer sich zu Hause einsam fühlt, freut sich nach einer Woche im 6-Personen-Zimmer direkt wieder auf diese Ruhe. Ich könnte jetzt soviel über Taizé schreiben, aber das würde hier komplett ausufern, daher beschränke ich mich auf einige wesentliche Punkte, die mich am meisten beeindruckt haben.

Die Gebete

Das Eindrucksvollste an Taizé sind sicherlich die Gebete in der Kirche der Versöhnung. Dort ist schon allein die Atmosphäre atemberaubend. Am Tag meiner Ankunft habe ich mir den Besuch dort daher extra bis zum Abendgebet aufgespart – ich wollte das ganz bewusst erleben. Schon allein, dass man unter so vielen Menschen einfach auf dem Boden sitzt (bzw. ich habe mir dann ein Bänkchen gekauft). Die Brüder (ich habe etwa 65 gezählt) sitzen dabei in der Mitte, bekleidet mit weißen Gewändern. Auch die Gestaltung des Altarraumes mit leuchtend orangenem Stoff trägt zum Gesamteindruck bei. Diese Tücher sollen übrigens den Heiligen Geist symbolisieren. Die Gebete bestehen zum größten Teil aus Gesängen und haben kein “richtiges” Ende. Aber sie sind sehr stimmungsvoll, besonders beim Fest der Lichter am Samstagabend. Und die Akustik in der Kirche ist großartig. Wer sich einen flüchtigen Eindruck verschaffen will, kann ja einen der Podcasts abonnieren. Ansonsten gibt es in jedem Gebet auch eine Zeit der Stille von etwa 10 Minuten Dauer.

Das Singen

Ja, gesungen wird ohne Unterlass. Natürlich in den Gebeten, aber auch zwischendurch. Es kann durchaus passieren, dass man von der Nebentoilette her Gesänge hört oder aus den Waschräumen. Die Lieder sind eben sehr eingänglich und gut zu merken, so dass man eigentlich immer einen Ohrwurm davon hat. Am Freitag stand ich kurz vor einer Stimmbandentzündung. Nach meiner Schätzung habe ich etwa 2,5 Stunden mindestens täglich gesungen. Nicht nur in der Kirche, sondern auch beim Chor am Nachmittag. Das ist ebenfalls etwas Besonderes: Man übt die Lieder dort nach Stimmlagen ein, sitzt aber in der Kirche nicht notwendigerweise sortiert zusammen, sondern jedeR singt ihre/seine Stimmlage vom Platz aus. Das ist zwar manchmal ein bißchen schwierig, hat aber zur Folge, dass aus jeder Ecke der Kirche alle Stimmen zu hören sind. Das ist auch so, wenn beispielsweise eine Kanon angestimmt wird. Wer mag, singt den ersten Teil oder auch den zweiten. Man wird vorher nicht in Gruppen einsortiert, aber es klappt trotzdem.

Das Essen

Nachdem ich ja schon vieles über das Essen in Taizé gehört hatte, war ich auf das Schlimmste vorbereitet, aber es war überhaupt nicht nötig, besorgt zu sein. Ich mochte das Essen dort. Gut, es gab nur Plastikgeschirr und Löffel, aber immer ein Stück Obst oder einen Joghurt, Brot und ein Hauptgericht aus einem großen Topf. Der einzige Nachteil für mich als Vegetarierin war, dass ich nicht alle Mahlzeiten im Erwachsenenzelt essen konnte, sondern mich bei den Jugendlichen anstellen musste, was ein bißchen unkomfortabler war. Aber dafür gab es immer einen kleinen Spaziergang.

Das Miteinander

n Taizé machen einfach alle alles miteinander. Man fragt dort nicht nach Konfession oder sogar Religion, alle sind willkommen – Jugendliche wie auch Erwachsene (wobei man sagen muss, dass Taizé in erster Linie durchaus für Jugendliche gedacht ist). Man ist zwar nach Altersgruppen getrennt, aber nur in den Schlafbereichen (sinnvoll!!), beim Essen und in den Gesprächsgruppen. Die Workshops besucht man aber gemeinsam. In Taizé versucht man, die verschiedenen Glaubensrichtungen miteinander zu vereinen. So wird einerseits für die eine Gruppe etwas weggelassen, sie bekommt aber Inputs von der anderen Gruppe. Interessant fand ich nur, dass diese gelebte Gemeinschaft von den Teilnehmenden durchbrochen wurde. Die Einen wollten dann doch einen eigenen Gottesdienst ihrer Konfession, die Anderen wollten nur mit ihrer Reisegruppe zur Fragestunde mit einem der Brüder gehen usw.. Das fand ich ein bißchen schade, weil es dort separiert hat, wo doch eigentlich eine Brücke gebaut werden sollte. Was jetzt vielleicht negativ klingt, ist aber nicht so gemeint, weil ich davon überzeugt bin, dass wir doch alle voneinander gelernt haben. Und man lernt viele Menschen kennen in Taizé, manche flüchtig, manche recht gut. Ich bin jedenfalls sehr froh über diese Bekanntschaften. Adressen sind getauscht und vielleicht treffen wir uns im nächsten Jahr wieder dort.

http://www.diestaendigereise.de/?p=1747

Ich war Ostern 1980 für neun Tage da und zehre noch heute davon. Ein Lied singe ich heute noch oft: Adorames te, domine.