Arroganz in der Klimadebatte?
Ich höre von Klimaaktivisten und Ökos oft, dass wir so unverantwortlich mit unserem Planeten umgingen und über den planetaren Grenzen leben würden. Die industrielle Revolution sei eine Fehlentwicklung gewesen. Dazu sollte man doch mal festhalten, dass:
-die größte Zeit der industriellen Revolution auch viele Europäer in Armut lebten und davor hatten wir den Feudalismus und ebenfalls ein Übermaß an Armut. Ich bin im europäischstämmigen Teil meiner Familie väterlicherseits mal die 3 Generationen durchgegangen. Noch mein Urgroßvater war ein bettelarmer Mensch ohne Strom und mit rein körperlicher Feldarbeit. Erst dem Großvater gelang ein gewisses Maß am Wohlstand, aber erst nach der Hälfte eines Jahrhunderts in dem er zwei Weltkriege erlebt hatte, einen als Kind und einen als Sanitäter. Und dann kommt heute meine Generation und sagt, wie schädlich wir leben würden, obwohl es in meiner Familie gerade mal eine Generation wirklich betrifft, nämlich meine Boomer-Eltern. Das heißt, dass die planetaren Grenzen gerade mal einer Generation (von meiner eigenen mal abgesehen) ein Wohlstands- und Mittelstandsleben zubilligten und des war schon zu viel und unverantwortlich? Aber dann wäre das Fazit ja, dass der Planet nur eine ziemlich schlechte Lebensqualität hergibt und kann man Menschen vorwerfen, dass sie das nicht wollen? Steckt nicht sehr viel Arroganz gegenüber jenen Leuten drin, die eine Vision hatten, nämlich, dass wir es mal besser haben sollten?
6 Antworten
Das ist selbstverständlich arrogant und vor allem auch selbstgerecht, weil ja (mindestens implizit) immer gesagt wird, man selbst hätte es ja früher besser gemacht. Aus dem gleichen Grund meinen große Teile der LG ja auch, die Realität ignorieren zu können. Wenn z. B. die Abschaffung oder mindestens sehr starke Einschränkung des Autoverkehrs gefordert wird und der Zug als Alternative genannt wird, ist das natürlich unrealistisch. da die nötigen Kapazitäten bei der Bahn nicht vorhanden sind. Dann heißt es immer "das ist nicht unsere Schuld (und wir hätten es besser gemacht)". Das ist arrogant und selbstgerecht.
Dass die Menschen vor Jahrzehnten andere Sorgen hatten als Klima usw. wird ebenso ignoriert wie die Tatsache, dass unser Wohlstand auf der industriellen Revolution aufgebaut ist.
Es ist eine Form der Arroganz, aber auch gepaart mit Unwissen und Dummheit. Dummheit in der Form des "nicht wissen wollens"! Tatsache ist, das nicht die "erste Welt" zuviel verbraucht, sondern das es inzwischen viel zu viele Menschen gibt. Die Erde kann 2 - 3 Milliarden Menschen gut ernähren und dabei könnten wir noch einen gewissen Wohlstand für alle kreieren. In den 50ern des letzten Jahrhunderts hat man das erkannt und wollte weltweite Programme zur Familienplanung und Bevölkerungswachstums-Beschränkung machen. Leider ist das kläglich gescheitert. Politiker argumentierten, man ließe sich nicht vorschreiben, wie viele Kinder man haben dürfe und religiöse Kräfte befürchteten, man würde den anderen Ländern gegenüber zu schwach sein, mit zu wenigen Menschen. Alles was dann kam, ist teilweise diesem Umstand geschuldet. Man kann sich darüber streiten ob man zwei Autos haben muss, oder dreimal im Jahr in Urlaub fliegen sollte und ob man jeden Tag Fleisch essen muss. Aber die Entwicklung ist schon lange aus dem Ruder gelaufen. Jetzt zu kommen und zu sagen, die Menschen in Amerika, Europa, oder wo auch immer wären schuld an der Misere ist zu kurz gesprungen. Zynisch könnte man sagen, hättet ihr eure Schwänze besser unter Kontrolle gehabt, gäbe es jetzt kaum Armut. Auf ein ökologisch vertretbares Maß an Bevölkerung zu kommen, wird nun bitter und langwierig. Die Natur könnte es aber auch ganz schnell schaffen, aber das wird noch bitterer. Auch ist im letzten dreiviertel Jahrhundert teilweise versäumt worden in den sogenannten armen Ländern gute Sozialsysteme aufzubauen, damit die Menschen dort nicht gezwungen sind, soviele Kinder zu haben, um im Alter versorgt zu sein. Es sind Billionen Dollars an Entwicklungshilfen in diese Länder geflossen, die auch was bewirkt haben, aber nicht effektiv genug und die Menschen dort sind immer noch bettelarm. Ich sage nicht, lasst uns unseren Reichtum. Ich sage, wir haben ihn uns verdient, wir haben dafür gearbeitet. Die Handelssysteme fair zu gestalten, daran muss noch gearbeitet werden.
Schuld sind also die armen Menschen irgendwo auf der Welt und keinesfalls wir mit unserem exorbitanten Konsum und der Boomer-Generation.
Andere Prioritäten setzen offensichtlich auch viele der Menschen im Reichtum. Das ändert aber so gar nichts an der Problematik des Klimawandels.
Diese Haltung ("früher war alles besser") zeugt nur von extremer Unkenntnis, ja Ignoranz der vorindustriellen Verhältnisse, sowohl in Sachen Klima bzw. Klimaentwicklung, als auch über Natur und Naturzerstörung sowie sozialer Situation der Menschen damals.
Grüß Dich DrOnion95
Es geht hier nicht um die Industrielle Revolution an sich, sondern um die gedankenlosen naturzerstörischen Folgen, dessen Kritik absolut berechtigt ist.
Durch die Politik, genannt Sozialökologische Transformation, sollen die Schäden gesellschaftsfördernd und zukunftsbewahrend gemindert bzw. beseitigt werden.
Herzlichen Gruß
Rüdiger
Parteimitglied bei Bündnis90/Die Grünen
Du musst mal über deinen Tellerrand schauen. Es geht nicht um deine Familie. Es ist nachgewiesen, dass die Klimaerwärmung mit der industriellen Revolution in England begann, als massenhaft Kohle verbrannt wurde.
Das sind Fakten und keine Arroganz, die dir dein Leben nicht gönnen. Seitdem hat sich die Weltbevölkerung fast verzehnfacht. Der Planet nicht.
Die paar Indianer konnten damals der Umwelt nicht schaden, obwohl sie es zweifellos getan hätten. Wenn die Weltbevölkerung bei einer halben Milliarde geblieben wäre, könnte man mehr Dreck in die Umwelt pusten und das Beste hoffen. Aber klar: Du hättest weniger Wohlstand, weil die Wege zwischen bewohnten Zonen größer wären und sich für viele Dinge keine Massenproduktion lohnen würde.
Hast du nicht das Ziel, dass deine Kinder auch noch Wohlstand vorfinden? Vor 50 Jahren hatte man prognostiziert, dass 2020 der Ölpreis durch die Decke geht, weil die Lagerstätten erschöpft sind. Eines Tages werden sie erschöpft sein und es ist nicht verkehrt, sich vorher Gedanken zu machen.
Wenn ich mir die Massenarmut und die Lebenserwartung sowie die Kindersterblichkeit etc. vor der industriellen Revolution anschaue, dann kann ich England nur dankbar sein. Selbst, wenn ein vorindustrielles Leben klimaverträglicher gewesen sein sollte, hätte ich damals nicht leben wollen.
Und gerade beim Thema Überbevölkerung drücken sich Klimaaktivisten und eher progressive Stimmen immer sehr davor, dies zu thematisieren. Denn das Argument, dass man ja theoretisch jeden ernähren könne, greift viel zu kurz. Lebensqsqualität beginnt doch nicht bei der Ernährung aller Menschen. Selbst ein Staat wie Nordkorea kann in manchen Jahren gerade noch so die gesamte Bevölkerung enrähren, aber wer würde dort leben wollen?
Es geht auch nicht darum Dreck in die Welt zu pusten, sondern um diesen Vorwurf an die älteren Generationen, die noch Jahrhunderten in denen die meisten Europäer und der Rest der Welt in Armut lebten ein kleines Häufchen Wohlstand akkumulieren konnten. Und meine Familie ist ja auf zwei Kontinenten beheimatet. Ich kenne die andere Seite auch. Dort flüchten die Leute auch in die Städte, weil sie ein besseres Leben wollen. Sie wollen eine gute Wohnung. Sie wollen Strom. Sie wollen Mobilität. Sie wollen bessere Arbeit. Sie wollen ein modernes Gesundheitssystem etc.
Genau. Jeder will für sich so viel wie möglich. Das ist doch das Problem.
Was erwartest du denn? Ich kenne Leute, die zu mir sagen: ,,Wegen dem Klimawandel nehme ich keine Medikamente mehr und gehe kaum noch zum Arzt." Hätten die betreffenden Personen Kinder (was sie aus ,,ökologischen Gründen" oft nicht haben) dann müsste der Staat spätestens dann strafrechtlich eingreifen, wenn sie die eigenen Kinder nicht mehr zum Arzt lassen oder ihnen Medikamente verweigern würden. Es wird einfach teilweise unfassbar absurd. Es hat wirklich etwas Kulthaftes.
Was erwartest du denn?
Was soll ich erwarten? Vielleicht, dass der ein oder andere auch das große Ganze betrachtet? So wie die angeblich so Arroganten.
Weshalb du es für besser hältst, den Planten einfach zu zerstören. Super Plan.
Von bettelarm redet niemand. Wenn du keine zweite Erde im Keller hast, werden wir uns wohl einschränken müssen.
Da wird nichts ignoriert. Ignoriert wurden damals die Folgen.