2) Hinweise, die der Embryonale Kreislauf auf die Evolution bietet.?

1 Antwort

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hi,

Bild zum Beitrag

Bildquelle: https://sites.kowsarpub.com/iranjradiol/articles/57877.html

zunächst mal ähnelt der Blutkreislauf eines frühen Embryos dem eines Fisches (links). Das merkt man daran, dass auch beim Menschen die sog. Kiemenbogenarterien (Aortic arches) embryonal noch angelegt sind, aber nur noch vorübergehend, sie werden aufwändig umkonstruiert (rechts) zu dem Kreislauf, mit dem der Mensch dann lebt. Dabei werden einige dieser Bögen aufgegeben, einige weiter verwendet. Dass die Embryonalentwicklung diesen "Umweg" über den Fischzustand nimmt, ist ein unübersehbares Zeichen, dass es hier Abstammungsbeziehungen gibt. Sonst könnte sie auch den direkten Weg nehmen.

In der rechten Abb. ist der Kreislauf eines Fötus nach Umkonstruktion der Kiemenbogenarterien zu sehen und dort sieht man auch den Ductus Botalli (= Ductus arteriosus). Was es damit auf sich hat, kann man aus der Abbildung aber nicht so gut entnehmen.

Daher müssen wir den Blutkreislauf des Fisches mit dem eines Menschen, vor der Geburt, vergleichen und schauen, warum welche Unterschiede bestehen. Dazu hab ich dir eine Skizze gemacht:

Bild zum Beitrag

Bildquelle verändert nach: https://www.pinterest.co.uk/pin/325385141805219804/

Links ist der Fisch (vereinfacht, man sieht hier die Kiemenbogenarterien nicht wie oben). Was man hingegen sieht: Er hat ein Einkreis-Blutkreislaufsystem. Das Herz ist daher ungeteilt und hat nur eine Kammer (Ventrikel) und einen Vorhof (Atrium).

Man muss sich nun vergegenwärtigen, dass der ungeborene Mensch die ersten 9 Monate seines Lebens wie ein Fisch lebt, unter Wasser. Daher und weil noch in Entwicklung, ist die Lunge nutzlos. Um sie zu schonen und nicht sinnlos das komplette Blut durch sie schicken zu müssen, wird die Lungenarterie, bevor das Blut Richtung Lunge fließen kann, kurz nachdem es das Herz verlässt, mit der Aorta kurzgeschlossen, das ist der Ductus Botalli (siehe Abb. rechts "D.b."). Der Ductus botalli dient also der Umgehung des Lungenkreislaufes. Man findet ihn jedoch nicht nur bei ungeborenen Menschenbabys, sondern auch bei anderen Wirbeltierklassen, z.B. bei erwachsenen (adulten) Amphibien. Die Übergangsverbindung beim menschlichen Fötus bedient sich also eines bekannten, älteren Bauprinzips, dass bei anderen Wirbeltieren, sowohl in der Embryonalentwicklung, als auch im Erwachsenenalter in Erscheinung tritt. Ein unübersehbarer Hinweis, dass hier ein entwicklungsgeschichtlicher Zusammenhang zu bestehen scheint.

Desweiteren kommt das sauerstoffreiche Blut von der Plazenta über die Nabelvene (s. Abb. rot) in die Vene, die zum rechten Vorhof führt (in der Abb. ist "rechts" = links und umgekehrt). Der "rechte Vorhof" ist in der Abb. links liegend. Es kommt von dort in die rechte Herzkammer, an die die "stillgelegte" Lungenarterie angeschlossen ist. Da dies nicht der bevorzugte Weg des Blutes ist, solange das Baby im Mutterbauch ist, gibt es eine Passage zwischen den Vorhöfen, so dass das sauerstoffreiche Blut von der Plazenta, vom rechten Vorhof direkt in die linke Herzseite gelangen kann, das ist das Foramen ovale (vgl. Abb. "F.o.").

Unter diesen Konstruktionsbedingungen des Fötus, mit Ductus arteriosus Botalli und Foramen ovale, hat der Fötus de facto ein Einkreis-Blutkreislaufsystem, trotz der Entwicklung der Herzkammern, ähnlich wie ein Fisch. Unter Stilllegung des Lungenkreislaufs und mit der Plazenta als "Kieme". Da die Plazentazotten in der Tat im mütterlichen Blut "baden", aus dem sie das O2 aufnehmen, kann man das funktional als "Kieme" betrachten, ohne etwas falsches zu behaupten.

Obwohl der Mensch die Kiemen eines Fisches nicht mehr entwickelt, sondern nur noch die Kiemenbogenarterien (s.o.), nutzt er in seiner Lebensphase unter Wasser im Bauch der Mutter, ein kiemenähnliches Prinzip, um sich über die Plazenta mit Sauerstoff zu versorgen und CO2 abzugeben. Dabei ist sein Kreislaufsystem ein Einkreis-Kreislaufsystem, die evolutionäre Errungenschaft der Weiterentwicklung des Herzens in zwei Vorhöfe und zwei Kammern, wird durch die Abkürzung des Ductus Botalli und dem Loch in der Vorhofscheidewand zunächst unterdrückt und in einen Zustand gezwungen, den man durchaus, im weitesten Sinne, als fischähnlich ansehen kann, bis der Mensch geboren wird. LG

 - (Schule, Gesundheit und Medizin, Menschen)  - (Schule, Gesundheit und Medizin, Menschen)

HarukaFree 
Fragesteller
 13.02.2021, 20:02

Vielen vielen Dank :)

1