Werden Anarchisten gewinnen?

4 Antworten

Nein. Wie so viele verwechselst du Anarchie ("Abwesenheit von Herrschaft") mit Anomie ("Abwesenheit von Regeln"). Ich vermute das kommt durch Popkultur und Desinformation.

Ich ordne mich zwar ungerne Ideologien zu, aber könnte mich als pazifistischen, religiös-orientierten Anarchokommunisten (also Anarchisten) bezeichnen. Ich erkläre es dir mal:

Die Menschenheit lebte den Großteil ihrer Existenz in anarchistischen Gesellschaften und es gibt sehr viele Beispiele.

Der grandiose Erfolg einer funktionierenden Anarchie ist unter anderem am Beispiel aus Spanien ersichtlich:

(...) Jedermann nach seinen Fähigkeiten, jedermann nach seinen Bedürfnissen“ betrieben. An einigen Stellen war Geld völlig eliminiert oder durch Gutscheine ersetzt worden. Unter diesem System hatte Ware oft nur ein Viertel ihrer vorigen Kosten. Trotz der Kritik hinsichtlich maximaler Effizienz produzierten anarchistische Kommunen oft mehr als vor der Kollektivierung.[16] Die Arbeit in kürzlich befreiten Zonen erfolgte nach völlig freiheitlichen Prinzipien; Entscheidungen trafen Räte und Versammlungen ohne irgendeine Art von Bürokratie. Zusätzlich zur ökonomischen Revolution gab es einen Geist der kulturellen Revolution. Die als unterdrückend empfundenen Traditionen waren verschwunden. (...)

(https://de.m.wikipedia.org/wiki/Anarchie)

Anarchie (bzw. eher Anarchismus) ist sozusagen der Überbegriff für verschiedenene anarchistische Strömungen, die der etymologischen Bedeutung des Wortes "Abwesenheit von Herrschaft" nachkommen. Häufig verwechselt wird sie von ihren Gegnern mit der "Anomie" (Abwesenheit von Ordnung/Regeln). Beispiele für die Strömungen sind Anarchokommunismus, Anarchosyndikalismus, Anarchokollektivismus und viele weitere. Sie überlappen auch häufig und widersprechen sich nicht unbedingt.

Anarchokommunismus ist eine der Strömungen und betont prinzipiell nur eine Anarchie mit den Eigenschaften des Kommunismus (Vergesellschaftung/Kollektivierung von Ressourcen etc.) und orientiert sich an dem Grundsatz "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinen Bedürfnissen". Es bildet übrigens ein bisschen den Kontrast zum unsäglichen "Anarchokapitalismus", der feuchte Traum aller Monopolunternehmer, die sich gerne den kontrollierenden Staat vom Hals schaffen und einen absolut freien Markt wollen. Einzig gemeinsam haben beide, dass ein Staat nicht erwünscht ist. Anarchokapitalisten sind natürlich eigentlich keine Anarchisten, da, wie wir wissen, mit dem Kapitalismus immer Herrschaft einhergeht.

Um einen kleinen Einblick in den Anarchismus zu bekommen, in diesem Fall in den Anarchosyndikalismus, kann ich dir diese Dokumentationen über die anarchistischen Republiken Spaniens empfehlen, die durch Franco gewaltsam zerstört wurden - eine freie Zeit, der jene Spanier die sie miterlebt hatten lange nachtrauerten:

https://youtu.be/i1mTWYG9nWo

https://youtu.be/c9X8vgdHw10

Auch auf Wikipedia kannst du vieles nachlesen:

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Anarchismus_in_Spanien

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Anarchismus

Als Ethnologiestudent kann ich auch diese Dokumentation über die Penan in Malaysia sehr empehlen, sie zeigt neben vielen schönen Szenen, wie sich das Leben der ehemaligen fast herrschaftslosen Wildbeutergesellschaften nach ihrer Einverleibung durch die "moderne" Gesellschaft drastisch verschlechtert hat. https://youtu.be/TiQBTesZUJQ

Vor allem die Szenen 24:46-25:52, 27:40-28:20 und 43:37-44:30 regen zum nachdenken an und sind sehr berührend. Aber die gesamte Doku ist wunderschön anzusehen.

Hierzu von Wikipedia:

Die Gesellschaft der Penan ist kaum hierarchisch. Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind kaum ausgeprägt. Die Jagd wird von den Männern ausgeübt, das Gewinnen des Sagomehls ist vornehmlich Aufgabe der Frauen. Darüber hinaus gibt es jedoch kein Spezialistentum. Das Zusammenleben wird von Beobachtern als relativ friedlich und konfliktarm geschildert. Privateigentum in unserem Sinne ist nicht bekannt. Das Teilen von Nahrungsmitteln und Gebrauchsgegenständen ist üblich. Das Nicht-Teilen gilt als größtes Vergehen. Im Unterschied zu anderen Dayak-Völkern wie den Iban oder den Bidayuh waren die Penan niemals Kopfjäger.
Die Kultur der Dayak-Völker ist einem starken Anpassungsdruck durch Regierung, Missionare und der westlichen Lebensweise der sie umgebenden Ethnien ausgesetzt.
Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Anthropologie, Orientalistik & Biologie-Studium

awnspeeds 
Fragesteller
 12.09.2023, 19:51

Hast du den Text jetzt geschrieben oder Copy Paste?

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leChatNoir267  12.09.2023, 20:45
@awnspeeds

Teils extra geschrieben, teils aus meinen alten Antworten zu derartigen Fragen kopiert. Wieso?

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Pfefferprinz  12.09.2023, 20:53

Das Problem ist, es funktioniert in kleinen autonomen Gesellschaften. Für unsere Gesellschaft ist es unrealistisch.

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leChatNoir267  12.09.2023, 21:02
@Pfefferprinz

Nicht wirklich. Die spanischen Republiken waren nicht gerade klein - mehrere Millionen Einwohner. Auch akephale, segmentäre Gesellschaften haben häufig hunderttausende Mitglieder. Aber natürlich, man darf keine starren Prinzipien auf alles und jeden anwenden, sondern es praktikabel anpaasen, deshalb betone ich ja auch meine antiideologische Haltung. Aber die Frage ist natürlich - was ist unsere Gesellschaft? Welche Charakteristiken soll unsere Gesellschaft haben? Welche gehören zum aktuellen System und sind nicht obligatorisch? Du denkst ja nun (so vermute ich) in Nationalstaaten.

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Nein, werden sie nicht

Woher ich das weiß:Hobby – Ich interessiere mich sehr für (nationale) Politik

Da gab es einen schönen Ort.

https://de.wikipedia.org/wiki/Capitol_Hill_Autonomous_Zone

Da wurden die Anarchisten aber mal eben selbst zur Polizei mit Selbstjustizcharakter.