Oxidationszahl des Sauerstoffatoms von Ethylmethylether?

2 Antworten

Von Experte Miraculix84 bestätigt

In einem Ether ist das O an zwei C-Atome gebunden. O ist elektronegativer als C oder H, also hat der Sauerstoff in Ethern, Alkoholen und auch im Wasser die Oxidations­zahl −II. Wenn Deine Lehrerin etwas anderes behauptet, dann irrt sie oder hat eine Privatdefinition von „Oxidationszahl“.

In die Standard-Methode zur Bestimmung von Oxidationszahlen schreibt man eine Lewis-Formel auf und weist jedes Elektron per Elektronegativität genau einem Atom zu; anschließend zählt man einfach ab und kommt so zur Oxidationszahl. Dieses Sche­ma ist nicht für alle Verbindungen eindeutig machbar, aber bei Ethern liefert sie klaglos −II: O hat zwei lone pairs, das sind schon mal 4 Elektronen, dazu kommen noch vier aus den O–C-Bindungen, die dem O wegen der höheren Elektronegativität zugeordnet werden. Das macht insgesamt acht Elektronen, zwei mehr als im Atom, also −II.

Dein Argument mit der Williamson-Synthese ist korrekt; aber ich weiß nicht, wozu Du es eigentlich brauchst. Immerhin mußtest Du dazu annehmen, daß der Sauerstoff im Alkohol OZ −II hat, und das stimmt zwar, aber jemand könnte es bezweifeln, und was machst Du dann? Außerdem ist Deine Annahme, daß eine nukleophile Substitution keine Oxidationszahlen ändert, nicht notwendigerweise korrekt, z.B.

C¯ᴵᴵH₃Cl + C⁺ᴵᴵN¯ ⟶ C¯ᴵᴵᴵH₃C⁺ᴵᴵᴵN + Cl¯

Grundsätzlich ist Sauerstoff in fast allen seinen Verbindungen an zwei elektroposi­tivere Atome gebunden und hat dann unweigerlich die Oxidationszahl −II. Daran än­dert sich auch nicht, wenn stattdessen eine Doppelbindung zu einem elektro­posit­iven Atom vorliegt (z.B. CO₂), oder ein Oxonium-Ion mit drei elektropositiven Bindungs­part­nern plus einer positiven Ladung, z.B. (CH₃)₃O⁺.

Nur wenige Sauerstoffverbindungen fallen nicht unter diese Beschreibung, einfach deshalb, weil fast das ganze Periodensystem elektropositiver als Sauerstoff ist, und deshalb kön­nen nur O–F-Bindungen und O–O-Bindungen aus den Schemata des letz­ten Absatzes ausbrechen:

  • Im OF₂ (Sauerstoffdifluorid) F–O⁺ᴵᴵ–F hat Sauerstoff ernsthaft die OZ +II. Eine höhere ist nicht möglich, weil Sauerstoff nicht hypervalent ist (im Gegensatz dazu bildet Schwefel unter anderem die Fluoride SF₂, SF₄ und SF₆).
  • Ein Fluor und ein anderes Element als Bindungspartner ergeben die Oxidations­zahl Null, z.B. in HOF (hypofluorige Säure) und organischen Derivaten wie CF₃OF.
  • Peroxide enthalten O–O-Bindungen. Der Sauerstoff hat dabei OZ −I wenn die wei­teren Bindungspartner elektropositiv sind, z.B. H₂O₂ oder CH₃OOCH₃.
  • Im Fall von Disauerstoffdifluorid F–O⁺ᴵ–O⁺ᴵ–F hat Sauerstoff +I, aber ich glaube, davon gibt es keine weiteren Derivate.
  • Stoffe mit drei oder mehr O-Atomen in einer Art Kette sind extrem exotisch und extrem instabil, z.B. H₂O₃ mit der Strukturformel H–O¯ᴵ–O⁰–O¯ᴵ–H oder O₄F₂.
  • Es gibt noch ein paar schräge Ionen wie O₂¯, O₃¯ und O₂⁺ mit gebrochenen Oxida­tionszahlen, die in der anorganischen Chemie als Salze vorkommen können (z.B. NaO₂, KO₃, O₂PtF₆), die aber keine organischen Derivate haben; O₂⁺ hat immerhin ein anorganisches Derivat, nämlich das sehr mäßig stabile Radikal O₂F.
Von Experte indiachinacook bestätigt

Deine Überlegungen sind korrekt, aber es geht auch viel einfacher:

Du kannst für jedes Atom die OZ bestimmen, indem du die Struktur zeichnest und die Anzahl der Elektronen von der Hauptgruppe subtrahierst. Dabei gilt, dass alle bindenden Elektronenpaare dem elektronegativeren(!) Atom zugeschlagen werden. Daraus ergibt sich für das Sauerstoffatom:

Hauptgruppe: 6

Freie Elektronenpaare: 2 => 4 Elektronen

Bindende Elektronenpaare: 2 => Da in diesen beiden C-O-Bindungen das Sauerstoffatom elektronegativer als das Kohlenstoffatom ist, bekommt es deren 4 Elektronen in der Rechnung auch.

6 - (4 + 4) = -II

=> Die OZ ist die Ladung, die ein Atom hätte, wenn es ein Ion wäre.