Ja, ich gebe manchem Bettler gelegentlich was und kann dazu eine kleine Geschichte erzählen.
Vor unserem Verwaltungsgebäude kauerte einmal ein Penner im Regen unter einem Vordach neben dem Eingang. Weil er mich anschaute in der Erwartung, dass ich ihn vertreiben würde, wünschte ich ihm einen guten Morgen.
Am Abend nach Büroschluss stand er plötzlich wieder neben mir und fragte, was ich in dem Gebäude mache. Wahrheitsgemäß antwortete ich: „ Ich bin dort der Chef.“ Darauf sprach der Penner einen mich berührenden Satz: „Und dann grüßt Du mich?“
Auf meine Nachfrage, ob er einen Kaffee möchte oder Hunger hätte, sind wir beim MacDonald rein.
Dort saßen wir, wie wir unterschiedlicher nicht hätten sein können: Ein zerlumpter Penner und ich im eleganten dunklen Anzug.
Er hat mir dann als ehemaliger Ingenieur seine traurige Lebensgeschichte erzählt, wie er immer weiter durch unglückliche Umstände sozial abgesackt und schließlich nach dem Verlust der Wohnung auf der Straße gelandet ist.
Manchmal habe ich mit dem Penner unter den merkwürdigen Blicken meiner Mitarbeiter im nahen Park gesessen. Gelegentlich gab ich ihm Geld bis er eines Tages zu mir sagte: „Du bist mein Freund, von Dir nehme ich kein Geld mehr.“
Gern hätte ich ihm wieder auf die Füße und zurück in ein normales Leben mit fester Wohnung geholfen. Aber eines Tages war er verschwunden und auch keiner seiner Kumpels aus dem Park konnte mir etwas sagen. Das habe ich bedauert und es hat mich darin bestärkt, nicht arrogant auf diese Leute herabzusehen, trotz all ihrer Verwahrlosung und übermäßigem Alkoholgenuss.
Seitdem ist das für mich ein Grund an soziale Einrichtungen vor Ort auch größere Summen zu spenden , die sich um solche Menschen kümmern, z.B. auch die Bahnhofsmission, wo sich diese Menschen oft aufhalten.