Wurden Mädchen/Frauen früher in Deutschland an Männer "verkauft" oder mussten die Väter eine Mitgift an die Männer geben?

5 Antworten

ich lese sehr gerne die Romane von Jane Austen. Meist spielen da wenig bemittelte Mädchen, aber aus der guten Gesellschaft, die Hauptrolle. Sie hatten leider kaum Chancen, einen passenden Ehemann zu bekommen, weil sie kaum eine Mitgift in die Ehe brachten.

Bei sehr vielen Mädels hieß es dann in der Beschreibung: sie bringt 10.000 Pfund mit oder sogar 30.000 Pfund, was vor 200 Jahren ein Vermögen war. So ein Mädchen konnte natürlich der Heldin locken den Kerl ausspannen. oder böse Kerle versuchten, mit ihr wegzulaufen, damit das Mädel sie heiraten musste und sie so an die Mitgift kamen.

Natürlich aber fanden die Heldinnen dann doch die wahre, große Liebe, obwohl sie höchstens 500 bis 1000 Pfund Mitgift in die Ehe brachten. Und 1000 Pfund waren in den Kreisen die Jane austen beschrieb viel zu wenig, um einen tollen Ehemann zu bekommen.

(um nicht missverstanden zu werden: die Inhaltsangaben scheinen eher auf eine Kitschautorin hinzudeuten, aber in Wahrheit hat Jane Austen Weltliteratur geschrieben, weil sie die Gesellschaft des englischen Regency so haargenau beschrieb).

Ach, ich glaub, ich guck heute Abend wieder Sense and Sensibility mit Emma Thompson und Kate Winslet. Oder doch lieber Pride and Prejudice mit Colin Firth als Mr. Darcy?

In die Hochzeitstruhe kam die Mitgift bzw. Aussteuer. Da Mädchen nur das Bauernhaus mit dem dazu gehörigen Land erbten, denn nur ein Sohn erbte dieses, wenn vorhanden, bekamen Frauen dementsprechend Hausrat, Kleidung, Bettwäsche etc. mit in die Ehe auch ein Geldbetrag wurde ausgehandelt, welchen der Bräutigam erhielt. Die Bettwäsche, Decken und Kleidung wurde bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts von den Mädchen selbst hergestellt. So sah dann später der Ehemann wie fleißig und ordentlich seine Frau ist. Ich habe heute noch Handtücher und Decken, die meine Oma selbst gewebt hatte und dann bestickt. Auch einen fertig gewebten Stoffballen, der dann nicht weiter verarbeitet worden war existiert noch.

Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts suchten die Eltern sich den Ehepartner für die Kinder aus. Da wurde auch ausgehandelt, was alles der spätere Ehemann mit bekommt. Bei mir in der Familie fand die letzte arrangierte Ehe 1913 statt. Der älteste Bruder und somit Hoferbe meines Großvaters musste eine Frau heiraten, die genügend Geld mit in die Ehe brachte, um den überschuldeten Hof halten zu können. Die Ehe wurde eine Katastophe. Mein Großonkel erhängte sich 1934 nachdem er überall in der Familie erzählt hatte, er könne es mit seiner Frau nicht mehr aushalten. Du kannst dir sicher vorstellen, wie schlimm dieses für die Frau, nach dem Tod ihres Mannes war, in der Familie.

Liebesheiraten wurden erst nach dem 2. Weltkrieg üblich.

Früher heiratete man i.d.R. im gleichen Stand, Adelige heirateten untereinander, Handwerkssohn heiratete Handwerkstochter, Großbauerssohn heirate Großbauerntochter, Knecht heiratete Magd etc. Auch kamen die Ehepartner aus einer Gemeinde, welche zu Fuß an einem Tag zu erreichen war. Außer Pferd und Wagen gab es keine Transportmittel und arme Bauern hatten nicht einmal Pferde. Die Mitgift musste also mit einen Karren zum Bräutigam selbst gezogen werden.

Auch wurde nur innerhalb der gleichen Religion geheiratet. Wer römisch-katholisch war durfte nur jemanden heiraten, der ebenfalls römisch-katholisch war oder sich vor der Heirat zu diesem Glauben bekannte. Selbst mein Freund benötigte in den frühen 80er Jahren einen Dispens vom Vatikan, also eine Genehmigung, um seine evangelische Frau zu heiraten.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Selbstverständlich, Frauen bekamen eine Mitgift (so es eine gab), das ist wohl in allen Gesellschaften üblich, in denen die männliche Erblinde vorherrscht.

Dies kam in ganz Nordeuropa ganz auf den Geldbeutel des Bräutigams an. schlicht und einfach, ging es dabei im Volk zu.

Die meisten heirateten eben, dass die Braut eine Aussteuer mitbrachte (meist Wäsche usw. In einer Hochzeitstruhe) - während der Ehemann sich um eine Wohnung kümmerte. Und beide froh waren, wenn der Ehemann eine Arbeit hatte,und sich billige Ringe kaufen konnten. Oft waren die Männer auch Tagelöhner.

Solche Rituale die du erwähnst, kannten meine Vorfahren nicht- und ich gehe bis 1690 zurück.

Übrigens in Kirgisien.! Wird heute noch jede zweite Frau irgendwo entführt und zwangsverheiratet - ist nicht lustig

https://de.qantara.de/inhalt/initiativen-gegen-zwangsheiraten-in-kirgistan-fuer-eine-braut-die-keiner-klaut


Katze446 
Fragesteller
 23.01.2022, 08:55

Ja, auch das mit den Entführungen von Frauen und Mädchen wurde als Problem in Afghanistan benannt. Das ist mit ein Grund, warum die Männer ihre Töchter und Frauen zuhause verstecken. So sagte es zumindest die Doku.

Ich bin so froh, als Frau in Deutschland geboren zu sein, das kann ich dir gar nicht sagen...

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miqona  23.01.2022, 09:14
@Katze446

Ich kam als Frau schon viel rum - muss dir Recht geben

Schlimm war für mich Madagaskar und Algerien,- in Alg. wo ich mitbekam, dass neben unserer Lodge, nachts ein Mädchen beschnitten wurde

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Eisenschlag  23.01.2022, 09:19
@miqona

Ihr beide dürft euch entspannen, denn diese Sitten, inklusive Beschneidung, sichern Stück um Stück auch bei uns ein.

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