Wie fühlt es sich an richtig gläubig zu sein (Christentum)?

9 Antworten

Wie fühlt es sich an richtig gläubig zu sein (Christentum)?

Ich denke, es kommt grundsätzlich darauf an, wie man das Christsein versteht oder verstehen will. Ich meine, die einen, die sich Christen nennen, nehmen die Lehre Jesu gemäß der Evangelien wörtlich, die anderen, die sich ebenfalls Christen nennen, legen eher Wert auf die Lehren von Paulus, dann wieder welche, die sich ebenfalls Christen nennen, denen die Klarheit der Evangelien so ziemlich schnuppe ist, weil sie sich lieber an den Ansichten von Athanasius und Konstantin orientieren und dann gibt es noch welche, die sogar ihre eigene Bibelübersetzung haben, damit diese mit deren Propaganda kompatibel ist, neue Opfer einzubinden, also Missionsdienst zu leisten, und alles andere, was Jesus der Klarheit der Evangelien lehrte ist ihnen so ziemlich egal.

Am bequemsten ist wohl das Christentum, was ab Konstantin aufkam, dass der Glaube allein schon genügen würde, also mit anderen Worten Nächstenliebe, Vergebungsbereitschaft und Hilfsbereitschaft so ziemlich egal seien, doch geht man nach der Lehre Jesu gemäß der Klarheit der Evangelien verhält es sich genau umgekehrt. Natürlich ist niemand fehlerfrei, und daher bedarf es der Gnade Gottes, dass man Vergebung findet, aber Jesus hatte deutlich gemacht, wie wichtig Vergebungsbereitschaft ist, um Vergebung zu finden, ja auch wie wichtig Nächstenliebe, die Eigenschaften dieser Liebe und Hilfsbereitschaft sind, um für Gott akzeptabel zu sein. Und wie Johannes in der Offenbarung 20,12-13 und 22,11-12 schrieb, wird jede Person gemäß ihrer jeweils eigenen Taten gerichtet und damit gemäß dem, was der jeweiligen Person entspricht. Ich finde daran nichts, was mich unwohl oder unangenommen fühlen lassen könnte, sondern im Gegenteil würde ich dann entsprechend dem erhalten, was mir selbst entspricht und wo ich mich entsprechend meiner persönlichen Entwicklung am besten fühlen könnte, sofern es ein Dasein nach dem Tod gibt, woran ich fest glaube. (Aber in dem Sinne, wie ich das persönlich glaube, ist dies wieder ein ganz anderes Thema, doch wenn Dich das trotzdem interessiert, kannst Du dies gern beispielsweise in einer eben von mir geschriebenen Antwort hier nachlesen.)

Ist es normal, dass man sich als Christ ungeliebt und missvertsanden fühlt und das man "ohne Gott" glücklicher ist?

Nur wenn man noch nicht der christlichen Gemeinschaft begegnet ist, in der die wirklich christlichen Werte eine wichtige Bedeutung haben - oder wenn man aus persönlichen Gründen vielleicht starke psychische Probleme und noch keinen Weg gefunden hat, diese zu überwinden. Ich habe zu einer Glaubensgemeinschaft gefunden, in welcher eigentlich jede Gemeinde wie eine große, liebevolle, hilfsbereite und vergebungsbereite Familie ist, auch die Mitglieder verschiedener Gemeinden miteinander und auch die Mitglieder eben dieser Kirche gegenüber Außenstehenden, ohne dass sie dabei aktiv Missionsarbeit betreiben würden. (Abgesehen von wenigen Ausnahmen, für deren Arbeit in Form eines ehrenamtlichen Dienstes ich dankbar bin, da ich sonst nie zu dieser Kirche gefunden hätte.)

Wenn du nur in eine christliche Familie hineingeboren bist, bist du noch lange kein Christ.

Wenn man Christ werden will, muß man Jesus durch explizite Willenserklärung aufnehmen und ihm sein Leben geben. Das nennt sich Bekehrung.

Man muß erklären, dass ER einem sein Leben führen und leiten soll. Mit allen möglichen Folgen. Egal, was er dann mit einem macht.

Manche sagen dazu "ausliefern".

Dann segnet er einen erfahrungsgemäß. Und das Leben kann ganz anders werden, als man je gedacht hat.

Vieles versteht man dann für gewöhnlich nicht. Längerfristig wird man jedoch dann damit jedoch völlig zufrieden sein und es nicht mehr missen wollen. Denn auch Wunder werden dabei sein. Wunder an einem selber, mit einem und Wunder für andere.

Ihn machen zu lassen, ist dabei das wichtigste. SEIN Wille geschehe. Wie Jesus zu seinem Vater sagt, als er auf Erden war.

Man wird dann von dem eigenen Glauben verändert und sucht zu finden, was Gott will. So kommt es, dass man die Bibel "verschlingt", um mehr zu Gott und für sich zu erfahren.

Und DAS fühlt sich so richtig gut an.

Wasserflashe 
Fragesteller
 02.04.2024, 02:42

Das Ding ist, ich hatte auch so einen Punkt der "Bekehrung". Da habe ich mich für Jesus entschieden und ab da auch so gelebt.

Natürlich hatte ich Momente in denen ich mit dieser Entscheidung total glücklich war und ich habe auch einige Wunder erlebt, aber trotzdem hatte ich einfach immer wieder Zweifel. Also nicht am Glauben, sondern ob ich das alles richtig so mache.

Weil wie du sagst, sollte sich das ja gut anfühlen.

Deshalb kam es dann auch dazu, dass ich mich vom Glauben abgewandt habe, weil ich mich einfach so eingesperrt gefühlt hab, verstehst du?

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2desmond  02.04.2024, 03:17
@Wasserflashe

Ich versteh dich vollkommen. Absolut jeder bekommt Zweifel. Mich hat man mal auf die Sieben-Jahre-Regel hingewiesen. Nämlich, dass die Erfahrung zeigt, dass besonders viele von diesen Zweifeln im siebten Jahr des Gläubigseins auftreten.

Also nicht am Glauben, sondern ob ich das alles richtig so mache.

Das ist eine sehr wertvolle Aussage. Da verstehe ich, was in deiner Situation ist: Man kommt leicht ins Schleudern. Man hört viel. Und liest wenig in der Bibel. Genau dann erwischts einen. Gut, wenn man in einer bibeltreuen Versammlung von Christen ist. Die haben genau auch die obigen Erfahrungen. Auch sie kennen die Zweifel. Sie nennen sie manchmal "Anfechtungen". Gemeinsam kann man sich da aber drüber austauschen.

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Ich habe jetzt herausgelesen, daß du Angst vor Gott hast. Diese Angst hat dich unfrei gemacht. Unser Glaube soll uns jedoch frei von aller Angst machen. Möglicherweise bist du mit einer großen Zahl an Verboten erzogen worden, die du niemals hinterfragt hast. Ich kann dir versichern, solche Verbote existieren nicht. Die gibt es nur in der Phantasie kontrollsüchtiger Menschen. Vielleicht wurde dir Gott als eine Art "Big Brother" nahegebracht. Das hat dann natürlich schon etwas Bedrohliches.

Der junge Martin Luther wuchs ebenfalls mit der Angst auf, Gottes Ansprüchen nie gerecht werden zu können. Als er auf freiem Feld von einem Gewitter überrascht wurde, versprach er der Hl. Barbara vor lauter Todesangst, Mönch zu werden. Aber auch im Kloster war die Angst sein ständiger Begleiter. Bis Martin Luther beim Studium der Bibel schließlich die Erkenntnis erlangte, daß Gottes Gnade immer unverdient ist, und daß niemand perfekt sein muß. Daraus entwickelte er die Rechtfertigungslehre und zog auch seine persönlichen Konsequenzen, indem er aus dem Kloster austrat und heiratete.

Mein persönliches Verhältnis zu Gott kann ich als Vertrauensverhältnis bezeichnen. Ich wünsche dir, daß du deine Angst ablegen kannst und statt dessen Vertrauen hast.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Ich habe Religionspädagogik studiert.

Ich kann Dir dazu keine pauschale Antwort geben. In der Bibel steht:

Der Vater im Himmel lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Matthäus 5,45

Der Segen Gottes bekommen nicht nur den Gläubigen. Auch solche, die nichts von Gott wissen wollen, kann es sehr gut gehen. Gläubige sind auch nicht von Schicksalsschlägen ausgenommen.

Im Gegenteil habe ich das Gefühl, dass gläubige Christen oft mehr "Angriffen" ausgesetzt sind, als ein Teil der Atheisten.

Ich bin sehr glücklich als Christ. Trotz vielen Lebens-Stürmen, die Gott zugelassen hast. Dank ihm sehe ich manches, dass ich als Freiheit gesehen habe, nun als "Schein-Freiheit".

Es ist wahrscheinlich eher Zufall, dass in meiner Umgebung nur ganz wenige unglückliche Christen leben. Selbst mehrerer Menschen denen es körperlich sehr schlecht geht und die trotzdem überzeugte und glückliche Christen sind.

Wenn es allen Christen plötzlich gut gehen würde, dann wären wahrscheinlich über Nacht Millionen mehr gläubig.

Hallo Wasserflashe,

es ist schade, dass man Dir den Glauben nicht so nah gebracht hat, wie er gem. der Bibel tatsächlich ist! Gott ist nämlich ganz und gar nicht so, dass er sich auf unsere Sünden fokussiert. Er ist eher wie ein warmherziger, liebevoller Vater, der immer darum bemüht ist, mit den Fehlern seiner Kinder barmherzig umzugehen.

kennst Du die "Geschichte vom verlorenen Sohn"? Sie könnte Dir helfen, die Bereitschaft Gottes, Sündern zu vergeben, in seinem ganzen Ausmaß zu begreifen. Die Geschichte ist im Lukasevangelium zu finden und lautet:

" Danach sprach er: „Ein gewisser Mensch hatte zwei Söhne. Und der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater: ‚Vater, gib mir den Anteil des Eigentums, der mir zukommt.‘ Darauf teilte er seine Mittel zum Lebensunterhalt unter sie. Später, nicht viele Tage danach, packte der jüngere Sohn alles zusammen und reiste fort in ein fernes Land und verschwendete dort sein Eigentum, indem er ein ausschweifendes Leben führte.
 Als er alles verbraucht hatte, entstand eine schwere Hungersnot in jenem ganzen Land; und er fing an, Not zu leiden. Er ging sogar hin und schloß sich einem der Bürger jenes Landes an, und er sandte ihn auf seine Felder, damit er Schweine hüte. Und er begehrte jeweils, sich mit den Johạnnisbrotschoten zu sättigen, die die Schweine fraßen, und niemand gab ihm [welche].
 Als er zur Besinnung kam, sagte er: ‚Wie viele Lohnarbeiter meines Vaters haben Brot in Fülle, während ich hier vor Hunger zugrunde gehe! Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater ziehen und zu ihm sagen: „Vater, ich habe gegen den Himmel und gegen dich gesündigt. Ich bin nicht mehr würdig, dein Sohn genannt zu werden. Halte mich wie einen deiner Lohnarbeiter.“ ‘ 
Er machte sich also auf und ging zu seinem Vater. Als er noch weit weg war, erblickte ihn sein Vater und wurde von Mitleid bewegt, und er lief und fiel ihm um den Hals und küßte ihn zärtlich. Da sagte der Sohn zu ihm: ‚Vater, ich habe gegen den Himmel und gegen dich gesündigt. Ich bin nicht mehr würdig, dein Sohn genannt zu werden. Halte mich wie einen deiner Lohnarbeiter.‘ Der Vater aber sagte zu seinen Sklaven: ‚Schnell! Bringt ein langes Gewand heraus, das beste, und kleidet ihn damit, und tut einen Ring an seine Hand und Sandalen an seine Füße. Und bringt den gemästeten jungen Stier her, schlachtet ihn, und laßt uns essen und fröhlich sein, denn dieser mein Sohn war tot und kam wieder zum Leben; er war verloren und wurde gefunden.‘ Und sie fingen an, fröhlich zu sein" (Lukas 15:11-24).

In diesem Gleichnis wird nicht nur das Ausmaß der Barmherzigkeit Gottes hervorgehoben, sondern es wird auch gezeigt, dass seitens des Sünders gewisse Schritte unternommen werden müssen, um auf die Vergebung Gottes hoffen zu können.

Denke noch einmal an den "verlorenen Sohn" aus der Geschichte. Was tat er, bevor nach Hause zurückkehrte? Er empfand zum einen tiefe Reue wegen seines ausschweifenden Lebens und war bereit, seine Verfehlungen gegenüber seinem Vater zu bekennen, und zum anderen wandte er sich von seinem bisherigen Lebensstil ab.

Bemerkenswert ist auch seine Demut. Er war in seinem Inneren wirklich tief zerknirscht wegen des Schmerzes, den er seinem Vater und auch der übrigen Familie zugefügt hatte. So kehrte er nicht hoch erhobenen Hauptes zurück, sondern war sogar bereit, nur wie ein "Lohnarbeiter" gehalten zu werden.

Wenn also Gott eine ähnliche innere Umkehr bei einem Menschen bemerkt, dann ist er bereit, selbst schwere Sünden vollständig zu vergeben. So sagte er einmal gegenüber seinem Volk, das sich ihm gegenüber schwer vergangen hatte: "Kommt nun, und lasst uns die Dinge zwischen uns richtigstellen. Wenn sich eure Sünden auch wie Scharlach erweisen sollten, werden sie so weiß werden wie Schnee; wenn sie auch rot sein sollten wie Karmesintuch, werden sie sogar wie Wolle werden" (Jesaja 1:18).

Sofern wir also unsere Sünden bereuen und umkehren, kennt die Bereitschaft Gottes zur Vergebung keine Grenzen. Wie Jesus in einem anderen Zusammenhang sagte, sollten aus diesem Grunde auch wir die gleiche Bereitwilligkeit erkennen lassen, wenn es darum geht, anderen, die gegen uns gesündigt haben, zu vergeben.

LG Philipp

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Lebenserfahrungen, soziale Berufung