Wer war der erste Mensch, der die Idee der Evolution durch natürliche Auslese formulierte?

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Das ist nicht so einfach zu sagen. Charles Darwin hat seine Studien zur Evolution lange Zeit in der Schublade verborgen gehalten. Es wusste um die Sprengkraft seiner Theorie und scheute sich vor der Veröffentlichung. Ein geplantes vierbändiges Werk kam jedenfalls nicht voran.

1855 schickte ihm der damals noch recht unbekannte Botaniker Alfred Russel Wallace ein Manuskript mit seiner eigenen Darlegung der Evolutionstheorie mit der Bitte, den Aufsatz mit empfehlenden Worten an den damals führenden Geologen Charles Lyell weiterzuleiten. Nun musst Darwin mit seinen Erkenntnissen aus dem Knick kommen.

Das Ergebnis dieses etwas bizarren Vorganges war, dass am 1. Juli 1858 sowohl der Aufsatz von Wallace wie auch Auszüge aus Darwins unvollendetem Werk in der Sitzung der Linnean Society vorgetragen wurden. Im Sportlerjargon: Beide gingen gleichzeitig durchs Ziel. Da die Katze nun aus dem Sack war, schrieb Darwin im gleichen Jahr sein berühmtes Buch "Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl", gewissermaßen eine Kurzfassung seiner umfassenden Studien.

Das war tatsächlich Charles Darwin im Jahr 1859. Der Titel seiner Arbeit war "On the Origin of Species" oder zu deutsch "über die Entstehung der Arten".

Es wurde übrigens ein Jahr später in Deutschland veröffentlicht.

Die ersten Ansätze, die ein Selektionsprinzip beschreiben, finden sich schon in den antiken Schriften des Gelehrten Aristoteles (384-322 v. Chr.). Auch der islamische Gelehrte al Jahiz (776-869) beschreibt in seinen Schriften schon das Wirken der natürlichen Selektion. Das waren jedoch nur lose Denkansätze und Beobachtungen, die noch nicht konsequent zu einer umfassenden Evolutionstheorie zu Ende gedacht waren.

Jean-Baptise de Lamarck (1744-1829) gehört zu den wichtigsten Vordenkern der Evolutionstheorie. Während seiner Zeit setzte sich allmählich die Erkenntnis durch, dass die Lebewesen, anders als der biblische Schöpfungsmythos propagierte, nicht unveränderlich sind. Lamarck war einer der ersten, der eine Hypothese formulierte, mit der er die Veränderlichkeit der Arten zu erklären versuchte. Seine Vorstellung, die auf der Vererbung durch Gebrauch oder Nichtgebrauch erworbener Eigenschaften basierte, erwies sich zwar als falsch, aber Lamarcks Arbeit war trotzdem wegbereitend.

Auch Erasmus Darwin (1731-1802), der Großvater Charles Darwins, machte sich bereits Gedanken zur Evolution. So war Erasmus beispielsweise schon davon überzeugt, dass die Arten einen gemeinsamen Ursprung haben müssen und verortete die Entstehung des Lebens in den Ozeanen. In seinem Gedicht The Temple of Nature schreibt er:

Organic life beneath the shoreless waves
Was born and nurs’d in Ocean’s pearly caves;
First forms minute, unseen by spheric glass,
Move on the mud, or pierce the watery mass;
These, as successive generations bloom,
New powers acquire, and larger limbs assume;
Whence countless groups of vegetation spring,
And breathing realms of fin and feet and wing.

Der Mechanismus, mit dem er die Evolution erklären wollte, ähnelte aber eher dem Lamarcks und nicht dem seines Enkels.

Charles Darwin (1809-1882) war der erste, der seine Beobachtungen konsequent zu Ende dachte und zu einer Evolutionstheorie zusammenfasste. Seine Theorie besteht eigentlich aus insgesamt fünf Einzeltheorien: Er erkannte als erstes, dass die Arten veränderlich sind. (Theorie der Veränderlichkeit) Als zweites erkannte er, dass alle Arten eine gemeinsame Abstammung haben (Deszendenztheorie), dass drittens die Evolution nicht sprunghaft, sondern graduell verläuft (Gradualismustheorie), dass viertens die Arten sich durch die Veränderungen im Lauf der Zeit auseinander entwickeln und die Artenvielfalt durch die Evolution zunimmt (Divergenztheorie) und fünftens schließlich, dass die Veränderung der Arten und die Entstehung neuer Arten durch die natürliche Selektion hervorgerufen wird (Selektionstheorie). Die Vereinigung all dieser fünf Einzeltheorien quasi unter einem gemeinsamen Dach war vor Darwin niemandem gelungen. Wesentliche Beobachtungen und Daten hat er dafür während seiner Reise an Bord der Beagle zwischen 1831 und 1836 gesammelt. Nach seiner Rückkehr sammelte er weiter Daten und stand in engem Austausch mit Forscherkollegen, u. a. mit Charles Lyell (1797-1875), Joseph Dalton Hooker (1817-1911) und Asa Gray (1810-1888), die ihn dazu ermutigten, seine Erkenntnisse in einem Buch zu veröffentlichen. Mit ersten Notizen hatte er bereits 1842 begonnen. Ab 1856 begann er schließlich am Manuskript seines Buches zu arbeiten, das den Titel Natural Selection tragen sollte.1857 schrieb er einen Brief an Asa Gray, in dem er seine Theorie erläuterte.

Darwin war nicht der einzige, der zu dieser Zeit die richtigen Schlüsse zog. Auch Alfred Russel Wallace (1823-1913) zog aus Beobachtungen, die er im indonesischen Archipel gemacht hatte, ganz ähnliche Schlüsse. Dieser übersandte an Darwin einen Brief (heute als Ternate-Manuskript bekannt) mit der Bitte, diesen an Lyell weiter zu leiten. Obwohl er erkannte, dass Wallace ihm bei der Publikation zuvorkommen könnte, leitete Darwin den Brief an Lyell weiter. Dieser und Hooker setzten sich dafür ein, dass Darwin und Wallace zusammen ihre Erkenntnisse vor der Linnean Society vorstellen sollten. Am 1. Juli 1858 wurden Auszüge aus Darwins Manuskript sowie der Brief an Asa Gray und Wallace' Ternate-Manuskript vorgestellt und am 20. August in gedruckter Form gemeinsam veröffentlicht. Darwin unterließ es, sein Buch Natural Selection zu beenden, weil es seiner Ansicht nach zu lange gedauert hätte. Er begnügte sich stattdessen damit, eine kûrzere Fassung zu schreiben, die 1859 unter dem Titel On the Origin of Species veröffentlicht wurde.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig