Was heißt posivitistisch? Habe ich die definition richtig verstanden?

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Das Adjektiv positivistisch bedeutet den Positivismus vertretend/betreffend/zum Positivismus gehörend/auf dem Positivismus beruhend. Es kann die Bedeutung annehmen: sich auf das Sammeln/die Darstellung des Gegebenen/der Tatsachen beschränkend.

In dem Satz der Fragebeschreibung ist ein wichtiges Merkmal enthalten. Er reicht aber nicht aus, um Positivismus in einer Definition voll zu erfassen, sondern greift etwas zu kurz.

Zu einem geht es darum, was als richtiger Weg zu Wissen/Erkenntnissen über die Realität anerkannt wird. Was als Wissen/Erkenntnis verstanden wird, wird für richtig gehalten und insofern angenommen/geglaubt. Daraus ist aber nicht zu folgern, es handele sich um eine Glaubenssache. Dem Positivismus geht es darum, was als Wissen gelten kann.

Zum anderen liegt eine Unterscheidungung des Postivismus von anderen philosophischen Lehren/Weltanschaungen/Standpunkten/Denkansätzen darin, was als beweisbar und was als nicht beweisbar gilt.

Die Bezeichnung Positivismus ist sprachlich abgeleitet von lateinisch ponere (Stammformen: pono, posui, positum) = (hin)setzen, (auf)stellen, (hin)legen. Passivform positum esse in aliqua re = auf etwas beruhen, begründet sein, sich stützen. Das Positive ist das Gesetzte, Aufgestellte, Gegebene.

Auf dem Gebiet des Recht ist Rechtspositivismus eine Richtung, die das Recht mit dem durch Gesetzgebung, Satzungen, Verordnungen und Grundsatzurteile gegebenem („positiven“) Recht gleichsetzt und daher das Naturrecht und übehaupt alle nicht im Gesetz ausdrücklich zugelassenen Maßstäbe und Werte als rechtlich belanglos ablehnt.

In Zusammenhang von Wissenschaft/Philosophie ist Positivismus die Auffassung/Einstellung, allein das durch Erfahrung Gegebene für die ausschlaggebende Grundlage von Wissen/Erkenntnis zu halten. Auf die Realität bezogene Wissenschaft soll sich auf die Erforschung und Untersuchung beobachtbarer Erscheinungen beschränken und darauf bezogen etwas als Befund nachweisen. Positivismus ist daher immer ein Empirismus. Metaphysische und religiöse Gedanken und Erklärungen werden aus der realitätsbezogenen Wissenschaft ausgeschlossen.


Philosophielexika enthalten Begriffserklärungen, die als Vergleich für die Richtigkeit des Verstehens herangezogen werden können.

Wörterbuch der philosophischen Begriffe. Begründet von Friedrich Kirchner und Carl Michaëlis. Fortgesetzt von Johannes Hoffmeister. Vollständig neu herausgegeben von Arnim Regenbogen und Uwe Meyer. Hamburg : Meiner, 2005, S. 509 gibt an:

Positivismus, von Auguste Comte eingeführter Ausdruck zur Bezeichnung der Wissenschaft und Philsophie. Die sich mit der Feststellung des gegebenem, Tatsächlichen begnügt und sämtliche Metyphsik und Religion ablehnt.

Ullrich Wille, Positivismus. In: Handwörterbuch Philosophie. Herausgegeben von Wulff D. Rehfus. Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht, 2003 (UTB : Philosophie ; 8208), S. 550 – 553 enthält als wichtige Kernaussagen:

Positivismus: eine hauptsächlich im 19. und 20. Jahrhundert verbreitete Haltung von Wissenschaftlern und Philosophen, die allein das erfahrungsmäßig Gegebene, d. h. das Positive, als die letzte Instanz wissenschaftlicher Erkenntnis ansehen. Der Positivismus ist gekennzeichnet durch folgende Prinzipien:

1) Erkenntnis ist nur möglich in Anknüpfung an unmittelbar Gegebenes.

2) Eine Erkenntnis, die eine Person gewonnen hat, kann prinzipiell auch von jeder anderen Person gewonnen werden.

3) Erkenntnis ist vermittelbar: Eine Erkenntnis, die ich habe, kann ich (prinzipiell) jeder anderen Person mitteilen und ich kann sie anderen Personen gegenüber ausweisen. Es gibt keine Erkenntnisse, die prinzipiell unausdrückbar wären, keine Behauptungen, die intersubjektiv nicht überprüfbar sind.

4) Es gibt nicht mehrere, miteinander völlig unzusammenhängende Erkenntnisbereiche. Vielmehr lassen sich die in einem Erkenntnisbereich formulierten Gesetzmäßigkeiten zurückführen auf eine einheitliche, übergreifende Gesetzmäßigkeit.

5) Es gibt keinen Wirklichkeitsbereich, der dem Erkenntnisvermögen prinzipiell unzugänglich ist. Es gibt keine prinzipiell unlösbaren Probleme.

Als Begründer des Positivismus gilt Comte, der die Entwicklungsgeschichte des menschlichen Geistes nach einem theologischen und einem metaphysischen nun in einem positivistischen Zeitalter angelangt sieht, in dem sich die wissenschaftliche Forschung auf die Untersuchung gesetzmäßiger Zusammenhänge zwischen beobachtbaren Phänomenen beschränkt und auf metaphysische Erklärungen verzichtet.

Das unmittelbar Gegebene ist das, was durch die Erfahrung gegeben ist. Positivismus stellt sich somit als eine Form des Empirismus dar. Er leugnet die Möglichkeit von Erkenntnis durch ›reines Denken‹, ohne Rückgriff auf Erfahrung.

"positivistisch heißt das man nur an Dinge 1) glaubt, die man 2) beweisen kann."

Diese Definition hat bedauerlicherweise Ungereimtheiten.

1) Im Positivismus geht es um WISSEN, nicht um GLAUBEN.

2) "beweisen" in welchem Sinne und was wird dabei als "verlässlich" und somit "beweiskräftig" anerkannt? Positivisten sind radikale Empiristen, die aus der Erfahrung nur das akzeptieren, das offenkundig ist und von vielen als mit den Sinnen (auch mit erweiterten Sinnen wie wissenschaftlichen Instrumenten) bestätigt werden kann. Positivisten akzeptieren keine Beweise, die auf nicht erfahrungsgestützte Theorien gründen.

Da wie Albrecht zeigt, es auch einen Rechtspositivismus gibt, handelt es sich bei Deiner Aussage eindeutig um den philosophischen Positivismus in der Erkenntnistheorie. Dein Satz müsste meiner Meinung nach korrekt lauten:

Positivistisch heißt, dass man nur Dinge für real und wahr halten kann, die empirisch offensichtlich und für jeden als Erfahrung nachvollziehbar (das schließt z.B. individuelle Erfahrungen wie Träume und Haluzinationen aus) sind.

Ja, unter einschränkungen.

Die Frage ist: Was ist ein Beweiß?

Mir gefällt die definition von Stephen Hawking besser. Solange eine Theorie (etwas an das Geglaubt wird, mitsamt allen Axiomen) sich positiv Verifizieren lässt, solange spielt es keine Rolle wie nah sie der "objektiven" Wirklichkeit kommt, oder nicht. Was positiv Bestätigt werden kann, wird als richtig angesehen.

Somit bedeutet Posivitismus zwar auch nur etwas zu Glauben, dass mittels Experimenten oder Logik positiv bestätigen werden kann. Aber es können auch zwei gegenläufige Theorien in sich logisch sein, und sich nur aufgrund ihrere Axiome unterscheiden. Da Axiome jedoch weder bewiesen noch wiederlegt werden können, widerspricht sich der Positivismus in dieser Hinsicht eigentlich selbst.


Der Negativismus als Gegenbeispiel: Dort wird nur als Wahr angenommen, was durch Experiment und Logik als Falsch erkannt wird. Somit kann der Negativismus nur Auskunft darüber geben, was es nicht gibt oder unmöglich ist. Der Folgerung von Arthur Conan Doyle (der Autor der Sherlock Holmes Romane) zufolge; Muss dass, was übrig bleibt, nachdem man alles Mögliche ausgeschlossen hat, folgerichtig die Wahrheit sein. Das Problem beim Negativismus ist, dass man nie genau sagen kann ob wirklich alles andere Ausgeschlossen wurde, oder einem einfach nichts weiteres einfällt.


TeeEi  09.08.2012, 22:35

Mir gefällt die definition von Stephen Hawking besser. Solange eine Theorie (etwas an das Geglaubt wird, mitsamt allen Axiomen) sich positiv Verifizieren lässt, solange spielt es keine Rolle wie nah sie der "objektiven" Wirklichkeit kommt, oder nicht. Was positiv Bestätigt werden kann, wird als richtig angesehen.

Was für Theorien sind hier gemeint? Was meinst du mit "sich positiv verifizieren lassen"?

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Lezaza  09.08.2012, 23:34
@TeeEi

Physik

Ich denke Hawking hat zuerst an physikalische Theorien gedacht, die definition ist jedoch auch auf andere Gebiete anzuwenden.

Positivismus:

Alice wurde ermordet. Bei Bob, welche ein gutes Motiv für einen Mord hat, wurde die Mordwaffe gewunden. Und war zur Tatzeit in Ortsnähe zum Opfer Alice. Bob hatte die Möglichkeit, ein Motiv und die Gelegenheit den Mord zu begehen.

Natürlich könnte auch Eve die Beweise so eingerichtet haben, dass Bob als idealer Täter dasteht.

Negativismus:

Alice wurde ermordet. Alle Personen, die den Tatort erreichen konnten, hatten ein glaubwürdiges Alibi, oder hatten kein Motiv für die Tat. Außer Bob. Nur Bob hatte die Gelegenheit und ein Motiv den Mord zu begehen.

Natürlich könnte es Eve gelingen ein Alibi zu fälschen. Oder Eve hat einen Auftragskiller bezahlt, dessen Motiv von den Ermittlern nicht klar zu erkennen ist, da sie nichts von der Bezahlung wissen, und daher unter den Anwesenden nicht auffällt.

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TeeEi  10.08.2012, 12:57
@Lezaza

Also wenn es sich um physikalische Theorien handelt, wie sollen sie sich "positiv verifizieren lassen"? Und was meinst du in dem Zusammenhang mit "solange spielt es keine Rolle wie nah sie der "objektiven" Wirklichkeit kommt"?

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Lezaza  10.08.2012, 21:05
@TeeEi

Gravitation

Es gibt eine Effekt der Massen sich einander nähern lässt. Diese kann gemessen werden. Es ist also eine positiv bestätigte Beobachtung. Newton glaubte, es läge an einer eigenständigen Kraft, ähnlich dem Magnetismus - nur eben alle Massen betreffend, und immer anziehend (nie abstoßend). Diese positivistische Theorie der Gravitation galt so lange als Richtig, bis Einstein nachwies, dass auch Licht - welches keine Ruhemasse besitzt, also nach newtonschen Theorien nicht der Gravitation unterliegt - dennoch von großen Massen wie der Sonne abgelenkt werden. Somit wurde eine positivistische Theorie (Gravitation als Kraft) gegen eine andere (Gravitation als folge der Raumkrümmung) ausgetauscht. Newtons Theorie war in dem Sinne nicht Falsch, sondern lediglich unvollständig. Sie Funktionierte so weit der Mensch an die Wahrheit heranreichen konnte, und dass ist alles was eine gute Theorie machen kann.


Im Grunde ist es eine Frage der Art wie nach Wahrheit gesucht wird.

Entweder wird nur dies als Wahr angesehen, was (derzeit) positiv Bestätigt werden kann.

Oder es wird nur als Wahr angesehen, was (derzeit) definitiv als falsch Bestätigt werden kann (Ausschlussprinzip).

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TeeEi  10.08.2012, 23:08
@Lezaza

Na jetzt hast du "positiv bestätigt" geschrieben. Das ist etwas anders als "positiv verifizieren lassen".

Du benutzt den Begriff "Wahrheit" auch etwas großzügig. Es ist nicht unumstritten, inwieweit man den Begriff in empirischen Wissenschaften überhaupt benutzen kann/soll. Ich würde im Allgemeinen nur von der zurzeit besten, stärksten, leistungsfähigsten oder auch einfach populärsten Theorie sprechen.

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Lezaza  11.08.2012, 00:25
@TeeEi

Noch einmal von Vorne:

Positivismus ist eine Art sich an eine vermutete objektive Wirklichkeit heranzutasten. (* puhst, schnauf, schweißvonderstirnwisch *)

Dabei wird nur als (vermeintlich objektiv) Wahr angesehen, was (derzeit, unter der Berücksichtigung raumzeitlicher und psychologischer Restriktionen) durch logische Schlussfolgerung (von anerkannten Axiomen und Theorien) oder empirischer Experimente als verifiziert gilt.


Ich halte nicht viel von Wortklauberei und sehe keinen dogmatischen unterschied zwischen "bestätigen" und "verifizieren". Wenn du daran Interesse hast, lese ich mir gerne deine Meinung in einem weiterem Kommentar durch.

Desweiteren halte ich nichts davon mich allzu schwammig auszudrücken (z.B. "derzeit beste der geläufigsten Theorien"). Ich finde sogar, ich übertreibe damit schon zu oft. Selbst wenn es eine objektive Wahrheit gibt, ist es fraglich ob das evolutionär entstandene Gehirn des Menschen derzeit oder irgendwann dazu in der Lage sein wird, diese wahrzunehmen. Da ein komplettes Verständnis aller Sachlagen nicht zwingend für das Überleben einer Spezies von belang ist, und sich nur sehr schwierig mittels Variation und Selektion eruieren lässt. (Siehst du, was ich meine?)

Lesetipps:

  • Martin Urban - Warum der Mensch glaubt
  • Julian Jaynes - Der Ursprung des Bewußtseins
  • Paul Watzlawick - Wie wirklich ist die Wirklichkeit?
  • Michael Crichton - Sphere. Die Gedanken des Bösen
  • Terry Pratchett - Schweinsgalopp (www.youtube.com/watch?v=I4oxrTSRkC0)
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TeeEi  11.08.2012, 13:05
@Lezaza

Na ja, ich habe mich zwar nicht spezifisch mit Positivismus auseinandergesetzt, aber grundsätzlich mit Wissenschaftstheorie. Und wenn man Popper, Kuhn etc. gelesen hat, ist man automatisch vorsichtig bei "verifizieren", da man grundsätzlich keine empirische Theorie verifizieren kann. Eine Theorie kann und muss sich immer wieder bewähren und durchaus ausbessern, mehr ist grundsätzlich nicht möglich.

Was die Wahrheit betrifft, ganz grundsätzlich gibt es zwei Positionen: Es gibt eine (naturwissenschaftliche) Wahrheit, oder es gibt sie nicht. Wenn man von solch einer Wahrheit ausgeht, gibt es noch zwei Positionen: Die Naturwissenschaft kann sich dieser Wahrheit annähen, oder sie kann es nicht. Und wenn man vom ersteren ausgeht, gibt es noch zwei Positionen: Die Naturwissenschaft ist in der Lage zu erkennen, dass sie sich der Wahrheit näher kommt, und sie kann es wissen, wenn sie der Wahrheit entspricht. Oder sie ist nicht in der Lage. Möglicherweise nährt sie sich der Wahrheit, aber wir können niemals die Gewissheit haben, ob sie tatsächlich der Wahrheit entspricht. Ich denke, unter Naturwissenschaftlern gibt es für all diese Positionen Vertreter, und es gibt natürlich noch feinere, konkretere Positionen.

Na ja, und wenn man sich auch noch mit Erkenntnistheorie etc. beschäftigt hat, ist man schnell traumatisiert bei Begriffen wie Wahrheit ;-)

Ach jo, ich kenne fast alles von Terry Pratschett ;-)

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Lezaza  11.08.2012, 15:30
@TeeEi

Richtig.

In den empirischen Wissenschaften gibt es keine Verifizierung, lediglich eine Falsifikation. Auch das Wort "Beweis" gehört nicht zu meinem gewohnten Sprachgebrauch. Für mich trifft - in Hinsicht auf die Naturwissenschaften - eher der Begriff "Beschreibung" zu. Da sogar ein mathematischen Beweis lediglich die Kohärenz des mathematischen Vokabulars bestätigt, nicht aber die der beschriebenen Sachlage. (Oh, Mann. Ich fange schon wieder damit an....)

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TeeEi  11.08.2012, 17:17
@Lezaza

Da sogar ein mathematischen Beweis lediglich die Kohärenz des mathematischen Vokabulars bestätigt, nicht aber die der beschriebenen Sachlage.

In einem widerspruchsfreien System ist es das gleiche ;-)

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TeeEi  11.08.2012, 19:34
@Lezaza

Oh doch oh doch, der sagt halt aus, dass ein hinreichend komplexes System nicht zugleich vollständig und widerspruchsfrei sein kann, wobei es durch ein stärkeres System bewiesen werden kann. Ohne die Hilfe von außen verzichte ich eben auf die Vollständigkeit, dafür habe ich die Widerspruchsfreiheit. Und wenn dann eine Aussage bewiesen ist, dann ist es auch sicher wahr ;-)

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Lezaza  11.08.2012, 19:53
@TeeEi

Hilfe von außen?

Ich kenne mich lieder nicht so gut mit allem aus, wie ich gerne tue. Daher halte ich mich gerne am geschriebenen Wort fest. Und bei Wikipedia steht, dass...

Der Satz beweist damit die Unmöglichkeit des Hilbertprogramms, welches von David Hilbert unter anderem begründet wurde, um die Widerspruchsfreiheit der Mathematik zu beweisen.

Wie vollständig die Mathematik ist, liegt wohl nicht in unserer Hand. Entweder hat sie einen Fehler à la 42, oder nicht. Welche Hilfe könnte dies den bei der Mathematik sein? Und wodurch ist ausgeschlossen, dass dieses seine eigene Fehler mitbringt?

Noch ein Lesetipp:

  • Umberto Eco - Das Foucaultsche Pendel
  • Douglas Adams Per Anhalter durch die Galaxis (Aber wer Pratchett kennt, dem muss man Adams nicht vorstellen.)
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TeeEi  11.08.2012, 21:53
@Lezaza

Vollständig bedeutet, dass man alle Aussagen, die aus dem System abgeleitet werden können, beweisen oder widerlegen kann. Ich zitiere auch mal eben wiki:

Genauer werden zwei Unvollständigkeitssätze unterschieden. Der Erste Unvollständigkeitssatz besagt, dass es in hinreichend starken widerspruchsfreien Systemen immer unbeweisbare Aussagen gibt. Der Zweite Unvollständigkeitssatz besagt, dass hinreichend starke widerspruchsfreie Systeme ihre eigene Widerspruchsfreiheit nicht beweisen können.

Ich muss aber auch sagen, dass ich mich nicht wirklich damit auseinandergesetzt habe. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass der Satz nicht bedeutet, dass man in Mathematik nichts beweisen kann ;)

Ach ja, dieses mal kenne ich alle deine Lesetipps ;-)

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Lezaza  11.08.2012, 22:35
@TeeEi

Sag ich doch...

Nach dem ersten Satz gibt es immer etwas, dass nur geglaubt werden kann ("unbeweisbare Aussagen"). Und nach dem zweiten Satz muss man einem System einfach vertrauen ("unbeweisbare Widerspruchsfreiheit").

Gut, damit kann ich mich abfinden: Ich glaube an die Mathematik.

Abschließend der letzte Lesetipp:

Michael Crichton - Jurassic Park (oder "Dino Park")

;o)

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TeeEi  11.08.2012, 23:35
@Lezaza

Na als Mathematiker glaubt man nicht einfach, und einfach vertrauen tut man auch nicht. Man versucht ständig Aussagen zu prüfen und zu beweisen/widerlegen, wenn's in einem System nicht klappen sollte, dann versucht man es eben mit einem stärkeren System. Wenn man es noch nicht bewiesen oder widerlegt hat, dann glaubt man nicht daran.

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Lezaza  11.08.2012, 23:53
@TeeEi

Welches stärkere System?

Die Mathematik an sich ist ein System an Regeln. Welches stärkere System könnte den bei einem Zweifel helfen?

Wir hatten bisher geklärt: Die Mathematik ist ein logisches System, dass an sich Unvollständig oder unbeweisbaren Aussagen beinhalten kann. (Also: Mathematik ist eine Sprache, die auch Unsinn beschreiben kann, ohne dass es jemand sofort bemerkt)

Da jedoch viele Aussagen der Mathematik sich empirisch falsifizieren lassen, vertrauen wir diesem System immer mehr, und glauben den Aussagen.

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TeeEi  12.08.2012, 17:27
@Lezaza

Da ich mich nicht explizit mit Gödel beschäftigt habe, hier ein Beispiel aus wiki:

Die Nichtbeweisbarkeit der eigenen Widerspruchsfreiheit in der Arithmetik kann nur unter starken Einschränkungen als eine „absolute“ Grenze des formalen Denkens bezeichnet werden. So hat etwa Gerhard Gentzen gezeigt, dass man die Widerspruchsfreiheit der Peano-Arithmetik (in einem formalen System) beweisen kann, wenn man die Möglichkeiten der Arithmetik etwas erweitert. Damit zeigen die Unvollständigkeitssätze lediglich, dass man ein stärkeres System benötigt, um die Widerspruchsfreiheit eines schwächeren Systemes zu beweisen. (Anschaulich ausgedrückt: „Das Münchhausen-Prinzip“ funktioniert auch in der Logik nicht ohne zusätzliche Hilfsmittel.) Setzt man, wie in der Mathematik üblich, die (Konsistenz der) Mengenlehre voraus, kann man mit den Natürlichen Zahlen ein Modell der Arithmetik angeben. Damit ist die Widerspruchsfreiheit der Arithmetik gezeigt. Jedoch ist die Mengenlehre ihrerseits ein axiomatisches System, das ausdrucksstärker als die Arithmetik ist. Damit ist sie selbst wieder unvollständig und sie kann wiederum ihrerseits nicht ihre eigene Konsistenz beweisen.

Ich denke mal, man definiert 0 mit der leeren Menge, 1 mit der Menge, welche die leere Menge enthält, 2 mit der Menge, welche die 1 und 2 enthält usw. Somit entspricht die Mächtigkeit der Menge der entsprechenden natürlichen Zahl. Dann kann man mit Mengenlehre die Konsistenz der Arithmetik beweisen.

Da jedoch viele Aussagen der Mathematik sich empirisch falsifizieren lassen, vertrauen wir diesem System immer mehr, und glauben den Aussagen.

Ähm, Mathematik ist doch gar nicht empirisch?

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Lezaza  12.08.2012, 18:22
@TeeEi

Empirische Falsifikation.

Damit meinte ich, dass die Mathematik dahingehend funktioniert, dass (viele) errechnete Vorhersagen sich mit einem physikalischen Experiment nachstellen lassen.

Durch das Wikipedia Zitat bin ich auf das "Münchhausen-Trilemma" gestoßen, und dort auf den Begriff Infiniter Regress. Er verdeutlicht, welches Problem ich mit einem "stärkerem System" habe. Die Richtigkeit eines mathematischen Systems lässt sich mit einem höherem/stärkerem System mathematisch Beweisen. Aber die Richtigkeit dieses höheren/stärkeren Systems muss abermals bewiesen werden. Und immer so weiter...

Ein akzeptabler Ausweg ist das Experiment. Eine empirische Falsifikation der mathematisch beschriebenen Vorhersage.

Ein Gegenbeispiel ist die Stringtheorie (und wiedermal habe ich nur Laienkenntnisse). Mathematisch völlig korrekt, lässt sie sich jedoch nicht experimentell Überprüfen. Somit ist sie, trotz Segen der Mathematik, nur eine Theorie ohne Wahrheitsanspruch.

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TeeEi  12.08.2012, 18:53
@Lezaza

Die empirische Falsifikation (wenn die denn funktionieren sollte) hat mit Physik zu tun, nicht mit der Mathematik.

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Lezaza  13.08.2012, 00:43
@TeeEi

Natürlich.

Ich vertraue lieber einer zweiten Perspektive, als einer genaueren Betrachtung.

Ich bestätige ein System daher nicht mir einem stärkeren System, sondern mit einem komplett anderem.

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positivistisch heißt das man nur an Dinge glaubt, die man beweisen kann.

Allein das Wort "beweisen" zeigt, dass du es nicht ganz verstanden hast. Speziell in empirischen Wissenschaften hat das Wort wenig zu suchen.

Hi, ponere, positus: stellen, legen, setzen (Position, Positur, Posten, ..). Positivus (Suffix -ivus: Fähigkeit) bedeutet auch: gesetzt, gestellt, aufgestellt. Unter Positivismus (Suffix -ismus: Geisteshaltung) bedeutet: sich wissenschaftlich und philosophisch nur auf das Gesetzte (Wirkliche, Beweisbare) zu beschränken, Metaphysisches wird strikt abgelehnt. Gruß Osmond http://www.uni-due.de/einladung/Vorlesungen/literaturge/positivismus.htm Zitat: Philosophie, die ihre Forschung auf das Positive, Tatsächliche, Wirkliche und Zweifellose beschränkt, sich allein auf Erfahrung beruft und jegliche Metaphysik als theoretisch unmöglich und praktisch nutzlos ablehnt.

Der Positivismus geht zurück auf Auguste Comte (1798-1857). Er formulierte die philosophische Prämisse, daß als Basis für wissenschaftliche Erkenntnis nur Tatsachen zugelassen sind. Unter Tatsachen versteht er wirklich Gegebenes, das man objektiv erkennen kann. Diese wissenschaftliche Vorgehensweise hat ihren Zielpunkt in der Aufstellung von Theorien, Gesetzen und Hypothesen. Hier findet eine methodische Angleichung der Kultur- und Geisteswissenschaften an die Naturwissenschaften statt, zu deren rasantem Aufschwung im 19. Jahrhundert der Positivismus gewissermaßen die Leitideologie liefert. Hauptvertreter des literarischen Positivismus in Deutschland waren Wilhelm Scherer (1841-1886) und seine Schüler (Richard Heinzel, Richard Meyer, Franz Muncker, Erich Schmidt). Die von ihnen betriebene positive Literaturwissenschaft beschäftigte sich vornehmlich mit der Autorenbiographie, einzelnen literarischen Texten und deren Entstehungs- und Wirkungsgeschichte. Um eine positive Materialbasis für ihre Untersuchungen zu schaffen, entstanden im Umfeld dieser literaturwissenschaftlichen Methode historisch-kritische Texteditionen (Herder, Goethe, Schiller, Kleist), faktenreiche Dichterbiographien (F. Muncker, E. Schmidt, R. Haym, J. Minor) und Stoff- und Motivgeschichten.


AGAlNSTgermany 
Fragesteller
 08.08.2012, 20:28

also ist doch meine definition in der beschreibung richtig?

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osmond  08.08.2012, 20:43
@AGAlNSTgermany

Wenn man was beweisen kann, also etwas weiß, dann glaubt man nicht. Glauben heißt: nicht wissen. lgO

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AGAlNSTgermany 
Fragesteller
 08.08.2012, 20:54
@osmond

positivistisch heißt das man sich nur an Dinge beschränkt, die man beweisen/ belegen kann.

richtige definition?

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TeeEi  09.08.2012, 03:02
@osmond

Wenn man was beweisen kann, also etwas weiß, dann glaubt man nicht. Glauben heißt: nicht wissen.

Wenn man die Wörter "wissen" und "glauben" wörtlich verstehen, dann entspricht deine Antwort nicht der Erkenntnistheorie. Glauben ist eine notwendige Bedingung des Wissens.

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