Warum werden Kinder mit einem Migrationshintergrund im Berufs- und Schulalltag benachteiligt?

9 Antworten

Ist das so? Ich kann das in meinem Umfeld nicht bestätigen.

Ich sehe, dass Migrationshintergünde immer weiter in den - nun ja - Hintergrund treten.

Was weiterhin zählt, sind natürlich Kompetenz und Qualifikation, und dazu gehört auch das, was man nicht direkt in Schulnoten ausdrücken kann: Sozialverhalten, Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit, Disziplin, und so weiter.

Da mangelt es allerdings in einigen Gruppen, und das fällt ihnen dann auch auf die Füße. Es dann auf einen eventuell vorhandenen Migrationshintergrund abzuschieben, um nicht an sich selbst arbeiten zu müssen, wird zwar gerne gemacht, ist aber zu billig.

Ich glaube nicht, dass Kinder mit Migrationshintergrund von allen Lehrern ungleich behandelt werden. Lehrer bilden auch den Querschnitt der Gesellschaft ab, es gibt viele gute und fähige Lehrer und entsprechend auch noch zu viele schlechte Lehrer. Es gibt aber durchaus Grund zur Kritik am Schulsystem in Bezug zur sozialen Herkunft, weniger nur auf Staatsangehörigkeit bezogen. Wer aus bildungsfernen Haushalten stammt oder dessen Eltern nicht gut genug die deutsche Sprache sprechen hat im deutschen Schulsystem ein echtes Problem. Diese Kinder schneiden signifikant schlechter bei den Schulabschlüssen ab wie Kinder aus bildungsnahen Haushalten.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Ich denke es liegt daran das sie erstmal unser Sprache lernen müssen. Da muss eben dann etwas mal länger erklärt werden und unsere Sprache gelehrt werden.

Diese Benachteiligung hat sehr verschiedene Gründe. Ausgesprochene Ausländerfeindlichkeit ist einer davon, aber bei weitem nicht der bedeutendste.

Grundsätzlich wird alles, was "anders" aussieht, anders spricht, sich anders verhält, erst einmal kritisch gesehen - und zwar in jeder Gesellschaft. Sich als Deutscher in einen Lakota-Stamm zu integrieren, ist ebenso schwer, wie sich als Afghane in Deutschland zu integrieren.

Die einen schaffen es schneller und leichter, die anderen schwerer oder nie. Einen ganz wesentlichen Anteil daran hat, nicht nur sie Sprache der Gesellschaft zu erlernen, in die man sich integrieren will, sondern auch die Regeln und Sitten. Das heißt nicht, dass man die alle befolgen oder gar mögen muss, sondern das heißt nur, sie und ihre Bedeutung zu kennen.

Migranten, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind oder mit einem starken Akzent sprechen, stehen ganz einfach am Rand der Gesellschaft, ob man das nur wahrhaben will oder nicht. So können sie weder in der Schule noch im Beruf Erfolg haben. Migranten, die ständig ihr Anderssein betonen, stehen auch an diesem Rand oder sie halten sich eben in ihren Parallelgesellschaften auf.

Um in der Gesellschaft Erfolg zu haben, müssen Migranten aber oft auch härter arbeiten als andere und um eine Wohn ung mit einem fremdländischen Namen zu bekommen, noch viel solider wirken als "eingeborene" Deutsche.

Vor diesem Problem standen auch viele der früheren Gastarbeiter in Deutschland, also die Migranten der ersten Generation aus Italien, Spanien, Griechenland oder Portugal. Sie werden hierzulande schon fast nicht mehr als Ausländer wahrgenommen und so mancher Alfredo, der in der Pizzeria die Calzone mit süßem italienischen Akzent serviert, spricht draußen vor der Tür münchnerisch.

Diese Migranten haben ihre Identität als Italiener usw. nie aufgegeben, aber sich bestens integriert und die nachfolgenden Migrantengenerationen müssen diese Entwicklung noch durchleben. Oder sie bleiben ewig fremd und damit auch benachteiligt.

Ein guter Start wäre schon mal, zuhause in der Familie nach Möglichkeit deutsch zu reden.

arditaac 
Fragesteller
 14.11.2022, 12:46

In vielen Punkten stimme ich dir zu.
Aber was ist mit Kindern/Jugendlichen, die in Deutschland geboren sind, die Sprache sehr gut beherrschen und trotzdem wegen der Herkunft anders angesehen werden? Sollte man nicht erwarten, dass man als Gesellschaft offen ist und nicht nur anhand eines Merkmals den Menschen abstempelt, gar sogar benachteiligt?
Persönlich denke ich nicht, dass die Sprache ein grossen Teil der ganzen Problematik ausmacht. Es geht eher darum, dass man Ausländer klassifiziert. Bei weitem werden Kinder, die Englisch oder Französisch sprechen (Muttersprache) nicht mit den gleichen Augen angesehen, wie Kinder, die türkisch, albanisch, serbisch etc. sprechen. Wenn man diesen Menschen nicht mal die Möglichkeit gibt, sich zu integrieren, weil man von Vorurteilen geprägt ist, wird man automatisch nicht als Gesellschaft funktionieren. Die Offenheit muss von beiden Seiten erfolgen.
Wie du es selbst angesprochen hast, muss man als Ausländer deutlich mehr zeigen als ein ''Einheimischer''. Genau das muss doch geändert werden, damit alle dieselben Chancen im Leben haben? Das Bildungssystem sollte für alle ein fairer Ort bleiben und nicht abhängig von der Herkunft sein.

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Altersweise  14.11.2022, 19:32
@arditaac

Es ist eben vieles ein Prozess. Prozesse benötigen aber ihre Zeit und ständig kommen auch neue Anforderungen dazu.

Die Schulen würden in dieser Hinsicht besser, wenn es mehr Migrantinnen und Migranten als Lehrkräfte gäbe.

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Meine Schulzeit liegt zwar schon lange zurück. Damals gab es in unserem Bundesland noch die verbindliche Grundschulempfehlung. Da war es grundsätzlich so, dass "Ausländerkinder" oder Kinder aus Arbeiterfamilien in die Hauptschule mussten. Man hat ihnen einfach keine "höhere Schule" zugetraut, bzw. nicht erwartet, dass vom Elternhaus Hilfe oder Unterstützung erwartet werden kann.

Hoegaard  14.11.2022, 12:04

Und, war diese Einschätzung grundsätzlich falsch?

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Sunnycat  15.11.2022, 15:52
@Hoegaard

In vielen Fällen - JA. Ich kenne viele von "denen", die damals auf die Hauptschule mussten und dann auf die "Ochsentour" (mind.14. Schuljahre) ihr Abitur gemacht und anschließend studiert oder zumindest eine hochqualifizierte Ausbildung gemacht haben.

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